Vom Hasch kam sie zum Heroin. Die Sucht zwang sie auf den Strich zu gehen. Sie erlebte den Himmel und sie erlebte die Hölle: Christiane F.
Mit vierzehn hatte sie schon alles durchgemacht, was in der Szene los war. Mit fünfzehn war sie am Ende. Rauschgift, die Droge die vermeintlich Freiheit verschafft, bietet letztendlich doch nur Siechtum und Tod. Christiane F. schaffte den Ausstieg aus der Szene. Viele andere aber bleiben zurück und setzen sich eines Tages den letzten, den goldenen Schuss.
Sie sind noch Kinder und haben doch schon ihre ganze Zukunft verspielt.
Mit vierzehn hatte sie schon alles durchgemacht, was in der Szene los war. Mit fünfzehn war sie am Ende. Rauschgift, die Droge die vermeintlich Freiheit verschafft, bietet letztendlich doch nur Siechtum und Tod. Christiane F. schaffte den Ausstieg aus der Szene. Viele andere aber bleiben zurück und setzen sich eines Tages den letzten, den goldenen Schuss.
Sie sind noch Kinder und haben doch schon ihre ganze Zukunft verspielt.
Bonusmaterial
Bio- / Filmografieauszug (Texttafeln, Anzahl in Klammern) - Natja Brunkhorst (3) - Christiane Felscherinow (2) - Uli Edel (1) Produktionsnotizen (2 Texttafeln) Trailershow - Raumpatrouille Orion (1:04) - Buena Vista Social Club (1:51) - East is East (1:38) - Blind Side (2:00)Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.01.2003An der Drachenschnur der Filmkunst durch den Förderwald
Bitte keine Ost-Berliner Szene: Das vierundzwanzigste Max Ophüls Festival zeigt den deutschen Nachwuchs zwischen Hochschule und Fernsehsender
Ein neuer Leiter, ein neuer Spielort, ein neuer Träger und neue Sektionen des Programms: beim vierundzwanzigsten Max Ophüls Festival, das am Samstag in Saarbrücken zu Ende ging, standen die Zeichen auf Umbruch, ein bißchen Richtung Glamour, ein bißchen Richtung Kommerz, ohne allerdings die traditionelle Ausrichtung der bewährten Veranstaltung zu gefährden. Seit je ist dieses Festival ein Ort, an dem die Arbeiten von Studenten der verschiedenen Filmhochschulen einen gehörigen Teil des Programms stellen. Kaum ein Lang- oder Kurzfilm im Wettbewerb ist ohne Unterstützung einer Filmhochschule entstanden, nicht wenige aber sind gleichzeitig Koproduktionen mit Fernsehanstalten. Zeigen, was man gelernt hat, filmen, was sich senden läßt, diese doppelte Anforderung, die in guten Jahren zur wirtschaftlichen Absicherung von Innovation dienen kann, führte in diesem Jahr allerdings nicht selten zu zwar handwerklich untadeligen, dabei aber geradezu bedrückend konventionellen Filmen, die bestenfalls amüsieren, schlimmstenfalls aber so seicht geraten sind, daß man sich fragt, wie sie es in diesen Wettbewerb geschafft haben.
Bei anderen, wie Marco Kreuzpaintners "Ganz und gar", halten sich die Anleihen bei bewährten Mustern mit durchaus originellen Ideen die Waage: Kreuzpaintners Film um den jungen Frauenschwarm Torge, der bei einem Unfall einen Unterschenkel einbüßt und fortan spürbar verbittert seinen alten Freundeskreis terrorisiert, wählt sich mit der brandenburgischen Stadt Nauen eine unverbrauchte Kulisse und zeigt seine Protagonisten zwischen Wasserballett und Brautkleidern, zwischen Mutproben und Lebenslügen, bis aus all diesem ein Panorama des Kleinstadtlebens erwächst. David Rott, der den gefallenen Tagträumer Torge überzeugend spielte, wurde als bester Nachwuchsschauspieler des Festivals ausgezeichnet, Mira Bartuschek, die Torges Freundin Lisa einen resoluten Charme verleiht, war mindestens genauso gut. Daß allerdings jede Wendung der Handlung vorhersehbar ist, daß dabei die Todsünde aller amerikanischen Collegefilme zitiert wird, das gründlich verbrauchte "Am Anfang war es nur eine Wette, aber jetzt habe ich mich wirklich in dich verliebt", daß schließlich über jede Autofahrt und andere rasante Szenen eine klebrige Klangsoße gegossen wird, nahm dem Film einiges von seinem Reiz.
