Ein knappes Jahrzehnt ist vergangen, seit der Literaturprofessor Grady Tripp (Michael) Douglas seinen ersten und bisher einzigen Roman veröffentlichte. Einst als "Wunderknabe" gefeiert, steckt er heute in einer handfesten Schaffenskrise: seit Jahren arbeitet er an seinem neuen Roman und selbst nach 2000 geschriebenen Seiten ist noch kein Ende in Sicht.
Doch dies ist beileibe nicht Gradys einziges Problem an diesem Wochenende, an dem die Literaturszene anlässlich des alljährlichen "Wordfestes" an der Universität Pittsburgh, Pennsylvania, zusammenkommt. Gerade erst hat ihn seine - inzwischen dritte - Ehefrau verlassen, als ihm seine Geliebte Sara (Frances McDormand), pikanterweise die Gattin seines Chefs Walter Gaskell, eröffnet, daß Sie guter Hoffnung sei. Sein bedrohlich begabter Student James Leer (Tobey Maguire) entpuppt sich als anstrengend und äußerst skurril, während dessen hübsche Kommilitonin Hannah Green (Katie Holmes) "ihrem" Professor Tripp eindeutige Avancen macht.
Und dann taucht zu allem Überfluss Grady Tripps ebenso exzentrischer wie ungeduldiger Verleger Terry Crabtree (Robert Downey Jr.) mit einem Transvestiten an seiner Seite auf, um sich nach dem Verbleib von Tripps neuestem Oeuvre zu erkundigen, dessen Fertigstellung längst überflüssig ist.
Die Verstrickung bizarrer Ereignisse erreicht auf der Party des Fakultätsdekans Gaskell ihren vorläufigen Höhepunkt, als der chaotische James Leer wertvolle Marilyn-Monroe-Devotionalien verschwinden lässt und schließlich auch noch den halbblinden Hund des Gastgebers erschießt.
Ein denkwürdiges Wochenende nimmt seinen Lauf...
Doch dies ist beileibe nicht Gradys einziges Problem an diesem Wochenende, an dem die Literaturszene anlässlich des alljährlichen "Wordfestes" an der Universität Pittsburgh, Pennsylvania, zusammenkommt. Gerade erst hat ihn seine - inzwischen dritte - Ehefrau verlassen, als ihm seine Geliebte Sara (Frances McDormand), pikanterweise die Gattin seines Chefs Walter Gaskell, eröffnet, daß Sie guter Hoffnung sei. Sein bedrohlich begabter Student James Leer (Tobey Maguire) entpuppt sich als anstrengend und äußerst skurril, während dessen hübsche Kommilitonin Hannah Green (Katie Holmes) "ihrem" Professor Tripp eindeutige Avancen macht.
Und dann taucht zu allem Überfluss Grady Tripps ebenso exzentrischer wie ungeduldiger Verleger Terry Crabtree (Robert Downey Jr.) mit einem Transvestiten an seiner Seite auf, um sich nach dem Verbleib von Tripps neuestem Oeuvre zu erkundigen, dessen Fertigstellung längst überflüssig ist.
Die Verstrickung bizarrer Ereignisse erreicht auf der Party des Fakultätsdekans Gaskell ihren vorläufigen Höhepunkt, als der chaotische James Leer wertvolle Marilyn-Monroe-Devotionalien verschwinden lässt und schließlich auch noch den halbblinden Hund des Gastgebers erschießt.
Ein denkwürdiges Wochenende nimmt seinen Lauf...
Bonusmaterial
InterXS Mode - zu/abwählbarer Direktzugriff auf Zusatzfeatures während des Films Musikvideo von Bob Dylan Things have changed Regisseur Curtis HAnson über Bob Dylan und die Filmmusik Interaktiver Stadtplan mit Kommentaren von Curtis Hanson A Look Between The Pages - Featurette inkl. Interviews mit Darstellern und Regisseur Dt. und US-Kinotrailer Biografien und Filmografien Produktionsnotizen & Szenen vom Set Trailer weiterer Filme auf DVD DVD-Rom ApplikationenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2000Trippeln mit Professor Tripp
Eindeutig an der kurzen Leine der guten Geschichte: "Die Wonder Boys" von Curtis Hanson
Nur wer sich an die Form hält, kommt darüber hinweg, daß er nicht immer in der besten aller Formen ist. Woher kommt die Form geschossen? Aus dem Willen zur Form heraus. Gut schreiben zum Beispiel ist wie morgens gut rasieren. Ordnung ist Formgebung. Nur Hippies bestreiken den Friseur. Wer bei sich drinnen nicht wenigstens einmal in der Woche gründlich aufräumt, der verlümmelt sein Leben auf dem falschen Dampfer. Wo also ein fester Wille ist, da wächst die rosige Zuversicht eigenheimgroß.
Wie konnte sich - eine Frage, die stellvertretend für alle gestellt wird, die nicht senkrecht sitzen und aufrecht gehen können - der in die Schräglage geschlitterte Literaturprofessor Graddy Tripp die Aussicht auf ein erfolgreiches Schriftstellerdasein versperren? Tripp (Michael Douglas) lehrt Literatur an der Universität in Pittsburgh. Darüber müßte er nicht verzweifeln, wenn man auch einiges gegen diesen Job, der für die gute Story geradesteht, einwenden könnte. Er bringt ein paar Studenten bei, was er selbst - man muß der Wahrheit nun einmal ins graue Gesicht sehen - nicht mehr kann. Vor zehn Jahren hatte er seinen ersten und erfolgreichen Roman veröffentlicht. Und es blieb - da nagt der Wurm - sein letzter.
