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Der Film verfolgt den Aufstieg und Fall von Senator Hart, der ein großer Hoffnungsträger für junge Wähler war und 1988 bereits als Spitzenkandidat der Demokraten bei der Präsidentschaftsvorwahl galt. Doch dann brachte eine außereheliche Affäre mit Donna Rice seine gesamte Kampagne ins Wanken. Zum ersten Mal verschmolzen Boulevardjournalismus und politischer Journalismus miteinander - und Senator Hart war gezwungen, aus dem Rennen um die Präsidentschaft wieder auszusteigen. Dies hatte tiefe und nachhaltige Auswirkungen auf die US-Politik und die gesamte Weltbühne.
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Produktbeschreibung
Der Film verfolgt den Aufstieg und Fall von Senator Hart, der ein großer Hoffnungsträger für junge Wähler war und 1988 bereits als Spitzenkandidat der Demokraten bei der Präsidentschaftsvorwahl galt. Doch dann brachte eine außereheliche Affäre mit Donna Rice seine gesamte Kampagne ins Wanken. Zum ersten Mal verschmolzen Boulevardjournalismus und politischer Journalismus miteinander - und Senator Hart war gezwungen, aus dem Rennen um die Präsidentschaft wieder auszusteigen. Dies hatte tiefe und nachhaltige Auswirkungen auf die US-Politik und die gesamte Weltbühne.

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Kommentar des Regisseurs Entfallene Szenen Die Demontage eines Kandidaten
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.01.2019

Die Sorte von Anführern, die wir verdienen
Jason Reitmans Film über den einstigen demokratischen Hoffnungsträger Gary Hart: "Der Spitzenkandidat"

Die Frage ist, ob man diesen Film anschauen kann, ohne an Donald Trump zu denken. Die Antwort lautet nein. Trumps gerade zweijährige Präsidentschaft hat alle moralischen Maßstäbe, die bis dahin für westliche Spitzenpolitiker gegolten haben, so radikal über den Haufen geworfen, dass man jetzt gerne ab und zu an die Zeit erinnert wird, in der sie noch galten. Das gelingt Jason Reitmans Film, und so geht es einem mit dem "Spitzenkandidaten" wie mit einem alten Foto, das man auf dem Speicher gefunden hat: Man betrachtet es mit Wehmut und Nachsicht. Nur dass der Film ja nicht alt ist, sondern bloß sein Sujet. Was wiederum Folgen für das Maß an Geduld hat, mit dem man seiner Erzählung folgt, und für den Wahrheitsgehalt der Erzählung selbst.

"Der Spitzenkandidat" handelt von der Nominierungskampagne des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Gary Hart, die im Frühjahr 1987 nach nur vier Wochen abrupt zu Ende ging. Hart, zuvor Senator für den Bundesstaat Colorado, war als Favorit für die Spitzenkandidatur seiner Partei gegen Konkurrenten wie Jesse Jackson und Al Gore ins Rennen gegangen. Dann zerrte ein Artikel des "Miami Herald" über eine mutmaßliche außereheliche Affäre sein Privatleben ins Licht der Öffentlichkeit. Am 8. Mai gab Hart den Abbruch seiner Kampagne bekannt. Er weigere sich, so erklärte er, seine Familie und seine Freunde weiter zum Ziel von Gerüchten und Klatsch zu machen. Dann zitierte er Thomas Jefferson: "Ich zittere um mein Land, wenn ich daran denke, dass wir tatsächlich die Sorte von Anführern bekommen könnten, die wir verdienen."

Für den Zeitgenossen Trumps liegt über diesem Abgang ein Schimmer von Nostalgie. Hart hatte Haltung und Stil, wie es scheint, er dachte, wenn es eng wurde, nicht allein an sich. Für einen Filmregisseur dagegen stellt Harts Rücktritt ein erzählerisches Problem dar, denn der Senator war offensichtlich nicht unschuldig, sonst hätte er die Berichte über eine heimliche Beziehung zu der früheren Schönheitskönigin und späteren Kinderschutzlobbyistin Donna Rice, die er abends allein in seinem Washingtoner Townhouse empfing, leicht widerlegen können. Andererseits ist Hart nach den Kriterien der Trump-Ära geradezu ein Leuchtturm der Anständigkeit. Seine Ehe hat den Mediensturm überstanden, seine Karriere als Sicherheitsexperte nahm nach dem 11. September 2001 noch einmal Fahrt auf, und selbst als Romanautor machte er mit Titeln wie "Die Strategien des Zeus" und "Ich, Che Guevara" eine gute Figur.

