In einem winzigen Häuschen neben dem Bahndamm lebt Champion bei seiner Großmutter, Madame Souza, die ihn adoptiert hat. Er ist ein einsamer kleiner Junge, und Madame Souza würde alles tun, um ihn fröhlich zu sehen. Als sie herausfindet, dass der Bub nirgends glücklicher ist als auf dem Fahrrad, startet sie mit ihm ein intensives Trainingsprogramm. Die Jahre vergehen, und Champion erweist sich seines Namens immer würdiger. Schließlich ist es soweit: er tritt an beim berühmtesten Fahrradrennen der Welt, der Tour de France.
Doch während der mühsamen Etappe durch die Berge wird Champion von zwei mysteriösen Männern in Schwarz entführt. Sie haben allerdings ihre Rechnung ohne die besorgte Oma gemacht, denn Madame Souza und ihr treuer Hund Bruno heften sich auf ihre Fersen.
Die Odyssee führt sie auf einem Schlauchboot über den Ozean in die amerikanische Megalopolis Belleville. Dort schließen sie Bekanntschaft mit den berühmten Drillingsschwestern "Les Triplettes de Belleville", drei exzentrischen Music-Hall Stars der 30er Jahre.
Dank Brunos ausgeprägtem Geruchssinn und der beherzten Hilfe der "Triplettes" stößt Madame Souza bald auf Champions Spur. Doch um den Enkel zu befreien, muss sie sich mit einem mächtigen Gegner anlegen: der französischen Mafia, die mit dem entführten Radprofi teuflische Pläne verfolgt...
Doch während der mühsamen Etappe durch die Berge wird Champion von zwei mysteriösen Männern in Schwarz entführt. Sie haben allerdings ihre Rechnung ohne die besorgte Oma gemacht, denn Madame Souza und ihr treuer Hund Bruno heften sich auf ihre Fersen.
Die Odyssee führt sie auf einem Schlauchboot über den Ozean in die amerikanische Megalopolis Belleville. Dort schließen sie Bekanntschaft mit den berühmten Drillingsschwestern "Les Triplettes de Belleville", drei exzentrischen Music-Hall Stars der 30er Jahre.
Dank Brunos ausgeprägtem Geruchssinn und der beherzten Hilfe der "Triplettes" stößt Madame Souza bald auf Champions Spur. Doch um den Enkel zu befreien, muss sie sich mit einem mächtigen Gegner anlegen: der französischen Mafia, die mit dem entführten Radprofi teuflische Pläne verfolgt...
Bonusmaterial
- Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Musikvideo(s) - Interviews - Kommentierte Szenen - Lehrstunde im Zeichnen - FotogalerieFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.04.2004Besser kein Frosch sein
Sylvain Chomet bietet mit dem "Großen Rennen von Belleville" den besten Trickfilm der letzten Zeit
Wenn alles mit rechten, das heißt: künstlerischen Gründen zugegangen wäre bei der diesjährigen Oscarverleihung, dann hätte nicht der immens erfolgreiche Pixar-Trickfilm "Findet Nemo" die Auszeichnung als bestes Animationswerk erhalten, sondern "Das große Rennen von Belleville". Aber darf man von amerikanischen Filmschaffenden, aus denen sich die preisvergebende Akademie zusammensetzt, erwarten, daß sie schon einmal etwas von Sylvain Chomet gehört haben, dem französischen Regisseur, der "Les Triplettes des Belleville", wie der Film im Original heißt, gedreht hat? Kam sein Werk nicht vielmehr nur in die Endausscheidung, weil die gute Hälfte des Films in einem zu Belleville umbenannten New York spielt und auch etwas kanadisches Geld in die Produktion geflossen war, was es wiederum ermöglichte, daß diese überhaupt in Nordamerika zu sehen ist? Wissen die computergeblendeten Trickschaffenden in Amerika eigentlich noch um die Geschichte ihres eigenen Genres? Können sie den Anspielungsreichtum eines Films verstehen, dessen Anfangssequenz die unbeholfenen hyperdynamischen Cartoons der frühen dreißiger Jahre persifliert? Dürfte man es, wüßten sie es und könnten sie es, dann hätte "Findet Nemo" niemals gewinnen dürfen.
Denn "Das große Rennen von Belleville" ist das, was "Findet Nemo" nicht ist: originell. Wie hier einfach eine neue Trickästhetik erfunden wird - und das im zweiten Film des 1963 geborenen Chomet, dessen spätes Erstlingswerk "La vieille dame et les pigeons" von 1998 nur ein (wenn auch gleichfalls oscarnominierter) Kurzfilm war -, deren skurrile Figuren und drastischer Humor die Grenzen des an Lieblich- und Nettigkeit so übersatten Genres neu ausloten, das hat eine Frische, die man aus Europa kaum erhoffen durfte. Schon die Geschichte, von Chomet selbst geschrieben, ist so bar jeglicher Plausibilität, daß sie geradezu ideale Voraussetzungen für das (im geglückten Fall) phantasiesprühende Medium Trickfilm bereithält: Ein Teilnehmer der Tour de France wird von einem Weingroßhändler, der nebenbei in der Metropole Belleville ein illegales Wettgeschäft betreibt, entführt. Gemeinsam mit zwei Konkurrenten muß der Radfahrer ein virtuelles Rennen austragen, das höchste körperliche Ansprüche stellt. Doch die Mutter und Bruno, ihr Hund, sind dem Entführer auf der Spur und verbünden sich dazu mit Rose, Violet und Blanche, den "Drillingen von Belleville", einer Damenmusikgruppe, die in den zwanziger und dreißiger Jahren große Erfolge gefeiert hatte.
