Technische Angaben:
Bildformat: 1:2.35 (anamorph)
Sprache / Tonformat: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Ländercode: 2
Extras: Making of u. a.
Bildformat: 1:2.35 (anamorph)
Sprache / Tonformat: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Ländercode: 2
Extras: Making of u. a.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - InterviewsFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.1998Schwarze Löcher in Schrebers Garten
"Dark City" von Alex Proyas: Kein dunkler Film, aber mit wenig lichten Momenten
Frank Bumstead ist ein melancholischer Inspektor. Abends zieht er sein Akkordeon hervor und spielt sich durch die Nacht. Damit hat er einiges zu tun, denn in Dark City wird es niemals Tag. Aber niemand vermißt das Sonnenlicht, denn alle erinnern sich an prachtvolle Sommer und goldene Herbste. Leider aber sind alle diese Erinnerungen falsch, denn Dark City ist ein gigantisches Versuchslabor, in dem eine Gruppe von graugewandeten Herren Menschenversuche betreibt. Ihr einziger Kontaktmann zur Stadt, der Psychiater Daniel Schreber, nennt sie "die Fremden". Es handelt sich um eine aus ihrem angestammten Winkel der Galaxis vertriebene obskure Spezies, die in der Lage ist, die Zeit anzuhalten.
Michael Endes Roman "Momo" läßt grüßen, und der Autor, Regisseur und Produzent Alex Proyas winkt sofort zurück - mit einer ganzen Liste weiterer mehr oder weniger offensichtlicher Zitate aus allen Ebenen der Hoch- und Trivialkultur: H. P. Lovecraft liefert das Motiv des namenlosen Schreckens an einem abgeschiedenen Ort, Steven Soderberghs "Kafka"-Film die Ausstattung der unterirdischen Kommandozentrale der "Fremden", Fritz Langs "Metropolis" wieder einmal das Stadtbild, François Schuitens Comics die Ornamente der Architektur, "Men in Black" die Monster in Menschengestalt, Ridley Scotts "Blade Runner" den Erzählrhythmus und Robert Longos "Vernetzt - Johnny Mnemonic" die tragende Idee der manipulierbaren Erinnerung.
Kurz: Die Liste, die Proyas ungehemmt vor unser aller Augen hin und her schwenkt, ist so lang, daß man sie als Kapitulationszeichen betrachten muß. Proyas ist beim Versuch, nach seinem Erfolgsfilm "Die Krähe" von 1994 noch einmal schwarze Nächte, Städte und Gedanken heraufzubeschwören, gescheitert. Er bleibt der dunkelste Denker des aktuellen Kinos, doch zu einem ordentlichen film noir wird er es nie bringen.
Der Protagonist von "Dark City" ist John Murdoch, der sich eines Nachts nackt in einer Badewanne findet, ein kleines Loch im Kopf und weiter nichts. Denn Murdoch (Rufus Sewell) hat kein Gedächtnis mehr, bei ihm ist die Manipulation der "Fremden" gescheitert. Eigentlich hätte er die Identität eines Serienmörders annehmen sollen, doch den sehen jetzt nur die Behörden in ihm. Murdoch ist wie so viele Hollywood-Helden fortan zugleich auf der Flucht vor und auf der Suche nach seiner Vergangenheit.
Die weniger resistenten Bewohner der Stadt wundern sich gar nicht erst, daß ihr Stadtbild jede Nacht neu arrangiert wird oder daß sie punkt null Uhr in einen kurzen, unerklärlichen Moment der Ruhe verfallen, wenn die "Fremden" die Zeit anhalten. Dann fallen die Esser eines Mitternachtssoupers kopfüber in ihre Teller, doch der brausende Verkehr bremst langsam ab. Wie soll das gehen? Proyas interessiert es nicht.
