Quer durch Europa zieht sich auf einer Länge von 1200 Kilometern ein mächtiger Gebirgszug - die Alpen. Tausende Zinnen und Gipfel richten sich gegen den Himmel. In den Hochsgebirgsregionen herrscht großteils ein unwirtliches Klima . Trotzdem ist dieser rauhe Lebensraum in Wirklichkeit dicht besiedelt .Zwischen Karwendel und Großglockner ist der um die Jahrhundertwende fast ausgerottete Steinadler wieder öfters zu sehen. Der Film beschreibt mit beeindruckenden Wildaufnahmen ein Jahr im Leben des größten Raubvogels der Alpen. Neben einmaligen Landschaftsaufnahmen während aller vier Jahreszeiten werden aber auch andere selten sichtbare Bewohner der Berge gezeigt. Steinböcke, Gemsen, Hirsche, Murmeltiere, Uhus, Auerhahn und Birkhahn, sowie eine Hochzeit der Aalrotten unter dem Eis der Hochgebirgsseen unterstreichen die hohe Qualität dieses Naturfilmes, für den drei Jahre Drehzeit benötigt wurden.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - KontakteFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2012Im Reich der lebenden Toten
Neues aus Griechenland, dem kreativsten Ort des europäischen Films: "Alpen" von Yorgos Lanthimos
Im Kino sind Geisterwelten meist düster, und so, wie es um Griechenland steht, wäre düster ja nicht ganz verkehrt. Aber bei Yorgos Lanthimos ist die Welt der Geister klinisch steril, weiß, durchzogen von langen Korridoren mit vielen Türen, die sich selten öffnen, eine Welt, verflucht zur Tiefe des Raums, in der Gestalten wie Objekte sich verlieren. Sind es Tote? Ihre Schatten? Ihre Doppelgänger? Oder sind wir gar nicht im Geisterreich, sondern tatsächlich in einer Klinik, in der Menschen sterben, oder einer Turnhalle, in der eine traurige Bodenturnerin Arabesken übt? Ihr Gesicht erkennen wir aus einem anderen Film. Da war sie kein Geist und keine Turnerin, sondern ein junges Mädchen, das wusste, was ein Zungenkuss ist.
Ariane Labed ist eines der großartigen Gesichter des neuen griechischen Kinos, das sich 2009 international mit Yorgos Lanthimos und seinem Film "Kynodontas" (Dogtooth) bemerkbar machte. In den beiden wichtigsten aktuellen Filmen spielt Ariane Labed eine der Hauptrollen: in "Attenberg" von Athina Rachel Tsangari (für den sie nicht nur wegen des merkwürdigsten Zungenkusses der Filmgeschichte beim Filmfestival in Venedig als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde), der Mitte Mai in die deutschen Kinos kam, und "Alpen" von Yorgos Lanthimos, der am Donnerstag anläuft - und wenn alles mit rechten Dingen zuginge, spräche jetzt das Land von der erstaunlichen Kraft, dem selbstbewussten Eigensinn und der ästhetischen Chuzpe des Kinos einer darniederliegenden Nation. Aber so ist es nicht. "Attenberg" (F.A.Z. vom 10. Mai) läuft noch vereinzelt hier und dort, "Alpen" ist landesweit in etwa einem Dutzend Kinos gebucht. Mehr gibt der Markt offenbar nicht her.
Filmförderung gibt es in Griechenland nicht mehr, das Kino, das hier entsteht, finanziert sich aus privaten Mitteln und im Austausch der Regisseure, die jeweils auch als Produzenten arbeiten. Lanthimos spielte eine kleine Rolle in "Attenberg", und in der Produktionsfirma Haos Film, die "Attenberg" und "Alpen" produziert hat, arbeiten Athina Rachel Tsangari und Lanthimos mit anderen Filmschaffenden im Kollektiv zusammen.
Das Kino, das da entsteht, ist keines mit Botschaft, sondern ein Kino der Bilder, des Skurrilen, Unverbundenen, ein Kino, das seine Wahrheit im Absurden findet - "Attenberg" in einer Landschaft, aus der die Moderne sich zurückgezogen und nur ihre Ruinen hinterlassen hat, ohne dass etwas Neues nachgefolgt wäre, und in Menschen, die im Nachstellen tierischer Faxen zu sich selbst kommen; "Alpen" in einer bizarren, grausam autoritären sozialen Konstruktion, in der Lebende Verstorbene spielen, wobei nicht immer ganz klar ist, ob wir uns nicht gänzlich im Reich der Toten befinden.
Ein Rettungssanitäter, eine Krankenschwester, die Bodenturnerin und ihr Trainer - das ist die Gruppe, die sich Alpen nennt, um diese Dienstleistung den Hinterbliebenen zur Überwindung ihrer Trauer anzubieten. Manchmal nehmen sie ein Requisit, eine Mütze etwa, zu Hilfe, vor allem aber sagen sie Sätze auf, die der Tote gesagt hat. Es ist eine seltsame Form eiskalter Trauer, in die der Film diese Tätigkeit übersetzt, und zunehmend wird unklar, wer dieses Spiel mehr braucht - die Hinterbliebenen oder die Darsteller, die sich nach strengen Regeln (keine Beziehung zu den Trauernden aufbauen, keine Intimität, keine Improvisation) in ein Leben schleichen, das der Tod eigentlich beendet hat. Zunehmend bösartiger verhält sich Mont Blanc, der Rettungssanitäter und Kopf der Gruppe, der bei Sterbenden ihre Lieblingsschauspieler abfragt und ein Gespräch über Kaffeebecher zu einer totalitären Angelegenheit machen kann.