Tatsächlich blieb von vielen Filmen der Eindruck haften, daß talentierte, oft sogar hervorragende junge Schauspieler gegen die wenig einfallsreichen Geschichten ihrer Generationsgenossen anspielten und sich dabei bemühten, Kopfgeburten zum Leben zu verhelfen. So wurde Maria Simon völlig zu Recht als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet, obwohl sich ihre Rolle als weiblicher Teil eines zerstörerischen Pärchens in dem Film "Erste Ehe" aus einer ganzen Sammlung von Klischees speist: Da können zwei nicht voneinander los, streiten aber buchstäblich bis aufs Blut, weil sie ein bißchen Vermögen hat und er nicht, weil sie ihn formen will und er sich wehrt, weil sie keine Grenzen kennt und er auch nicht. Als sie, frisch verheiratet, die Freunde in ihre Berliner Altbauwohnung einladen, zerfleischen sie sich mit Hingabe vor den Augen der Gäste, und wenn besonders Dorits Freund und dessen Kumpel nicht so konsequent als Karikaturen gezeichnet würden, wenn das Milieu nicht so gräßlich bekannt und mittlerweile ganz ohne Geheimnis wäre, könnte man dem zerstörerischen Paar entschieden größere Anteilnahme widmen.
Auch der mit einem Förderpreis ausgezeichnete Film "Wir" von Martin Gypkens filmt eine Gruppe von Berliner Mittzwanzigern, auch hier zeigt die Kamera ausgiebig Partyszenen und bröckelnde Hausfassaden von Prenzlauer Berg, auch hier versucht ein junger Filmemacher, seinen Erstling zu finanzieren, und vergißt darüber seine Freundin. Das Festival hätte diese Koinzidenz eigentlich zum Anlaß eines längst fälligen Saarbrücker Manifests nehmen müssen, in dem die Unterzeichneten erklären, in den nächsten fünf Jahren keinen Film mehr zu drehen oder anzuschauen, der in der Ost-Berliner Künstlerszene spielt. Immerhin zeigt "Wir" eine ganze Reihe vorzüglicher Schauspieler, etwa Karina Plachetka (die auch noch in dem Kurzfilm "Du bist nicht Belmondo" glänzte), Sebastian Songin oder Lilia Lehner. Doch indem er alles bündelt, was einem seit Jahren schon zu den jungen Bewohnern von Prenzlauer Berg und Mitte einfällt, wirkt er mit seinen rasant verfremdeten Bildern und seiner Technomusik dennoch etwas abgestanden.
Die eigentlichen Entdeckungen waren in diesem Jahr im Kurzfilmwettbewerb zu machen, und diese klassische Form der Filmhochschulen erwies sich als ausgesprochen dehnbar für die unterschiedlichsten Stilmittel und Geschichten. Da war etwa der ruhige Schwarzweißfilm "Nach Haus", der nacheinander drei Wege durch einen Laubwald beschreibt, die durch eine kreuz und quer verschlungene Drachenschnur markiert werden. Mal geht eine alte Frau, mal ein Mädchen auf das einsame Haus im Wald zu, und wie in einem Traum wartet im obersten Zimmer das Unerklärliche. Andere Kurzfilme erzählen knappe Geschichten, so konsequent und stimmig wie keiner der Langfilme im Wettbewerb, gleichzeitig von großer Stilsicherheit und dem Mut geprägt, ausgetretene Bahnen zu verlassen. Prämiert wurden hier der listige Perspektivenfilm "Insel der Schildkröte" von Maru Solores und die Fluchtgeschichte "Der Plan des Herrn Thomaschek" von Ralf Westhoff.
