Seit 25.07.2002 erneut im Handel als DVD-9 im Amaray Case mit identischer EAN-Nummer.
Ein schwarzer Familienvater erschießt den weißen Vergewaltiger seiner kleinen Tochter. Ein ehrgeiziger junger Anwalt, unterstützt von einer zwar brillanten, aber vollkommen unerfahrenen Studentin, übernimmt seine Verteidigung - und will dabei nur eines erreichen: Gerechtigkeit !!
Doch zwischen Ku-Klux-Klan, brutalen Unruhen und Medien-Terror wird aus dem rassistischen Reizklima einer Südstaaten-Kleinstadt schnell ein unkontrollierbares Pulverfass...
Ein schwarzer Familienvater erschießt den weißen Vergewaltiger seiner kleinen Tochter. Ein ehrgeiziger junger Anwalt, unterstützt von einer zwar brillanten, aber vollkommen unerfahrenen Studentin, übernimmt seine Verteidigung - und will dabei nur eines erreichen: Gerechtigkeit !!
Doch zwischen Ku-Klux-Klan, brutalen Unruhen und Medien-Terror wird aus dem rassistischen Reizklima einer Südstaaten-Kleinstadt schnell ein unkontrollierbares Pulverfass...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - HintergrundinformationenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.11.1996Die Macht des Schicksals
Rechtsohnmacht: Joel Schumachers Film "Die Jury"
Der Film ist ein demokratisches Medium. Die Zuschauer kommen an einem öffentlichen Ort zusammen. Keiner kennt den anderen, die Hierarchien des Alltags gelten im Kinosaal nicht. Eine Geschichte aus dem Leben der Menschen wird ihnen präsentiert, die sie für zwei Stunden zu einer Gemeinschaft vereinigt. Die Zuschauer müssen entscheiden, ob das, was sie hören und sehen, glaubwürdig ist oder nicht. Wenn sie ins Freie treten, trennen sich ihre Wege wieder.
Der Gerichtsfilm ist ein klassisches Genre, weil das Medium sich in ihm selbst abbildet. Die Geschichte handelt davon, daß eine Geschichte erzählt wird. Eine Gemeinschaft steht vor der Wahrheitsfrage. Daß die stärkste Wirkung jene Filme haben, die die angelsächsische Prozeßordnung zugrunde legen, liegt nicht allein an der dramatischen Struktur des englischen Strafverfahrens mit dem Kampf von Anklage und Verteidigung. Es hat auch einen moralischen Grund. Die Wahrheitsfindung ist der demokratischen Zufallsgemeinschaft der Geschworenen übertragen. Sie vertreten das fiktive Volk und das reale Publikum.
"Die Jury", Joel Schumachers Verfilmung des ersten Romans von John Grisham, verspricht den Freunden des Genres das Glück des Wiedererkennens. Wer Gerichtsfilme mag, will nicht überrascht werden. Er erwartet die Restitution der bewährten Ordnung. Die Beteiligten sind vollzählig erschienen: der idealistische Verteidiger, der ehrgeizige Staatsanwalt und der korrupte Richter. Der Verteidiger hält ein sentimentales Plädoyer. Der Staatsanwalt inszeniert ein brutales Kreuzverhör. Der Richter droht mit der Räumung des Saals. Immer wieder reduziert der Dialog die Komplexität von Rede und Gegenrede auf den elementaren Widerstreit von Rechtsverlangen und Machtanspruch: "Einspruch, Euer Ehren." "Einspruch abgelehnt." Jedes Detail stimmt: der Ventilator, der Hammer, die Bibel. Aber das Ganze ist gelogen: Der Prozeß ist eine Farce.
