Herbst 1977:
Deutschland ist überschattet von den Auseinandersetzungen um die terroristischen Aktionen der RAF: Der Arbeitgeberpräsident Hans-Martin Schleyer wird entführt und ermordet, die RAF versucht einen Lufthansa-Jet nach Mogadischu zu entführen und im Hochsicherheitstrakt in Stammheim sterben die RAF-Häftlinge Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Andreas Baader, deren Begräbnis unter massivem Polizeieinsatz stattfindet.
Diese angespannte politische Situation in Deutschland war Anlass für elf namhafte Filmemacher, Position zu beziehen und der Nation einen Spiegel vorzuhalten. In unzusammenhängenden Episoden beschreiben sie ihre ganz persönliche Sicht der Ereignisse. Ein Film mit Bildern, die niemals im Fernsehen liefen und von denen die Zeitungen nicht Bericht erstatteten.
Deutschland ist überschattet von den Auseinandersetzungen um die terroristischen Aktionen der RAF: Der Arbeitgeberpräsident Hans-Martin Schleyer wird entführt und ermordet, die RAF versucht einen Lufthansa-Jet nach Mogadischu zu entführen und im Hochsicherheitstrakt in Stammheim sterben die RAF-Häftlinge Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Andreas Baader, deren Begräbnis unter massivem Polizeieinsatz stattfindet.
Diese angespannte politische Situation in Deutschland war Anlass für elf namhafte Filmemacher, Position zu beziehen und der Nation einen Spiegel vorzuhalten. In unzusammenhängenden Episoden beschreiben sie ihre ganz persönliche Sicht der Ereignisse. Ein Film mit Bildern, die niemals im Fernsehen liefen und von denen die Zeitungen nicht Bericht erstatteten.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Interviews - Zeittafel - Presseheft 1978Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2005Tiefgang ins Intimste
Rainer Werner Fassbinder u.a.: "Deutschland im Herbst".
Arthaus. Nur Deutsch. Extras: Interviews mit Volker Schlöndorff und Juliane Lorenz, Zeittafel Presseheft, Trailer, 119 Minuten
Natürlich ist das eine Hommage an Gregg Toland, den Kameramann von "Citizen Kane", wenn Michael Ballhaus in der Fassbinder-Episode von "Deutschland im Herbst" ein Bild komponiert, in dem vorne ein paar leere Cola-Flaschen auf dem Tisch stehen, und hinten, ganz weit hinten in der Tiefe der Münchner Altbauwohnung agieren Fassbinder und sein Mitbewohner Armin Meier und streiten über die Bedeutung der Selbstmorde von Stammheim. Perfektere Tiefenschärfe, virtuosere Kadrierung ist kaum denkbar - der ganze Fassbinder-Teil des Episodenwerks, mit dem die Protagonisten des Neuen Deutschen Films auf den Terrorismus des Jahres 1977 reagierten, ist ein Exerzitium in Sachen Kameraführung. Man muß ihn nur stummstellen, das atemberaubende Gespräch Fassbinders mit seiner Mutter unterdrücken, die heftigen Ausbrüche gegenüber Meier ausblenden, dann bleiben fünfundzwanzig Minuten bildästhetisches Lehrstück, für das alle Ideen von Gegenöffentlichkeit, mit der die insgesamt elf beteiligten Regisseure an dieses Projekt gegangen sind, keine Rolle mehr spielen.
Im halbstündigen Interview mit Volker Schlöndorff, das sich unter dem nicht gerade überwältigenden Bonusmaterial findet, erzählt der Regisseur, wie er in Stuttgart erst während des Staatsaktes für Hanns Martin Schleyer ins Werk von Daimler-Benz ging, um zu filmen, und zwei Tage später auf die Beerdigung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe: "mit richtigen gestandenen Kameraleuten und Fünfunddreißig-Millimeter-Kamera". Das war am 25. und 27. Oktober 1977, dem Abschluß jener sieben Wochen seit der Schleyer-Entführung, die nun als "Deutscher Herbst" bekannt sind, wozu die Heinrich-Heine-Paraphrase, die dem Gemeinschaftsfilm ihren Namen gegeben hat, einiges beitrug. Als Schlöndorff in Stuttgart drehte, steckte Fassbinder schon mitten in seinem eigenen Beitrag, und man darf dieses Kammerspiel als Antithese zum öffentlichen Schauspiel von Staats- und Terroristenbegräbnis verstehen: wutentbrannt und verzweifelt, aber immer im Caravaggio-Licht, das Ballhaus ihm beschert hat, so daß der nackte Regisseur wie ein Engel aus seinen Laken steigt.
