Zwei römische Legionen bleiben hinter feindlichen Linien in den schneebedeckten Bergen Armeniens stecken. Es droht die Vernichtung. Legionär Noreno, der von hier stammt, muss allein tödliches Terrain durchqueren. Nur so kann er Hilfe holen und den unausweichlichen Angriff verhindern.
Bonusmaterial
TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2022Der Badegast von der SS
Ein Jugendfilm über den Nationalsozialismus: Tobias Wiemanns "Der Pfad" erzählt von Flucht, Vertrauen, Hilfe, Schutz und großer Gefahr.
Der kleine Rolf und sein Vater Ludwig spielen ein merkwürdiges Spiel. Sie urteilen über wildfremde Menschen vom bloßen Hinsehen, ob sie "gut oder böse" sind. Eine Dame am Strand bietet nun wirklich nicht den geringsten Ansatzpunkt, sich in die eine oder andere Richtung zu entscheiden, ebenso ein athletischer Mann in Badehose.
Doch dann fällt der Blick auf ein Detail, eine zusammengefaltete Uniformjacke, daneben eine Kappe. Das Abzeichen darauf zeigt einen Totenkopf, damit sind mehrere Sachen klar: Der scheinbar harmlose Badegast an einem Strand in Frankreich ist böse, jedenfalls seiner Zugehörigkeit zur SS nach. Und er ist gefährlich für Rolf und Ludwig Hirsch, denn die sind aus einem bestimmten Grund im Süden Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs. Sie sind auf der Flucht vor der nationalsozialistischen Herrschaft, die zu diesem Zeitpunkt gerade halb Europa erfasst hat. Vater und Sohn Hirsch wollen sich über die Pyrenäen nach Spanien durchschlagen und von dort nach Lissabon, um ein Schiff nach New York zu bekommen, wo die Mutter von Rolf schon in Sicherheit ist.
Tobias Wiemann erzählt in dem Film "Der Pfad" von einer der berühmtesten Routen in die Freiheit aus diesen Jahren voller dramatischer Schicksale. Walter Benjamin schaffte es noch nach Portbou, fand dort aber den Tod. Auch Rolf und Ludwig haben die Stadt gleich hinter der Grenze als Ziel.
Für den Gang über die Berge wollen sie einen Führer anheuern und staunen dann nicht schlecht, als sie feststellen, dass sie es dabei mit einem Mädchen zu tun bekommen, das kaum älter ist als Rolf. Die Katalanin Núria hat ihre Eltern im Spanischen Bürgerkrieg verloren, sie spricht ein gebrochenes Deutsch ("Risiko groß zu"), und sie setzt strenge Regeln fest. Rolf möchte nämlich unbedingt noch jemanden zusätzlich mitbringen: einen kleinen Hund namens Adi, der schon aufgrund seines Namens für allerlei Missverständnisse sorgt und der instinktiv auch dann einem Hasen nachjagt, wenn wegen einer Polizeistreife eigentlich atemlose Stille geboten wäre.
"Der Pfad" richtet sich an ein junges Publikum und sorgt mit einigen passenden Wendungen in dem Drehbuch von Rüdiger Bertram und Jytte-Merle Böhrnsen auch bald dafür, dass Rolf und Núria sich allein durch eine prächtige Landschaft schlagen, in der allenthalben gefährliche Überraschungen und "plot points" lauern, also kleine Umschlagpunkte in der Geschichte. Die verschiedenen Einsatztruppen, die auf der Jagd nach Menschen auf der Flucht sind, stellen sich dabei zum Glück nicht allzu professionell an, sodass die Kinder mehrfach aus gröberer Bredouille einen Ausweg finden. Rolf hat dabei immer Erich Kästners "Der 35. Mai" im Ranzen, eines in einer Reihe von utopischen Motiven, mit denen "Der Pfad" angereichert wird.
Schritt für Schritt wächst das Verständnis zwischen den zwei Kindern, die aus so unterschiedlichen Welten kommen und doch bald zu einem guten Team werden. Sie bekommen es mit Partisanen zu tun, über die Eltern von Núria wird noch manche überraschende Wahrheit bekannt, und in der Gesamtbilanz der guten und bösen Menschen im Film bleiben die bösen eher am Rand und im Rang von Chargenfiguren, während einige gute durchaus Ansätze zu einem spannenden Profil erkennen lassen dürfen. Núria beschäftigt Rolf schließlich in einer ruhigen Minute mit einer Variante eines klassischen philosophischen Paradoxons: "Alle Erwachsenen lügen". Sie meint das in einem Sinn, der dem davor gut behüteten Rolf erst allmählich dämmert: Lügen können auch eine Schutzfunktion haben, nur böse Erwachsene lügen, weil sie jemandem schaden wollen.
Gut beschützt kann sich auch das Publikum von "Der Pfad" fühlen. Im Vergleich zu einem Klassiker wie "Transit" von Anna Seghers ist in dem erzählerischen Universum von Tobias Wiemann die Gut/Böse-Bilanz halbwegs erträglich gestaltet, zu jedem Verlust gibt es auch eine gute Nachricht, man will aus verständlichen Gründen jungen Menschen zwar die Wahrheit über die Verfolgung zumuten, sie aber in bekömmlicher Form präsentieren.
