Amerikas schlimmste Befürchtungen aus dem kalten Krieg drohen wahr zu werden, als der russische Präsident stirbt und ein Mann mit dubioser Vergangenheit sein Amt übernimmt. Der CIA verdächtigt abtrünnige russische Wissenschaftler, neue Atomwaffen zu entwickeln. Die Spannungen zwischen West und Ost spitzen sich dramatisch zu. Mit einem Sonderauftrag von CIA-Chef William Cabot (Morgan Freeman) folgt Jack Ryan (Affleck) einer gefährlichen Spur bis zur schockierenden Erkenntnis: Terroristen wollen einen Krieg zwischen den U.S.A. und Russland auslösen, indem sie während einem Top-Footballspiel eine Atombombe zünden.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Kommentar von Regisseur Phil Alden Robinson und Kameramann John Lindley - Kommentar von Regisseur Phil Alden Robinson und Autor Tom Clancy - Eine "warnende" Geschichte (zweitgeteiltes Making Of) - visuelle EffekteFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2002Hollywood freundet sich wieder mit der Bombe an: Phil Alden Robinsons Film "Der Anschlag"
Die Summe aller Ängste ist erreicht, wenn der Weltgeist in Panik gerät. Auf diesen Ernstfall folgt entweder die Apokalypse oder eine Rettung in letzter Minute. Hollywood kommt dort in sein Element, wo beides in einen Film paßt.
"Der Anschlag" von Phil Alden Robinson beruht auf einem Roman namens "The Sum of all Fears" von Tom Clancy, dem Hegel des nachidealistischen Zeitalters. Clancy ist ein Experte in der Arithmetik des Fürchtens: Er zählt so lange alle Bedrohungen zusammen, bis die Welt am Abgrund steht. Dann kommt der CIA-Agent Jack Ryan und hebt den Ausnahmezustand auf.
Zehn Jahre liegen im Fall von "Der Anschlag" zwischen dem Buch, das noch ganz unter dem Eindruck des Kalten Kriegs stand, und dem Film, der so tut, als stünde er nicht unter dem Eindruck des Anschlags auf das World Trade Center. Den entscheidenden Unterschied macht die Atombombe, die im Roman noch das Instrument arabischer Terroristen war und nun die Waffe des interesselosen Bösen geworden ist.
"Der Anschlag" geht auf das Konto von Nazis. Sie operieren von Wien aus und unterhalten ein globales Netzwerk. Die Bombe aber stammt aus den Vereinigten Staaten. In der ersten Szene des Films ist ein israelisches Kampfflugzeug zu sehen, das 1973 mit einem Nuklearsprengkopf an Bord aufsteigt und in den Sonnenuntergang über dem Sinai fliegt. Beim Absturz des Jets bleibt die Bombe unversehrt. Wie eine geheime Botschaft überdauert sie im Wüstensand die Jahrzehnte. Dann wird sie von Beduinen entdeckt, von Zwischenhändlern gekauft, und es beginnt jener Countdown, an dessen Ende sie in einem Football-Stadion in Baltimore zur Explosion kommt.
Die digital animierte Schockwelle suspendiert eine Minute lang alle Kategorien. Doch dann geht der Film weiter, als wäre nichts gewesen. Nur die Bilder haben ein wenig Farbe verloren. Bei dem Anschlag geht es um eine Logik der Eskalation: Da ein Urheber nicht erkennbar und Moskau nicht zu trauen ist, müssen die Vereinigten Staaten von einem russischen Erstschlag ausgehen, und ihre Vergeltungsmaßnahmen in Gang setzen. Während des Vorspanns hatten Präsident Fowler und sein CIA-Chef Cabot den Ernstfall noch mit der Routine von Männern geprobt, die bereits an die Golfrunde danach denken. Nun liegt Cabot im Koma, der Präsident sitzt im Bunker, und das rote Telefon scheint nicht mehr zu funktionieren.
In dieser Situation hängt alles von Jack Ryan ab, jenem wandelbaren CIA-Agenten im Außendienst, den schon Alec Baldwin und Harrison Ford gespielt haben und den nun Ben Affleck einem nachgewachsenen Publikum vertraut machen soll, das zwischen Pearl Harbor und Schweinebucht, Normandie und Vietnam wenig Unterschiede macht. Ryan ist ein Experte für Osteuropa. Er beherrscht nicht nur die Landessprachen, er kann auch Indizien lesen. Das macht ihn zum Ansprechpartner für den russischen Präsidenten Nemerow, mit dem die Falken in seinem Militärapparat ein übles Spiel treiben. Da der amerikanische Präsident auch schlecht beraten ist, scheint das destruktive Kalkül des Nationalsozialisten Dressler aufzugehen: Aus der universalen Zerstörung wird der wahre Faschismus hervorgehen. Er wird menschenleer sein. Dagegen steht die CIA, der Geheimdienst der freien Welt, das Alpha und Omega im Weltbild von Tom Clancy. Die CIA garantiert den Fortgang der Geschichte, indem sie Jack Ryan immer neu inkarniert. Ben Affleck ist aber ein Star aus dem Geist der Posthistoire: Obwohl er alles souverän im Griff hat, verrät sein Ausdruck keinen Begriff davon, was er tut, geschweige denn, was der Welt widerfährt. Das ist auch ein wenig beängstigend.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Summe aller Ängste ist erreicht, wenn der Weltgeist in Panik gerät. Auf diesen Ernstfall folgt entweder die Apokalypse oder eine Rettung in letzter Minute. Hollywood kommt dort in sein Element, wo beides in einen Film paßt.
