Babahoyo in Ecuador: Ein Massengrab mit Kinderleichen wird gefunden. Der ehrgeizige Starreporter Manolo Bonilla aus Miami wittert die ganz große Story und seinen Durchbruch und reist mit seinem Kamera-Team dorthin. Er möchte über den vermeintlichen Kinderserienkiller berichten und hält immer mit der Kamera drauf, wenn die Situation in der kleinen Küstenstadt eskaliert. Sein persönlicher Einsatz und eifrige Recherchen tragen jedoch nicht zur Auflösung des Falls bei. Im Gegenteil - sie führen zu tragischen Konsequenzen.
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Roberto Benigni glaubt an die Macht der Wünsche und ans Paradies
Roberto Benigni: "Pinocchio", "Das Monster".
Universum. Deutsch, Italienisch, Untertitel.
Als Extras nur Bio- und Filmografien.
Roberto Benigni hat sich ein für allemal entschlossen, daß das Leben schön ist. Wo immer er hinfährt, ob in den Irak, wie in seinem neuen, für Ende März in den deutschen Kinos angekündigten Film "Der Tiger und der Schnee", oder nach Berlin, wo er zum Abschluß der Filmfestspiele am vergangenen Wochenende schon ein wenig Werbung dafür gemacht hat - Benigni macht den Optimisten, das Kind im Geopolitiker, den Pausenclown der Schoah. Als er 1997 in "La vita è bella" das Konzentrationslager zu einem großen Spaß verklärte, gab es dafür zwar ein todernstes Motiv. Aber der Verdacht blieb doch hängen, daß hier ein Komiker die Welt schönredet.
Dem Publikum außerhalb Italiens war er zu diesem Zeitpunkt vor allem durch seinen Auftritt in Jim Jarmuschs "Down by Law" bekannt geworden: "I scream, you scream, we all scream for ice cream." In Unkenntnis seiner früheren Rollen mußte die Frage offenbleiben, ob Benigni ein neuer Chaplin sei oder doch nur ein ambitionierter Kollege von Pierre Richard oder Louis de Funès. Auf DVD sind zumindest drei zentrale Filme erhältlich, von denen der vor wenigen Wochen erschienene "Das Monster" alle Peinlichkeiten des Sexuellen auslotet, während "Johnny Stecchino" ("Zahnstocher-Johnny") sich über die Konventionen des Mafia-Films amüsiert.
"Pinocchio" ist ein eigener Fall - eine Literaturverfilmung mit kanonischem Anspruch, die aber alle Idiosynkrasien von Benigni dokumentiert. In "Il Mostro" (1994) spielt er einen Schaufensterdekorateur namens Loris, der durch seinen ungeschickten Umgang mit den entsprechenden Puppen auffällt. Zudem lernt Loris Chinesisch - seine Artikulationsversuche werden ihm allerdings als Unzurechnungsfähigkeit ausgelegt. Er gerät in Verdacht, ein Serienmörder zu sein, der gerade wieder eine Frau getötet hat. Auf freiem Fuß wird er zum Objekt einer psychologischen Untersuchung, für die sich die Polizistin Jessica Rosetti in alle Posen der sexuellen Provokation wirft, die es nur gibt. Aber Loris bleibt der stammelnde Romantiker, der verlegen die Augen schließt, wenn eine schöne Frau vor ihm das Kleid zu Boden gleiten läßt.
Die völlige Abwesenheit eines unheimlichen, unkontrollierbaren Begehrens macht Benigni zu einem nicht mehr infantilen, aber niemals erwachsen werdenden Komiker, der immer noch ganz naiv Welt erschließt, wo er doch schon einige Fehltritte hinter sich haben könnte. Das unschuldige Spiel mit dem Verruchten bekommt eine romantische Dimension dadurch, daß die Spezialistin Jessica Rosetti von Nicoletta Braschi gespielt wird, der Ehefrau von Benigni, die in allen seinen Filmen die Angebetete ist. In "Johnny Stecchino" (1991) ist sie die Gangsterbraut Maria, die den naiven Dante seiner Ähnlichkeit mit "Zahnstocher-Johnny" wegen nach Sizilien lockt, um ihn dort zu beseitigen und ihrem Mann dadurch die weiteren Nachstellungen der Polizei zu ersparen. Benigni spielt beide Rollen, den Paten und den Minnedienstler, und schon hier überwindet er spielend die Kränkung durch einen Verrat. Das Italienische, in dem sich so prächtig schimpfen läßt, steigert er zwischendurch zu einer schönen Tirade gegen das Schweigen in einer mafiosen Gesellschaft: "Brutti, pezzenti, maleducati, straccioni, accattoni, puzzolenti, schifosi, tirchi, maledetti!" Ein "Monster" ist Benigni, weil er die Latenzphase in der Persönlichkeitsentwicklung auf Dauer gestellt hat.
