Das "Cinema Paradiso" ist neben der Kirche der zweite wichtige Treffpunkt der Bewohner des kleinen Ortes Giancaldo auf Sizilien, in dem Toto kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs aufwächst. Für ein paar Stunden tauchen sie ab in eine fremde Welt, die Alltagssorgen werden klein und unwichtig, jeder kann sich seinen Träumen und Gedanken hingeben, lachen, weinen, mit den Helden auf der Leinwand mitfiebern, sich heimlich in der Dunkelheit lieben.
Toto verbringt - sehr zum Leidwesen seiner Mutter - viel Zeit im Kino, mit großen Augen verfolgt er gebannt das Geschehen auf der Leinwand. Seit seinem ersten Besuch im "Cinema Paradiso" faszinieren ihn die flimmernden Bilder und die Geschichten, die sie erzählen, jede freie Minute schleicht er sich ins Dorfkino. Mit der Zeit freundet er sich mit dem Kinovorführer Alfredo an, der für ihn bald schon eine Art Vaterersatz wird - Totos Vater wird seit dem Krieg vermisst, der Junge kann sich kaum noch an ihn erinnern.
Die Liebe der Dorfbewohner zu ihrem Lichtspielhaus bereitet dem Dorfpfarrer ernsthaft Sorge; um sie vor allzu freizügigen Darstellungen zu schützen, besteht er darauf, jeden Film noch vor der öffentlichen Vorführung zu sichten. Szenen, die er für seine Schäfchen als ungeeignet empfindet - beispielsweise Kuss-Szenen - werden von Alfredo auf ein Klingelzeichen des Pfarrers hin aus der Filmrolle herausgeschnitten.
Toto wird zum heimlichen Zeugen dieser Filmzensur, so, wie er so ziemlich alles, was sich im Kino abspielt, über all die Jahre miterlebt: das Ende der Zensur als die blonde Französin Brigitte Bardot Ende der fünfziger Jahre erstmals auf der Kinoleinwand erscheint, den Brand im Kino, bei dem er Alfredo das Leben rettet und kurz darauf die Einführung des Sicherheitsfilms, der den leicht entflammbaren Zelluloidfilm ablöst. Für Alfredo kommt diese Neuerung zu spät. Er hat bei dem Brand im Kino sein Augenlicht verloren und wird seither bei seiner Arbeit nun von Toto unterstützt. Aus dem kleinen Jungen von einst ist inzwischen ein stattlicher junger Mann geworden. Als Toto sich unglücklich in die hübsche Elena verliebt, rät sein väterlicher Freund Alfredo ihm, Sizilien hinter sich zu lassen, nach Rom zu gehen und dort sein Glück zu suchen.
Dreißig Jahre später ist Toto ein berühmter Filmregisseur geworden - die Magie des Kinos hat ihn auch in Rom nicht losgelassen. Nachdem er von seiner Mutter erfahren hat, dass Alfredo gestorben ist, kehrt Toto zum ersten Mal nach dreißig Jahren in seinen Heimatort zurück. Giancaldo hat sich über die Jahrzehnte stark verändert, für das alte Kino gibt es hier nun keinen Platz mehr, es muss einem Parkplatz weichen. Doch Alfredo und das "Cinema Paradiso", das für Toto so viele Jahre das Fenster zur Welt war, leben weiter .... in einer Filmrolle, die Alfredo aus all den zensierten Filmschnipseln zusammengestellt hat ...
Toto verbringt - sehr zum Leidwesen seiner Mutter - viel Zeit im Kino, mit großen Augen verfolgt er gebannt das Geschehen auf der Leinwand. Seit seinem ersten Besuch im "Cinema Paradiso" faszinieren ihn die flimmernden Bilder und die Geschichten, die sie erzählen, jede freie Minute schleicht er sich ins Dorfkino. Mit der Zeit freundet er sich mit dem Kinovorführer Alfredo an, der für ihn bald schon eine Art Vaterersatz wird - Totos Vater wird seit dem Krieg vermisst, der Junge kann sich kaum noch an ihn erinnern.
Die Liebe der Dorfbewohner zu ihrem Lichtspielhaus bereitet dem Dorfpfarrer ernsthaft Sorge; um sie vor allzu freizügigen Darstellungen zu schützen, besteht er darauf, jeden Film noch vor der öffentlichen Vorführung zu sichten. Szenen, die er für seine Schäfchen als ungeeignet empfindet - beispielsweise Kuss-Szenen - werden von Alfredo auf ein Klingelzeichen des Pfarrers hin aus der Filmrolle herausgeschnitten.