Den Hauptpreis des Festivals erhielt einer der formal eher unauffälligen, inhaltlich aber ungewöhnlichsten Filme des Wettbewerbs. Anne Wild schildert in "Mein erstes Wunder" die merkwürdige Freundschaft zwischen einem elfjährigen Mädchen und einem Familienvater, der die Vierzig längst überschritten hat und dennoch nichts lieber hat als den vollkommen harmlosen Umgang mit Kindern. Herrmann baut am Ostseestrand Sandburgen gegen die Flut, und kein Kind ist so enthusiastisch dabei wie er. Als er das Mädchen Dole kennenlernt und mit ihr Ausflüge unternimmt, sieht die Umgebung das noch amüsiert mit an; als sich die beiden auch nach dem Urlaub sehen, verbietet Doles Mutter den Kontakt. Schließlich fliehen sie gemeinsam quer durch Deutschland, bis sie wieder an der Ostsee sind. Wie es Anne Wild gelingt, diese heikle Geschichte sensibel und ohne falschen Zungenschlag zu erzählen, ist beeindruckend. Ihr Bekenntnis zu dieser Freundschaft legt sie indirekt, aber nachdrücklich ab. Denn Doles Mutter und Herrmanns Frau, die den beiden im Auto folgen, stoßen fortwährend auf Augenzeugen, die sich gut an das Paar erinnern: Sie hätten so vollkommen glücklich ausgesehen, sagen sie.
TILMAN SPRECKELSEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bitte keine Ost-Berliner Szene: Das vierundzwanzigste Max Ophüls Festival zeigt den deutschen Nachwuchs zwischen Hochschule und Fernsehsender
Ein neuer Leiter, ein neuer Spielort, ein neuer Träger und neue Sektionen des Programms: beim vierundzwanzigsten Max Ophüls Festival, das am Samstag in Saarbrücken zu Ende ging, standen die Zeichen auf Umbruch, ein bißchen Richtung Glamour, ein bißchen Richtung Kommerz, ohne allerdings die traditionelle Ausrichtung der bewährten Veranstaltung zu gefährden. Seit je ist dieses Festival ein Ort, an dem die Arbeiten von Studenten der verschiedenen Filmhochschulen einen gehörigen Teil des Programms stellen. Kaum ein Lang- oder Kurzfilm im Wettbewerb ist ohne Unterstützung einer Filmhochschule entstanden, nicht wenige aber sind gleichzeitig Koproduktionen mit Fernsehanstalten. Zeigen, was man gelernt hat, filmen, was sich senden läßt, diese doppelte Anforderung, die in guten Jahren zur wirtschaftlichen Absicherung von Innovation dienen kann, führte in diesem Jahr allerdings nicht selten zu zwar handwerklich untadeligen, dabei aber geradezu bedrückend konventionellen Filmen, die bestenfalls amüsieren, schlimmstenfalls aber so seicht geraten sind, daß man sich fragt, wie sie es in diesen Wettbewerb geschafft haben.
Bei anderen, wie Marco Kreuzpaintners "Ganz und gar", halten sich die Anleihen bei bewährten Mustern mit durchaus originellen Ideen die Waage: Kreuzpaintners Film um den jungen Frauenschwarm Torge, der bei einem Unfall einen Unterschenkel einbüßt und fortan spürbar verbittert seinen alten Freundeskreis terrorisiert, wählt sich mit der brandenburgischen Stadt Nauen eine unverbrauchte Kulisse und zeigt seine Protagonisten zwischen Wasserballett und Brautkleidern, zwischen Mutproben und Lebenslügen, bis aus all diesem ein Panorama des Kleinstadtlebens erwächst. David Rott, der den gefallenen Tagträumer Torge überzeugend spielte, wurde als bester Nachwuchsschauspieler des Festivals ausgezeichnet, Mira Bartuschek, die Torges Freundin Lisa einen resoluten Charme verleiht, war mindestens genauso gut. Daß allerdings jede Wendung der Handlung vorhersehbar ist, daß dabei die Todsünde aller amerikanischen Collegefilme zitiert wird, das gründlich verbrauchte "Am Anfang war es nur eine Wette, aber jetzt habe ich mich wirklich in dich verliebt", daß schließlich über jede Autofahrt und andere rasante Szenen eine klebrige Klangsoße gegossen wird, nahm dem Film einiges von seinem Reiz.
Tatsächlich blieb von vielen Filmen der Eindruck haften, daß talentierte, oft sogar hervorragende junge Schauspieler gegen die wenig einfallsreichen Geschichten ihrer Generationsgenossen anspielten und sich dabei bemühten, Kopfgeburten zum Leben zu verhelfen. So wurde Maria Simon völlig zu Recht als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet, obwohl sich ihre Rolle als weiblicher Teil eines zerstörerischen Pärchens in dem Film "Erste Ehe" aus einer ganzen Sammlung von Klischees speist: Da können zwei nicht voneinander los, streiten aber buchstäblich bis aufs Blut, weil sie ein bißchen Vermögen hat und er nicht, weil sie ihn formen will und er sich wehrt, weil sie keine Grenzen kennt und er auch nicht. Als sie, frisch verheiratet, die Freunde in ihre Berliner Altbauwohnung einladen, zerfleischen sie sich mit Hingabe vor den Augen der Gäste, und wenn besonders Dorits Freund und dessen Kumpel nicht so konsequent als Karikaturen gezeichnet würden, wenn das Milieu nicht so gräßlich bekannt und mittlerweile ganz ohne Geheimnis wäre, könnte man dem zerstörerischen Paar entschieden größere Anteilnahme widmen.
