Nach einer Befehlsverweigerung, in deren Folge acht Soldaten ums Leben kamen, wird General Eugen Irwin (Robert Redford) zu zehn Jahren Haft in einem Militärgefängnis verurteilt. Der Leiter der Anstalt, Colonel Winter, ist Anfangs noch voller Bewunderung für den hochdekorierten Kriegshelden: Irwin stellt das dar, was der Colonel, der noch nie an der Front gekämpft hat, gerne verkörpern würde. Doch schon bald gerät Irwins Vorsatz, einfach seine Strafe abzusitzen und sich ruhig zu verhalten, ins Wanken. Immer öfter bringt er seine Verachtung für die rigorosen und menschenverachtenden Strafmaßnahmen, die Winter zur Disziplinierung einsetzt, und die Verstöße gegen die Militärordnung zum Ausdruck. Als Irwin dann auch noch die übrigen Mithäftlinge mehr oder weniger offensichtlich zum Widerstand aufruft, verwandelt sich die einstige Bewunderung Winters in blanken Hass. Winter sieht seinen Machtanspruch und seinen erzwungenen Respekt schwinden, während Irwin durch sein charismatisches Auftreten immer mehr Inhaftierte um sich schart. Doch je drastischer die Strafmaßnahmen sind, die Winter befiehlt, desto mehr verliert er auch unter seinen eigenen Leuten an Ansehen. Als Irwin ihn auch noch offen zum Rücktritt auffordert, eskaliert die Situation. Es kommt zum finalen Showdown um Menschlichkeit und Ehre, der nicht ohne Opfer gewonnen werden kann...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - Audiokommentar von Rod Lurie - unveröffentlichte Szenen mit AudiokommentarFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2001Das blonde Prinzip Hoffnung
Platz ist selbst in der engsten Zelle: Rod Luries Film "Die letzte Festung" sucht die amerikanischen Werte im Gefängnis
"Montags gibt es falschen Hasen", sagt Colonel Winter, und es liegt dabei so viel Zärtlichkeit in der Stimme des Militärgefängnisdirektors, daß klar ist: er muß etwas gemein haben mit diesem Hasen. Winter steht in seinem holzgetäfelten Büro hoch über dem Gefängnishof, Bach-Klaviermusik aus der Stereoanlage hält auch seine Stimmung in sanften Höhen, in Glasvitrinen neben ihm ruhen Patronenhülsen von allen Schlachtfeldern, auf denen Amerika je gekämpft hat, und vor ihm steht der hochdekorierte General Irwin in Sträflingsanzug und Handschellen.
Irwin wurde verurteilt, weil er im Kriegseinsatz einen Befehl verweigerte, was einige seiner Männer das Leben kostete. Der Grund dieser Befehlsverweigerung bleibt dunkel, obwohl er im Falle des ehrenhaften Generals gewichtig gewesen sein muß. Die Unklarheit über sein Vergehen aber teilt Irwin mit allen Gefangenen dieser Festung, sie bleibt belanglos neben der Ungerechtigkeit, die sie jetzt durch ihre Bewacher erfahren.
Die Kultur des warm ausgeleuchteten Direktorenbüros inmitten der steinernen Festungsmauern, die die Kamera kurz zuvor noch wie eine mittelalterliche Trutzburg umkreiste, ist so sublim wie pervers. Denn Colonel Winter herrscht nach eigenem Recht. Er schikaniert die Sträflinge und läßt sie ohne Not mit Gummigeschossen beschießen. Solange, bis General Irwin das Recht in die Hand nimmt und mit den Häftlingen meutert.
Die Besetzung paßt. James Gandolfini ätzt die psychopathische Hohlheit des Museums-Soldaten Winter durch seine goldene Brillenfassung. Für die gedemütigte Hoheit des aufrechten Kriegers General Irwin reicht es, Robert Redford zu sein. Natürlich geht es in einem Gefängnisfilm, der "Die letzte Festung" heißt, um mehr als um einen Schreibtischoffizier, der einen Kriegshelden brechen will. Es geht um die Festung selbst, die ins Klaustrophobische verengte Parabel für Amerika, für Worte wie Recht und Ordnung und Ehre. Und gerade das ist in diesem Fall erstaunlich wenig, denn das Amerika des Regisseurs Rod Lurie ist eines, das eine Außenwelt nicht kennt.