Auch daß nur denjenigen Bürgern ein neues Gedächtnis eingespritzt wird, die eine veränderte Identität annehmen sollen, ist reichlich seltsam. Vermißt sie niemand? Erinnert sich keiner an die Nacht zuvor, als noch kein Palast an der Stelle der Sozialwohnung stand? Aber alle erinnern sich an den vermeintlichen Massenmörder. Drei Autoren haben unter Proyas' Führung am Drehbuch geschustert, und keinem sind die hanebüchenen Widersprüche aufgefallen.
Schade für die Darsteller. Rufus Sewell kommt nach "Cold Comfort Farm" wieder in eine äußerst unerfreuliche Welt, hat diesmal aber keine Chance, mit seinem komödiantischen Talent zu spielen; er bleibt ganz Kullerauge. William Hurt gibt Frank Bumstead mit einer an den Klassikern des Polizeifilms geschulten Lakonie. Als er einem Untergebenen befiehlt, seine Schnürsenkel wieder zu verknoten, weiß man schon, daß das nicht die einzigen losen Enden sein werden, die Bumstead wieder zusammenfügt. Doch der Ambivalenz dieser Rolle des seelenvollen Verfolgers wird kein Raum geschenkt, genausowenig wie Murdochs Frau Emma (Jennifer Connelly), deren mimische Fähigkeiten auf die Produktion ausdrucksstarker Tränen und Blicke beschränkt werden.
So bleibt nur Kiefer Sutherland als Schreber. Er trägt den Namen eines der berühmtesten pathologischen Fälle der Geschichte, des Senatspräsidenten Daniel Paul Schreber, Sohn von Gottlob Moritz Schreber, des "Erfinders" der nach ihm benannten Kleingärten. Der reale Daniel Schreber hatte Allmachtsphantasien, der fiktive aus "Dark City" biedert sich den Außerirdischen nur an, um seine wissenschaftlichen Ziele weiter verfolgen zu können. Sutherland gibt mit schmaler Nickelbrille und Nazi-Haarschnitt das Urbild des gewissenlosen Forschers. Das just er am Ende den Mut aufbringt, gegen die "Fremden" zu revoltieren, ist die einzige Überraschung des Films. Der Rest ist Computerspielerei und Produktionsdesign. apl
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Dark City" von Alex Proyas: Kein dunkler Film, aber mit wenig lichten Momenten
Frank Bumstead ist ein melancholischer Inspektor. Abends zieht er sein Akkordeon hervor und spielt sich durch die Nacht. Damit hat er einiges zu tun, denn in Dark City wird es niemals Tag. Aber niemand vermißt das Sonnenlicht, denn alle erinnern sich an prachtvolle Sommer und goldene Herbste. Leider aber sind alle diese Erinnerungen falsch, denn Dark City ist ein gigantisches Versuchslabor, in dem eine Gruppe von graugewandeten Herren Menschenversuche betreibt. Ihr einziger Kontaktmann zur Stadt, der Psychiater Daniel Schreber, nennt sie "die Fremden". Es handelt sich um eine aus ihrem angestammten Winkel der Galaxis vertriebene obskure Spezies, die in der Lage ist, die Zeit anzuhalten.
Michael Endes Roman "Momo" läßt grüßen, und der Autor, Regisseur und Produzent Alex Proyas winkt sofort zurück - mit einer ganzen Liste weiterer mehr oder weniger offensichtlicher Zitate aus allen Ebenen der Hoch- und Trivialkultur: H. P. Lovecraft liefert das Motiv des namenlosen Schreckens an einem abgeschiedenen Ort, Steven Soderberghs "Kafka"-Film die Ausstattung der unterirdischen Kommandozentrale der "Fremden", Fritz Langs "Metropolis" wieder einmal das Stadtbild, François Schuitens Comics die Ornamente der Architektur, "Men in Black" die Monster in Menschengestalt, Ridley Scotts "Blade Runner" den Erzählrhythmus und Robert Longos "Vernetzt - Johnny Mnemonic" die tragende Idee der manipulierbaren Erinnerung.
