Die schüchterne Friseuse Béatrice reist mit ihrer Kollegin Marylène ans Meer. Während ihre lebenslustige Freundin sich mit einem neuen Liebhaber aus dem Staub macht, trifft die zurückgelassene Béatrice in einem Café auf den Studenten François. Eine zaghafte Liebe beginnt und zurück in Paris zieht Béatrice bei François ein. Während sie sich der jungen Liebe hingibt, drängt er sie dazu, sich beruflich und gesellschaftlich weiterzuentwickeln. Doch Béatrice bleibt ihrer sprachlosen Passivität treu und selbst als sich François schließlich von ihr trennt, scheint sie ihr Schicksal stillschweigend und ohne jeglichen Widerstand zu akzeptieren ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit SoundeffektenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2007Die erste Liebe des Apfels
Isabelle Huppert in Claude Gorettas "Spitzenklöpplerin"
Claude Goretta: "Die Spitzenklöpplerin".
Kinowelt, 102 Minuten; Sprachen: Französisch, Deutsch; Extras: Trailer, Biographien, Interview
Im Jahr 1976 hat Isabelle Huppert zwanzig kleinere und mittlere Filmrollen hinter sich, darunter Auftritte in Sautets "César und Rosalie", Bliers "Die Ausgebufften" und Taverniers "Der Richter und der Mörder". Aber es sind Nebensachen. Die Leinwand ist immer zu voll für Huppert, die den Sog der Leere braucht, um ihre weiße Magie entfalten zu können, und ein hartes und kühles Licht für den Schimmer ihres Gesichts. Aber niemand schenkt ihr dieses Licht.
Da kommt "Die Spitzenklöpplerin". Claude Goretta, der Regisseur, gehört zur ersten Reihe des jungen Schweizer Autorenkinos; an Pascal Lainés Roman über die Liebe zwischen einer Pariser Friseuse und einem Philosophiestudenten interessiert ihn das Spiel der Klassen- und Charaktergegensätze, die Stummheit und Reinheit des Mädchens, die sich an der bürgerlich-intellektuellen Oberflächlichkeit des Studenten bricht. Und Isabelle Huppert gibt ihm, was er braucht. Ihre Friseuse heißt Pomme, und wie ein Apfel, rund und frisch, sieht sie auch aus. Ihre ältere Kollegin Marylène (Florence Giorgetti), die verzweifelt nach einem Ersatz für ihren verheirateten Liebhaber sucht, wirkt neben ihr wie eine Matrone, und man ist geradezu erleichtert, als sie nach der ersten Hälfte des Films das Feld räumt. Erst jetzt, in Cabourg, an der Küste der Impressionisten im Licht eines kühlen Sommers, kommt die Geschichte ganz in Gang.
Und Hupperts Gesicht verwandelt sich. Es bekommt Schärfe und Kontur, es leuchtet auf in der Liebe zu dem verkniffenen François (Yves Beneyton), und als Pomme zu dem Studenten in seine Pariser Wohnung zieht, seine Freunde und ihr akademisches Gerede kennenlernt und schließlich von François mit einem langen, selbstgerechten Abschiedsmonolog vor die Tür gesetzt wird, da wird dieses Gesicht immer sprechender und abgründiger in seiner Ungerührtheit. Am Ende, als Pomme in einer Nervenklinik sitzt, wo sie für den Rest ihrer Tage über den Scherben ihrer Seele brüten wird, ist alles Jungmädchenhafte aus Hupperts Gesichtszügen verschwunden, man sieht das Antlitz einer Frau, die sich ausgelöscht hat, um nichts mehr von Schmerz und Trauer zu empfinden.
