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Italien, 70er Jahre: Der Jurastudent Giovanni verliebt sich in die schöne Anthropologin Eugenia. Diese ist eigentlich mit dem Landwirt Enzo liiert, der seine revolutionären Ideen durchsetzen und gegen den Willen der Großgrundbesitzer eine landwirtschaftliche Kommune errichten will. In einer Dreiecksbeziehung versuchen die jungen Liebenden sich der neuen Zeit zu stellen, doch ihre idealistischen Träume sind zum Scheitern verurteilt ...
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl   Bonusmaterial: - Interview mit Paolo und Vittorio Taviani - Presseheft - Starinfos
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Produktbeschreibung
Italien, 70er Jahre: Der Jurastudent Giovanni verliebt sich in die schöne Anthropologin Eugenia. Diese ist eigentlich mit dem Landwirt Enzo liiert, der seine revolutionären Ideen durchsetzen und gegen den Willen der Großgrundbesitzer eine landwirtschaftliche Kommune errichten will. In einer Dreiecksbeziehung versuchen die jungen Liebenden sich der neuen Zeit zu stellen, doch ihre idealistischen Träume sind zum Scheitern verurteilt ...

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.2007

Das Märchen Isabella
In der Welt der Brüder Taviani: "Die Wiese" und "Die Nacht von San Lorenzo"

Paolo und Vittorio Taviani: "Die Wiese".

Arthaus, 104 Minuten. Italienisch, Deutsch. Extras: Interview, Presseheft, Biographien.

Im Sommer 1978 war Isabella Rossellini sechsundzwanzig Jahre alt. Zwei Jahre zuvor hatte sie eine kleine Rolle in Vincente Minnellis wirrem Alterswerk "Nur eine Frage der Zeit" gespielt, die ihr die Lust am Filmedrehen gründlich genommen hatte. Trotzdem ging sie zum Casting für das neue Filmprojekt der Brüder Taviani, und sei es nur, um ihre Vorurteile bestätigt zu bekommen. Auch die Tavianis wollten sie eigentlich nicht; misstrauisch betrachteten sie das Mädchen mit dem berühmten Namen, das seiner Mutter Ingrid Bergman wie aus dem Gesicht geschnitten war. Und dann wurden sie bezaubert. Gemeinsam warben sie um die junge Schauspielerin, und Isabella Rossellini bekam die Hauptrolle in "Die Wiese".

So jedenfalls erzählen es Paolo und Vittorio Taviani in einem Bonus-Interview auf der DVD des Films, und wenn man die leuchtenden Augen der beiden sieht, möchte man ihnen gerne glauben. Tatsächlich ist "Die Wiese" eher eine Liebesaffäre zwischen den Regisseuren und ihrer jugendlichen Heldin als zwischen den drei Hauptfiguren, auch wenn die Dreiecksgeschichte vor der Kamera wilder und dramatischer verläuft als die Romanze dahinter. Der junge Mailänder Anwalt Giovanni (Saverio Marconi), der nach San Gimignano gekommen ist, um einen Hausverkauf zu regeln, und sich dabei in Eugenia (Rossellini) verliebt, die schon mit Enzo (Michele Placido) zusammen ist, stirbt am Ende an einer Tollwutinfektion, die er absichtlich nicht behandeln lässt: ein todessüchtiger Nachfahre jener unglücklichen Liebenden bei Goethe und Tolstoi, deren Schicksale die Tavianis so gern auf die Leinwand bringen. "Die Wiese", erklären sie im Interview, sei das Echo ihrer großen Liebe zum "Werther", und wenn man den Film von diesem Satz her liest, erkennt man auch, was die Zeitgenossen an ihm so irritiert hat: die Vermischung einer klassischen Liebestragödie mit der Skizze einer Generation, die von ganz anderen Kämpfen und Sehnsüchten bestimmt war.

Denn die schöne, schmalgliedrige, pagenköpfige Eugenia spielt mit einer Landkommune in San Gimignano Straßentheater, und ihr Freund Enzo nimmt an Schusswechseln mit der Polizei teil, während Giovanni gerade dabei ist, sich von seinem dominanten Vater abzunabeln. Es sind die Konflikte und Konstellationen von Achtundsechzig, aber die Tavianis spitzen sie nicht tagespolitisch zu, sondern moderieren sie biographisch ab, ähnlich (wenn auch weniger geschickt) wie Marco Tullio Giordana in "La meglio gioventù", dem Film, der mit der Gefühlslage, die "Die Wiese" nur anekdotisch anreißt, auf epische Weise ernst gemacht hat.