Toto wird zum heimlichen Zeugen dieser Filmzensur, so, wie er so ziemlich alles, was sich im Kino abspielt, über all die Jahre miterlebt: das Ende der Zensur als die blonde Französin Brigitte Bardot Ende der fünfziger Jahre erstmals auf der Kinoleinwand erscheint, den Brand im Kino, bei dem er Alfredo das Leben rettet und kurz darauf die Einführung des Sicherheitsfilms, der den leicht entflammbaren Zelluloidfilm ablöst. Für Alfredo kommt diese Neuerung zu spät. Er hat bei dem Brand im Kino sein Augenlicht verloren und wird seither bei seiner Arbeit nun von Toto unterstützt. Aus dem kleinen Jungen von einst ist inzwischen ein stattlicher junger Mann geworden. Als Toto sich unglücklich in die hübsche Elena verliebt, rät sein väterlicher Freund Alfredo ihm, Sizilien hinter sich zu lassen, nach Rom zu gehen und dort sein Glück zu suchen.
Dreißig Jahre später ist Toto ein berühmter Filmregisseur geworden - die Magie des Kinos hat ihn auch in Rom nicht losgelassen. Nachdem er von seiner Mutter erfahren hat, dass Alfredo gestorben ist, kehrt Toto zum ersten Mal nach dreißig Jahren in seinen Heimatort zurück. Giancaldo hat sich über die Jahrzehnte stark verändert, für das alte Kino gibt es hier nun keinen Platz mehr, es muss einem Parkplatz weichen. Doch Alfredo und das "Cinema Paradiso", das für Toto so viele Jahre das Fenster zur Welt war, leben weiter .... in einer Filmrolle, die Alfredo aus all den zensierten Filmschnipseln zusammengestellt hat ...
Bonusmaterial
Kinotrailer, Kapitel- / Szenenanwahl, Making Of, Animiertes DVD-Menü, DVD-Menü mit Soundeffekten, Die Kuss SzeneFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2000Der sechzigste Geburtstag oder Dinner für acht
Nicht immer, wenn Frauen zusammenkommen, denken sie sich unangenehme Arbeiten für Männer aus: Rudolf Thomes "Paradiso" im Wettbewerb
Der Komponist Adam Bergschmidt erfüllt sich zu seinem sechzigsten Geburtstag einen besonderen Wunsch. Er lädt die sieben Frauen, die in seinem Leben wichtig waren, in sein Refugium, ein einsames Landhaus an einem See in Mecklenburg, ein, wo sie mit ihm gemeinsam eine Spätsommerwoche verbringen sollen. Die Frauen, die sich einander früher schmerzvoll ablösten, gehen auf diesen überraschenden Wunsch ein. Sie kommen alle - und mit ihnen ein vor dreißig Jahren verloren gegangener Sohn. Eine Konstellation stellt sich ein, die nach Abrechnung dürstet, nach Vorhaltungen und dem Erscheinen böser Geister aus der Vergangenheit. Doch obwohl diese Geister noch nicht restlos ausgetrieben sind, bemühen sich alle Gäste von Anfang an um ein taktvolles und liebenswürdiges Benehmen. Am Ende sitzen sie gemeinsam glücksversunken beim Frühstück im Freien und versichern sich, wie sehr sie sich mögen. Mehr Harmonie ist nicht möglich, die Vernunft des Herzens hat gesiegt.
Rudolf Thome wendet sich in seinem Film "Paradiso - Sieben Tage mit sieben Frauen" erneut seinem bevorzugten Thema zu: den komplizierten Beziehungen zwischen Frauen und Männern. Sein Fest hat den Charakter eines utopischen Modells: Wie wäre es, wenn aus den Lieben unseres Lebens eine Art erweiterte Familie entstünde? Eine Familie, die nicht das gleiche Blut verbindet, sondern die gemeinsam verbrachte Zeit, die schönen, intensiven Erlebnisse und Erinnerungen. Böte diese selbstgesuchte Familie nicht mehr Geborgenheit und Verständnis als die herkömmliche?
Thome führt diese Idee recht plausibel vor. Adams sieben Frauen hätten allen Grund, sich seinem Wunsch zu verweigern oder zumindest ein ordentliches Drama aufzuführen. Berenice, seine erste Frau, ging ins Kloster, nachdem er sie verlassen hatte. Ihre Nachfolgerin erhoffte nichts sehnlicher, als mit Adam und vielen Kindern alt zu werden. Nun ist sie allein und verbittert. Die jüngeren Frauen haben das Scheitern ihrer Beziehung besser verkraftet, wenngleich auch hier einiger Schmerz angehäuft wurde. So hatte die Jüngste in der Runde, die Literaturstudentin Marion, ein Verhältnis mit Adam, als Eva, seine gegenwärtige Frau, schwanger war. Eva empfängt sie deshalb ein wenig kühler, umarmt sie aber dafür umso herzlicher zum Schluss. Ein großes Verstehen und Verzeihen breitet sich im Laufe der sieben Tage aus. Neugier besiegt die Vorurteile, der Frieden der Landschaft wirkt zusätzlich besänftigend.
