Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.1999Heiraten ist immer ein Risiko
"Die Braut, die sich nicht traut": Julia Roberts und Richard Gere zum zweiten Mal als Traumpaar
In einem Julia-Roberts-Film geht es im Allgemeinen nicht, wie auf den ersten Blick zu vermuten, um romantische Liebe. Es geht um juristisch Handfesteres, ums Heiraten. In "Der Feind in meinem Bett" zeigte sich die Ehe noch als fataler Fehler, in "Die Hochzeit meines besten Freundes" war Julia Roberts zwar selbst nicht die Glückliche, dafür aber Cameron Diaz, und das Fest nahm breiten Raum im Film ein. In "Notting Hill" wurden hinter das Hochzeits-Happy-End noch rührende Bilder von unglamouröser Zweisamkeit auf der Parkbank geheftet und Julia Roberts schwelgte als Hochschwangere in Träumen vom Familienidyll.
Auch diesmal gibt sich die Heldin nicht, wie in alten Kino-Zeiten, mit einem Kuss am Schluss zufrieden und überlässt den Rest der Phantasie des Zuschauers. "Die Braut, die sich nicht traut" zerrt ihre Verehrer scharenweise vor den Traualtar - um im entscheidenden Moment, wie der Titel schon sagt, zu kneifen. Jeder ihrer verfehlten Anläufe ist auf Videoband dokumentiert, aufbewahrt im elterlichen Wohnzimmerschrank und abgespielt bei besonderen Anlässen. Julia Roberts ist so Gelegenheit gegeben, sich in verschiedenen Hochzeitskleidern zu präsentieren und in verschiedenen Ausgaben der Vorstellung von der perfekten Braut. Einmal legt sie sogar so etwas wie eine Lady-Di-Parodie hin. Das gehört zu den besseren Momenten dieses Films, der die wieder in Mode gekommene Ehewilligkeit spiegelt, leicht humoristisch illustriert - und es dabei bewenden lässt. Die eigentlich nahe liegende Frage, warum sich niemand damit begnügen kann, unverheiratet mit der weiblichen Hauptfigur zusammen zu leben, wird erst gar nicht gestellt.
Der Film "Runaway Bride" wagt es nicht, den Trauschein-Trend, der schon einem neubelebten Zwang gleicht, ins Aberwitzige und damit ins komödiantisch Wirkungsvolle zu schrauben: Dass eine solche Absicht wenigstens vorhanden war, belegen eben jene von den Eltern der unschlüssigen Braut gehorteten Videoaufnahmen. Hintereinander abgespult, wirken die Heiratsversuche wie eine serielle Tätigkeit, leicht übergeschnappt und amüsant: Heiraten als Hobby: oder doch als schicke, unbedingt wieder gesellschaftsfähige Sache. Die Parodie aber wird zu Gunsten der Verbeugung vor dem Zeitgeist schnell beiseite geschoben. Er holt die verhinderte Braut auf der Flucht vor den Konventionen wieder ein. Die Narretei hat ein Ende, als ein neues Objekt der Begierde auftaucht, offenbar attraktiver als der Rest der gefoppten Bräutigame. Hier aber wird nicht nur der Kitsch, sondern auch das damit verbundene Markt-Kalkül offenkundiger als erträglich. Denn Richard Gere ist es, der als Traumprinz im schnellen Sportwagen gegen die fliehende Braut antritt: Schon seit Garry Marshalls "Pretty Woman" ist er darin geübt, Julia Roberts zum Segen der Kinokasse auf den Pfad der Ehetugend zu führen.
Zwar ist "Die Braut, die sich nicht traut" nicht "Pretty Woman" Teil zwei, doch eng mit ihr verwandt. Richard Gere als Journalist Ike Graham gibt aufs neue den leicht lebenserschöpften Liebhaber, der die Roberts-Figur mit mehr nachsichtiger Rührung als Begehrlichkeit betrachtet. Er ist wie gehabt der Mann von Welt; die Maggie Carpenter von Julia Roberts wie gehabt das leicht flippige Mädchen, dieses Mal nicht von der Straße, sondern vom Lande: ihm also weder sozial noch materiell ebenbürtig, eine zauberhaft lächelnde Aschenputtel-Variante, die auf Erlösung wartet.
Dabei bemüht sich Garry Marshall durchaus, seine Figuren zu differenzieren: allerdings nur im Detail, nicht strukturell. Er schenkt ihnen ein paar Problem-Dialoge, in denen sie ihre Schwächen und Verletzlichkeiten preisgeben, und lässt ihnen ein paar Traurigkeiten auf den Leib schreiben (Buch: Josann McGibbon, Sara Parriott), die sie von mythischer Stargröße auf alltägliches Format schrumpfen lassen, das zur Identifikation einladen soll. Sie dürfen bei diesen Gelegenheiten auch als gleichwertiger Gesprächspartner auftreten, die einander durchschauen und entzaubern. Doch der Sturz der Hauptfiguren vom Podest der Überlebensgröße, die sie in "Pretty Woman" in gewisser Weise noch innehatten, nutzt dem Film wenig. Zwar operierte "Pretty Woman" mit üppigen Klischees, gab aber auch nicht vor, mehr als ein leicht konsumierbares Märchen sein zu wollen. "Runaway Bride" ist merkbar ehrgeiziger, kann sich aber dann doch zwischen Märchen und einigermaßen realistisch erzählter Geschichte nicht entscheiden.