Nur in der deutschen Fassung ist die Jury der kollektive Titelheld. Das Drehbuch traut den Geschworenen nicht zu, daß sie sich von der Vernunft bestimmen lassen. Nicht mit den Vertretern des Volkes soll sich der Zuschauer identifizieren, sondern mit dem Anwalt, der das Recht manipuliert, um das moralisch gewünschte Ergebnis zu erzielen. Ein Schwarzer hat zwei Weiße erschossen, die seine kleine Tochter vergewaltigt und beinahe ermordet hatten. In der Halle des Gerichtsgebäudes hat der Vater die beiden Täter hingerichtet. Er nahm das Recht in die Hand, weil er nicht glaubte, daß eine weiße Jury in Mississippi ein gerechtes Urteil sprechen würde. Sein Verteidiger hat es mit einem unmöglichen Fall zu tun. Die Tat geschah vor Zeugen und sollte vor Zeugen geschehen. Der Täter leugnet die Tat nicht. Nur dann kann Carl Lee Hailey freigesprochen werden, wenn ihm die Tat nicht vorgeworfen werden kann, weil er zur Tatzeit unzurechnungsfähig war, wahnsinnig im juristischen Sinne, wie der technische Begriff lautet. Aber Hailey hat die Tat geplant. Als juristisch wahnsinnig gilt, wer nicht weiß, was er tut. Hailey wußte es genau.
Grisham hat die Sache so konstruiert, daß der Verteidiger den Prozeß nicht gewinnen kann, wenn er sich an die Spielregeln hält. Seine einzige Chance liegt darin, die Jury zu überreden, Hailey wider besseres Wissen für unzurechnungsfähig zu erklären. Die Geschworenen sollen sich von der Überzeugung leiten lassen, daß ein Vater, der die Männer tötet, die seine Tochter gequält haben, das einzig Richtige tut. Diese Prämisse macht sich der Film propagandistisch zu eigen. Man kann die Meinung vertreten, daß es für Selbstjustiz Entschuldigungen oder sogar Gründe gibt. Diese Gründe bringt der Film aber gar nicht vor. Er verzichtet auf ein Plädoyer, weil er voraussetzt, daß jeder gute Mensch dem rächenden Vater applaudieren muß. Der Gerichtsfilm ist hier nur Hülle, nicht Form. Die Chance, die Argumente beider Seiten darzulegen, wird höhnisch verworfen.
John Grishams Bücher über das Recht laden den Leser ein, an der Verachtung des Autors für seinen Gegenstand teilzuhaben. Dem Leser wird eine Innenansicht des juristischen Systems versprochen, die einer verbreiteten Außenansicht entspricht: Alles ist Lug und Trug. Den Roman, auf dem "Die Jury" basiert, hat Grisham geschrieben, als er selbst noch als Anwalt praktizierte. Man lernt bei der Lektüre, daß die zynische Theorie des Rechts ein Produkt der Praxis ist. Wer vor Gericht gewinnen will, muß sich taktisch verhalten. Er kann es sich bei der Auswahl der Geschworenen nicht leisten, den Erfahrungswert zu ignorieren, daß Weiße Weiße milder beurteilen. Für diese Inspektion der technischen Seiten der Rechtsfindung nimmt sich der Film kaum Zeit. Leugnet schon das Buch, daß seine Geschichte ein moralisches Dilemma illustriert, so bringt der Film auch das rechtliche Problem zum Verschwinden.
Solchen Einwänden gegen die Verfilmungen von Grishams Büchern wird manchmal entgegnet, sie sollten doch bloß spannende Unterhaltung liefern. Der Gerichtsfilm zieht seine Spannung aber gerade daraus, daß er selbst sich den komplizierten Regeln unterwirft, die für die Parteien gelten. Er schmeichelt unserer Vernunft, weil wir Argumente mit einemmal aufregender finden als Schießereien.
Schumacher kann Spannung nur erzeugen, indem er auf billigste Weise unsere Emotionen reizt. Eine Serie von Attentaten des Ku-Klux-Klans wird wichtiger als alles, was im Gerichtssaal passiert. Genießen kann man den Film als Melodrama, in dem der Strom der Leidenschaft alle Dämme der Vernunft überflutet. Die Figuren der Juristen verkörpern verschiedene Formen einer Klugheit, die von der Macht der Gefühle gedemütigt wird: die Cleverneß (Oliver Platt), die Wissenschaft (Sandra Bullock), die Weisheit (Donald Sutherland). Besonders gerne sieht man Kevin Spacey zu, dem Staatsanwalt, dem die Dinge entgleiten, weil er sie unter Kontrolle zu haben glaubt. Der Hauptdarsteller, Matthew McConaughey, der als neuer Paul Newman gefeiert wird, wirkt überfordert. Aber auch Jake Brigance, den er spielt, ist überfordert von einem Geschehen, auf das ihn die Gesetzbücher nicht vorbereitet haben.