Worum es den Taviani-Brüdern wirklich geht, sieht man in einer Szene, in der Eugenia im Kino sitzt und sich Roberto Rossellinis "Deutschland im Jahre Null" anschaut - die Schlusssequenz, in der sich der Junge Edmund zu Tode stürzt. Es ist ein Schlüsselbild dieses Films. "Die Wiese" will das Porträt einer verlorenen Generation zeichnen, die so heimat- und hoffnungslos ist wie die Kinder von 1945, und durch die Besetzung Isabella Rossellinis bekommt dieser Vergleich eine unmittelbare Evidenz. Die Welt der Väter spiegelt sich in der Welt der Kinder, die Bilder von damals reißen ihre heutigen Betrachter mit - auch Eugenia, die auf Stelzen ihre Theatertruppe anführt, wird am Ende stürzen und hart auf dem mittelalterlichen Pflaster von San Gimignano aufschlagen, bevor sie mit Enzo ins Ausland fliegt und die italienische Wirrnis hinter sich lässt.

Im Kino war "Die Wiese", zwei Jahre nach dem Erfolg von "Padre Padrone", ein Flop. Die unglückliche Mittellage des Films, der einerseits nicht mehr nahe genug an der Generationenerfahrung von Achtundsechzig dran ist, um sie glaubhaft schildern, und andererseits noch nicht weit genug von ihr entfernt, um sie historisieren zu können, hat Kritiker und Publikum enttäuscht, und zu Recht. Viel besser ist den Tavianis die Verbindung von mythischer Wahrheit und geschichtlich-gesellschaftlicher Realität drei Jahre später in der "Nacht von San Lorenzo" geglückt, dem Höhepunkt ihrer gemeinsamen Regisseurskarriere und einem der schönsten europäischen Nachkriegsfilme überhaupt. Es geht um ein Dorf in der Toskana, das im Sommer 1944 zwischen die Frontlinien der Deutschen und der Alliierten gerät; die einen ziehen sich zurück, die anderen sind noch nicht da. Als die deutschen Besatzer die Einwohner in der Kirche zusammentreiben, macht sich der Bauer Galvano mit der Hälfte der Dorfbevölkerung auf den Weg zu den Amerikanern.

Mit dabei ist auch die Grundbesitzerin Concetta, Galvanos einstige große Liebe, durch Klassenschranken von ihm getrennt. In der Nacht von San Lorenzo, heißt es, werden Wünsche wahr, aber der Weg zu ihrer Erfüllung ist eine Odyssee aus Schweiß und Blut, und nur die Erzählung, die das Geschehen an die Enkel weitergibt, sorgt dafür, dass die Toten des Dorfes nicht umsonst gestorben sind. Der Film, den man bei dem Schweizer Label Trigon Film im Original mit mehrsprachigen Untertiteln bestellen kann (www.trigon-film.org), findet einen legendenhaften Ton für sein Sujet, dem sich die Musik von Nicola Piovani perfekt anverwandelt. Geschichte ist für die Tavianis die Immerwiederkehr des mythischen Unheils, Brudermord, Kindesmord, Verrat, aber auch der Aufbruch in die Selbstbestimmung, das Abenteuer der Freiheit. Leider ist ihnen die episch-malerische Sicherheit, mit der sie "Die Nacht von San Lorenzo" inszenieren, in späteren Filmen wieder verlorengegangen, wie man zuletzt an ihrer "Lerchenfarm" sehen konnte, die im Februar auf der Berlinale lief.

Und Isabella Rossellini? Nach der "Wiese" trat sie neben Roberto Benigni in einer lang vergessenen Komödie auf, dann ließ sie sechs Jahre verstreichen, ehe sie durch David Lynchs "Wild at Heart" endgültig zum Kinostar wurde. Mittlerweile tritt sie in allen möglichen Fernsehrollen auf, als russische Spionin in "Alias", als Gräfin in "Don Quixote", als Josephine Beauharnais in "Napoleon". Mit den Tavianis hat sie nie wieder gedreht. Wenn man die leuchtenden Augen der beiden Greise im DVD-Interview sieht, möchte man das bedauern.

ANDREAS KILB

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