Seine vor vier Jahren entstandene Verfilmung von Carlo Collodis "Pinocchio" konnte international nicht reüssieren. Sie ist auch so etwas wie sein Kommentar zu dieser Entwicklungspsychologie. Wer nicht an Feen glaubt, wird durch Nicoletta Braschi eines Schöneren belehrt, und wer nicht an Esel glaubt, wird durch Benigni selbst bekehrt, der natürlich die Hauptrolle spielt. Die unsentimentale Erziehung einer Holzfigur zu einem braven Kind ist phantastisches Kino in einer reinen, naiven Form. Nur der Schatten stiehlt sich manchmal davon und gibt davon Kunde, daß sich in den Geschicken von Pinocchio eine veritable Disziplinargesellschaft abbildet, in der jede Verfehlung streng sanktioniert wird. Doch was gilt das gegen die Macht der Wünsche, die hier ebenfalls zum Ausdruck kommt? Sogar der Walfisch muß am Ende den alten Gepetto wieder ausspucken, den "Vater" von Pinocchio, der aus Trauer um seinen Schützling ins Wasser gegangen war.
Schon das Holzscheit, aus dem der kleine Naseweis hergestellt wird, kommt mit schicksalhafter Logik zu seinem Meister. Durch die Gassen einer italienischen Kleinstadt stürzt es polternd vor die Tür des Kunstschnitzers, in einer Spezialeffektsequenz, die als Verneigung vor dem amerikanischen Kino gelten kann. Danach aber ist alles alte Welt: Ein Traum von Italien ist Benignis "Pinocchio" zuallererst. Es ist ein künstliches Paradies, in dem die Farben nachgefärbt sind und das Licht sorgfältig berechnet ist. Die computergenerierten Bilder werden in den Dienst einer überlieferten Handwerkskunst genommen. Dieser "Pinocchio" ist eher mit den Farbkunstwerken von Michael Powell und Emeric Pressburger verwandt als mit "Forrest Gump".
Während Benigni in "La vita è bella" noch die Rolle des Vaters übernahm, der das gute Ende garantierte, schlüpft er nun in die Rolle eines Sohns, und wieder geht es in erster Linie um einen Freiraum für schlechte Erfahrungen, aus denen ein Kind unbeschadet hervorgeht. Dieses Kind ist der Komiker Roberto Benigni, der mit einer Leidenschaft agiert, die ganze Wälder zum Leben erwecken könnte. Nur faule Esel nicht, das wäre zu leichtes Spiel. In "Der Tiger und der Schnee" geht es nun auch wieder um eine Sache auf Leben und Tod, die Roberto Benigni durch reine Entschlußkraft in Ordnung bringt.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Roberto Benigni glaubt an die Macht der Wünsche und ans Paradies
Roberto Benigni: "Pinocchio", "Das Monster".
Universum. Deutsch, Italienisch, Untertitel.
Als Extras nur Bio- und Filmografien.
Roberto Benigni hat sich ein für allemal entschlossen, daß das Leben schön ist. Wo immer er hinfährt, ob in den Irak, wie in seinem neuen, für Ende März in den deutschen Kinos angekündigten Film "Der Tiger und der Schnee", oder nach Berlin, wo er zum Abschluß der Filmfestspiele am vergangenen Wochenende schon ein wenig Werbung dafür gemacht hat - Benigni macht den Optimisten, das Kind im Geopolitiker, den Pausenclown der Schoah. Als er 1997 in "La vita è bella" das Konzentrationslager zu einem großen Spaß verklärte, gab es dafür zwar ein todernstes Motiv. Aber der Verdacht blieb doch hängen, daß hier ein Komiker die Welt schönredet.
Dem Publikum außerhalb Italiens war er zu diesem Zeitpunkt vor allem durch seinen Auftritt in Jim Jarmuschs "Down by Law" bekannt geworden: "I scream, you scream, we all scream for ice cream." In Unkenntnis seiner früheren Rollen mußte die Frage offenbleiben, ob Benigni ein neuer Chaplin sei oder doch nur ein ambitionierter Kollege von Pierre Richard oder Louis de Funès. Auf DVD sind zumindest drei zentrale Filme erhältlich, von denen der vor wenigen Wochen erschienene "Das Monster" alle Peinlichkeiten des Sexuellen auslotet, während "Johnny Stecchino" ("Zahnstocher-Johnny") sich über die Konventionen des Mafia-Films amüsiert.