Auch der mit einem Förderpreis ausgezeichnete Film "Wir" von Martin Gypkens filmt eine Gruppe von Berliner Mittzwanzigern, auch hier zeigt die Kamera ausgiebig Partyszenen und bröckelnde Hausfassaden von Prenzlauer Berg, auch hier versucht ein junger Filmemacher, seinen Erstling zu finanzieren, und vergißt darüber seine Freundin. Das Festival hätte diese Koinzidenz eigentlich zum Anlaß eines längst fälligen Saarbrücker Manifests nehmen müssen, in dem die Unterzeichneten erklären, in den nächsten fünf Jahren keinen Film mehr zu drehen oder anzuschauen, der in der Ost-Berliner Künstlerszene spielt. Immerhin zeigt "Wir" eine ganze Reihe vorzüglicher Schauspieler, etwa Karina Plachetka (die auch noch in dem Kurzfilm "Du bist nicht Belmondo" glänzte), Sebastian Songin oder Lilia Lehner. Doch indem er alles bündelt, was einem seit Jahren schon zu den jungen Bewohnern von Prenzlauer Berg und Mitte einfällt, wirkt er mit seinen rasant verfremdeten Bildern und seiner Technomusik dennoch etwas abgestanden.
Die eigentlichen Entdeckungen waren in diesem Jahr im Kurzfilmwettbewerb zu machen, und diese klassische Form der Filmhochschulen erwies sich als ausgesprochen dehnbar für die unterschiedlichsten Stilmittel und Geschichten. Da war etwa der ruhige Schwarzweißfilm "Nach Haus", der nacheinander drei Wege durch einen Laubwald beschreibt, die durch eine kreuz und quer verschlungene Drachenschnur markiert werden. Mal geht eine alte Frau, mal ein Mädchen auf das einsame Haus im Wald zu, und wie in einem Traum wartet im obersten Zimmer das Unerklärliche. Andere Kurzfilme erzählen knappe Geschichten, so konsequent und stimmig wie keiner der Langfilme im Wettbewerb, gleichzeitig von großer Stilsicherheit und dem Mut geprägt, ausgetretene Bahnen zu verlassen. Prämiert wurden hier der listige Perspektivenfilm "Insel der Schildkröte" von Maru Solores und die Fluchtgeschichte "Der Plan des Herrn Thomaschek" von Ralf Westhoff.
Den Hauptpreis des Festivals erhielt einer der formal eher unauffälligen, inhaltlich aber ungewöhnlichsten Filme des Wettbewerbs. Anne Wild schildert in "Mein erstes Wunder" die merkwürdige Freundschaft zwischen einem elfjährigen Mädchen und einem Familienvater, der die Vierzig längst überschritten hat und dennoch nichts lieber hat als den vollkommen harmlosen Umgang mit Kindern. Herrmann baut am Ostseestrand Sandburgen gegen die Flut, und kein Kind ist so enthusiastisch dabei wie er. Als er das Mädchen Dole kennenlernt und mit ihr Ausflüge unternimmt, sieht die Umgebung das noch amüsiert mit an; als sich die beiden auch nach dem Urlaub sehen, verbietet Doles Mutter den Kontakt. Schließlich fliehen sie gemeinsam quer durch Deutschland, bis sie wieder an der Ostsee sind. Wie es Anne Wild gelingt, diese heikle Geschichte sensibel und ohne falschen Zungenschlag zu erzählen, ist beeindruckend. Ihr Bekenntnis zu dieser Freundschaft legt sie indirekt, aber nachdrücklich ab. Denn Doles Mutter und Herrmanns Frau, die den beiden im Auto folgen, stoßen fortwährend auf Augenzeugen, die sich gut an das Paar erinnern: Sie hätten so vollkommen glücklich ausgesehen, sagen sie.
TILMAN SPRECKELSEN
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