"Der Anschlag" von Phil Alden Robinson beruht auf einem Roman namens "The Sum of all Fears" von Tom Clancy, dem Hegel des nachidealistischen Zeitalters. Clancy ist ein Experte in der Arithmetik des Fürchtens: Er zählt so lange alle Bedrohungen zusammen, bis die Welt am Abgrund steht. Dann kommt der CIA-Agent Jack Ryan und hebt den Ausnahmezustand auf.
Zehn Jahre liegen im Fall von "Der Anschlag" zwischen dem Buch, das noch ganz unter dem Eindruck des Kalten Kriegs stand, und dem Film, der so tut, als stünde er nicht unter dem Eindruck des Anschlags auf das World Trade Center. Den entscheidenden Unterschied macht die Atombombe, die im Roman noch das Instrument arabischer Terroristen war und nun die Waffe des interesselosen Bösen geworden ist.
"Der Anschlag" geht auf das Konto von Nazis. Sie operieren von Wien aus und unterhalten ein globales Netzwerk. Die Bombe aber stammt aus den Vereinigten Staaten. In der ersten Szene des Films ist ein israelisches Kampfflugzeug zu sehen, das 1973 mit einem Nuklearsprengkopf an Bord aufsteigt und in den Sonnenuntergang über dem Sinai fliegt. Beim Absturz des Jets bleibt die Bombe unversehrt. Wie eine geheime Botschaft überdauert sie im Wüstensand die Jahrzehnte. Dann wird sie von Beduinen entdeckt, von Zwischenhändlern gekauft, und es beginnt jener Countdown, an dessen Ende sie in einem Football-Stadion in Baltimore zur Explosion kommt.
Die digital animierte Schockwelle suspendiert eine Minute lang alle Kategorien. Doch dann geht der Film weiter, als wäre nichts gewesen. Nur die Bilder haben ein wenig Farbe verloren. Bei dem Anschlag geht es um eine Logik der Eskalation: Da ein Urheber nicht erkennbar und Moskau nicht zu trauen ist, müssen die Vereinigten Staaten von einem russischen Erstschlag ausgehen, und ihre Vergeltungsmaßnahmen in Gang setzen. Während des Vorspanns hatten Präsident Fowler und sein CIA-Chef Cabot den Ernstfall noch mit der Routine von Männern geprobt, die bereits an die Golfrunde danach denken. Nun liegt Cabot im Koma, der Präsident sitzt im Bunker, und das rote Telefon scheint nicht mehr zu funktionieren.
In dieser Situation hängt alles von Jack Ryan ab, jenem wandelbaren CIA-Agenten im Außendienst, den schon Alec Baldwin und Harrison Ford gespielt haben und den nun Ben Affleck einem nachgewachsenen Publikum vertraut machen soll, das zwischen Pearl Harbor und Schweinebucht, Normandie und Vietnam wenig Unterschiede macht. Ryan ist ein Experte für Osteuropa. Er beherrscht nicht nur die Landessprachen, er kann auch Indizien lesen. Das macht ihn zum Ansprechpartner für den russischen Präsidenten Nemerow, mit dem die Falken in seinem Militärapparat ein übles Spiel treiben. Da der amerikanische Präsident auch schlecht beraten ist, scheint das destruktive Kalkül des Nationalsozialisten Dressler aufzugehen: Aus der universalen Zerstörung wird der wahre Faschismus hervorgehen. Er wird menschenleer sein. Dagegen steht die CIA, der Geheimdienst der freien Welt, das Alpha und Omega im Weltbild von Tom Clancy. Die CIA garantiert den Fortgang der Geschichte, indem sie Jack Ryan immer neu inkarniert. Ben Affleck ist aber ein Star aus dem Geist der Posthistoire: Obwohl er alles souverän im Griff hat, verrät sein Ausdruck keinen Begriff davon, was er tut, geschweige denn, was der Welt widerfährt. Das ist auch ein wenig beängstigend.
BERT REBHANDL
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