Die Freundinnen Barbara und Katja entführen aus einer Laune heraus Harald Winter, Chef eines deutschen Telefonkonzerns. Die Forderung für seine Freilassung: Die sonnengelben Telefonzellen müssen wieder her! Nach zaghaften Fluchtversuchen beginnt Harald, sich in seiner neuen Gesellschaft immer wohler zu fühlen. Er findet Gefallen an dem unfreiwilligen Wochenendausflug mit Spiel, Tanz und Eierlikör, und besonders die reizende Barbara hat es ihm angetan. Als jedoch der skrupellose Sonderermittler Korn seine Arbeit aufnimmt, wird klar, dass es an der Zeit ist zu handeln...
Bonusmaterial
- Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Tour Eifel (Preisgekrönter Kurzfilm von Rainer Knepperges und Christian Mrasek)Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.2006Sie haben Harald
Bonjour Finesse: "Die Quereinsteigerinnen", ein großer kleiner Film
Über den Manager Harald Winter kann man nur das Beste sagen: Er sieht gut aus, ist tadellos frisiert, und das Glück ist ihm hold. Wer sollte etwas gegen ihn haben? In dem Film "Die Quereinsteigerinnen" erfährt man es: zwei enttäuschte Landpomeranzen ohne eigenen Telefonanschluß. Denn Winter ist der Chef eines großen deutschen Telekommunikationskonzerns, der seine gelben Telefonzellen durch unansehnliche Apparatesäulen ersetzt hat, wodurch die jungen Damen namens Katja und Barbara nun dem Wüten von Wind und Wetter hilflos ausgesetzt sind. Da trifft es sich gut, daß Winter offenbar den shareholder value fest im Blick hat und keine Betriebsausgaben für überflüssige Dienstwagen duldet. Wenn er selbst einen Termin hat, bestellt er einen Mietwagen. Eines Tages sitzt am Steuer Barbara.
Bald ist der Wagen bei Katjas abgelegenem Ferienhaus in Schleswig-Holstein angekommen, und Barbara versenkt den Autoschlüssel in einem Brunnen. Mit sanftem Druck hindern die beiden Entführerinnen sodann ihr Opfer daran, sich zu Fuß auf den Rückweg zu machen, fordern ihn mit ausgesuchter Höflichkeit zum Bleiben auf, und als Winter dennoch der fürsorglichen Bewirtung im Häuschen entkommen will, beschmutzt man kurzerhand seine Kleidung. Doch die Liebe Winters zum adretten Äußeren ist geringer als gedacht, und so braucht es auch noch ein Schlafmittel im Kaffee, um ihn endgültig zum Verweilen zu zwingen. Bald ergeht eine Forderung an den Konzern: Wenn man Winter wiederbekommen will, möge man die gelben Telefonzellen wieder aufstellen.
Man weiß nicht, was den Konzernchef mehr empört: die Entführung selbst oder deren Dilettantismus. Allerdings lassen die tadellosen Umgangsformen von Katja und Barbara keine Erregung zu, die über die Bemerkung "Egal, was Sie hier veranstalten, es ist nichts, was auf mich den Eindruck von Professionalität macht" hinausginge. Andererseits ist eine solche Beurteilung aus dem Munde eines Topmanagers natürlich ein geschäftliches Todesurteil. Doch die jungen Frauen sind einfach zu naiv, um das zu bemerken, und der aalglatte Winter beherrscht kein anderes Register der Boshaftigkeit. Selbst als das Opfer zur Nacht an eine Liege gefesselt und dabei wie Gulliver in Liliput mit Stricken kreuz und quer überzogen wird, erträgt es der Konzernchef mit stoischem Gemüt.
Man darf es eine formidable schauspielerische Leistung nennen, wie Rainer Knepperges, der zugleich auch Co-Regisseur des Films ist, diesen Winter spielt: ganz zurückgenommen, lakonisch, beinahe resigniert. Und seine Antagonistinnen verhalten sich fast genauso: Es gibt keine Spur von Triumph bei Katja und Barbara. Sie verhalten sich so, wie es ihren Vorstellungen von korrektem Umgang miteinander entspricht. Nina Proll, die zweifellos bekannteste Schauspielerin im kleinen Ensemble von "Die Quereinsteigerinnen", entwickelt sich als Barbara zur unfreiwilligen Verführerin, aber natürlich kommt es nie zum Sex, sondern Winter verfällt der märchenhaften Stimmung in dem Ferienhaus und läßt sich schließlich auf all die Seltsamkeiten ein, die seine Bewacherinnen lieben: Musik von Herb Alpert etwa oder folkloristische Kleidungsstücke. Am Ende, als die ganze Sache aufzufliegen droht und Barbara, Katja und ihr Helfer Stefan fliehen, schließt sich ihnen plötzlich Harald Winter an: "Es ist vielleicht besser, wenn ich mitkomme." Dieser Mann ist für die Wirtschaft verloren, aber für das Leben gewonnen.