"Pinocchio" ist ein eigener Fall - eine Literaturverfilmung mit kanonischem Anspruch, die aber alle Idiosynkrasien von Benigni dokumentiert. In "Il Mostro" (1994) spielt er einen Schaufensterdekorateur namens Loris, der durch seinen ungeschickten Umgang mit den entsprechenden Puppen auffällt. Zudem lernt Loris Chinesisch - seine Artikulationsversuche werden ihm allerdings als Unzurechnungsfähigkeit ausgelegt. Er gerät in Verdacht, ein Serienmörder zu sein, der gerade wieder eine Frau getötet hat. Auf freiem Fuß wird er zum Objekt einer psychologischen Untersuchung, für die sich die Polizistin Jessica Rosetti in alle Posen der sexuellen Provokation wirft, die es nur gibt. Aber Loris bleibt der stammelnde Romantiker, der verlegen die Augen schließt, wenn eine schöne Frau vor ihm das Kleid zu Boden gleiten läßt.
Die völlige Abwesenheit eines unheimlichen, unkontrollierbaren Begehrens macht Benigni zu einem nicht mehr infantilen, aber niemals erwachsen werdenden Komiker, der immer noch ganz naiv Welt erschließt, wo er doch schon einige Fehltritte hinter sich haben könnte. Das unschuldige Spiel mit dem Verruchten bekommt eine romantische Dimension dadurch, daß die Spezialistin Jessica Rosetti von Nicoletta Braschi gespielt wird, der Ehefrau von Benigni, die in allen seinen Filmen die Angebetete ist. In "Johnny Stecchino" (1991) ist sie die Gangsterbraut Maria, die den naiven Dante seiner Ähnlichkeit mit "Zahnstocher-Johnny" wegen nach Sizilien lockt, um ihn dort zu beseitigen und ihrem Mann dadurch die weiteren Nachstellungen der Polizei zu ersparen. Benigni spielt beide Rollen, den Paten und den Minnedienstler, und schon hier überwindet er spielend die Kränkung durch einen Verrat. Das Italienische, in dem sich so prächtig schimpfen läßt, steigert er zwischendurch zu einer schönen Tirade gegen das Schweigen in einer mafiosen Gesellschaft: "Brutti, pezzenti, maleducati, straccioni, accattoni, puzzolenti, schifosi, tirchi, maledetti!" Ein "Monster" ist Benigni, weil er die Latenzphase in der Persönlichkeitsentwicklung auf Dauer gestellt hat.
Seine vor vier Jahren entstandene Verfilmung von Carlo Collodis "Pinocchio" konnte international nicht reüssieren. Sie ist auch so etwas wie sein Kommentar zu dieser Entwicklungspsychologie. Wer nicht an Feen glaubt, wird durch Nicoletta Braschi eines Schöneren belehrt, und wer nicht an Esel glaubt, wird durch Benigni selbst bekehrt, der natürlich die Hauptrolle spielt. Die unsentimentale Erziehung einer Holzfigur zu einem braven Kind ist phantastisches Kino in einer reinen, naiven Form. Nur der Schatten stiehlt sich manchmal davon und gibt davon Kunde, daß sich in den Geschicken von Pinocchio eine veritable Disziplinargesellschaft abbildet, in der jede Verfehlung streng sanktioniert wird. Doch was gilt das gegen die Macht der Wünsche, die hier ebenfalls zum Ausdruck kommt? Sogar der Walfisch muß am Ende den alten Gepetto wieder ausspucken, den "Vater" von Pinocchio, der aus Trauer um seinen Schützling ins Wasser gegangen war.
Schon das Holzscheit, aus dem der kleine Naseweis hergestellt wird, kommt mit schicksalhafter Logik zu seinem Meister. Durch die Gassen einer italienischen Kleinstadt stürzt es polternd vor die Tür des Kunstschnitzers, in einer Spezialeffektsequenz, die als Verneigung vor dem amerikanischen Kino gelten kann. Danach aber ist alles alte Welt: Ein Traum von Italien ist Benignis "Pinocchio" zuallererst. Es ist ein künstliches Paradies, in dem die Farben nachgefärbt sind und das Licht sorgfältig berechnet ist. Die computergenerierten Bilder werden in den Dienst einer überlieferten Handwerkskunst genommen. Dieser "Pinocchio" ist eher mit den Farbkunstwerken von Michael Powell und Emeric Pressburger verwandt als mit "Forrest Gump".
Während Benigni in "La vita è bella" noch die Rolle des Vaters übernahm, der das gute Ende garantierte, schlüpft er nun in die Rolle eines Sohns, und wieder geht es in erster Linie um einen Freiraum für schlechte Erfahrungen, aus denen ein Kind unbeschadet hervorgeht. Dieses Kind ist der Komiker Roberto Benigni, der mit einer Leidenschaft agiert, die ganze Wälder zum Leben erwecken könnte. Nur faule Esel nicht, das wäre zu leichtes Spiel. In "Der Tiger und der Schnee" geht es nun auch wieder um eine Sache auf Leben und Tod, die Roberto Benigni durch reine Entschlußkraft in Ordnung bringt.
BERT REBHANDL
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