Juliane Lorenz, mit Fassbinder für den Schnitt seines Beitrags zuständig, erinnert sich in ihrem Kürzestinterview, daß der Regisseur in letzter Sekunde Angst bekommen habe. Alexander Kluge mußte ihn überreden, seine Episode beizusteuern. Es muß die Angst gewesen sein, die einen bisweilen vor reiner Schönheit erfaßt.
apl
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rainer Werner Fassbinder u.a.: "Deutschland im Herbst".
Arthaus. Nur Deutsch. Extras: Interviews mit Volker Schlöndorff und Juliane Lorenz, Zeittafel Presseheft, Trailer, 119 Minuten
Natürlich ist das eine Hommage an Gregg Toland, den Kameramann von "Citizen Kane", wenn Michael Ballhaus in der Fassbinder-Episode von "Deutschland im Herbst" ein Bild komponiert, in dem vorne ein paar leere Cola-Flaschen auf dem Tisch stehen, und hinten, ganz weit hinten in der Tiefe der Münchner Altbauwohnung agieren Fassbinder und sein Mitbewohner Armin Meier und streiten über die Bedeutung der Selbstmorde von Stammheim. Perfektere Tiefenschärfe, virtuosere Kadrierung ist kaum denkbar - der ganze Fassbinder-Teil des Episodenwerks, mit dem die Protagonisten des Neuen Deutschen Films auf den Terrorismus des Jahres 1977 reagierten, ist ein Exerzitium in Sachen Kameraführung. Man muß ihn nur stummstellen, das atemberaubende Gespräch Fassbinders mit seiner Mutter unterdrücken, die heftigen Ausbrüche gegenüber Meier ausblenden, dann bleiben fünfundzwanzig Minuten bildästhetisches Lehrstück, für das alle Ideen von Gegenöffentlichkeit, mit der die insgesamt elf beteiligten Regisseure an dieses Projekt gegangen sind, keine Rolle mehr spielen.
Im halbstündigen Interview mit Volker Schlöndorff, das sich unter dem nicht gerade überwältigenden Bonusmaterial findet, erzählt der Regisseur, wie er in Stuttgart erst während des Staatsaktes für Hanns Martin Schleyer ins Werk von Daimler-Benz ging, um zu filmen, und zwei Tage später auf die Beerdigung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe: "mit richtigen gestandenen Kameraleuten und Fünfunddreißig-Millimeter-Kamera". Das war am 25. und 27. Oktober 1977, dem Abschluß jener sieben Wochen seit der Schleyer-Entführung, die nun als "Deutscher Herbst" bekannt sind, wozu die Heinrich-Heine-Paraphrase, die dem Gemeinschaftsfilm ihren Namen gegeben hat, einiges beitrug. Als Schlöndorff in Stuttgart drehte, steckte Fassbinder schon mitten in seinem eigenen Beitrag, und man darf dieses Kammerspiel als Antithese zum öffentlichen Schauspiel von Staats- und Terroristenbegräbnis verstehen: wutentbrannt und verzweifelt, aber immer im Caravaggio-Licht, das Ballhaus ihm beschert hat, so daß der nackte Regisseur wie ein Engel aus seinen Laken steigt.
Juliane Lorenz, mit Fassbinder für den Schnitt seines Beitrags zuständig, erinnert sich in ihrem Kürzestinterview, daß der Regisseur in letzter Sekunde Angst bekommen habe. Alexander Kluge mußte ihn überreden, seine Episode beizusteuern. Es muß die Angst gewesen sein, die einen bisweilen vor reiner Schönheit erfaßt.
apl
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