Mit der Aufnahme eines ihrer damaligen Auftritte beginnt der Film, und wie Chomet hier nicht nur Legenden wie Josephine Baker oder Fred Astaire in Trickfiguren überführt, sondern auch das Erscheinungsbild früher Tonfilme karikiert - mit Bildstörungen, Tonaussetzern, falschen Laufgeschwindigkeiten -, das ist grandios. Dann folgt die Kindheit des Radfahrers unter dem strengen Regiment der Mutter. Daß diese einen Klumpfuß hat, ist ein weiteres Element, das man im Trickfilm selten zu sehen bekommt - in Zeiten immer größerer Bedenken gegenüber karikierenden Darstellung von Minderheiten eigentlich nie.
Diese Mutter ist das Glanzstück des Films: denkbar simpel animiert, aber bei allem Phlegma mit einem Maximum an Ausdrucksstärke, und das ohne Worte. Gesprochen wird in "Das große Rennen von Belleville" ohnehin so gut wie nie, und die häufigen Bildverweise auf Jacques Tatis Filme oder Winsor McCays Trick-Pionierleistung "Gertie" aus dem Jahr 1914 lassen nur zu deutlich erkennen, in welche Tradition Chomet sein Werk gestellt haben will. Hier wird die Traditionslinie eines Humors fortgeschrieben, der altvorder wirken mag und doch von unerreichter Komik ist. Gerade weil der Film nach Tatis Vorbild geräuschreich, aber wortarm ist, liegt um so mehr an Mimik und Gestik der Figuren, und hier ist Chomet mit der Entgegensetzung der stoischen Mutter und der drei betagten, aber höchst agilen Grazien der "Triplettes de Belleville" ein besonders großartiger Kontrast geglückt.
Der Film ist keine leichte Kost, denn der verfettete Bruno sorgt für etliche eher grausam inszenierte Scherze. Und spätestens wenn die dynamitfischenden Drillinge ihre allabendliche Froschmahlzeit zubereiten, ist die Grenze des guten Geschmacks erreicht. Aber genau das ist die Möglichkeit, die der Trickfilm durch seine produktionsbedingte Distanzierung von der Realität bietet: Hier kann man darüber lachen, wie Frösche in immer neuen Variationen serviert und verspeist werden. Dabei spielt sich das Ganze in Dekors von solch spitzenverbrämter Eleganz ab, als hätte Chomet die Zeichnerriege aus Disneys "101 Dalmatiner" oder "Aristocats" reaktiviert.
Wenn man den Oscarstimmberechtigten noch etwas vor dem 29. Februar hätte auf den Weg geben dürfen, dann wäre es dies gewesen: So etwas wie die Helfer des Weingroßhändlers, jene siamesisch an den Schultern zusammengewachsenen Schergen, hat das Kino noch nie zuvor gesehen. Das ist ein Einfallsreichtum, wie ihn das amerikanische Animationskino seit Jahren vermissen läßt. Aber zweimal hintereinander den begehrtesten Filmpreis außer Landes gehen zu sehen, das war Hollywood wohl nicht zuzumuten. Ob die Juroren wenigstens das Ende des Abspanns abgewartet haben, um noch den so simplen und doch wunderbaren Schlußgag mitzubekommen? Hätten sie es, dann . . . Aber wir wiederholen uns.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sylvain Chomet bietet mit dem "Großen Rennen von Belleville" den besten Trickfilm der letzten Zeit
Wenn alles mit rechten, das heißt: künstlerischen Gründen zugegangen wäre bei der diesjährigen Oscarverleihung, dann hätte nicht der immens erfolgreiche Pixar-Trickfilm "Findet Nemo" die Auszeichnung als bestes Animationswerk erhalten, sondern "Das große Rennen von Belleville". Aber darf man von amerikanischen Filmschaffenden, aus denen sich die preisvergebende Akademie zusammensetzt, erwarten, daß sie schon einmal etwas von Sylvain Chomet gehört haben, dem französischen Regisseur, der "Les Triplettes des Belleville", wie der Film im Original heißt, gedreht hat? Kam sein Werk nicht vielmehr nur in die Endausscheidung, weil die gute Hälfte des Films in einem zu Belleville umbenannten New York spielt und auch etwas kanadisches Geld in die Produktion geflossen war, was es wiederum ermöglichte, daß diese überhaupt in Nordamerika zu sehen ist? Wissen die computergeblendeten Trickschaffenden in Amerika eigentlich noch um die Geschichte ihres eigenen Genres? Können sie den Anspielungsreichtum eines Films verstehen, dessen Anfangssequenz die unbeholfenen hyperdynamischen Cartoons der frühen dreißiger Jahre persifliert? Dürfte man es, wüßten sie es und könnten sie es, dann hätte "Findet Nemo" niemals gewinnen dürfen.
