Detective Pally LaMarr (Kiefer Sutherland) fädelt zusammen mit seinem Bruder Ray (Anthony LaPaglia) einen Super-Deal ein. Mit dem Kauf eines Rennpferds und dem Erlös aus den Wetteinnahmen wollen sie das große Geld machen. Doch die beiden Brüder vertrauen dem Falschen: Tony, ihr Jockey, ist bei einem Mafiaboss tief verschuldet und überlässt diesem das Rennpferd als Pfand. Pally und Ray sind außer sich. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion versuchen sie, ihr Eigentum wieder zurückzubekommen, und brechen in die Stallungen ein. Der Plan glückt jedoch nur zum Teil. Zwar haben sie das Pferd wieder, doch Pally erschießt bei einem Handgemenge einen der Gangster. Das hat fatale Folgen, denn nun schwört der Unterwelt-Boss blutige Rache.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / SzenenanwahlFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.02.1996Die zwei Gesichter einer Seele
Michael Manns herausragender Filmthriller "Heat": Al Pacino und Robert De Niro im Duell und in der Kunst der Selbstbeschränkung
Ein Fabrikgelände im nächtlichen Los Angeles. In einem Gebäude läuft ein Einbruch mit der Präzision eines Uhrwerks ab; im gegenüberliegenden Haus arbeitet der Polizeiapparat reibungslos und auf Hochtouren. Um ein perfekt eingespieltes Team von Gesetzesbrechern auf frischer Tat zu stellen, sind die Gesetzeshüter mit ihren besten Leuten vor Ort. Detective Vincent Hanna (Al Pacino) verfügt über ein Gerät, mit dem er wie auf einem Röntgenbild verfolgen kann, was sich vis-à-vis ereignet. Als er den Kopf der Bande auf dem Schirm hat, verharrt dieser plötzlich. Denn Neil McCauley (Robert De Niro) verfügt über ein Gespür, mit dem er jede Falle durchschaut. Wie der letzte Blickwechsel vor einem Duell sind die Großaufnahmen der beiden Gegenspieler in diesem Moment geschnitten. Zwei Mauern und eine Straße liegen zwischen ihnen, und dennoch stehen sich die beiden Auge in Auge gegenüber.
Michael Manns Film "Heat" erzählt von einem kriminalistischen Kräftemessen, bei dem gelegentlich die Rollen getauscht und die Seiten gewechselt werden. "Was sehen wir hier vor uns?" ruft Hanna in einer späteren Szene mehrfach ratlos aus, als er McCauley und dessen Leute auf dem Gelände eines Containerhafens abermals vergebens observiert und aus den Augen verloren hat. Mit einem Mal weiß er die Antwort: "Die Polizei von Los Angeles sehen wir vor uns." Dann folgt ein Schnitt auf McCauley, der auf einem Kran sitzt und Fotos von den Polizisten schießt. Hanna winkt ihm zu. Mit bloßem Auge hätte er seinen Gegner dort oben niemals ausmachen können; mit dem geistigen Auge hat er ihn erspäht. Während sich die beiden Männer bekämpfen, lernen sie, einander blind zu verstehen. Bei ihrer finalen Auseinandersetzung wird einer von ihnen im entscheidenden Moment von einem Scheinwerfer geblendet. Doch es ist der andere, der den kürzeren zieht.
McCauley wohnt in einer Villa am Strand. Durch ein Panoramafenster fluten das Blau des Meeres und der Nacht in die kargen Räume. Nur wenige Möbelstücke befinden sich in ihnen, und die Regale sind leer. Jederzeit will dieser Mann in der Lage sein, innerhalb von dreißig Sekunden spurlos zu verschwinden. Dann geht er eine Bindung ein, die sein Leben grundlegend verändern könnte. Häufiger verbringt McCauley die freie Zeit nun bei seiner Freundin Eady (Amy Brenneman), die auf einem Hügel oberhalb der Stadt wohnt. An diesem Ort der Liebe wirkt er fast wie erhaben über das Verbrechen, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdient. Wenn der Film das Paar zusammen auf der Terrasse zeigt, sind die Einstellungen oft so kadriert, daß die beiden den Boden unter den Füßen zu verlieren und zu schweben scheinen. Ob vor dem Ozean oder über dem Häusermeer - in den Bildern von McCauleys Privatleben ist sein Freiheitsdrang fast physisch zu spüren.
