Arizona (Anthony Steffen) und Doppel-Whiskey (Robert Camardiel) jagen den Banditen Chico (Aldo Sambrell). Dieser soll das Gold des Hanzienda-Besitzers Moreno erbeutet haben. Die beiden Pistoleros geraten nacheinander in die Hände von Chico und seiner Bande.
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - InterviewsFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2008Von Barbaren und Barbieren
Experiment und Kommerz: Die Koch Media Italo-Western Collection
Tinto Brass: "Yankee".
Koch Media. Italienisch, Deutsch, Untertitel. Italo-Western-Collection # 2. Weitere Titel: "Töte Amigo", "Der Tod sagt Amen".
Die Rasur und das Bad sind heikle Momente für einen Westmann. Er ist während der Hygiene ein wenig schutzlos. Wer badet, hat eine Hand für den Revolver und die andere für die Zigarre. Wohin dann aber mit der Seife? Wer sich rasieren lässt, liegt flach unter einem Tuch und hat das Gesicht voller Schaum. Auch nicht eben wehrhaft. Schon der klassische Western hat sich mit diesen hochnotpeinlichen Situationen gelegentlich beschäftigt, aber erst der deutlich stilbewusstere (und "dreckigere") Italowestern hat daraus eine "Nummer" gemacht, eine Geste der unbedingten Überlegenheit des Helden, der während der Rasur aussieht, als wäre mit ihm nicht zu rechnen, der dann aber eben aus dieser Position schießt. Ansatzlos, unter dem Tuch hervor, das dabei auch Schaden nimmt. Aber die Barbiere haben häufig ohnehin noch einen zweiten, lukrativeren Beruf. Sie sind Sargtischler, im Italowestern haben sie damit immer Hochkonjunktur.
Bis heute ist dieses Phänomen des europäischen Nachkriegskinos erstaunlich geblieben - dass ein paar wagemutige Innovatoren in Italien in den frühen sechziger Jahren ein moribundes amerikanisches Genre mehr oder weniger im Handstreich übernehmen und noch einmal für ein paar Jahre auf höchste (wenn auch moralisch anfechtbare) Strahlkraft bringen konnten. Der Italowestern war kommerziell und experimentell zugleich, er bot Regisseuren wie Sergio Leone eine Möglichkeit, aus den Beschränkungen der "mythologischen" Sujets mit Muskelprotzen in den Hauptrollen (heute spricht man weniger respektvoll von "Sandalenfilmen") auszubrechen und eine lakonische Haltung auszuprobieren. Clint Eastwood (der die Nummer auf dem Barbierstuhl in die Filmgeschichte eingetragen hat) konnte hier die ersten Schritte seiner beispiellosen Karriere als letzter Unabhängiger des Kinos machen. Und hinter den großen Namen wie Leone oder Sergio Corbucci konnte der Italowestern zahlreiche Varianten ausprägen, in denen mal das formalistische Interesse überwog, mal die revolutionäre Grundstimmung der Zeit.
Die drei Filme, die Koch Media gerade zusammen mit der Dokumentation "Denn sie kennen kein Erbarmen" von Hans-Jürgen Panitz und Peter Dollinger herausgebracht haben, erlauben einen zweiten Blick auf diese Erfolgswelle, die Deutschland häufig nur in gebrochener Form erreichte. "Töte Amigo" von Damiano Damiani hieß im Original "Quién sabe?" und enthielt zahlreiche explizit politisch lesbare Details, die für die synchronisierte Verleihfassung hierzulande als entbehrlich, wo nicht als anstößig eingeschätzt und geschnitten wurden. So wurde auf ein Genre mit zynischen Schießwütigen reduziert, was in vielen Fällen ganz ausdrückliche Befreiungsszenarien waren, mit direkten Verweisen auf die Guerillakämpfer in der Dritten Welt.