Denn "Das große Rennen von Belleville" ist das, was "Findet Nemo" nicht ist: originell. Wie hier einfach eine neue Trickästhetik erfunden wird - und das im zweiten Film des 1963 geborenen Chomet, dessen spätes Erstlingswerk "La vieille dame et les pigeons" von 1998 nur ein (wenn auch gleichfalls oscarnominierter) Kurzfilm war -, deren skurrile Figuren und drastischer Humor die Grenzen des an Lieblich- und Nettigkeit so übersatten Genres neu ausloten, das hat eine Frische, die man aus Europa kaum erhoffen durfte. Schon die Geschichte, von Chomet selbst geschrieben, ist so bar jeglicher Plausibilität, daß sie geradezu ideale Voraussetzungen für das (im geglückten Fall) phantasiesprühende Medium Trickfilm bereithält: Ein Teilnehmer der Tour de France wird von einem Weingroßhändler, der nebenbei in der Metropole Belleville ein illegales Wettgeschäft betreibt, entführt. Gemeinsam mit zwei Konkurrenten muß der Radfahrer ein virtuelles Rennen austragen, das höchste körperliche Ansprüche stellt. Doch die Mutter und Bruno, ihr Hund, sind dem Entführer auf der Spur und verbünden sich dazu mit Rose, Violet und Blanche, den "Drillingen von Belleville", einer Damenmusikgruppe, die in den zwanziger und dreißiger Jahren große Erfolge gefeiert hatte.
Mit der Aufnahme eines ihrer damaligen Auftritte beginnt der Film, und wie Chomet hier nicht nur Legenden wie Josephine Baker oder Fred Astaire in Trickfiguren überführt, sondern auch das Erscheinungsbild früher Tonfilme karikiert - mit Bildstörungen, Tonaussetzern, falschen Laufgeschwindigkeiten -, das ist grandios. Dann folgt die Kindheit des Radfahrers unter dem strengen Regiment der Mutter. Daß diese einen Klumpfuß hat, ist ein weiteres Element, das man im Trickfilm selten zu sehen bekommt - in Zeiten immer größerer Bedenken gegenüber karikierenden Darstellung von Minderheiten eigentlich nie.
Diese Mutter ist das Glanzstück des Films: denkbar simpel animiert, aber bei allem Phlegma mit einem Maximum an Ausdrucksstärke, und das ohne Worte. Gesprochen wird in "Das große Rennen von Belleville" ohnehin so gut wie nie, und die häufigen Bildverweise auf Jacques Tatis Filme oder Winsor McCays Trick-Pionierleistung "Gertie" aus dem Jahr 1914 lassen nur zu deutlich erkennen, in welche Tradition Chomet sein Werk gestellt haben will. Hier wird die Traditionslinie eines Humors fortgeschrieben, der altvorder wirken mag und doch von unerreichter Komik ist. Gerade weil der Film nach Tatis Vorbild geräuschreich, aber wortarm ist, liegt um so mehr an Mimik und Gestik der Figuren, und hier ist Chomet mit der Entgegensetzung der stoischen Mutter und der drei betagten, aber höchst agilen Grazien der "Triplettes de Belleville" ein besonders großartiger Kontrast geglückt.
Der Film ist keine leichte Kost, denn der verfettete Bruno sorgt für etliche eher grausam inszenierte Scherze. Und spätestens wenn die dynamitfischenden Drillinge ihre allabendliche Froschmahlzeit zubereiten, ist die Grenze des guten Geschmacks erreicht. Aber genau das ist die Möglichkeit, die der Trickfilm durch seine produktionsbedingte Distanzierung von der Realität bietet: Hier kann man darüber lachen, wie Frösche in immer neuen Variationen serviert und verspeist werden. Dabei spielt sich das Ganze in Dekors von solch spitzenverbrämter Eleganz ab, als hätte Chomet die Zeichnerriege aus Disneys "101 Dalmatiner" oder "Aristocats" reaktiviert.
Wenn man den Oscarstimmberechtigten noch etwas vor dem 29. Februar hätte auf den Weg geben dürfen, dann wäre es dies gewesen: So etwas wie die Helfer des Weingroßhändlers, jene siamesisch an den Schultern zusammengewachsenen Schergen, hat das Kino noch nie zuvor gesehen. Das ist ein Einfallsreichtum, wie ihn das amerikanische Animationskino seit Jahren vermissen läßt. Aber zweimal hintereinander den begehrtesten Filmpreis außer Landes gehen zu sehen, das war Hollywood wohl nicht zuzumuten. Ob die Juroren wenigstens das Ende des Abspanns abgewartet haben, um noch den so simplen und doch wunderbaren Schlußgag mitzubekommen? Hätten sie es, dann . . . Aber wir wiederholen uns.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main