Hannas Appartement ist überwiegend in Schwarz und Weiß gehalten. Man sieht viel Glas, viel Metall und wenig, mit dem man warm wird. In der ersten Szene, die in dieser Wohnung spielt, schläft Hanna mit seiner Frau Justine (Diane Venora). Hektisch und abrupt folgen die Bilder aufeinander, fiebrig und fahrig zugleich wirkt die Schnittfolge. Anfangs können wir noch vermuten, daß es die Leidenschaft sei, die nach wie vor in dieser Beziehung steckt, doch dann realisieren wir, daß es die Unruhe ist, die bereits von ihr Besitz ergriffen hat. Die Zeit vergeht für die Liebenden nicht wie im Fluge, sie zerrinnt ihnen zwischen den Fingern. Hanna mag seinen Anzug nach Dienstschluß an den Nagel hängen, seinen Beruf kann er nicht mehr ablegen. Er schleppt ihn mit sich, wohin er auch geht, und wird seiner Frau zunehmend entfremdet. Als es zwischen den beiden zum Zerwürfnis kommt, packt er ein paar Sachen zusammen und verläßt die Wohnung. Viel länger als dreißig Sekunden dauert das nicht.
Dem Drehbuchautor und Regisseur Michael Mann ist es gelungen, diese Charakter- und Beziehungsstudien so geschickt in den Thriller-Plot einzuarbeiten, daß er die Spannung über den Zeitraum von drei Stunden auf äußerst hohem Niveau halten kann. Dies ist um so bewundernswerter, als er nicht nur das Leben seiner beiden Hauptfiguren präzise untersucht, sondern auch das der Helfer auf beiden Seiten des Gesetzes. In einer Sequenz, die zwischen fünf und zehn Minuten dauert, schneidet er Szenen dreier Ehen hintereinander und läßt uns auf diese Weise miterleben, wie atemraubend es sein kann, sich auf die Abwege der Geschichte zu begeben. Ein anderes Mal nimmt er sich die Zeit, in aller Ruhe das Gesicht einer Frau zu erkunden, die ihren Mann unmittelbar zuvor nicht an die Polizei verraten hat und ihn vielleicht gerade deshalb niemals wiedersehen wird. Der Höhepunkt der Szene, so glauben wir zunächst, sei schon lange vorbei, doch dann wird dieses Gesicht zum Schauplatz eines packenden inneren Dramas.
In vieler Hinsicht steckt der Film "Heat" die augenblicklichen Leistungsgrenzen des amerikanischen Kinos ab. Pacino und De Niro liefern sich einen schauspielerischen Zweikampf, der gerade von der Selbstbeschränkung beider lebt und von ihrer Souveränität, nicht der Bessere sein zu wollen. Sie lassen Freiraum füreinander und für die anderen Darsteller, so daß beispielsweise Jon Voight einen der schillerndsten Männer im Hintergrund verkörpern kann, die in den letzten Jahren auf der Leinwand zu sehen waren. Bei diesem Film greift unentwegt eine Hand in die andere. Die Zusammenarbeit zwischen dem Regisseur und seinem Kameramann Dante Spinotti, die schon mit "Manhunter" (1986) und "The Last of the Mohicans" (1992) zu zwei visuell herausragenden Filmen geführt hat, kulminiert nun in der Licht- und Farbgebung von "Heat".