Ebensowenig denkt er selbst über die Genregrenzen hinaus. Jede Einstellung folgt so geradlinig auf die andere, als habe Lurie sie nach einem Gefängnisfilm-Vorschriftsplan gedreht. Alles in dieser Festung ist das Gegenteil von dem, was es sein sollte, das ist seine berechenbare Doppelbödigkeit. Die Gerechtigkeit ist auf Seiten derjenigen, die nicht mit offenem Visier in den Krieg hinaus ziehen wie einst General Irwin, sondern bei denen, die wie der Colonel zu Hause bleiben und aus ihrem Herzen eine Mördergrube machen.
Winter steht hinter einer großen Glasscheibe in seinem Büro und schaut durchs Fernglas auf die chaotische Gefangenenmeute im Hof. Er setzt auf das Schlechte im Menschen, denn das sichert seine Ordnungsmacht, die Scharfschützen auf den Türmen bewachen. Irwin blickt mit Redfords blauen Augen vom Hof hinauf zum Büro. Er hat keine Waffen, weshalb seine Ordnung von innen her kommen muß: er appelliert an das Gute und macht sich selbst zu dessen Anwalt. Winters Ordnungsruf heißt "Auf den Boden legen", Irwins Salut ist ein Streichen über den Kopf. Auf das Gesetz der symmetrischen Spiegelung ist in diesen Bildern Verlaß, und immer spiegelt sich die amerikanische Flagge, ein Zaun und eine Waffe mit.
Colonel Winter in seinem Kriegsmuseum ist die Nachtseite, General Irwin mit Folternarben auf dem Rücken das blonde Prinzip Hoffnung. Und das gleich doppelt. Denn Irwin ist nicht nur ein Mann, nach dem man, wie Winter selbst zugibt, besser einen Militärstützpunkt benennen sollte, statt ihn ins Gefängnis zu sperren. Irwin ist auch Robert Redford, der in der Rolle des Gefängnisdirektors "Brubaker" 1980 schon einmal den Häftlingen den Glauben an die Moral zurückgeben wollte.
Um den Sträflingen Geschichte beizubringen, hat Winter befohlen, die Gefängnismauer aus dem 19. Jahrhundert wieder aufzubauen. Und so hauen sie die alten Steine lustlos aneinander. Irwin aber, der mit Adleraugen und mit dem Herzen sieht, findet auch in den Steinen noch eingeritztes Leben. Und das beeindruckt die Männer so, daß sie die Steine fortan in gerader Linie mörteln, sie jetzt als historische Zeugen verstehen und mit ihnen auch noch Ordnung in ihr eigenes Leben bauen. Daß sich daraus eine finale Gefängnisrevolte entfesselt, bei der dann alle Hauptdarsteller gegeneinender antreten, also Gut gegen Böse, Innen gegen Außen, Ordnung gegen Chaos, Geschichtslosigkeit gegen Geschichte, war zu erwarten. Die Steine der Häftlinge werden gegen die Gewehre der Wachen geschleudert. Am Ende strahlt die amerikanische Flagge dann über der Festung. Wem damit gedient ist, versteht man wohl nur in der Festung allein.
DORIS MEIERHENRICH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Platz ist selbst in der engsten Zelle: Rod Luries Film "Die letzte Festung" sucht die amerikanischen Werte im Gefängnis
"Montags gibt es falschen Hasen", sagt Colonel Winter, und es liegt dabei so viel Zärtlichkeit in der Stimme des Militärgefängnisdirektors, daß klar ist: er muß etwas gemein haben mit diesem Hasen. Winter steht in seinem holzgetäfelten Büro hoch über dem Gefängnishof, Bach-Klaviermusik aus der Stereoanlage hält auch seine Stimmung in sanften Höhen, in Glasvitrinen neben ihm ruhen Patronenhülsen von allen Schlachtfeldern, auf denen Amerika je gekämpft hat, und vor ihm steht der hochdekorierte General Irwin in Sträflingsanzug und Handschellen.
Irwin wurde verurteilt, weil er im Kriegseinsatz einen Befehl verweigerte, was einige seiner Männer das Leben kostete. Der Grund dieser Befehlsverweigerung bleibt dunkel, obwohl er im Falle des ehrenhaften Generals gewichtig gewesen sein muß. Die Unklarheit über sein Vergehen aber teilt Irwin mit allen Gefangenen dieser Festung, sie bleibt belanglos neben der Ungerechtigkeit, die sie jetzt durch ihre Bewacher erfahren.