Nur einer wehrt sich zunächst hartnäckig gegen die alle narkotisierende Harmonie. Es ist Billy, Adams vergessener Sohn, der gekommen ist, um mit seinem Vater abzurechnen. Thome hat diesen Sohn als einzige widersprüchliche Figur angelegt. Billy ist ein Rebell, der schon früh den Staat bekämpfte und sich jetzt der grünen Politik verschrieben hat. Zugleich pflegt er ein konservatives Familienbild: Seine Frau und Kinder sind ihm wichtiger als alles andere auf der Welt. Als Ersatzvater hat er sich "Joschka" gewählt, den er in E-Mails beschwört, die NATO-Angriffe auf Serbien einzustellen. Er beharrt darauf, dass Gewalt keine Lösung sei. Seinen Vater schlägt er dann beim ersten gemeinsamen Spaziergang im Wald nieder, weil er die über Jahre aufgestaute Wut nicht anders loswerden kann. Später leeren die beiden zusammen eine Flasche Mouton Rothschild und sind ganz froh, sich gefunden zu haben.
Thomes Film gleicht vom Rhythmus her einem entspannten Sommerspaziergang und macht wie ein solcher manchmal ein wenig schläfrig. Einzelne Motive kehren immer wieder, aber unaufdringlich und leicht wie am Himmel kreisende Vogelschwärme. Dass Adam Adam heißt und seine Frau Eva, dass den beiden oft versichert wird, sie lebten hier wie im Paradies, dass das Geburtstagsfest sieben Tage dauert, dass Adam ein Haus gebaut hat, seinen Sohn wiederfindet und am Ende auch noch Bäume pflanzt - das alles verweist auf keine tieferen Bedeutungsschichten, sondern ist nur ironische Spielerei. Eine Schlange taucht auch noch auf, aber niemand wird durch sie in Versuchung geführt oder aus dem Paradies vertrieben. So wie Thome das in seinen Figuren angelegte Konfliktpotential bewusst unterläuft, lässt er auch seine Motive ganz selbstbezogen für sich blühen wie die Sommerblumen der Mecklenburger Wiesen.
Der Regisseur hat für "Paradiso" Schauspieler um sich versammelt, die in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit ihm gearbeitet haben: Hanns Zischler, Cora Frost, Adriana Altaras, Irm Hermann, Sabine Bach, Valeska Hanel, Marquard Bohm. Eine selbst gewählte Filmfamilie also, mit der sich auf der Ebene der Produktion die Philosophie des Films fortsetzt. Wenn man dann noch weiß, dass der Regisseur vor wenigen Monaten selbst seinen sechzigsten Geburtstag feierte, dann kann man wohl vermuten, dass "Paradiso" ein sehr privater Film ist: ein sanfter, altersweiser Versuch über die Liebe, das Glück und die Zeit.
MATTHIAS EHLERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nicht immer, wenn Frauen zusammenkommen, denken sie sich unangenehme Arbeiten für Männer aus: Rudolf Thomes "Paradiso" im Wettbewerb
Der Komponist Adam Bergschmidt erfüllt sich zu seinem sechzigsten Geburtstag einen besonderen Wunsch. Er lädt die sieben Frauen, die in seinem Leben wichtig waren, in sein Refugium, ein einsames Landhaus an einem See in Mecklenburg, ein, wo sie mit ihm gemeinsam eine Spätsommerwoche verbringen sollen. Die Frauen, die sich einander früher schmerzvoll ablösten, gehen auf diesen überraschenden Wunsch ein. Sie kommen alle - und mit ihnen ein vor dreißig Jahren verloren gegangener Sohn. Eine Konstellation stellt sich ein, die nach Abrechnung dürstet, nach Vorhaltungen und dem Erscheinen böser Geister aus der Vergangenheit. Doch obwohl diese Geister noch nicht restlos ausgetrieben sind, bemühen sich alle Gäste von Anfang an um ein taktvolles und liebenswürdiges Benehmen. Am Ende sitzen sie gemeinsam glücksversunken beim Frühstück im Freien und versichern sich, wie sehr sie sich mögen. Mehr Harmonie ist nicht möglich, die Vernunft des Herzens hat gesiegt.
