Der junge schottische Arzt Nicholas Garrigan (James McAvoy) ist in Uganda am Ziel seiner Wünsche angelangt: Eine fremde Kultur und die Möglichkeit, das Gesundheitssystem mit aufzubauen, wecken seine Abenteuerlust. Unerwartet wird er zu einem Verkehrsunfall gerufen, in den der Staatspräsident Idi Amin (Forest Whitaker) verwickelt ist. Schnell steigt er zu dessen Leibarzt auf und gehört bald zum Kreis der engsten Vertrauten. Verwöhnt und vom Luxus berauscht, übersieht Garrigan zunächst die Gräueltaten, die um ihn herum geschehen. Als er dann doch endlich Stellung bezieht, ist es beinahe schon zu spät. Und obendrein wendet der Diktator sich gegen seinen einstigen Schützling...
Bonusmaterial
- Kommentar von Regisseur Kevin Macdonald - 7 nicht verwendete Szenen - Dokumentation: Gefangennahme Idi Amins - Forest Whitaker als Idi Amin - Casting für Der letzte König von Schottland - In den Fängen der Macht - KinotrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2007Idis Affe
Im Kino: "Der letzte König von Schottland"
Früher lag Afrika in Hollywood gleich um die Ecke: ein bisschen Urwald, ein Einbaum, ein paar halbzahme Tiere und ein paar Hütten auf dem Studiogelände. Wer mehr Realismus gefordert hätte, dem hätte man im Geiste des MGM-Produzenten Irving Thalberg entgegnet: "Wir gehen doch nicht in die Knie vor den paar Leuten, die wissen, dass Paris nicht am Meer liegt." Heute geht man auch nicht gleich auf die Knie, aber immerhin wird halbwegs ortsnah gedreht, für "Der letzte König von Schottland" sogar mitten in Uganda.
Der Filmtitel ist eine Anspielung darauf, dass Idi Amin Dada sich aus Abneigung gegen die Engländer zum Oberschotten ernannte, und erklärt zugleich, warum der Diktator einen jungen schottischen Arzt, der sein verstauchtes Handgelenk versorgte, prompt zum Leibarzt und Berater ernannte. Kevin MacDonalds Film ist keine wahre Geschichte. Er beruht auf einem Roman, der wiederum reale Ereignisse bearbeitet, und er nimmt sich noch ein paar weitere Freiheiten. Der junge Nicholas (James McAvoy) kommt frisch von der Universität als ahnungsloser Tor nach Afrika, er will erst nur helfen und Abenteuer erleben, doch seine Unbedarftheit und sein Narzissmus verbinden sich zu einer fatalen Mischung. Er wird korrupt, ohne es zu merken, er ist blind für das Offensichtliche, er will nicht hören, dass man ihn bald Idi Amins "weißen Affen" nennt.
Forest Whitaker hat für seine Rolle mit allem Recht den Oscar bekommen. Seine sanften, meist freundlichen Züge machen den jähen Umschlag in Brutalität und Unberechenbarkeit nur plausibler. Er hält Idi Amin irgendwo zwischen Kind und Kannibalen, der mit Getreuen im abgedunkelten Raum lagert, sich "Deep Throat" anschaut und von seinem Arzt eine anatomische Expertise verlangt; er zeigt die jovialen Seiten Idi Amins, ohne Paranoia und Grausamkeit des Tyrannen zu verdecken. Was seine Darstellung hat, das fehlt der fiktiven Gestalt des jungen Schotten. Man kann nicht behaupten, dass es eine gute Idee war, ihm eine verhängnisvolle Affäre mit einer Nebenfrau Idi Amins zu verordnen, um melodramatische Schwingungen zu erzeugen, und ihn exakt mit dem Geiseldrama von Entebbe im Juli 1976 in Ungnade fallen zu lassen. Diese Konstellation sorgt dafür, dass der Film nie einen Fokus findet: Er kann sich nicht entscheiden, ob er nun vom Schreckensherrscher erzählen will oder von der bitteren Bildungsreise eines jungen Mannes, ob er verstehen will, was vor dreißig Jahren in Uganda war, oder ob er nur einen farbigen Hintergrund für die verwirrte Gemütslage eines Europäers sucht.
PETER KÖRTE
Ab Donnerstag im Kino.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im Kino: "Der letzte König von Schottland"
Früher lag Afrika in Hollywood gleich um die Ecke: ein bisschen Urwald, ein Einbaum, ein paar halbzahme Tiere und ein paar Hütten auf dem Studiogelände. Wer mehr Realismus gefordert hätte, dem hätte man im Geiste des MGM-Produzenten Irving Thalberg entgegnet: "Wir gehen doch nicht in die Knie vor den paar Leuten, die wissen, dass Paris nicht am Meer liegt." Heute geht man auch nicht gleich auf die Knie, aber immerhin wird halbwegs ortsnah gedreht, für "Der letzte König von Schottland" sogar mitten in Uganda.
Der Filmtitel ist eine Anspielung darauf, dass Idi Amin Dada sich aus Abneigung gegen die Engländer zum Oberschotten ernannte, und erklärt zugleich, warum der Diktator einen jungen schottischen Arzt, der sein verstauchtes Handgelenk versorgte, prompt zum Leibarzt und Berater ernannte. Kevin MacDonalds Film ist keine wahre Geschichte. Er beruht auf einem Roman, der wiederum reale Ereignisse bearbeitet, und er nimmt sich noch ein paar weitere Freiheiten. Der junge Nicholas (James McAvoy) kommt frisch von der Universität als ahnungsloser Tor nach Afrika, er will erst nur helfen und Abenteuer erleben, doch seine Unbedarftheit und sein Narzissmus verbinden sich zu einer fatalen Mischung. Er wird korrupt, ohne es zu merken, er ist blind für das Offensichtliche, er will nicht hören, dass man ihn bald Idi Amins "weißen Affen" nennt.
Forest Whitaker hat für seine Rolle mit allem Recht den Oscar bekommen. Seine sanften, meist freundlichen Züge machen den jähen Umschlag in Brutalität und Unberechenbarkeit nur plausibler. Er hält Idi Amin irgendwo zwischen Kind und Kannibalen, der mit Getreuen im abgedunkelten Raum lagert, sich "Deep Throat" anschaut und von seinem Arzt eine anatomische Expertise verlangt; er zeigt die jovialen Seiten Idi Amins, ohne Paranoia und Grausamkeit des Tyrannen zu verdecken. Was seine Darstellung hat, das fehlt der fiktiven Gestalt des jungen Schotten. Man kann nicht behaupten, dass es eine gute Idee war, ihm eine verhängnisvolle Affäre mit einer Nebenfrau Idi Amins zu verordnen, um melodramatische Schwingungen zu erzeugen, und ihn exakt mit dem Geiseldrama von Entebbe im Juli 1976 in Ungnade fallen zu lassen. Diese Konstellation sorgt dafür, dass der Film nie einen Fokus findet: Er kann sich nicht entscheiden, ob er nun vom Schreckensherrscher erzählen will oder von der bitteren Bildungsreise eines jungen Mannes, ob er verstehen will, was vor dreißig Jahren in Uganda war, oder ob er nur einen farbigen Hintergrund für die verwirrte Gemütslage eines Europäers sucht.
PETER KÖRTE
Ab Donnerstag im Kino.
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