Die mexikanische Revolution im neunzehnten Jahrhundert lieferte den Modellfall, an dem von Damiani bis Peckinpah eine ganze Reihe von Filmemachern ihre politischen und ästhetischen Präferenzen ausformen konnten. In "Quién sabe?" steht El Cuncho (Gian-Maria Volontè, später in viel feinsinnigeren Rollen bekannt geworden) für die progressiven Banditen, während El Santo (Klaus Kinski) einen höchst eigenwilligen Typus chiliastischer Frömmigkeit an den Tag legt. Der Amerikaner Bill (gespielt von dem Nouvelle-Vague-Helden Lou Castel) schließt sich der Bewegung an, spielt aber ein doppeltes Spiel. Von "Quién sabe?" gibt es zahlreiche Schnittfassungen. Koch Media präsentiert zum Auftakt seiner "Italo-Western Collection" eine 113 Minuten lange, wobei sich aus den optionalen deutschen Untertiteln auch die Kürzungen der früheren Synchronfassung erschließen lassen.
Im selben Jahr 1966 kam unter dem Titel "Yankee" ein weiterer Film heraus, der rückblickend vor allem durch das spätere Schaffen des Regisseurs zu einem Kuriosum wurde. Tinto Brass wurde Italiens Spezialist für den abendfüllenden Sexfilm, wobei er die Grenzen dieser Gattung mehrmals weit überschritt. Für den "Caligula" engagierte er Stars wie Peter O'Toole, John Gielgud oder Helen Mirren, die sich vermutlich auf das Drehbuch von Gore Vidal hin für die Sache interessierten, dadurch aber in einen pornographischen Kostümfilm gerieten, der zu den seltsamsten Hybriden des Kinos zählt. Mit "Salon Kitty" hatte Tinto Brass es davor auch schon geschafft, den kultiviertesten aller Schundfilme über den Nationalsozialismus als sexuelle Perversion zu drehen.
In "Yankee" deutete Brass seine einschlägigen Interessen nur am Rande an. Der amerikanische Held (gespielt von dem wenig charismatischen Philippe Leroy) legt sich mit dem lokalen Potentaten El Grande Concho (Adolfo Celi) an und trickst den vierschrötigen Gegner in einem langwierigen Reigen schließlich aus. "Yankee" besteht im Grunde nur aus Standardsituationen des Genres (die Barbiernummer wird durch einen Drehstuhl erleichtert), zusammengehalten durch schnelle Schnitte und wilde Zooms und das obligate gepfiffene Thema, das zum Soundtrack aller Italowestern gehört. Es versteht sich von selbst, dass der Yankee am Ende gegen den Horizont davonreitet, ohne dass jemals sein bürgerlicher Name gefallen wäre oder ein Hinweis darauf, worum es ihm eigentlich geht.
1970 war die Formel vom Fremden ohne Namen schon nicht mehr ernst zu nehmen, wie sich schön aus "Der Tod sagt Amen" ("Arizona si scatenò - e li fece fuori tutti") von Sergio Martino ersehen lässt. Dort heißt der Held Arizona Colt, er wird durch eine Variation der Hygiene-Nummer eingeführt, die er mit dem Satz kommentiert: "Peinlich, sich von einem Mann in Unterhosen erschießen zu lassen." Die Musik hat hier nichts mehr von dem Opernpathos, mit dem Ennio Morricone den Italo-Western geprägt hat. Vielmehr klingt das schon stark nach dem Schlagerwettbewerb von San Remo.
Anthony Steffen übernimmt als Arizona Colt eine Figur, die eigentlich Giuliano Gemma vier Jahre davor etabliert hatte - mit personeller Kontinuität nahm es der Italowestern ungefähr so wichtig wie "Deep Purple" bei der Nachbesetzung ihrer Gitarristen. Vermutlich ist es immer ein schlechtes Zeichen, wenn Helden einen "sidekick" brauchen (hier heißt er "Doppel-Whiskey"). Da kann man dann nämlich gleich Sam Hawkins oder Tante Droll auf den Plan rufen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, zu der die Italowestern dann doch ein paar Jahre lang ausreichend Abstand gehalten haben.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Experiment und Kommerz: Die Koch Media Italo-Western Collection
Tinto Brass: "Yankee".
