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Der zwölfjährige Cyril hat nur einen Wunsch: Seinen Vater wiederzufinden, der ihn auf unbestimmte Zeit in einem Kinderheim untergebracht hat. Doch der Vater ist aus seiner Wohnung ausgezogen und meldet sich nicht mehr bei ihm. Bei seiner verzweifelten Suche trifft er auf Samantha, der Besitzern eines Friseursalons, die sich bereit erklärt, ihn an den Wochenenden bei sich aufzunehmen. Zunächst ist Cyril allerdings kaum in der Lage, die Liebe zu erkennen, die Samantha ihm entgegenbringt und ihre Gutmütigkeit muss manche schwere Probe bestehen. Dabei ist es doch gerade diese Liebe, die Cyril am…mehr

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Produktbeschreibung
Der zwölfjährige Cyril hat nur einen Wunsch: Seinen Vater wiederzufinden, der ihn auf unbestimmte Zeit in einem Kinderheim untergebracht hat. Doch der Vater ist aus seiner Wohnung ausgezogen und meldet sich nicht mehr bei ihm. Bei seiner verzweifelten Suche trifft er auf Samantha, der Besitzern eines Friseursalons, die sich bereit erklärt, ihn an den Wochenenden bei sich aufzunehmen. Zunächst ist Cyril allerdings kaum in der Lage, die Liebe zu erkennen, die Samantha ihm entgegenbringt und ihre Gutmütigkeit muss manche schwere Probe bestehen. Dabei ist es doch gerade diese Liebe, die Cyril am nötigsten hat, um seinen Zorn zu besänftigen.

Bonusmaterial

- Making of - Interviews mit Jean-Pierre & Luc Dardenne - Trailer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2012

Umarm mich, aber nicht so fest!
Das Kind der Friseuse: Jean-Pierre und Luc Dardennes Film "Der Junge mit dem Fahrrad"

Es ist die allertraurigste Geschichte. Ein Elfjähriger namens Cyril kämpft um ein Telefon. Er will wieder und immer wieder seinen Vater anrufen, aber der Anschluss existiert nicht mehr. Der Betreuer in dem Heim, in das der Vater den Jungen abgeschoben hat, ringt mit dem Kind um den Hörer, die Kamera wurschtelt sich zwischen den beiden hindurch, es ist ein herzzerreißendes Bild.

Noch wissen wir nicht, worum es im Einzelnen geht. Aber "kein Anschluss unter dieser Nummer", "dein Vater wohnt dort nicht", "ich will meinen Vater sprechen" - das reicht, um ganz auf der Seite des Jungen zu sein, einerseits. Aber die Kamera, die unseren Blick nie ganz mit dem des Jungen zur Deckung bringt, lässt uns auch in der Position des Beobachters verharren. Als Cyril ausreißt, die Schule schwänzt, zur längst verlassenen Wohnung seines Vaters läuft, den Hausmeister überlistet und vom Nachbarn verjagt wird, sehen wir, wie seine Trauer, seine Angst, sein Gottverlassensein sich in Bewegung umsetzt.

Es ist ein typischer Anfang eines Films der Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne. Wir kennen die fast hektische Handkamera, mit der sie ihre Filme drehen, die Originaltöne, die von keiner Musik überspült werden, ihre Nähe zu den Figuren, denen sie manchmal direkt im Nacken oder an der Backe sitzen. Aber "Der Junge mit dem Fahrrad" ist gar kein so typischer Film der beiden. Bisher haben die Dardennes niemals vor der Härte der Verhältnisse geblinzelt, in die sie uns führten (in "Der Sohn", "Das Kind" oder auch "Lornas Schweigen"), nie einen Ausweg aus der Geschichte gewiesen. Hier wagen die belgischen Brüder etwas Neues: Hoffnung. Aber sie ist nicht billig zu haben.

Die Hoffnung bringt Cécile de France. Sie spielt eine Friseuse, der Cyril (Thomas Doret) auf der Flucht vor dem Hausmeister in die Arme fällt. Das geschieht in einer Arztpraxis, in der er sich verstecken will, und Samantha, die Friseuse, sagt nicht mehr als: "Du kannst mich umarmen, aber nicht so fest." Am nächsten Tag bringt sie ihm sein Fahrrad zurück, das er für gestohlen hielt, das sein Vater aber verkauft hatte, am übernächsten hat sie arrangiert, dass er an den Wochenenden bei ihr bleibt. Cécile de France spielt das mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit.

Da ist keine Psychologie im Spiel; sie macht es einfach. Ein Wunder. Wie schwer sie es damit hat, sehen wir später, wenn der Vater (Jérémie Renier, den wir aus anderen Filmen der Dardenne-Brüder kennen, in der kleinen Rolle des Überforderten, Verantwortungslosen) wieder ins Spiel kommt, eine große Verzweiflung um sich greift, und dann die Sehnsucht auf Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Jungen, deren Anführer kriminell ist. Cyril wird eine schreckliche Tat verüben.

Cyril, immer mit rotem Hemd, roter Jacke oder rotem Pullover, jagt durch den Film, krampfhaft sich aus Erwachsenengriffen lösend und davonrennend zu Beginn, dann auf dem Fahrrad, das ihm immer wieder gestohlen wird. Zweimal gewähren die Regisseure ihm Ruhe, und dazu erklingen, etwas ganz Neues in ihrem Werk, ein paar melodisch-melancholische Takte aus dem Adagio aus Beethovens fünftem Klavierkonzert. Einmal liegt Cyril im Bett und schläft, das zweite Mal in den Armen von Samantha, nachdem sein Vater ihn endgültig verlassen hat. Erst wenn der Film vorbei ist und über schwarzem Bild der Abspann rollt, hören wir die Musik als Ganzes. Als habe sich ein Versprechen erfüllt. Denn es ist auch die allerglücklichste Geschichte. Cyril ist am Ende frei. Er trollt sich aus dem Park, setzt sich auf sein Fahrrad und fährt davon. Die Dardennes lassen ihn ziehen, und er biegt ab, dorthin, wo Samantha wohnt. Mit sozialem Realismus, als deren leuchtendstes Paar die Brüder Dardenne immer wieder genannt werden, hat das alles gar nichts zu tun. Ihre Erzählweise, die elliptischen Kurven der Bewegungen Cyrils, das märchenhafte Auftauchen von Samantha, all das ist in hohem Maße kunstvoll und künstlich. Wahr in der Härte und Verzweiflung und möglich in der Versöhnung am Schluss aber ist es doch.

VERENA LUEKEN

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