Rudolf Thome wendet sich in seinem Film "Paradiso - Sieben Tage mit sieben Frauen" erneut seinem bevorzugten Thema zu: den komplizierten Beziehungen zwischen Frauen und Männern. Sein Fest hat den Charakter eines utopischen Modells: Wie wäre es, wenn aus den Lieben unseres Lebens eine Art erweiterte Familie entstünde? Eine Familie, die nicht das gleiche Blut verbindet, sondern die gemeinsam verbrachte Zeit, die schönen, intensiven Erlebnisse und Erinnerungen. Böte diese selbstgesuchte Familie nicht mehr Geborgenheit und Verständnis als die herkömmliche?
Thome führt diese Idee recht plausibel vor. Adams sieben Frauen hätten allen Grund, sich seinem Wunsch zu verweigern oder zumindest ein ordentliches Drama aufzuführen. Berenice, seine erste Frau, ging ins Kloster, nachdem er sie verlassen hatte. Ihre Nachfolgerin erhoffte nichts sehnlicher, als mit Adam und vielen Kindern alt zu werden. Nun ist sie allein und verbittert. Die jüngeren Frauen haben das Scheitern ihrer Beziehung besser verkraftet, wenngleich auch hier einiger Schmerz angehäuft wurde. So hatte die Jüngste in der Runde, die Literaturstudentin Marion, ein Verhältnis mit Adam, als Eva, seine gegenwärtige Frau, schwanger war. Eva empfängt sie deshalb ein wenig kühler, umarmt sie aber dafür umso herzlicher zum Schluss. Ein großes Verstehen und Verzeihen breitet sich im Laufe der sieben Tage aus. Neugier besiegt die Vorurteile, der Frieden der Landschaft wirkt zusätzlich besänftigend.
Nur einer wehrt sich zunächst hartnäckig gegen die alle narkotisierende Harmonie. Es ist Billy, Adams vergessener Sohn, der gekommen ist, um mit seinem Vater abzurechnen. Thome hat diesen Sohn als einzige widersprüchliche Figur angelegt. Billy ist ein Rebell, der schon früh den Staat bekämpfte und sich jetzt der grünen Politik verschrieben hat. Zugleich pflegt er ein konservatives Familienbild: Seine Frau und Kinder sind ihm wichtiger als alles andere auf der Welt. Als Ersatzvater hat er sich "Joschka" gewählt, den er in E-Mails beschwört, die NATO-Angriffe auf Serbien einzustellen. Er beharrt darauf, dass Gewalt keine Lösung sei. Seinen Vater schlägt er dann beim ersten gemeinsamen Spaziergang im Wald nieder, weil er die über Jahre aufgestaute Wut nicht anders loswerden kann. Später leeren die beiden zusammen eine Flasche Mouton Rothschild und sind ganz froh, sich gefunden zu haben.
Thomes Film gleicht vom Rhythmus her einem entspannten Sommerspaziergang und macht wie ein solcher manchmal ein wenig schläfrig. Einzelne Motive kehren immer wieder, aber unaufdringlich und leicht wie am Himmel kreisende Vogelschwärme. Dass Adam Adam heißt und seine Frau Eva, dass den beiden oft versichert wird, sie lebten hier wie im Paradies, dass das Geburtstagsfest sieben Tage dauert, dass Adam ein Haus gebaut hat, seinen Sohn wiederfindet und am Ende auch noch Bäume pflanzt - das alles verweist auf keine tieferen Bedeutungsschichten, sondern ist nur ironische Spielerei. Eine Schlange taucht auch noch auf, aber niemand wird durch sie in Versuchung geführt oder aus dem Paradies vertrieben. So wie Thome das in seinen Figuren angelegte Konfliktpotential bewusst unterläuft, lässt er auch seine Motive ganz selbstbezogen für sich blühen wie die Sommerblumen der Mecklenburger Wiesen.
Der Regisseur hat für "Paradiso" Schauspieler um sich versammelt, die in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit ihm gearbeitet haben: Hanns Zischler, Cora Frost, Adriana Altaras, Irm Hermann, Sabine Bach, Valeska Hanel, Marquard Bohm. Eine selbst gewählte Filmfamilie also, mit der sich auf der Ebene der Produktion die Philosophie des Films fortsetzt. Wenn man dann noch weiß, dass der Regisseur vor wenigen Monaten selbst seinen sechzigsten Geburtstag feierte, dann kann man wohl vermuten, dass "Paradiso" ein sehr privater Film ist: ein sanfter, altersweiser Versuch über die Liebe, das Glück und die Zeit.
MATTHIAS EHLERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main