Koch Media. Italienisch, Deutsch, Untertitel. Italo-Western-Collection # 2. Weitere Titel: "Töte Amigo", "Der Tod sagt Amen".
Die Rasur und das Bad sind heikle Momente für einen Westmann. Er ist während der Hygiene ein wenig schutzlos. Wer badet, hat eine Hand für den Revolver und die andere für die Zigarre. Wohin dann aber mit der Seife? Wer sich rasieren lässt, liegt flach unter einem Tuch und hat das Gesicht voller Schaum. Auch nicht eben wehrhaft. Schon der klassische Western hat sich mit diesen hochnotpeinlichen Situationen gelegentlich beschäftigt, aber erst der deutlich stilbewusstere (und "dreckigere") Italowestern hat daraus eine "Nummer" gemacht, eine Geste der unbedingten Überlegenheit des Helden, der während der Rasur aussieht, als wäre mit ihm nicht zu rechnen, der dann aber eben aus dieser Position schießt. Ansatzlos, unter dem Tuch hervor, das dabei auch Schaden nimmt. Aber die Barbiere haben häufig ohnehin noch einen zweiten, lukrativeren Beruf. Sie sind Sargtischler, im Italowestern haben sie damit immer Hochkonjunktur.
Bis heute ist dieses Phänomen des europäischen Nachkriegskinos erstaunlich geblieben - dass ein paar wagemutige Innovatoren in Italien in den frühen sechziger Jahren ein moribundes amerikanisches Genre mehr oder weniger im Handstreich übernehmen und noch einmal für ein paar Jahre auf höchste (wenn auch moralisch anfechtbare) Strahlkraft bringen konnten. Der Italowestern war kommerziell und experimentell zugleich, er bot Regisseuren wie Sergio Leone eine Möglichkeit, aus den Beschränkungen der "mythologischen" Sujets mit Muskelprotzen in den Hauptrollen (heute spricht man weniger respektvoll von "Sandalenfilmen") auszubrechen und eine lakonische Haltung auszuprobieren. Clint Eastwood (der die Nummer auf dem Barbierstuhl in die Filmgeschichte eingetragen hat) konnte hier die ersten Schritte seiner beispiellosen Karriere als letzter Unabhängiger des Kinos machen. Und hinter den großen Namen wie Leone oder Sergio Corbucci konnte der Italowestern zahlreiche Varianten ausprägen, in denen mal das formalistische Interesse überwog, mal die revolutionäre Grundstimmung der Zeit.
Die drei Filme, die Koch Media gerade zusammen mit der Dokumentation "Denn sie kennen kein Erbarmen" von Hans-Jürgen Panitz und Peter Dollinger herausgebracht haben, erlauben einen zweiten Blick auf diese Erfolgswelle, die Deutschland häufig nur in gebrochener Form erreichte. "Töte Amigo" von Damiano Damiani hieß im Original "Quién sabe?" und enthielt zahlreiche explizit politisch lesbare Details, die für die synchronisierte Verleihfassung hierzulande als entbehrlich, wo nicht als anstößig eingeschätzt und geschnitten wurden. So wurde auf ein Genre mit zynischen Schießwütigen reduziert, was in vielen Fällen ganz ausdrückliche Befreiungsszenarien waren, mit direkten Verweisen auf die Guerillakämpfer in der Dritten Welt.
