Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.2007Hier tanzt der Bär
"Das Dschungelbuch" - Überfällige Rehabilitation
Wolfgang Reitherman: "Das Dschungelbuch".
Disney. 2 DVDs. Extras: Audiokommentar, Dokumentationen, Spiele, Musikvideo.
Der erfolgreichste aller Filme, die jemals in Deutschland im Kino gelaufen sind, ist nach acht Jahren wieder erhältlich. "Das Dschungelbuch" hat seit 1968 in diversen Wiederaufführungen fast 24 Millionen Zuschauer in die Kinos gezogen, doch selbst dort war es letztmals im Jahr 2000 zu sehen. Nun aber erscheint das letzte Werk, für dessen Produktion der 1966 verstorbene Walt Disney verantwortlich zeichnete, als Doppel-DVD - zum vierzigsten Jahrestag der amerikanischen Premiere.
Der Film ist frisch restauriert, aber die unvergessliche deutsche Synchronfassung blieb erfreulicherweise weiterhin unangetastet. Sie ist ebenso ein Klassiker wie das amerikanische Original (die die DVD natürlich auch bietet). Das wird von einer Fülle Extras begleitet. Schon die diversen Dokumentationen über die Herstellung des "Dschungelbuchs" und die dabei wichtigsten Mitwirkenden füllen zwei Stunden, und allein die paar Sekunden, in denen der Animator Ollie Johnston seinem Freund Frank Thomas die Tanzbewegungen des Bären Balu vorführt, sind bereits die ganze Edition wert. Es gibt zahllose Studien-, Storyboard- und Animationszeichnungen und leider einen Audiokommentar, der nicht viel mehr erzählt als das sonstige Bonusmaterial.
Doch das Bemerkenswerteste an der Doppel-DVD ist die Offenheit, mit der dort für das Disney-Studio heikle Ereignisse angesprochen werden. Walt Disney persönlich stoppte Ende 1964 die bereits länger als ein Jahr laufenden Vorarbeiten zur Adaption von Rudyard Kiplings "Dschungelbuch", weil ihm die Bearbeitung als zu düster erschien. Der Studiochef wechselte das ganze Team aus, schickte seine besten Animatoren an die Arbeit und kümmerte sich fortan selbst um die Produktion. Der ursprünglich mit dieser Aufgabe betraute Bill Peet war darüber so empört, dass er kündigte - und das komplett von ihm erstellte Storyboard aus dem Studio mitnahm. Erst vor wenigen Jahren wurde dieses Konvolut wiederaufgefunden, und dadurch ist die Frühphase der Arbeit am "Dschungelbuch" nun umfassend dokumentiert. In den Erläuterungen dazu wird dem Dissidenten Peet erstmals wieder die Ehre erwiesen. Darauf müssen Art Babbitt und Bill Tytla, die beiden berühmtesten Animatoren, die Disney im Streit verließen, immer noch warten. Aber gewiss nicht mehr lange.
apl
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Das Dschungelbuch" - Überfällige Rehabilitation
Wolfgang Reitherman: "Das Dschungelbuch".
Disney. 2 DVDs. Extras: Audiokommentar, Dokumentationen, Spiele, Musikvideo.
Der erfolgreichste aller Filme, die jemals in Deutschland im Kino gelaufen sind, ist nach acht Jahren wieder erhältlich. "Das Dschungelbuch" hat seit 1968 in diversen Wiederaufführungen fast 24 Millionen Zuschauer in die Kinos gezogen, doch selbst dort war es letztmals im Jahr 2000 zu sehen. Nun aber erscheint das letzte Werk, für dessen Produktion der 1966 verstorbene Walt Disney verantwortlich zeichnete, als Doppel-DVD - zum vierzigsten Jahrestag der amerikanischen Premiere.
Der Film ist frisch restauriert, aber die unvergessliche deutsche Synchronfassung blieb erfreulicherweise weiterhin unangetastet. Sie ist ebenso ein Klassiker wie das amerikanische Original (die die DVD natürlich auch bietet). Das wird von einer Fülle Extras begleitet. Schon die diversen Dokumentationen über die Herstellung des "Dschungelbuchs" und die dabei wichtigsten Mitwirkenden füllen zwei Stunden, und allein die paar Sekunden, in denen der Animator Ollie Johnston seinem Freund Frank Thomas die Tanzbewegungen des Bären Balu vorführt, sind bereits die ganze Edition wert. Es gibt zahllose Studien-, Storyboard- und Animationszeichnungen und leider einen Audiokommentar, der nicht viel mehr erzählt als das sonstige Bonusmaterial.
Doch das Bemerkenswerteste an der Doppel-DVD ist die Offenheit, mit der dort für das Disney-Studio heikle Ereignisse angesprochen werden. Walt Disney persönlich stoppte Ende 1964 die bereits länger als ein Jahr laufenden Vorarbeiten zur Adaption von Rudyard Kiplings "Dschungelbuch", weil ihm die Bearbeitung als zu düster erschien. Der Studiochef wechselte das ganze Team aus, schickte seine besten Animatoren an die Arbeit und kümmerte sich fortan selbst um die Produktion. Der ursprünglich mit dieser Aufgabe betraute Bill Peet war darüber so empört, dass er kündigte - und das komplett von ihm erstellte Storyboard aus dem Studio mitnahm. Erst vor wenigen Jahren wurde dieses Konvolut wiederaufgefunden, und dadurch ist die Frühphase der Arbeit am "Dschungelbuch" nun umfassend dokumentiert. In den Erläuterungen dazu wird dem Dissidenten Peet erstmals wieder die Ehre erwiesen. Darauf müssen Art Babbitt und Bill Tytla, die beiden berühmtesten Animatoren, die Disney im Streit verließen, immer noch warten. Aber gewiss nicht mehr lange.
apl
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