Als die Krankenschwester mit dem Codenamen Monte Rosa (das zweite große Gesicht des jungen griechischen Kinos: Aggeliki Papoulia) beginnt, die Regeln zu brechen, zerfällt die Geisterwelt. Ein Schlag mit der Keule, statische Bilder, ein verlorener Kampf um Gefühle im Rollenspiel: das ist böse, deprimierend, manchmal clownesk - und unbedingt zum Hinschauen.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Neues aus Griechenland, dem kreativsten Ort des europäischen Films: "Alpen" von Yorgos Lanthimos
Im Kino sind Geisterwelten meist düster, und so, wie es um Griechenland steht, wäre düster ja nicht ganz verkehrt. Aber bei Yorgos Lanthimos ist die Welt der Geister klinisch steril, weiß, durchzogen von langen Korridoren mit vielen Türen, die sich selten öffnen, eine Welt, verflucht zur Tiefe des Raums, in der Gestalten wie Objekte sich verlieren. Sind es Tote? Ihre Schatten? Ihre Doppelgänger? Oder sind wir gar nicht im Geisterreich, sondern tatsächlich in einer Klinik, in der Menschen sterben, oder einer Turnhalle, in der eine traurige Bodenturnerin Arabesken übt? Ihr Gesicht erkennen wir aus einem anderen Film. Da war sie kein Geist und keine Turnerin, sondern ein junges Mädchen, das wusste, was ein Zungenkuss ist.
Ariane Labed ist eines der großartigen Gesichter des neuen griechischen Kinos, das sich 2009 international mit Yorgos Lanthimos und seinem Film "Kynodontas" (Dogtooth) bemerkbar machte. In den beiden wichtigsten aktuellen Filmen spielt Ariane Labed eine der Hauptrollen: in "Attenberg" von Athina Rachel Tsangari (für den sie nicht nur wegen des merkwürdigsten Zungenkusses der Filmgeschichte beim Filmfestival in Venedig als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde), der Mitte Mai in die deutschen Kinos kam, und "Alpen" von Yorgos Lanthimos, der am Donnerstag anläuft - und wenn alles mit rechten Dingen zuginge, spräche jetzt das Land von der erstaunlichen Kraft, dem selbstbewussten Eigensinn und der ästhetischen Chuzpe des Kinos einer darniederliegenden Nation. Aber so ist es nicht. "Attenberg" (F.A.Z. vom 10. Mai) läuft noch vereinzelt hier und dort, "Alpen" ist landesweit in etwa einem Dutzend Kinos gebucht. Mehr gibt der Markt offenbar nicht her.
Filmförderung gibt es in Griechenland nicht mehr, das Kino, das hier entsteht, finanziert sich aus privaten Mitteln und im Austausch der Regisseure, die jeweils auch als Produzenten arbeiten. Lanthimos spielte eine kleine Rolle in "Attenberg", und in der Produktionsfirma Haos Film, die "Attenberg" und "Alpen" produziert hat, arbeiten Athina Rachel Tsangari und Lanthimos mit anderen Filmschaffenden im Kollektiv zusammen.
Das Kino, das da entsteht, ist keines mit Botschaft, sondern ein Kino der Bilder, des Skurrilen, Unverbundenen, ein Kino, das seine Wahrheit im Absurden findet - "Attenberg" in einer Landschaft, aus der die Moderne sich zurückgezogen und nur ihre Ruinen hinterlassen hat, ohne dass etwas Neues nachgefolgt wäre, und in Menschen, die im Nachstellen tierischer Faxen zu sich selbst kommen; "Alpen" in einer bizarren, grausam autoritären sozialen Konstruktion, in der Lebende Verstorbene spielen, wobei nicht immer ganz klar ist, ob wir uns nicht gänzlich im Reich der Toten befinden.
Ein Rettungssanitäter, eine Krankenschwester, die Bodenturnerin und ihr Trainer - das ist die Gruppe, die sich Alpen nennt, um diese Dienstleistung den Hinterbliebenen zur Überwindung ihrer Trauer anzubieten. Manchmal nehmen sie ein Requisit, eine Mütze etwa, zu Hilfe, vor allem aber sagen sie Sätze auf, die der Tote gesagt hat. Es ist eine seltsame Form eiskalter Trauer, in die der Film diese Tätigkeit übersetzt, und zunehmend wird unklar, wer dieses Spiel mehr braucht - die Hinterbliebenen oder die Darsteller, die sich nach strengen Regeln (keine Beziehung zu den Trauernden aufbauen, keine Intimität, keine Improvisation) in ein Leben schleichen, das der Tod eigentlich beendet hat. Zunehmend bösartiger verhält sich Mont Blanc, der Rettungssanitäter und Kopf der Gruppe, der bei Sterbenden ihre Lieblingsschauspieler abfragt und ein Gespräch über Kaffeebecher zu einer totalitären Angelegenheit machen kann.
Als die Krankenschwester mit dem Codenamen Monte Rosa (das zweite große Gesicht des jungen griechischen Kinos: Aggeliki Papoulia) beginnt, die Regeln zu brechen, zerfällt die Geisterwelt. Ein Schlag mit der Keule, statische Bilder, ein verlorener Kampf um Gefühle im Rollenspiel: das ist böse, deprimierend, manchmal clownesk - und unbedingt zum Hinschauen.
VERENA LUEKEN
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