Klaus Gysi war einer der führenden Kulturpolitiker der DDR. 1912 geboren, war er zwei Jahre alt, als der Erste Weltkrieg begann. Als er sechs war, brach das Kaiserreich zusammen. Mit 17 sah er vor dem Fenster der elterlichen Wohnung einen erschossenen Arbeiter auf der Straße liegen. Er trat dem kommunistischen Jungendverband bei, später der kommunistischen Partei. Bis 1945 lebte er illegal in Berlin. Dann machte er im sozialistischen Deutschland Karriere, Abstürze inbegriffen. Er war Verlagsleiter, Kultusminister, Botschafter, Staatssekretär für Kirchenfragen. Ein Meister der Gesten und des geschickten Taktierens im sozialistischen Apparat. 1988, kurz vor dem Ende der DDR, entließ ihn die Partei aus dem Staatsdienst. 1999 starb er. Knapp 20 Jahren nach seinem Tod hat sein Sohn Andreas Goldstein ("Adam und Evelyn", 2018) einen sehr persönlichen Film über den Vater gedreht - über einen Mann, den er als Junge nur in Momentaufnahmen erlebt hat und der auch noch für den erwachsenen Sohn voller Widersprüche bleibt. Sein Film ist ein (auto)biographischer Essay mit einer Fülle von Familienfotos, Archivmaterial aus dem DDR-Fernsehen und Bildern aus Ostberlin. Er erzählt nicht nur eine private Geschichte, sondern zielt auch auf eine neue, ehrlichere Betrachtung jenes Staates, aus dem der Regisseur selbst stammt. "Die Not, diese Geschichten zu erzählen, erwächst nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Gegenwart", erklärt Goldstein. "Heute werden die Konflikte der DDR dramatisiert und durchweg auf den Gegensatz von Freiheitswillen und Repression reduziert. Sie bilden dabei weniger die DDR ab, als vielmehr eine Gegenwart, die sich selbst legitimieren muss und nun in diesen Erzählungen als Erlösung erscheinen kann."