Der Film zelebriert die Macht des Schicksals. Blut kann nur durch Blut gesühnt werden. "A Time to Kill" heißt der Originaltitel. Er ist schrecklich wörtlich gemeint. John Grisham, der als Produzent des Films firmiert, hat kürzlich eine Kampagne gegen Oliver Stone angezettelt, dem er die Verantwortung dafür zuschreibt, daß verwirrte Jugendliche die "Natural Born Killers" imitieren. Wird Grisham vor Gericht erscheinen, wenn der nächste Vater Selbstjustiz übt? Als er "Eine Zeit zum Töten" schrieb, wußte er wohl nicht, was er tat. PATRICK BAHNERS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rechtsohnmacht: Joel Schumachers Film "Die Jury"
Der Film ist ein demokratisches Medium. Die Zuschauer kommen an einem öffentlichen Ort zusammen. Keiner kennt den anderen, die Hierarchien des Alltags gelten im Kinosaal nicht. Eine Geschichte aus dem Leben der Menschen wird ihnen präsentiert, die sie für zwei Stunden zu einer Gemeinschaft vereinigt. Die Zuschauer müssen entscheiden, ob das, was sie hören und sehen, glaubwürdig ist oder nicht. Wenn sie ins Freie treten, trennen sich ihre Wege wieder.
Der Gerichtsfilm ist ein klassisches Genre, weil das Medium sich in ihm selbst abbildet. Die Geschichte handelt davon, daß eine Geschichte erzählt wird. Eine Gemeinschaft steht vor der Wahrheitsfrage. Daß die stärkste Wirkung jene Filme haben, die die angelsächsische Prozeßordnung zugrunde legen, liegt nicht allein an der dramatischen Struktur des englischen Strafverfahrens mit dem Kampf von Anklage und Verteidigung. Es hat auch einen moralischen Grund. Die Wahrheitsfindung ist der demokratischen Zufallsgemeinschaft der Geschworenen übertragen. Sie vertreten das fiktive Volk und das reale Publikum.
"Die Jury", Joel Schumachers Verfilmung des ersten Romans von John Grisham, verspricht den Freunden des Genres das Glück des Wiedererkennens. Wer Gerichtsfilme mag, will nicht überrascht werden. Er erwartet die Restitution der bewährten Ordnung. Die Beteiligten sind vollzählig erschienen: der idealistische Verteidiger, der ehrgeizige Staatsanwalt und der korrupte Richter. Der Verteidiger hält ein sentimentales Plädoyer. Der Staatsanwalt inszeniert ein brutales Kreuzverhör. Der Richter droht mit der Räumung des Saals. Immer wieder reduziert der Dialog die Komplexität von Rede und Gegenrede auf den elementaren Widerstreit von Rechtsverlangen und Machtanspruch: "Einspruch, Euer Ehren." "Einspruch abgelehnt." Jedes Detail stimmt: der Ventilator, der Hammer, die Bibel. Aber das Ganze ist gelogen: Der Prozeß ist eine Farce.
Nur in der deutschen Fassung ist die Jury der kollektive Titelheld. Das Drehbuch traut den Geschworenen nicht zu, daß sie sich von der Vernunft bestimmen lassen. Nicht mit den Vertretern des Volkes soll sich der Zuschauer identifizieren, sondern mit dem Anwalt, der das Recht manipuliert, um das moralisch gewünschte Ergebnis zu erzielen. Ein Schwarzer hat zwei Weiße erschossen, die seine kleine Tochter vergewaltigt und beinahe ermordet hatten. In der Halle des Gerichtsgebäudes hat der Vater die beiden Täter hingerichtet. Er nahm das Recht in die Hand, weil er nicht glaubte, daß eine weiße Jury in Mississippi ein gerechtes Urteil sprechen würde. Sein Verteidiger hat es mit einem unmöglichen Fall zu tun. Die Tat geschah vor Zeugen und sollte vor Zeugen geschehen. Der Täter leugnet die Tat nicht. Nur dann kann Carl Lee Hailey freigesprochen werden, wenn ihm die Tat nicht vorgeworfen werden kann, weil er zur Tatzeit unzurechnungsfähig war, wahnsinnig im juristischen Sinne, wie der technische Begriff lautet. Aber Hailey hat die Tat geplant. Als juristisch wahnsinnig gilt, wer nicht weiß, was er tut. Hailey wußte es genau.