Kurz: Die Liste, die Proyas ungehemmt vor unser aller Augen hin und her schwenkt, ist so lang, daß man sie als Kapitulationszeichen betrachten muß. Proyas ist beim Versuch, nach seinem Erfolgsfilm "Die Krähe" von 1994 noch einmal schwarze Nächte, Städte und Gedanken heraufzubeschwören, gescheitert. Er bleibt der dunkelste Denker des aktuellen Kinos, doch zu einem ordentlichen film noir wird er es nie bringen.
Der Protagonist von "Dark City" ist John Murdoch, der sich eines Nachts nackt in einer Badewanne findet, ein kleines Loch im Kopf und weiter nichts. Denn Murdoch (Rufus Sewell) hat kein Gedächtnis mehr, bei ihm ist die Manipulation der "Fremden" gescheitert. Eigentlich hätte er die Identität eines Serienmörders annehmen sollen, doch den sehen jetzt nur die Behörden in ihm. Murdoch ist wie so viele Hollywood-Helden fortan zugleich auf der Flucht vor und auf der Suche nach seiner Vergangenheit.
Die weniger resistenten Bewohner der Stadt wundern sich gar nicht erst, daß ihr Stadtbild jede Nacht neu arrangiert wird oder daß sie punkt null Uhr in einen kurzen, unerklärlichen Moment der Ruhe verfallen, wenn die "Fremden" die Zeit anhalten. Dann fallen die Esser eines Mitternachtssoupers kopfüber in ihre Teller, doch der brausende Verkehr bremst langsam ab. Wie soll das gehen? Proyas interessiert es nicht.
Auch daß nur denjenigen Bürgern ein neues Gedächtnis eingespritzt wird, die eine veränderte Identität annehmen sollen, ist reichlich seltsam. Vermißt sie niemand? Erinnert sich keiner an die Nacht zuvor, als noch kein Palast an der Stelle der Sozialwohnung stand? Aber alle erinnern sich an den vermeintlichen Massenmörder. Drei Autoren haben unter Proyas' Führung am Drehbuch geschustert, und keinem sind die hanebüchenen Widersprüche aufgefallen.
Schade für die Darsteller. Rufus Sewell kommt nach "Cold Comfort Farm" wieder in eine äußerst unerfreuliche Welt, hat diesmal aber keine Chance, mit seinem komödiantischen Talent zu spielen; er bleibt ganz Kullerauge. William Hurt gibt Frank Bumstead mit einer an den Klassikern des Polizeifilms geschulten Lakonie. Als er einem Untergebenen befiehlt, seine Schnürsenkel wieder zu verknoten, weiß man schon, daß das nicht die einzigen losen Enden sein werden, die Bumstead wieder zusammenfügt. Doch der Ambivalenz dieser Rolle des seelenvollen Verfolgers wird kein Raum geschenkt, genausowenig wie Murdochs Frau Emma (Jennifer Connelly), deren mimische Fähigkeiten auf die Produktion ausdrucksstarker Tränen und Blicke beschränkt werden.
So bleibt nur Kiefer Sutherland als Schreber. Er trägt den Namen eines der berühmtesten pathologischen Fälle der Geschichte, des Senatspräsidenten Daniel Paul Schreber, Sohn von Gottlob Moritz Schreber, des "Erfinders" der nach ihm benannten Kleingärten. Der reale Daniel Schreber hatte Allmachtsphantasien, der fiktive aus "Dark City" biedert sich den Außerirdischen nur an, um seine wissenschaftlichen Ziele weiter verfolgen zu können. Sutherland gibt mit schmaler Nickelbrille und Nazi-Haarschnitt das Urbild des gewissenlosen Forschers. Das just er am Ende den Mut aufbringt, gegen die "Fremden" zu revoltieren, ist die einzige Überraschung des Films. Der Rest ist Computerspielerei und Produktionsdesign. apl
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main