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Technische Angaben: Bildformat: 1.66:1 Sprachen / Tonformate: Deutsch, Japanisch (Dolby Digital 2.0) Untertitel: Deutsch Ländercode: 2
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Produktbeschreibung
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.1998

Gewissensbisse mit Nachgeschmack
Der mit dem Fisch tanzt: Shohei Imamuras Film "Der Aal"

In Japan waren im vergangenen Jahr nach der Verleihung der Goldenen Palme von Cannes an Shohei Imamuras Film "Der Aal" (Unagi) Kommentare voll jener achselzuckenden Verwunderung zu vernehmen, die im Dezember 1994 auch die Wahl von Kenzaburo Oe zum Literatur-Nobelpreisträger begleiteten. Den Kunstverstand westlicher Intellektueller möge einer begreifen, spotteten sie: Welch sonderbaren Projektionen auf Japonica erliegen diese Leute?

Die Zweifel der japanischen Kritik an den Qualitäten von "Unagi" wurden genährt von der Kuriosität, daß Imamura, obwohl schon 1983 und 1989 in Cannes ausgezeichnet, seinem ersten Film nach achtjähriger Schaffenspause offenbar wenig Chancen gegeben hatte und vorzeitig abgereist war. Sein (menschlicher) Hauptdarsteller Koji Yakusho nahm Imamuras Hälfte des geteilten Hauptpreises entgegen. Das deutsche Kinopublikum kann sich jetzt vergewissern, ob die Jury mit der Goldenen Palme ein Meisterwerk ehrte oder ein Mißverständnis.

Der Beginn läßt das Beste hoffen. Innerhalb weniger Minuten und Einstellungen bündelt Imamura die wichtigsten zeitgenössischen Topoi in Japans kritischer Kunst: die einsame Zwangsjackenexistenz des von Tokios Menschenmassen in irgendein Büro geschwemmten durchschnittlichen Angestellten, auf den irgendwo in der Vorstadt ein kleines Haus, eine zur Ersatzmutter verfremdete Frau und ein Kompensationshobby in Männergesellschaft warten und duldsam und verlogen bis zur Pensionierung weiter warten würden, bräche sich nicht eines Tages die Frustration katastrophal Bahn. So widerfährt es Yamashita, als er von anonymen Nachbarsbriefen aufgefordert wird zu überprüfen, was seine Frau während seiner nächtlichen Angeltouren treibt. Eines Nachts schleicht er sich an. Das Lustgestöhn steigert sich zu Schmerzensschreien, Blut spritzt in die Kamera, als Yamashita den fliehenden Nebenbuhler verwundet und immer wieder auf die Ehebrecherin einsticht. Dabei wirkt seine Raserei sachlich, auch die Rache hat ihre Ordnung: Er deckt die nackte Tote zu, radelt sogleich zur nächsten Polizeistation, weist die Mordwaffe vor und stellt sich ergeben. So endet der vielversprechende Prolog und auch der überzeugendste Teil des 117 Minuten langen Films.

Ein Untertitel und ein Schnitt ins Gefängnis belehren nun, daß Yamashita nach acht Jahren Haft entlassen wird. Die eigentliche Geschichte einer Resozialisierung kann beginnen. Die Geschichte des reuelosen Totschlägers, der irgendwo im provinziellen Niemandsland auf Bewährung einen Friseurladen betreibt und, weil er die Fische liebt, seit er die Frauen kennt, mit seinem jahrelang mitgefangenen Aal spricht und andere Aale regelmäßig fängt und verzehrt, während bald eine junge Frau und verhinderte Selbstmörderin sich nach ihm verzehrt, bis sie dem zäh Widerstrebenden am Ende die Misogynie ausgetrieben und ihn wieder ins Gefängnis gebracht hat, um nun, geschwängert von einem anderen, auf Yamashitas zweiten Versuch zu warten. Was allerdings diese Keiko (Misa Shimizu) die Lebensmüdigkeit vergessen und sie plötzlich zur immer munteren, kochenden, putzenden, plappernden Fiseurgehilfin mit zähem Ehewunsch werden läßt, erschließt der Regisseur sowenig wie die wundersame Wandlung des ständig im Flußschlamm wie in den Untiefen seiner Seele fischenden Yamashita.