Gegen Ende des Films ist McCauley seinem Jäger entkommen und verläßt mit Eady die Stadt. Sie fahren durch einen Tunnel, der kein Ende nimmt. Da blendet uns auf einmal eine Flut von Licht, und wir können für kurze Zeit nichts mehr erkennen, als würden wir in die Sonne schauen. Auch die Kamera braucht einige Sekunden, um sich anzupassen. Danach, vermeintlich mitten am Tag, glauben wir klar zu sehen, daß McCauley sein bisheriges Leben hinter sich gelassen hat. Doch der Schein trügt. Einen Augenblick später taucht der Wagen wieder in die Dunkelheit ein. Als sie den Tunnel dann endgültig verlassen, ist es Nacht. McCauley nimmt die nächste Abfahrt und kehrt in die Stadt zurück. Er kann seine Vergangenheit, seinen Beruf und sein Ethos genausowenig abstreifen wie Hanna. Als die Freiheit zum Greifen nahe ist, zieht er den Arm zurück. LARS-OLAV BEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Michael Manns herausragender Filmthriller "Heat": Al Pacino und Robert De Niro im Duell und in der Kunst der Selbstbeschränkung
Ein Fabrikgelände im nächtlichen Los Angeles. In einem Gebäude läuft ein Einbruch mit der Präzision eines Uhrwerks ab; im gegenüberliegenden Haus arbeitet der Polizeiapparat reibungslos und auf Hochtouren. Um ein perfekt eingespieltes Team von Gesetzesbrechern auf frischer Tat zu stellen, sind die Gesetzeshüter mit ihren besten Leuten vor Ort. Detective Vincent Hanna (Al Pacino) verfügt über ein Gerät, mit dem er wie auf einem Röntgenbild verfolgen kann, was sich vis-à-vis ereignet. Als er den Kopf der Bande auf dem Schirm hat, verharrt dieser plötzlich. Denn Neil McCauley (Robert De Niro) verfügt über ein Gespür, mit dem er jede Falle durchschaut. Wie der letzte Blickwechsel vor einem Duell sind die Großaufnahmen der beiden Gegenspieler in diesem Moment geschnitten. Zwei Mauern und eine Straße liegen zwischen ihnen, und dennoch stehen sich die beiden Auge in Auge gegenüber.
Michael Manns Film "Heat" erzählt von einem kriminalistischen Kräftemessen, bei dem gelegentlich die Rollen getauscht und die Seiten gewechselt werden. "Was sehen wir hier vor uns?" ruft Hanna in einer späteren Szene mehrfach ratlos aus, als er McCauley und dessen Leute auf dem Gelände eines Containerhafens abermals vergebens observiert und aus den Augen verloren hat. Mit einem Mal weiß er die Antwort: "Die Polizei von Los Angeles sehen wir vor uns." Dann folgt ein Schnitt auf McCauley, der auf einem Kran sitzt und Fotos von den Polizisten schießt. Hanna winkt ihm zu. Mit bloßem Auge hätte er seinen Gegner dort oben niemals ausmachen können; mit dem geistigen Auge hat er ihn erspäht. Während sich die beiden Männer bekämpfen, lernen sie, einander blind zu verstehen. Bei ihrer finalen Auseinandersetzung wird einer von ihnen im entscheidenden Moment von einem Scheinwerfer geblendet. Doch es ist der andere, der den kürzeren zieht.
McCauley wohnt in einer Villa am Strand. Durch ein Panoramafenster fluten das Blau des Meeres und der Nacht in die kargen Räume. Nur wenige Möbelstücke befinden sich in ihnen, und die Regale sind leer. Jederzeit will dieser Mann in der Lage sein, innerhalb von dreißig Sekunden spurlos zu verschwinden. Dann geht er eine Bindung ein, die sein Leben grundlegend verändern könnte. Häufiger verbringt McCauley die freie Zeit nun bei seiner Freundin Eady (Amy Brenneman), die auf einem Hügel oberhalb der Stadt wohnt. An diesem Ort der Liebe wirkt er fast wie erhaben über das Verbrechen, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdient. Wenn der Film das Paar zusammen auf der Terrasse zeigt, sind die Einstellungen oft so kadriert, daß die beiden den Boden unter den Füßen zu verlieren und zu schweben scheinen. Ob vor dem Ozean oder über dem Häusermeer - in den Bildern von McCauleys Privatleben ist sein Freiheitsdrang fast physisch zu spüren.
