Einer seiner ersten Filme in den USA und der »Lieblings-Lubitsch« von Hitchcock, Chaplin und Kurosawa. Mary Pickford holte Lubitsch nach seinem internationalen Erfolg mit MADAME DUBARRY von Berlin nach Hollywood. Mit DIE EHE IM KREISE schuf er dort ein Beispiel für ein neues Genre, das die Amerikaner »Sex Comedy« nannten, und Lubitsch sollte nie wieder in Europa arbeiten. Verwechslungen, Täuschungen, Rollentausch, überraschende Wendungen: In dieser »Sex Comedy« finden sich alle Zutaten des Vaudeville, bemerkenswert interpretiert von den großen Stars der Epoche in einer umwerfenden Inszenierung. Das ist der Stil, den drei Generationen von Kinoliebhabern den »Lubitsch-Touch« nennen.
Bonusmaterial
- Animationsfilm: Alice's Ballon Race (Das Ballon-Wettrennen) von Walt Disney (1925) - Filmhistorische Kommentierung von Patrick Brion und Bernard Eisenschitz, Filmhistoriker - Berichte: 1. Lubitsch; 2. Die Schauspieler; 3. Der "Lubitsch"-Touch; 4. Ein Missverständnis; 5. Manipulation der Zuschauer - Gespräch zur Restaurierung des Films mit Claudine Kaufmann, der Leiterin der Cinematheque francaiseFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2006Der andere Reigen
Zwei Ehepaare durcheinander, gemischt von Ernst Lubitsch
Ernst Lubitsch: "Die Ehe im Kreise".
Absolut Medien/Arte Edition. 92 Minuten mit 45 Minuten Extras, darunter Gespräche mit Filmhistorikern und ein Animationsfilm von Walt Disney.
Wer wissen möchte, was es mit dem nach ihm benannten touch auf sich hat, ist bei Ernst Lubitschs "Die Ehe im Kreise", seinem zweiten in Hollywood entstandenen Werk, besonders gut aufgehoben. Der Film von 1924 liegt jetzt in einer wunderbar restaurierten Fassung in derselben Stummfilm-Edition vor, in der bisher außerdem "Die Abenteuer des Prinzen Achmed" (F.A.Z. vom 10. Januar), "Der Dieb von Bagdad" und "Cyrano de Bergerac" erschienen sind, ergänzt von filmhistorischen Erläuterungen und einem jazzigen Disney-Zeichentrickfilm.
"Die Ehe im Kreise" läuft rund wie auf einem gut geölten Lager. Nichts ist überflüssig in diesem Film, kein Requisit, das nicht irgendeine Bedeutung hätte, kein Hut, keine Blumenvase, keine Tischkarte. Um seine Sexkomödie, wie es damals hieß, als auf der Leinwand noch keine nackte Haut zu sehen war, mit zwei Ehepaaren, von denen das eine so glücklich ist wie das andere unglücklich, immer weiterzuspulen, braucht Lubitsch nicht mehr Raum als ein Schlafzimmer, ein Auto, eine Treppe, eine Arztpraxis, ein Stück Straße, eine Terrasse und einen Weg im Park. "Ein paar Tage und einige Nächte in Wien, der Stadt des Gelächters und der leichten Affären" ist das Ganze überschrieben, und ernster wird es nicht. Die beiden Paare bieten ein perfektes Doppel, das sich ineinander verheddert, weil die Frau aus der sehr unglücklichen Ehe unbedingt den sehr glücklichen Mann ihrer ebenso glücklichen Freundin verführen will. Der unglückliche Ehemann wittert seine Chance, die Gattin in flagranti zu ertappen und so endlich eine Scheidung durchzusetzen, während die glückliche Ehefrau ihre böse Freundin darüber ins Vertrauen zieht, daß ihr Mann offenbar einer außerhäusigen Romanze nachgeht. Sie ihrerseits wird vom Freund und Kollegen ihres Mannes - beide sind Ärzte für nervöse Leiden, deshalb sind wir in Wien - verehrt und einmal sogar geküßt, wenn auch unter Vorspiegelung einer anderen Konstellation. Alles wird einmal durcheinandergeschüttelt, und am Ende ist es, wie es am Anfang war. Nur dem Freund des Glücklichen, der unglücklich ist, winkt vielleicht ein neues Abenteuer. Glück sieht bei Lubitsch so aus: Das glückliche Ehepaar sitzt am Frühstückstisch. Wir sehen die Männerhand mit einem Eierlöffel, die an einem Ei herumklopft; daneben beschäftigt sich die Frauenhand mit dem Löffel in der Kakaotasse. Dann werden Ei und Kakao zur Seite geschoben, damit Platz ist für etwas, das wir nicht sehen - den Sex vermutlich, der dem Genre seinen Namen gab.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zwei Ehepaare durcheinander, gemischt von Ernst Lubitsch
Ernst Lubitsch: "Die Ehe im Kreise".