Die Kultur des warm ausgeleuchteten Direktorenbüros inmitten der steinernen Festungsmauern, die die Kamera kurz zuvor noch wie eine mittelalterliche Trutzburg umkreiste, ist so sublim wie pervers. Denn Colonel Winter herrscht nach eigenem Recht. Er schikaniert die Sträflinge und läßt sie ohne Not mit Gummigeschossen beschießen. Solange, bis General Irwin das Recht in die Hand nimmt und mit den Häftlingen meutert.
Die Besetzung paßt. James Gandolfini ätzt die psychopathische Hohlheit des Museums-Soldaten Winter durch seine goldene Brillenfassung. Für die gedemütigte Hoheit des aufrechten Kriegers General Irwin reicht es, Robert Redford zu sein. Natürlich geht es in einem Gefängnisfilm, der "Die letzte Festung" heißt, um mehr als um einen Schreibtischoffizier, der einen Kriegshelden brechen will. Es geht um die Festung selbst, die ins Klaustrophobische verengte Parabel für Amerika, für Worte wie Recht und Ordnung und Ehre. Und gerade das ist in diesem Fall erstaunlich wenig, denn das Amerika des Regisseurs Rod Lurie ist eines, das eine Außenwelt nicht kennt.
Ebensowenig denkt er selbst über die Genregrenzen hinaus. Jede Einstellung folgt so geradlinig auf die andere, als habe Lurie sie nach einem Gefängnisfilm-Vorschriftsplan gedreht. Alles in dieser Festung ist das Gegenteil von dem, was es sein sollte, das ist seine berechenbare Doppelbödigkeit. Die Gerechtigkeit ist auf Seiten derjenigen, die nicht mit offenem Visier in den Krieg hinaus ziehen wie einst General Irwin, sondern bei denen, die wie der Colonel zu Hause bleiben und aus ihrem Herzen eine Mördergrube machen.
Winter steht hinter einer großen Glasscheibe in seinem Büro und schaut durchs Fernglas auf die chaotische Gefangenenmeute im Hof. Er setzt auf das Schlechte im Menschen, denn das sichert seine Ordnungsmacht, die Scharfschützen auf den Türmen bewachen. Irwin blickt mit Redfords blauen Augen vom Hof hinauf zum Büro. Er hat keine Waffen, weshalb seine Ordnung von innen her kommen muß: er appelliert an das Gute und macht sich selbst zu dessen Anwalt. Winters Ordnungsruf heißt "Auf den Boden legen", Irwins Salut ist ein Streichen über den Kopf. Auf das Gesetz der symmetrischen Spiegelung ist in diesen Bildern Verlaß, und immer spiegelt sich die amerikanische Flagge, ein Zaun und eine Waffe mit.
Colonel Winter in seinem Kriegsmuseum ist die Nachtseite, General Irwin mit Folternarben auf dem Rücken das blonde Prinzip Hoffnung. Und das gleich doppelt. Denn Irwin ist nicht nur ein Mann, nach dem man, wie Winter selbst zugibt, besser einen Militärstützpunkt benennen sollte, statt ihn ins Gefängnis zu sperren. Irwin ist auch Robert Redford, der in der Rolle des Gefängnisdirektors "Brubaker" 1980 schon einmal den Häftlingen den Glauben an die Moral zurückgeben wollte.
Um den Sträflingen Geschichte beizubringen, hat Winter befohlen, die Gefängnismauer aus dem 19. Jahrhundert wieder aufzubauen. Und so hauen sie die alten Steine lustlos aneinander. Irwin aber, der mit Adleraugen und mit dem Herzen sieht, findet auch in den Steinen noch eingeritztes Leben. Und das beeindruckt die Männer so, daß sie die Steine fortan in gerader Linie mörteln, sie jetzt als historische Zeugen verstehen und mit ihnen auch noch Ordnung in ihr eigenes Leben bauen. Daß sich daraus eine finale Gefängnisrevolte entfesselt, bei der dann alle Hauptdarsteller gegeneinender antreten, also Gut gegen Böse, Innen gegen Außen, Ordnung gegen Chaos, Geschichtslosigkeit gegen Geschichte, war zu erwarten. Die Steine der Häftlinge werden gegen die Gewehre der Wachen geschleudert. Am Ende strahlt die amerikanische Flagge dann über der Festung. Wem damit gedient ist, versteht man wohl nur in der Festung allein.
DORIS MEIERHENRICH
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