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Manny Balestrero ist Musiker im New Yorker "Stork Club". Er und seine Frau Rose stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Doch echte Schwierigkeiten gibt es, als Manny eines Tages verhaftet wird. Zeugen behaupten, dass er zahlreiche Überfälle begangen habe. Alle Indizien sprechen gegen ihn. Seine Frau bringt Geld für die Kaution auf und Balestrero versucht verzweifelt, Zeugen für ein Alibi aufzutreiben. Aber von den drei Männern, mit denen er zur Tatzeit Karten gespielt hat, sind zwei tot - und der dritte ist unauffindbar. Die Situation wird gefährlich...
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Produktbeschreibung
Manny Balestrero ist Musiker im New Yorker "Stork Club". Er und seine Frau Rose stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Doch echte Schwierigkeiten gibt es, als Manny eines Tages verhaftet wird. Zeugen behaupten, dass er zahlreiche Überfälle begangen habe. Alle Indizien sprechen gegen ihn. Seine Frau bringt Geld für die Kaution auf und Balestrero versucht verzweifelt, Zeugen für ein Alibi aufzutreiben. Aber von den drei Männern, mit denen er zur Tatzeit Karten gespielt hat, sind zwei tot - und der dritte ist unauffindbar. Die Situation wird gefährlich...

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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Dokumentation: Hitchcock und der falsche Mann
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.08.1999

Hitchcock in der Stadt
Ein Drama, das sich tatsächlich ereignet hat: "Der falsche Mann" als Kompression des Lebens

Das Studio ist leer. Nur ganz in der Ferne ist eine Gestalt zu sehen, verloren im Raum. Im grellen Scheinwerferlicht verschmilzt sie mit ihrem Schatten. "Hier spricht Alfred Hitchcock", sagt der Schatten. "In der Vergangenheit habe ich Ihnen alle möglichen Suspense-Filme gezeigt. Heute möchte ich, dass Sie etwas anderes sehen. Der Unterschied liegt darin, dass dies eine wahre Geschichte ist. Und doch enthält sie Elemente, die merkwürdiger sind als all die erfundenen in den vielen Thrillern, die ich zuvor gedreht habe."

Hitchcock als Dokumentarist - das ist einzigartig, und es hat ihm viel Spaß gemacht. Er, der einmal gesagt hat, dass die Idee zu einem Film irgendwo entsteht und dann im Studio gedreht wird, in einem schalldichten Raum, aus dem die Wirklichkeit ausgeschlossen bleibt, er, der wollte, dass "wir völlig in unserem Film verschwinden, in dem Ding, an dem wir arbeiten", steht hier in einem leeren Studio. Hitchcock hatte schon vorher an Originalschauplätzen gedreht, an der Riviera für "Über den Dächern von Nizza", in Quebec für "Ich gestehe". Doch diesmal filmte er an den Schauplätzen eines Dramas, das sich tatsächlich ereignet hatte. Auch fand er einige Personen, die an den Ereignissen beteiligt gewesen waren, und setzte sie ein, sich selbst zu spielen, einen Weinhändler zum Beispiel, das Besitzerpaar eines Lebensmittelladens, den Geschäftsführer eines Nachtklubs.

"Der falsche Mann" wurde trotzdem kein Dokumentar-, sondern unverkennbar ein Hitchcock-Film, der seinen logischen Platz in der Werkgeschichte zwischen "Der Mann, der zuviel wußte" und "Vertigo" einnimmt: ein Film über Hitchcocks größte Angst, die Angst vor der Polizei. Über den Verdacht, der auf einen Unschuldigen fällt und dessen kleinbürgerliches Dasein vollständig zerstört. Über die Übertragung des Schuldbewusstseins auf eine zweite, unschuldige Figur. Und über das prekäre Gleichgewicht gesellschaftlicher Normalität, die durch ein zufälliges Detail ins Chaos gestürzt wird. Das Beunruhigendste am "Falschen Mann" ist, dass sich in dieser wahren Geschichte alle Ängste früherer und späterer Fiktionen als begründet und alle Gefährdungen als real erweisen.

Etwa um 17.30 Uhr am Nachmittag des 14. Januar 1953 wurde der dreiundvierzigjährige Jazzmusiker Christopher Emmanuel Balestrero in New York verhaftet. "Hey, Chris!", hatte einer der drei Polizeibeamten, die vor seiner Wohnung in einem Zweifamilienhaus in der 73sten Straße in Jackson Heights im Stadtteil Queens auf ihn gewartet hatten, gerufen, und Balestrero hatte sich, den Wohnungsschlüssel in der Hand, ein wenig zögernd - denn Chris nannte ihn eigentlich niemand, seine Freunde riefen ihn Manny - umgedreht. Das war Beweis genug, dass er der war, den sie suchten, der richtige Mann.

