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VÖ Kino am (DDR): 31.08.1951
Erzählt wird die Lebensgeschichte des perfekten Untertanen Diederich Heßling (Werner Peters), der als Sohn eines Fabrikanten in einer Kleinstadt mittels Großbürgertum, Kaisertreuen und Prügelstrafe zu einem Mann erzogen wird, der nach oben buckelt und nach unten Tritt. Nach Schule, Studentum und militärischem Drill wird er zum despotischen Führer der familieneigenen Fabrik. Patriotisch bis ins letzte Glied, geht er in die Politik und fährt während seiner Urlaubsreise sogar zum im Ausland weilenden Kaiser. Doch Militarismus und Obrigkeitsgläubigkeit haben für ein…mehr

Produktbeschreibung
VÖ Kino am (DDR): 31.08.1951
Erzählt wird die Lebensgeschichte des perfekten Untertanen Diederich Heßling (Werner Peters), der als Sohn eines Fabrikanten in einer Kleinstadt mittels Großbürgertum, Kaisertreuen und Prügelstrafe zu einem Mann erzogen wird, der nach oben buckelt und nach unten Tritt. Nach Schule, Studentum und militärischem Drill wird er zum despotischen Führer der familieneigenen Fabrik. Patriotisch bis ins letzte Glied, geht er in die Politik und fährt während seiner Urlaubsreise sogar zum im Ausland weilenden Kaiser. Doch Militarismus und Obrigkeitsgläubigkeit haben für ein Volk fatale Folgen...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Bio- und Filmografien - 3 Featurettes - Fotogalerie - original Kinoplakat - historische Betrachtungen zum Film
Autorenporträt
Heinrich Mann, geb. 1871 in Lübeck, begann nach dem Abgang vom Gymnasium eine Buchhandelslehre. 1891-92 volontierte er im S. Fischer Verlag, Berlin. Gleichzeitig war er Gasthörer an der Universität. Tätig als freier Schriftsteller veröffentlichte er Romane, Novellen, Essays, Schauspiele. 1933 emigrierte er nach Frankreich, später in die USA. Heinrich Mann starb 1950 in Santa Monica/Kalifornien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2000

Die Aufweichung des Körpers in der Körperschaft
Wolfgang Staudtes Verfilmung des "Untertan" zersetzt den Kleinbürger preußischer Prägung in Triebstau, Gehorsam und Bier

Diederich Hessling war ein "weiches Kind", schreibt Heinrich Mann zu Beginn seines Romans "Der Untertan", der ausgerechnet 1914 in Fortsetzungen zu erscheinen begann und 1918 als Buch veröffentlicht wurde. Die individualpsychologische Rekonstruktion der Voraussetzungen des Ersten Weltkriegs erscheint so als dessen literaturgeschichtliche Rahmenhandlung. Dem Untertanen Hessling erschiene diese Auffassung völlig plausibel, ist doch eine Überschätzung der eigenen Bedeutung für die Weltgeschichte eines der Charaktermerkmale des autoritären Charakters, den Mann beschrieb. Hessling möchte das Kaiserreich wieder ins Lot bringen, und weil ihm das nicht gelingt, muss es tatsächlich mit Bomben und Granaten untergehen, die im Roman zu Blitz und Donner naturalisiert werden.

Staudte drehte seinen Film im Jahr 1951. Er mochte in dem Buch das ganze Jahrhundert der Extreme erkennen, dessen erste Hälfte erst hinter ihm lag, und schon schien es nicht mehr steigerbar. Bis herauf zu seinen "Tatort"-Folgen der siebziger Jahre blieb Staudte ein diskreter Moderner, so auch in seiner Defa-Verfilmung des "Untertan", die ihren Ingrimm über den deutschen Mann wilhelminischer Prägung in den Details versteckt. Das lebenslängliche "weiche Kind" wird von Werner Peters gespielt, eine glückliche Wahl nicht nur im Hinblick auf diese programmatische Formulierung, die Peters phänotypisch einlöst. Er spielt den Hessling tatsächlich als eine amorphe Figur, als formbare Erscheinung, die unvermittelt ihrer Substanz verlustig gehen kann: "Der Verräter war überall. Wo niemand sonst war, da war er ein zweites Ich", so beschrieb Mann die latente Schizophrenie. Gänzlich von Außeneinflüssen abhängig, bleibt Hessling ratlos, wenn ihm diese fehlen oder wenn sie zu widersprüchlich werden. Der Körper verliert sich in der Körperschaft der Biertrinker. Kaum gibt aber jemand eine Parole aus, durchläuft ihn ein Schauer, und er bekennt sich: zum Bier, zur Einheit des deutschen Reiches unter den Hohenzollern, zum Dienst mit der Waffe, für den er leider nicht die geeigneten Füße aufweist, und natürlich zum Kaisergeschlecht, dem er ein Denkmal errichten will in Gestalt des großen Wilhelm.

Staudte verdeutlicht dieses Projekt als eine Ersatzhandlung, in der sich verdrängte Sexualität äußert. Bei der Begegnung zwischen Hessling und seiner späteren Ehefrau im Eisenbahncoupé kommt zwar die Rede sofort auf ein "Höschen". Dann aber bringt Staudte mit einer einfachen Kreisblende diese Beziehung, die sich vorerst über den Verzehr von Würsten vermittelt, schon vor dem Vollzug auf den Begriff. Die Montage-Idee, in der das Geschlecht zur Münze wird, enthält die eigentliche Obszönität dieser Verbindung: Der Zugriff des Mannes sublimiert sich noch in der Bewegung, verlässt das Terrain der gefährlichen Sexualität und wird Verhandlungssache.

Wie eingestanzt trägt der Film an dieser Stelle das Prinzip von Staudtes Regie, die man mit Fug als feindselig gegenüber dem deutschen Mann verstehen könnte, sofern er nicht Proletarier ist. Staudte verstärkt die karikierenden Züge, besonders bei der Reise nach Rom, die Hessling mit seiner Frau unternimmt, um dort dem Kaiser zu huldigen. Ganz auf den Herrscher fixiert, überlässt Hessling die Gemahlin den lokalen Wegelagerern und ernennt sich unbedankt zum Leibgendarmen seiner Hoheit. Als solcher hoppelt er hinter der Kutsche her und erweist seine Reverenz einer Schießbudenfigur, die nur durch ihre Insignien präsent ist.

Es war Heinrich Manns Verallgemeinerung, die darauf zielte, das Denkmal - diese Geste der Verhärtung einer Gesinnung - dann just an den Elementen zuschanden gehen zu lassen. Aber erst in Wolfgang Staudtes Film, der zu stark unter dem Eindruck der Zeitgeschichte steht, um die symbolische Apokalypse des Buchs nicht doch wieder auf die Ebenen der Politik der Trümmerjahre zu holen, kommt der Weg des Untertans an seinen vorläufigen Schlusspunkt.

BERT REBHANDL

Heute Abend, 20 Uhr, Urania-Filmbühne, An der Urania 17, Schöneberg.

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