Absolut Medien/Arte Edition. 92 Minuten mit 45 Minuten Extras, darunter Gespräche mit Filmhistorikern und ein Animationsfilm von Walt Disney.
Wer wissen möchte, was es mit dem nach ihm benannten touch auf sich hat, ist bei Ernst Lubitschs "Die Ehe im Kreise", seinem zweiten in Hollywood entstandenen Werk, besonders gut aufgehoben. Der Film von 1924 liegt jetzt in einer wunderbar restaurierten Fassung in derselben Stummfilm-Edition vor, in der bisher außerdem "Die Abenteuer des Prinzen Achmed" (F.A.Z. vom 10. Januar), "Der Dieb von Bagdad" und "Cyrano de Bergerac" erschienen sind, ergänzt von filmhistorischen Erläuterungen und einem jazzigen Disney-Zeichentrickfilm.
"Die Ehe im Kreise" läuft rund wie auf einem gut geölten Lager. Nichts ist überflüssig in diesem Film, kein Requisit, das nicht irgendeine Bedeutung hätte, kein Hut, keine Blumenvase, keine Tischkarte. Um seine Sexkomödie, wie es damals hieß, als auf der Leinwand noch keine nackte Haut zu sehen war, mit zwei Ehepaaren, von denen das eine so glücklich ist wie das andere unglücklich, immer weiterzuspulen, braucht Lubitsch nicht mehr Raum als ein Schlafzimmer, ein Auto, eine Treppe, eine Arztpraxis, ein Stück Straße, eine Terrasse und einen Weg im Park. "Ein paar Tage und einige Nächte in Wien, der Stadt des Gelächters und der leichten Affären" ist das Ganze überschrieben, und ernster wird es nicht. Die beiden Paare bieten ein perfektes Doppel, das sich ineinander verheddert, weil die Frau aus der sehr unglücklichen Ehe unbedingt den sehr glücklichen Mann ihrer ebenso glücklichen Freundin verführen will. Der unglückliche Ehemann wittert seine Chance, die Gattin in flagranti zu ertappen und so endlich eine Scheidung durchzusetzen, während die glückliche Ehefrau ihre böse Freundin darüber ins Vertrauen zieht, daß ihr Mann offenbar einer außerhäusigen Romanze nachgeht. Sie ihrerseits wird vom Freund und Kollegen ihres Mannes - beide sind Ärzte für nervöse Leiden, deshalb sind wir in Wien - verehrt und einmal sogar geküßt, wenn auch unter Vorspiegelung einer anderen Konstellation. Alles wird einmal durcheinandergeschüttelt, und am Ende ist es, wie es am Anfang war. Nur dem Freund des Glücklichen, der unglücklich ist, winkt vielleicht ein neues Abenteuer. Glück sieht bei Lubitsch so aus: Das glückliche Ehepaar sitzt am Frühstückstisch. Wir sehen die Männerhand mit einem Eierlöffel, die an einem Ei herumklopft; daneben beschäftigt sich die Frauenhand mit dem Löffel in der Kakaotasse. Dann werden Ei und Kakao zur Seite geschoben, damit Platz ist für etwas, das wir nicht sehen - den Sex vermutlich, der dem Genre seinen Namen gab.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main