Hannas Appartement ist überwiegend in Schwarz und Weiß gehalten. Man sieht viel Glas, viel Metall und wenig, mit dem man warm wird. In der ersten Szene, die in dieser Wohnung spielt, schläft Hanna mit seiner Frau Justine (Diane Venora). Hektisch und abrupt folgen die Bilder aufeinander, fiebrig und fahrig zugleich wirkt die Schnittfolge. Anfangs können wir noch vermuten, daß es die Leidenschaft sei, die nach wie vor in dieser Beziehung steckt, doch dann realisieren wir, daß es die Unruhe ist, die bereits von ihr Besitz ergriffen hat. Die Zeit vergeht für die Liebenden nicht wie im Fluge, sie zerrinnt ihnen zwischen den Fingern. Hanna mag seinen Anzug nach Dienstschluß an den Nagel hängen, seinen Beruf kann er nicht mehr ablegen. Er schleppt ihn mit sich, wohin er auch geht, und wird seiner Frau zunehmend entfremdet. Als es zwischen den beiden zum Zerwürfnis kommt, packt er ein paar Sachen zusammen und verläßt die Wohnung. Viel länger als dreißig Sekunden dauert das nicht.
Dem Drehbuchautor und Regisseur Michael Mann ist es gelungen, diese Charakter- und Beziehungsstudien so geschickt in den Thriller-Plot einzuarbeiten, daß er die Spannung über den Zeitraum von drei Stunden auf äußerst hohem Niveau halten kann. Dies ist um so bewundernswerter, als er nicht nur das Leben seiner beiden Hauptfiguren präzise untersucht, sondern auch das der Helfer auf beiden Seiten des Gesetzes. In einer Sequenz, die zwischen fünf und zehn Minuten dauert, schneidet er Szenen dreier Ehen hintereinander und läßt uns auf diese Weise miterleben, wie atemraubend es sein kann, sich auf die Abwege der Geschichte zu begeben. Ein anderes Mal nimmt er sich die Zeit, in aller Ruhe das Gesicht einer Frau zu erkunden, die ihren Mann unmittelbar zuvor nicht an die Polizei verraten hat und ihn vielleicht gerade deshalb niemals wiedersehen wird. Der Höhepunkt der Szene, so glauben wir zunächst, sei schon lange vorbei, doch dann wird dieses Gesicht zum Schauplatz eines packenden inneren Dramas.
In vieler Hinsicht steckt der Film "Heat" die augenblicklichen Leistungsgrenzen des amerikanischen Kinos ab. Pacino und De Niro liefern sich einen schauspielerischen Zweikampf, der gerade von der Selbstbeschränkung beider lebt und von ihrer Souveränität, nicht der Bessere sein zu wollen. Sie lassen Freiraum füreinander und für die anderen Darsteller, so daß beispielsweise Jon Voight einen der schillerndsten Männer im Hintergrund verkörpern kann, die in den letzten Jahren auf der Leinwand zu sehen waren. Bei diesem Film greift unentwegt eine Hand in die andere. Die Zusammenarbeit zwischen dem Regisseur und seinem Kameramann Dante Spinotti, die schon mit "Manhunter" (1986) und "The Last of the Mohicans" (1992) zu zwei visuell herausragenden Filmen geführt hat, kulminiert nun in der Licht- und Farbgebung von "Heat".
Gegen Ende des Films ist McCauley seinem Jäger entkommen und verläßt mit Eady die Stadt. Sie fahren durch einen Tunnel, der kein Ende nimmt. Da blendet uns auf einmal eine Flut von Licht, und wir können für kurze Zeit nichts mehr erkennen, als würden wir in die Sonne schauen. Auch die Kamera braucht einige Sekunden, um sich anzupassen. Danach, vermeintlich mitten am Tag, glauben wir klar zu sehen, daß McCauley sein bisheriges Leben hinter sich gelassen hat. Doch der Schein trügt. Einen Augenblick später taucht der Wagen wieder in die Dunkelheit ein. Als sie den Tunnel dann endgültig verlassen, ist es Nacht. McCauley nimmt die nächste Abfahrt und kehrt in die Stadt zurück. Er kann seine Vergangenheit, seinen Beruf und sein Ethos genausowenig abstreifen wie Hanna. Als die Freiheit zum Greifen nahe ist, zieht er den Arm zurück. LARS-OLAV BEIER
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