Gewiß deutet Imamura an, daß "giri", die japanische Ordnungskategorie von Pflichtschuld, unwiderstehlich auf beide wirkt und sie einander in die Arme treibt. "Giri" hält das Gangsterliebchen Keiko gefangen, weil Yamashita die nach einer Überdosis Schlaftabletten Bewußtlose rettete. "Giri" fesselt Yamashita, weil er seinem Bewährungshelfer, dem buddhistischen Priester Nakajima, Seelsorgerfreund und Heiratsvermittler Keikos, zuviel Dank schuldet, als daß er deren schwärmerische Annäherung zurückweisen könnte. Die Zuschauer nun glauben zu machen, daß Keikos Sehnsucht, einem offensichtlich mit Impotenz geschlagenen Strafentlassenen aufzuhelfen, zusammen mit der "Giri"-Spirale zwangsläufig Frieden und Liebe stiftet, scheint angesichts des bewegten Vorlebens der beiden als Gattinnenmörder und Yakuza-Braut reichlich kühn. Dabei sind die aus Belanglosigkeiten jäh ins Intimste vorgetriebenen und ebenso unvermittelt wie folgenlos zurückprallenden Gesprächsversuche noch das geringste Problem für die Glaubwürdigkeit. In Japan geschieht derlei tausendfach am Tag und trägt bei zum beständigen Rollenstudium der Geschlechter und damit zum sozialen Frieden.

Viel schwerer wiegt, daß der Regisseur weder dem Schweigen noch der Andeutung vertraut, seine Darsteller statt dessen immer mehr in die Geschwätzigkeit treibt und, noch schlimmer, in eine Komik, die das süße Melodram mit Satire gegen Sentimentalität impfen soll, und nur erreicht, daß es bisweilen ungenießbar wird. Die Überzeichnungen beginnen bei Yamashitas Haftentlassung, die mit Stechschritt und Hackenknallen als Louis-de-Funès-Auftritt inszeniert wird, den in der Tat militärischen Drill im japanischen Strafvollzug also persifliert, nicht decouvriert. Der nächste, womöglich gar tiefsinnig gemeinte Mißgriff geschieht, als der Strafentlassene reflexartig erst hinter seinem Bewährungshelfer hermarschiert wie ein Roboter, dann einer unter Kommandorufen vorbeitrabenden Baseballmannschaft hinterherrennt, offenbar, um das von Demütigung und Entmündigung verwüstete Ich Yamashitas vorzuführen. Gehirnwäsche mit Schleudertrauma, man hatte das schon vorher verstanden und nicht gelacht.

Wirklich ärgerlich wird "Der Aal", wenn didaktisch zerredet wird, was sich von selbst versteht. Wenn also der wortkarge Yamashita, von dem ehemaligen Mitgefangenen Takasaki erkannt und bei Keiko denunziert, nicht nur seine in allen Grausamkeiten gezeigte Tat gesteht, sondern brüllen muß: "Diese Hände erinnern sich daran, wie das Messer vom Knochen abgleitet und in ihren Innereien wühlt." Noch geschwätziger ist Takasaki, eine zwischen Sutren-Gebet, Suff und Vergewaltigungslust schwankende Charge, die in einem quälend langen Wortgefecht mit Yamashita den ganzen Jammer diskriminierter Haftentlassener und die saure Moral des Films herunterbetet: Anständige Mörder werden von der Liebe geheilt, wahren Sündern hilft nicht einmal Gott. Prügeleien in Szene zu setzen gehört überdies nicht zu Imamuras Stärken. Zwei Versuche mißraten zum unfreiwilligen Slapstick.

Natürlich versteht Shohei Imamura etwas von Bildern. Blütenmeere, Vollmondnächte, Vorstadtflußtristesse, auch Yamashitas Traumkopfsprung in das Bassin seines Aals entschädigen für manches. Auch der 41 Jahre alte Koji Yakusho deutet an, warum er zu den begehrtesten Theater- und Fernsehdarstellern Japans zählt. An ihm liegt es jedenfalls nicht, daß das glitschige Titelviehzeug weniger als Beichtfreund auftritt, sondern als Fetisch und Hafttalisman ins Schwimmen kommt. In einem Interview hat Imamura bekannt, daß er die Romanvorlage für den Film, "Yami ni Hirameku", mehr plünderte als adaptierte. Ein Großteil der Figuren um die Hauptperson existierten in dem Buch nicht, auch sei die Rolle der Keiko dort sehr reduziert auf eine Frau, die einfach irgendwie auffallen und heiraten möchte. Dafür, so der Regisseur, nehme der Aal viel mehr Raum ein. Der Romanheld sei "ein bißchen eigenartig, weil er sich für Aale interessiert, sie aber auf verschiedenste Weise tötet und sie ißt. Ich habe seinen Namen und seine Rolle geändert, weil ich keine Aale töten wollte." Lieber hat er sich an seinem Film vergriffen. UWE SCHMITT

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