MARION LÖHNDORF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Die Braut, die sich nicht traut": Julia Roberts und Richard Gere zum zweiten Mal als Traumpaar
In einem Julia-Roberts-Film geht es im Allgemeinen nicht, wie auf den ersten Blick zu vermuten, um romantische Liebe. Es geht um juristisch Handfesteres, ums Heiraten. In "Der Feind in meinem Bett" zeigte sich die Ehe noch als fataler Fehler, in "Die Hochzeit meines besten Freundes" war Julia Roberts zwar selbst nicht die Glückliche, dafür aber Cameron Diaz, und das Fest nahm breiten Raum im Film ein. In "Notting Hill" wurden hinter das Hochzeits-Happy-End noch rührende Bilder von unglamouröser Zweisamkeit auf der Parkbank geheftet und Julia Roberts schwelgte als Hochschwangere in Träumen vom Familienidyll.
Auch diesmal gibt sich die Heldin nicht, wie in alten Kino-Zeiten, mit einem Kuss am Schluss zufrieden und überlässt den Rest der Phantasie des Zuschauers. "Die Braut, die sich nicht traut" zerrt ihre Verehrer scharenweise vor den Traualtar - um im entscheidenden Moment, wie der Titel schon sagt, zu kneifen. Jeder ihrer verfehlten Anläufe ist auf Videoband dokumentiert, aufbewahrt im elterlichen Wohnzimmerschrank und abgespielt bei besonderen Anlässen. Julia Roberts ist so Gelegenheit gegeben, sich in verschiedenen Hochzeitskleidern zu präsentieren und in verschiedenen Ausgaben der Vorstellung von der perfekten Braut. Einmal legt sie sogar so etwas wie eine Lady-Di-Parodie hin. Das gehört zu den besseren Momenten dieses Films, der die wieder in Mode gekommene Ehewilligkeit spiegelt, leicht humoristisch illustriert - und es dabei bewenden lässt. Die eigentlich nahe liegende Frage, warum sich niemand damit begnügen kann, unverheiratet mit der weiblichen Hauptfigur zusammen zu leben, wird erst gar nicht gestellt.
Der Film "Runaway Bride" wagt es nicht, den Trauschein-Trend, der schon einem neubelebten Zwang gleicht, ins Aberwitzige und damit ins komödiantisch Wirkungsvolle zu schrauben: Dass eine solche Absicht wenigstens vorhanden war, belegen eben jene von den Eltern der unschlüssigen Braut gehorteten Videoaufnahmen. Hintereinander abgespult, wirken die Heiratsversuche wie eine serielle Tätigkeit, leicht übergeschnappt und amüsant: Heiraten als Hobby: oder doch als schicke, unbedingt wieder gesellschaftsfähige Sache. Die Parodie aber wird zu Gunsten der Verbeugung vor dem Zeitgeist schnell beiseite geschoben. Er holt die verhinderte Braut auf der Flucht vor den Konventionen wieder ein. Die Narretei hat ein Ende, als ein neues Objekt der Begierde auftaucht, offenbar attraktiver als der Rest der gefoppten Bräutigame. Hier aber wird nicht nur der Kitsch, sondern auch das damit verbundene Markt-Kalkül offenkundiger als erträglich. Denn Richard Gere ist es, der als Traumprinz im schnellen Sportwagen gegen die fliehende Braut antritt: Schon seit Garry Marshalls "Pretty Woman" ist er darin geübt, Julia Roberts zum Segen der Kinokasse auf den Pfad der Ehetugend zu führen.
Zwar ist "Die Braut, die sich nicht traut" nicht "Pretty Woman" Teil zwei, doch eng mit ihr verwandt. Richard Gere als Journalist Ike Graham gibt aufs neue den leicht lebenserschöpften Liebhaber, der die Roberts-Figur mit mehr nachsichtiger Rührung als Begehrlichkeit betrachtet. Er ist wie gehabt der Mann von Welt; die Maggie Carpenter von Julia Roberts wie gehabt das leicht flippige Mädchen, dieses Mal nicht von der Straße, sondern vom Lande: ihm also weder sozial noch materiell ebenbürtig, eine zauberhaft lächelnde Aschenputtel-Variante, die auf Erlösung wartet.
Dabei bemüht sich Garry Marshall durchaus, seine Figuren zu differenzieren: allerdings nur im Detail, nicht strukturell. Er schenkt ihnen ein paar Problem-Dialoge, in denen sie ihre Schwächen und Verletzlichkeiten preisgeben, und lässt ihnen ein paar Traurigkeiten auf den Leib schreiben (Buch: Josann McGibbon, Sara Parriott), die sie von mythischer Stargröße auf alltägliches Format schrumpfen lassen, das zur Identifikation einladen soll. Sie dürfen bei diesen Gelegenheiten auch als gleichwertiger Gesprächspartner auftreten, die einander durchschauen und entzaubern. Doch der Sturz der Hauptfiguren vom Podest der Überlebensgröße, die sie in "Pretty Woman" in gewisser Weise noch innehatten, nutzt dem Film wenig. Zwar operierte "Pretty Woman" mit üppigen Klischees, gab aber auch nicht vor, mehr als ein leicht konsumierbares Märchen sein zu wollen. "Runaway Bride" ist merkbar ehrgeiziger, kann sich aber dann doch zwischen Märchen und einigermaßen realistisch erzählter Geschichte nicht entscheiden.
MARION LÖHNDORF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main