Grisham hat die Sache so konstruiert, daß der Verteidiger den Prozeß nicht gewinnen kann, wenn er sich an die Spielregeln hält. Seine einzige Chance liegt darin, die Jury zu überreden, Hailey wider besseres Wissen für unzurechnungsfähig zu erklären. Die Geschworenen sollen sich von der Überzeugung leiten lassen, daß ein Vater, der die Männer tötet, die seine Tochter gequält haben, das einzig Richtige tut. Diese Prämisse macht sich der Film propagandistisch zu eigen. Man kann die Meinung vertreten, daß es für Selbstjustiz Entschuldigungen oder sogar Gründe gibt. Diese Gründe bringt der Film aber gar nicht vor. Er verzichtet auf ein Plädoyer, weil er voraussetzt, daß jeder gute Mensch dem rächenden Vater applaudieren muß. Der Gerichtsfilm ist hier nur Hülle, nicht Form. Die Chance, die Argumente beider Seiten darzulegen, wird höhnisch verworfen.
John Grishams Bücher über das Recht laden den Leser ein, an der Verachtung des Autors für seinen Gegenstand teilzuhaben. Dem Leser wird eine Innenansicht des juristischen Systems versprochen, die einer verbreiteten Außenansicht entspricht: Alles ist Lug und Trug. Den Roman, auf dem "Die Jury" basiert, hat Grisham geschrieben, als er selbst noch als Anwalt praktizierte. Man lernt bei der Lektüre, daß die zynische Theorie des Rechts ein Produkt der Praxis ist. Wer vor Gericht gewinnen will, muß sich taktisch verhalten. Er kann es sich bei der Auswahl der Geschworenen nicht leisten, den Erfahrungswert zu ignorieren, daß Weiße Weiße milder beurteilen. Für diese Inspektion der technischen Seiten der Rechtsfindung nimmt sich der Film kaum Zeit. Leugnet schon das Buch, daß seine Geschichte ein moralisches Dilemma illustriert, so bringt der Film auch das rechtliche Problem zum Verschwinden.
Solchen Einwänden gegen die Verfilmungen von Grishams Büchern wird manchmal entgegnet, sie sollten doch bloß spannende Unterhaltung liefern. Der Gerichtsfilm zieht seine Spannung aber gerade daraus, daß er selbst sich den komplizierten Regeln unterwirft, die für die Parteien gelten. Er schmeichelt unserer Vernunft, weil wir Argumente mit einemmal aufregender finden als Schießereien.
Schumacher kann Spannung nur erzeugen, indem er auf billigste Weise unsere Emotionen reizt. Eine Serie von Attentaten des Ku-Klux-Klans wird wichtiger als alles, was im Gerichtssaal passiert. Genießen kann man den Film als Melodrama, in dem der Strom der Leidenschaft alle Dämme der Vernunft überflutet. Die Figuren der Juristen verkörpern verschiedene Formen einer Klugheit, die von der Macht der Gefühle gedemütigt wird: die Cleverneß (Oliver Platt), die Wissenschaft (Sandra Bullock), die Weisheit (Donald Sutherland). Besonders gerne sieht man Kevin Spacey zu, dem Staatsanwalt, dem die Dinge entgleiten, weil er sie unter Kontrolle zu haben glaubt. Der Hauptdarsteller, Matthew McConaughey, der als neuer Paul Newman gefeiert wird, wirkt überfordert. Aber auch Jake Brigance, den er spielt, ist überfordert von einem Geschehen, auf das ihn die Gesetzbücher nicht vorbereitet haben.
Der Film zelebriert die Macht des Schicksals. Blut kann nur durch Blut gesühnt werden. "A Time to Kill" heißt der Originaltitel. Er ist schrecklich wörtlich gemeint. John Grisham, der als Produzent des Films firmiert, hat kürzlich eine Kampagne gegen Oliver Stone angezettelt, dem er die Verantwortung dafür zuschreibt, daß verwirrte Jugendliche die "Natural Born Killers" imitieren. Wird Grisham vor Gericht erscheinen, wenn der nächste Vater Selbstjustiz übt? Als er "Eine Zeit zum Töten" schrieb, wußte er wohl nicht, was er tat. PATRICK BAHNERS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main