So zeigt sich "Der Pfad" als eine Mischung aus kindlichem Abenteuer und historischem Drama, bei der sich schließlich die Mischverhältnisse doch deutlich auf das behütete Bewusstsein des kleinen Rolf ausrichten: "Was kann denn nicht gut gehen?", fragt er einmal arglos. Es gibt eine ganze Filmgeschichte, um darauf über "Der Pfad" hinaus eine Antwort zu geben. BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Jugendfilm über den Nationalsozialismus: Tobias Wiemanns "Der Pfad" erzählt von Flucht, Vertrauen, Hilfe, Schutz und großer Gefahr.
Der kleine Rolf und sein Vater Ludwig spielen ein merkwürdiges Spiel. Sie urteilen über wildfremde Menschen vom bloßen Hinsehen, ob sie "gut oder böse" sind. Eine Dame am Strand bietet nun wirklich nicht den geringsten Ansatzpunkt, sich in die eine oder andere Richtung zu entscheiden, ebenso ein athletischer Mann in Badehose.
Doch dann fällt der Blick auf ein Detail, eine zusammengefaltete Uniformjacke, daneben eine Kappe. Das Abzeichen darauf zeigt einen Totenkopf, damit sind mehrere Sachen klar: Der scheinbar harmlose Badegast an einem Strand in Frankreich ist böse, jedenfalls seiner Zugehörigkeit zur SS nach. Und er ist gefährlich für Rolf und Ludwig Hirsch, denn die sind aus einem bestimmten Grund im Süden Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs. Sie sind auf der Flucht vor der nationalsozialistischen Herrschaft, die zu diesem Zeitpunkt gerade halb Europa erfasst hat. Vater und Sohn Hirsch wollen sich über die Pyrenäen nach Spanien durchschlagen und von dort nach Lissabon, um ein Schiff nach New York zu bekommen, wo die Mutter von Rolf schon in Sicherheit ist.
Tobias Wiemann erzählt in dem Film "Der Pfad" von einer der berühmtesten Routen in die Freiheit aus diesen Jahren voller dramatischer Schicksale. Walter Benjamin schaffte es noch nach Portbou, fand dort aber den Tod. Auch Rolf und Ludwig haben die Stadt gleich hinter der Grenze als Ziel.
Für den Gang über die Berge wollen sie einen Führer anheuern und staunen dann nicht schlecht, als sie feststellen, dass sie es dabei mit einem Mädchen zu tun bekommen, das kaum älter ist als Rolf. Die Katalanin Núria hat ihre Eltern im Spanischen Bürgerkrieg verloren, sie spricht ein gebrochenes Deutsch ("Risiko groß zu"), und sie setzt strenge Regeln fest. Rolf möchte nämlich unbedingt noch jemanden zusätzlich mitbringen: einen kleinen Hund namens Adi, der schon aufgrund seines Namens für allerlei Missverständnisse sorgt und der instinktiv auch dann einem Hasen nachjagt, wenn wegen einer Polizeistreife eigentlich atemlose Stille geboten wäre.
"Der Pfad" richtet sich an ein junges Publikum und sorgt mit einigen passenden Wendungen in dem Drehbuch von Rüdiger Bertram und Jytte-Merle Böhrnsen auch bald dafür, dass Rolf und Núria sich allein durch eine prächtige Landschaft schlagen, in der allenthalben gefährliche Überraschungen und "plot points" lauern, also kleine Umschlagpunkte in der Geschichte. Die verschiedenen Einsatztruppen, die auf der Jagd nach Menschen auf der Flucht sind, stellen sich dabei zum Glück nicht allzu professionell an, sodass die Kinder mehrfach aus gröberer Bredouille einen Ausweg finden. Rolf hat dabei immer Erich Kästners "Der 35. Mai" im Ranzen, eines in einer Reihe von utopischen Motiven, mit denen "Der Pfad" angereichert wird.
Schritt für Schritt wächst das Verständnis zwischen den zwei Kindern, die aus so unterschiedlichen Welten kommen und doch bald zu einem guten Team werden. Sie bekommen es mit Partisanen zu tun, über die Eltern von Núria wird noch manche überraschende Wahrheit bekannt, und in der Gesamtbilanz der guten und bösen Menschen im Film bleiben die bösen eher am Rand und im Rang von Chargenfiguren, während einige gute durchaus Ansätze zu einem spannenden Profil erkennen lassen dürfen. Núria beschäftigt Rolf schließlich in einer ruhigen Minute mit einer Variante eines klassischen philosophischen Paradoxons: "Alle Erwachsenen lügen". Sie meint das in einem Sinn, der dem davor gut behüteten Rolf erst allmählich dämmert: Lügen können auch eine Schutzfunktion haben, nur böse Erwachsene lügen, weil sie jemandem schaden wollen.
Gut beschützt kann sich auch das Publikum von "Der Pfad" fühlen. Im Vergleich zu einem Klassiker wie "Transit" von Anna Seghers ist in dem erzählerischen Universum von Tobias Wiemann die Gut/Böse-Bilanz halbwegs erträglich gestaltet, zu jedem Verlust gibt es auch eine gute Nachricht, man will aus verständlichen Gründen jungen Menschen zwar die Wahrheit über die Verfolgung zumuten, sie aber in bekömmlicher Form präsentieren.
So zeigt sich "Der Pfad" als eine Mischung aus kindlichem Abenteuer und historischem Drama, bei der sich schließlich die Mischverhältnisse doch deutlich auf das behütete Bewusstsein des kleinen Rolf ausrichten: "Was kann denn nicht gut gehen?", fragt er einmal arglos. Es gibt eine ganze Filmgeschichte, um darauf über "Der Pfad" hinaus eine Antwort zu geben. BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main