Angestellte einer Versicherungsfirma, bei der er um einen Kredit für die Zahnbehandlung seiner Frau nachgesucht hatte, hatten ihn als jenen Räuber identifiziert, der ihr Büro vor einigen Tagen überfallen hatte. Noch weiß er das nicht, denn noch sucht die Polizei nach weiteren Indizien. Sie führt ihn also auf der Fahrt ins Präsidium einem Weinhändler vor, der ihn ebenfalls aus einem Überfall wieder erkennen will, und einem Ehepaar in einem Lebensmittelgeschäft. Im Revier soll er dann eine Drohung auf einen Zettel schreiben, wie es der Räuber getan hatte, und er macht dabei denselben Flüchtigkeitsfehler wie jener. Und dennoch ist Balestrero der falsche Mann. Bis der richtige bei einem weiteren Überfall festgenommen wird, wird Balestrero eine Nacht im Gefängnis verbracht, tagelang nach Entlastungszeugen, die allesamt inzwischen gestorben waren, gesucht, den Beginn seines Prozesses und dessen Abbruch durchlitten, auf die neue Verhandlung gewartet und seine Frau nach einem Zusammenbruch in eine Nervenheilanstalt eingewiesen haben. Sie, deren Zahnschmerzen am Beginn allen Unglücks standen, hatte sich in die Überzeugung eingesponnen, sie sei an dem Schlamassel schuld. Die Familie, Manny und seine zwei Söhne, deren Leben in eintönigem Gleichklang ohne große Leidenschaften und ohne große Sorgen verlief, wird nun von der Großmutter notdürftig versorgt.

Die Geschichte erschien zuerst als Reportage im Magazin "Life" und wurde dann die Vorlage zu einer Fernsehdokumentation, bevor Hitchcock sie in die Finger bekam. Er hatte den "Mann, der zuviel wußte" beendet, in dem er eine Familie im Urlaub ins Chaos gestürzt hatte. Die Geschichte von Balestrero drehte sich ungefähr um dasselbe Thema, nur war sie härter, das Unglück größer und der Schauplatz die Stadt.

Obwohl Hitchcock Wert darauf legte, an den realen Schauplätzen zu filmen, im Stork Club, in dem Balestrero den Bass spielt, im Polizeirevier im hundertzehnten Distrikt, vor dem Gerichtsgebäude, im Gefängnis in Long Island City, in den Läden und U-Bahn-Stationen in Queens, interessierte ihn New York als Kulisse überhaupt nicht. Er benutzt die Originalschauplätze einzig, um die Zusammenballung von Menschen zu zeigen, eine Kompression von Leben, die er durch den Ton dramatisiert - durch Mannys Wohnung scheint die U-Bahn, die hier in Queens oberirdisch fährt, durchzurattern, und auch am Fenster des Büros seines Anwalts ziehen die langen Züge unter großem Lärm vorbei. Wichtig ist Hitchcock vielmehr zu zeigen, wie in der Banalität der Orte den Menschen vor jedem Verdacht bereits ihre Identität abhanden kommt und wie die Anonymität der Stadt ein Klima der Verdächtigungen begünstigt, in dem jeder suspekt scheint. Hitchcock entwickelt hier mit keineswegs dokumentarischen Mitteln, sondern durch eine Kameraführung (seines langjährigen Kameramanns Robert Burks), die von Beginn an Mannys Perspektive übernimmt und der zunehmend das Zentrum verrutscht, ein Gefühl der Entwurzelung im großstädtischen Leben, das die Verwechslung von Identitäten fast als zwangsläufig erscheinen lässt. Am Ende, wenn der tatsächliche Täter gefasst wird und Manny ihm gegenübersteht, überblendet Hitchcock die beiden Gesichter, die sich kaum gleichen, zu einem einzigen Gesicht, bevor er den falschen Mann von dem richtigen, den Unschuldigen von dem Täter, wieder trennt.

Trotz aller Freude an den Dreharbeiten mochte Hitchcock den "Falschen Mann" nicht besonders und war selbst auf ausdrückliche Ermunterung von François Truffaut nicht bereit, das Werk zu verteidigen. Auch die meisten Kritiker, die den Film bei seiner Erstaufführung im Jahr 1956 begutachteten, fanden ihn wenig überzeugend. "Realismus ist nicht genug", urteilte der "New Yorker", und die "New York Times" schrieb, dass Hitchcock, indem er den Fakten treu bleibe, "die Wahrheit verfehlt" hätte.

Doch "Der falsche Mann" kann es, zumindest in der ersten Hälfte, an Intensität mit den besten Hitchcock-Filmen aufnehmen. Die Mängel der zweiten liegen, wie der Regisseur selbst wusste, in der Wirklichkeit: weil sich das Zentrum der Geschichte auf Mannys Ehefrau Rose verschiebt. Auf die Gefangennahme Mannys und sein Eingesperrtsein reagiert sie mit Rückzug in ein inneres Gefängnis, in das die Außenwelt keinen Zutritt mehr hat. Vera Miles hat einige große Augenblicke in diesem Prozess fortschreitender Paranoia, doch die Idee Hitchcocks, die Ereignisse vollständig aus Mannys Perspektive zu erzählen, ließ sich im zweiten Teil nicht durchhalten. Henry Fonda mit seinen großen Augen, hinter denen die Angst nistet, ist durchaus glaubwürdig als ein Mann, der, wie Balestrero dem "Life"-Reporter gestand, "vor seinem eigenen Schatten Angst hat". Die Geschichte gibt ihm keine Gelegenheit zu heroischer Aktion, und selbst wenn sie sich böte, so ist zu vermuten, würde er sie nicht ergreifen. Das ist in der Wirklichkeit nicht selten, für einen Filmhelden indessen eine schwierige Position.

Erst vielfaches Sehen enthüllt die Gegenwart eines Phantoms in diesem Film, und das ist jener Mann, der am Ende als Räuber verhaftet wird. Auf seinem Weg zum Versicherungsbüro stößt Manny beim Laufen gegen ihn, in der Nähe des Weinladens lungert er herum, und er ist in der Menge auszumachen, die Manny vom Polizeiwagen aus beobachtet - allgegenwärtiger Teil des städtischen Lebens, in dessen Mechanik der eine untergeht und der andere wahrscheinlich auch.

VERENA LUEKEN

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