Die mexikanische Revolution im neunzehnten Jahrhundert lieferte den Modellfall, an dem von Damiani bis Peckinpah eine ganze Reihe von Filmemachern ihre politischen und ästhetischen Präferenzen ausformen konnten. In "Quién sabe?" steht El Cuncho (Gian-Maria Volontè, später in viel feinsinnigeren Rollen bekannt geworden) für die progressiven Banditen, während El Santo (Klaus Kinski) einen höchst eigenwilligen Typus chiliastischer Frömmigkeit an den Tag legt. Der Amerikaner Bill (gespielt von dem Nouvelle-Vague-Helden Lou Castel) schließt sich der Bewegung an, spielt aber ein doppeltes Spiel. Von "Quién sabe?" gibt es zahlreiche Schnittfassungen. Koch Media präsentiert zum Auftakt seiner "Italo-Western Collection" eine 113 Minuten lange, wobei sich aus den optionalen deutschen Untertiteln auch die Kürzungen der früheren Synchronfassung erschließen lassen.
Im selben Jahr 1966 kam unter dem Titel "Yankee" ein weiterer Film heraus, der rückblickend vor allem durch das spätere Schaffen des Regisseurs zu einem Kuriosum wurde. Tinto Brass wurde Italiens Spezialist für den abendfüllenden Sexfilm, wobei er die Grenzen dieser Gattung mehrmals weit überschritt. Für den "Caligula" engagierte er Stars wie Peter O'Toole, John Gielgud oder Helen Mirren, die sich vermutlich auf das Drehbuch von Gore Vidal hin für die Sache interessierten, dadurch aber in einen pornographischen Kostümfilm gerieten, der zu den seltsamsten Hybriden des Kinos zählt. Mit "Salon Kitty" hatte Tinto Brass es davor auch schon geschafft, den kultiviertesten aller Schundfilme über den Nationalsozialismus als sexuelle Perversion zu drehen.
In "Yankee" deutete Brass seine einschlägigen Interessen nur am Rande an. Der amerikanische Held (gespielt von dem wenig charismatischen Philippe Leroy) legt sich mit dem lokalen Potentaten El Grande Concho (Adolfo Celi) an und trickst den vierschrötigen Gegner in einem langwierigen Reigen schließlich aus. "Yankee" besteht im Grunde nur aus Standardsituationen des Genres (die Barbiernummer wird durch einen Drehstuhl erleichtert), zusammengehalten durch schnelle Schnitte und wilde Zooms und das obligate gepfiffene Thema, das zum Soundtrack aller Italowestern gehört. Es versteht sich von selbst, dass der Yankee am Ende gegen den Horizont davonreitet, ohne dass jemals sein bürgerlicher Name gefallen wäre oder ein Hinweis darauf, worum es ihm eigentlich geht.
1970 war die Formel vom Fremden ohne Namen schon nicht mehr ernst zu nehmen, wie sich schön aus "Der Tod sagt Amen" ("Arizona si scatenò - e li fece fuori tutti") von Sergio Martino ersehen lässt. Dort heißt der Held Arizona Colt, er wird durch eine Variation der Hygiene-Nummer eingeführt, die er mit dem Satz kommentiert: "Peinlich, sich von einem Mann in Unterhosen erschießen zu lassen." Die Musik hat hier nichts mehr von dem Opernpathos, mit dem Ennio Morricone den Italo-Western geprägt hat. Vielmehr klingt das schon stark nach dem Schlagerwettbewerb von San Remo.
Anthony Steffen übernimmt als Arizona Colt eine Figur, die eigentlich Giuliano Gemma vier Jahre davor etabliert hatte - mit personeller Kontinuität nahm es der Italowestern ungefähr so wichtig wie "Deep Purple" bei der Nachbesetzung ihrer Gitarristen. Vermutlich ist es immer ein schlechtes Zeichen, wenn Helden einen "sidekick" brauchen (hier heißt er "Doppel-Whiskey"). Da kann man dann nämlich gleich Sam Hawkins oder Tante Droll auf den Plan rufen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, zu der die Italowestern dann doch ein paar Jahre lang ausreichend Abstand gehalten haben.
BERT REBHANDL
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