Es ist das Gesicht, das Isabelle Huppert auch am Ende von Hanekes "Klavierspielerin", Chabrols "Eine Frauensache" und Chéreaus "Gabrielle" zeigen wird, in ihren größten Rollen, die wie verschiedene Verkörperungen ein und derselben Frauenpersönlichkeit wirken. Bei Claude Goretta ist dieses Rätselwesen zum ersten Mal zu sehen. "Sie war eine von denen, die erforscht werden wollen, bei denen man genau hinschauen muss", heißt es über Pomme. "Früher hätte ein Maler sie in einem Genrebild verewigt, als Wäscherin, Wasserträgerin oder Spitzenklöpplerin." Heute ist dieser Maler das Kino.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Isabelle Huppert in Claude Gorettas "Spitzenklöpplerin"
Claude Goretta: "Die Spitzenklöpplerin".
Kinowelt, 102 Minuten; Sprachen: Französisch, Deutsch; Extras: Trailer, Biographien, Interview
Im Jahr 1976 hat Isabelle Huppert zwanzig kleinere und mittlere Filmrollen hinter sich, darunter Auftritte in Sautets "César und Rosalie", Bliers "Die Ausgebufften" und Taverniers "Der Richter und der Mörder". Aber es sind Nebensachen. Die Leinwand ist immer zu voll für Huppert, die den Sog der Leere braucht, um ihre weiße Magie entfalten zu können, und ein hartes und kühles Licht für den Schimmer ihres Gesichts. Aber niemand schenkt ihr dieses Licht.
Da kommt "Die Spitzenklöpplerin". Claude Goretta, der Regisseur, gehört zur ersten Reihe des jungen Schweizer Autorenkinos; an Pascal Lainés Roman über die Liebe zwischen einer Pariser Friseuse und einem Philosophiestudenten interessiert ihn das Spiel der Klassen- und Charaktergegensätze, die Stummheit und Reinheit des Mädchens, die sich an der bürgerlich-intellektuellen Oberflächlichkeit des Studenten bricht. Und Isabelle Huppert gibt ihm, was er braucht. Ihre Friseuse heißt Pomme, und wie ein Apfel, rund und frisch, sieht sie auch aus. Ihre ältere Kollegin Marylène (Florence Giorgetti), die verzweifelt nach einem Ersatz für ihren verheirateten Liebhaber sucht, wirkt neben ihr wie eine Matrone, und man ist geradezu erleichtert, als sie nach der ersten Hälfte des Films das Feld räumt. Erst jetzt, in Cabourg, an der Küste der Impressionisten im Licht eines kühlen Sommers, kommt die Geschichte ganz in Gang.
Und Hupperts Gesicht verwandelt sich. Es bekommt Schärfe und Kontur, es leuchtet auf in der Liebe zu dem verkniffenen François (Yves Beneyton), und als Pomme zu dem Studenten in seine Pariser Wohnung zieht, seine Freunde und ihr akademisches Gerede kennenlernt und schließlich von François mit einem langen, selbstgerechten Abschiedsmonolog vor die Tür gesetzt wird, da wird dieses Gesicht immer sprechender und abgründiger in seiner Ungerührtheit. Am Ende, als Pomme in einer Nervenklinik sitzt, wo sie für den Rest ihrer Tage über den Scherben ihrer Seele brüten wird, ist alles Jungmädchenhafte aus Hupperts Gesichtszügen verschwunden, man sieht das Antlitz einer Frau, die sich ausgelöscht hat, um nichts mehr von Schmerz und Trauer zu empfinden.
Es ist das Gesicht, das Isabelle Huppert auch am Ende von Hanekes "Klavierspielerin", Chabrols "Eine Frauensache" und Chéreaus "Gabrielle" zeigen wird, in ihren größten Rollen, die wie verschiedene Verkörperungen ein und derselben Frauenpersönlichkeit wirken. Bei Claude Goretta ist dieses Rätselwesen zum ersten Mal zu sehen. "Sie war eine von denen, die erforscht werden wollen, bei denen man genau hinschauen muss", heißt es über Pomme. "Früher hätte ein Maler sie in einem Genrebild verewigt, als Wäscherin, Wasserträgerin oder Spitzenklöpplerin." Heute ist dieser Maler das Kino.
ANDREAS KILB
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