Die Thematik von den "Quereinsteigerinnen" erinnert stark an Hans Weingartners "Die fetten Jahre sind vorbei". In einer sehr hübschen Szene werten die Entführer einmal die Zeitungsberichte über ihre Forderungen aus und stellen empört fest: "Im Feuilleton nennt man uns Imitatoren." Das können wir den beiden Regisseuren Christian Mrasek und Knepperges nicht vorwerfen. Sie haben das genaue Gegenteil von Weingartners Film gedreht: eine Komödie und einen Film ohne große Stars und große Botschaft. Daß man darin dennoch Akteure wie Claudia Basrawi als Katja oder den Regieveteranen Klaus Lemke, dem "Die Quereinsteigerinnen" ästhetisch einiges verdanken, in einer großartigen Gastrolle sehen kann, beweist, daß man mit Phantasie und persönlichen Kontakten - Mrasek und Knepperges sind das Herz des Kölner "Filmclubs 813" - im Kino allemal soviel erreichen kann wie mit hohem Budget. Witziger ist "Die Quereinsteigerinnen" sowieso.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bonjour Finesse: "Die Quereinsteigerinnen", ein großer kleiner Film
Über den Manager Harald Winter kann man nur das Beste sagen: Er sieht gut aus, ist tadellos frisiert, und das Glück ist ihm hold. Wer sollte etwas gegen ihn haben? In dem Film "Die Quereinsteigerinnen" erfährt man es: zwei enttäuschte Landpomeranzen ohne eigenen Telefonanschluß. Denn Winter ist der Chef eines großen deutschen Telekommunikationskonzerns, der seine gelben Telefonzellen durch unansehnliche Apparatesäulen ersetzt hat, wodurch die jungen Damen namens Katja und Barbara nun dem Wüten von Wind und Wetter hilflos ausgesetzt sind. Da trifft es sich gut, daß Winter offenbar den shareholder value fest im Blick hat und keine Betriebsausgaben für überflüssige Dienstwagen duldet. Wenn er selbst einen Termin hat, bestellt er einen Mietwagen. Eines Tages sitzt am Steuer Barbara.
Bald ist der Wagen bei Katjas abgelegenem Ferienhaus in Schleswig-Holstein angekommen, und Barbara versenkt den Autoschlüssel in einem Brunnen. Mit sanftem Druck hindern die beiden Entführerinnen sodann ihr Opfer daran, sich zu Fuß auf den Rückweg zu machen, fordern ihn mit ausgesuchter Höflichkeit zum Bleiben auf, und als Winter dennoch der fürsorglichen Bewirtung im Häuschen entkommen will, beschmutzt man kurzerhand seine Kleidung. Doch die Liebe Winters zum adretten Äußeren ist geringer als gedacht, und so braucht es auch noch ein Schlafmittel im Kaffee, um ihn endgültig zum Verweilen zu zwingen. Bald ergeht eine Forderung an den Konzern: Wenn man Winter wiederbekommen will, möge man die gelben Telefonzellen wieder aufstellen.
Man weiß nicht, was den Konzernchef mehr empört: die Entführung selbst oder deren Dilettantismus. Allerdings lassen die tadellosen Umgangsformen von Katja und Barbara keine Erregung zu, die über die Bemerkung "Egal, was Sie hier veranstalten, es ist nichts, was auf mich den Eindruck von Professionalität macht" hinausginge. Andererseits ist eine solche Beurteilung aus dem Munde eines Topmanagers natürlich ein geschäftliches Todesurteil. Doch die jungen Frauen sind einfach zu naiv, um das zu bemerken, und der aalglatte Winter beherrscht kein anderes Register der Boshaftigkeit. Selbst als das Opfer zur Nacht an eine Liege gefesselt und dabei wie Gulliver in Liliput mit Stricken kreuz und quer überzogen wird, erträgt es der Konzernchef mit stoischem Gemüt.
Man darf es eine formidable schauspielerische Leistung nennen, wie Rainer Knepperges, der zugleich auch Co-Regisseur des Films ist, diesen Winter spielt: ganz zurückgenommen, lakonisch, beinahe resigniert. Und seine Antagonistinnen verhalten sich fast genauso: Es gibt keine Spur von Triumph bei Katja und Barbara. Sie verhalten sich so, wie es ihren Vorstellungen von korrektem Umgang miteinander entspricht. Nina Proll, die zweifellos bekannteste Schauspielerin im kleinen Ensemble von "Die Quereinsteigerinnen", entwickelt sich als Barbara zur unfreiwilligen Verführerin, aber natürlich kommt es nie zum Sex, sondern Winter verfällt der märchenhaften Stimmung in dem Ferienhaus und läßt sich schließlich auf all die Seltsamkeiten ein, die seine Bewacherinnen lieben: Musik von Herb Alpert etwa oder folkloristische Kleidungsstücke. Am Ende, als die ganze Sache aufzufliegen droht und Barbara, Katja und ihr Helfer Stefan fliehen, schließt sich ihnen plötzlich Harald Winter an: "Es ist vielleicht besser, wenn ich mitkomme." Dieser Mann ist für die Wirtschaft verloren, aber für das Leben gewonnen.
Die Thematik von den "Quereinsteigerinnen" erinnert stark an Hans Weingartners "Die fetten Jahre sind vorbei". In einer sehr hübschen Szene werten die Entführer einmal die Zeitungsberichte über ihre Forderungen aus und stellen empört fest: "Im Feuilleton nennt man uns Imitatoren." Das können wir den beiden Regisseuren Christian Mrasek und Knepperges nicht vorwerfen. Sie haben das genaue Gegenteil von Weingartners Film gedreht: eine Komödie und einen Film ohne große Stars und große Botschaft. Daß man darin dennoch Akteure wie Claudia Basrawi als Katja oder den Regieveteranen Klaus Lemke, dem "Die Quereinsteigerinnen" ästhetisch einiges verdanken, in einer großartigen Gastrolle sehen kann, beweist, daß man mit Phantasie und persönlichen Kontakten - Mrasek und Knepperges sind das Herz des Kölner "Filmclubs 813" - im Kino allemal soviel erreichen kann wie mit hohem Budget. Witziger ist "Die Quereinsteigerinnen" sowieso.
ANDREAS PLATTHAUS
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