Jason Reitman, der zusammen mit dem Journalisten Matt Bai (von dem die Buchvorlage stammt) und dem Politikberater Jay Carson (der auch die Autoren von "House of Cards" beraten hat) das Drehbuch schrieb, versucht dieses Dilemma aufzulösen, indem er es auf seinen Helden projiziert. Er stellt ihn in eine Art Wechsellicht, das unserer schwankenden Wahrnehmung der Figur entspricht: Mal ist Hart, den Hugh Jackman mit Perücke und Yankee-Akzent als amerikanische Variante des Outback-Charmeurs aus "Australia" spielt, ganz politischer Profi und charismatischer Anführer, fürsorglicher Ehemann und rücksichtsvoller Chef. Dann wieder scheint er von einem Geltungsbedürfnis beherrscht zu sein, das größer ist als er selbst. Nur lässt uns die Kamera immer dann, wenn das passiert, im Stich. Sie zeigt nicht, was auf der Yacht passiert, auf der Hart gemeinsam mit Donna Rice von Miami aus in See sticht. Und sie geht auch nicht in das Stadthaus, in dem er Rice kurze Zeit später empfängt.

In einem Dokumentarfilm wäre diese Zurückhaltung ein Dienst an der Wahrheit, in einem Spielfilm wie diesem ist sie ein Versäumnis. Weil wir nicht sehen, was Hart tut, verschwimmt auch seine Persönlichkeit im Vagen, und so sehr sich Jackman bemüht, aus seiner Rolle einen Charakter zu formen, wirkt er doch meist so hilflos, als hätte man ihm ein Telefonbuch als Skript gegeben. Die aufgesetzte Entrüstung, mit der er die Reporter des "Herald" abfertigt, die ihm im Dunkeln aufgelauert haben, spricht für Harts schlechtes Gewissen, aber am Ende ist auch das nur ein Beleuchtungseffekt.

Der Film kreist also um eine Leerstelle, und in diesem dramaturgischen Vakuum bekommen die Nebendarsteller ihre Chance - allen voran Vera Farmiga, die aus Harts Ehefrau Oletha ein Inbild der leidgeprüften Politikergattin macht, aber auch J. K. Simmons als Kampagnenmanager Bill Dixon und Molly Ephraim als seine Assistentin Irene. Wenn es eine Figur gibt, die in "Der Spitzenkandidat" so etwas wie eine Entwicklung durchläuft, dann ist es diese (von Reitman erfundene) Irene, die den Auftrag bekommt, sich nach den Enthüllungen des "Herald" um die in Washington gestrandete Donna Rice (Sara Paxton) zu kümmern.

Als sie das Mädchen trifft, um es auf die Begegnung mit der Journalistenmeute vorzubereiten, begreift sie, dass sie und Donna nur Figuren auf dem Schachbrett des Kandidaten sind. Daraufhin bröckelt ihre Loyalität, und in einer als Ausrufezeichen gesetzten Einstellung bei Harts letztem Wahlkampfauftritt kehrt sie sich von ihm ab. Dieser Blickwechsel mit der Kamera ist Reitmans Schuldspruch für seine Hauptfigur: Egal, was Hart getan haben mag, sein Versuch, es zu vertuschen, bricht ihm den Hals.

Dreißig Jahre nach den behandelten Ereignissen hat Amerika die Sorte von Anführer bekommen, die es anscheinend verdient. Was lernen wir darüber in "Der Spitzenkandidat"? Nichts. Das Privatleben von Prominenten war schon damals ein offenes Geheimnis, die Presse ein Instrument im politischen Machtkampf und die Moral ein Fassadentrick. Nur die Schamlosigkeit stand noch nicht so hoch im Kurs wie heute. Insofern kann man Reitmans Film als Ermahnung verstehen. Man weiß nur nicht genau, wozu.

ANDREAS KILB

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