Tripp läßt den Kopf hängen und die Stoppeln wachsen. Dieser Amerikaner dreht morgens keine Runden, sondern Joints. Bob Dylan kriecht aus dem Plattenschrank, der rauhe Barde für die rauhesten Außenseiter und für die lungentief rauchenden Gescheiterten, die Lebenskünstler ohne rechte Begabung. Zu diesem Heer der Formlosen meldet sich Tripp im Schlafrock mehr schlecht als freiwillig. In der Unordnung daheim stapeln sich die beschriebenen Blätter für einen neuen Roman. Das Buch im Werden soll beweisen, daß in ihm, dem alten Tripp, noch der Wunderknabe hockt, daß der Erstling kein Letztling ist. Zweitausendeinundsechzig Seiten hat er schon mit Wörtern gefüllt, die dennoch keine Story ergeben. Wer ohne "Storyline" schreibt, der schreibt verkehrt.
In seinem Unterricht äugelt eine Hübsche und sagt ein Genie kaum ein Wort (gespielt von Tobey Maguire, den man noch aus dem schönen Film "Eisvögel" gut in Erinnerung haben darf). Der Junge, der, wenn er den Mund aufklappt, nur ganze Sätze durchrasselt und Rauchen und Trinken als Übel, derentwegen man die Kontrolle über sich verlieren kann, nur vom Hörensagen kennt, kann wunderknabenelegant Wörter in eine Reihe setzen. Er ist aus der elterlichen heilen Burg, wo er alles hat, was er nicht begehrt, ausgerückt und ins Tripp-Seminar eingezogen.
Tripp lehrt: Ein Schriftsteller muß sich für eine Geschichte entscheiden. Er selbst hält es aber willenweich lax mit Bob Dylan: Es sind die Zeiten, die sich ändern, nicht man selbst. An dieser Strophe wird er sich nicht aus dem Sumpf des hippieesken Einerlei herausziehen. Mit der sympathisch resoluten Frau seines pedantischen und selbstverliebten Chefs (gespielt von Frances McDormand, der Polizistin aus "Fargo") geht er, der eine kaputte Ehe hinter sich hat, verliebt ins Bett. Dieser Aufenthalt unter der Decke hat bekannte Folgen. Sie wird schwanger. Die Frau sagt: Mein Bauch gehört mir. Die gemeinsame Wacht an der Wiege mit dem Wackelgemüt Tripp - das bekommt sie nicht übers mütterlich schlagende Herz. Väter tragen in ihren Augen keine Wollmützen, den Althippiekappenprotest gegen den kleinbürgerlichen Zuschnitt des Lebens. Echte Erwachsene bringen sich in feste, nicht in flauschige Form.
Wie kommt Tripp aus der Mütze heraus und ins heimelige Heim hinein? 1. Der Wunderknabe aus dem Seminar erklärt Tripp für den besten Lehrer aller Lehrer. 2. Die Studentin zerpflückt Tripps Manuskript, das aus Mangel an Entscheidungen keine Geschichte habe. 3. Die schwangere Geliebte will eisern entschiedene Taten sehen und keine windigen Beteuerungen zählen. Tripp macht, wozu alle sich bereit finden, die endlich klar Schiff machen wollen: Er reißt sich am Riemen, wirft die Mütze in die Tonne, geht zum Friseur und hört mit dem Rauchen auf. Der alte Wunderknabe, der sein Manuskript und seinen Job verliert, hat es endlich geschafft: Er kann wieder wollen. Er will die Frau. Er will das Kind. Schreibt er wieder? Er schreibt eine gute, seine Geschichte. Soviel Sandkastenform muß sein.
Was aber wollte der Regisseur Curtis Hanson? Er wollte ein "gute Geschichte" erzählen. Das Drehbuch geht auf den 1995 erschienenen Roman "Wonder Boys" von Michael Chabon zurück, der auch eine "gute Geschichte" erzählen wollte. Gute Geschichten sind im Trippschen Sinne Geschichten mit eindeutigen Entscheidungen. Eindeutig ist dieser Film ein sehr eindeutiger Film.
EBERHARD RATHGEB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eindeutig an der kurzen Leine der guten Geschichte: "Die Wonder Boys" von Curtis Hanson
Nur wer sich an die Form hält, kommt darüber hinweg, daß er nicht immer in der besten aller Formen ist. Woher kommt die Form geschossen? Aus dem Willen zur Form heraus. Gut schreiben zum Beispiel ist wie morgens gut rasieren. Ordnung ist Formgebung. Nur Hippies bestreiken den Friseur. Wer bei sich drinnen nicht wenigstens einmal in der Woche gründlich aufräumt, der verlümmelt sein Leben auf dem falschen Dampfer. Wo also ein fester Wille ist, da wächst die rosige Zuversicht eigenheimgroß.
Wie konnte sich - eine Frage, die stellvertretend für alle gestellt wird, die nicht senkrecht sitzen und aufrecht gehen können - der in die Schräglage geschlitterte Literaturprofessor Graddy Tripp die Aussicht auf ein erfolgreiches Schriftstellerdasein versperren? Tripp (Michael Douglas) lehrt Literatur an der Universität in Pittsburgh. Darüber müßte er nicht verzweifeln, wenn man auch einiges gegen diesen Job, der für die gute Story geradesteht, einwenden könnte. Er bringt ein paar Studenten bei, was er selbst - man muß der Wahrheit nun einmal ins graue Gesicht sehen - nicht mehr kann. Vor zehn Jahren hatte er seinen ersten und erfolgreichen Roman veröffentlicht. Und es blieb - da nagt der Wurm - sein letzter.
Tripp läßt den Kopf hängen und die Stoppeln wachsen. Dieser Amerikaner dreht morgens keine Runden, sondern Joints. Bob Dylan kriecht aus dem Plattenschrank, der rauhe Barde für die rauhesten Außenseiter und für die lungentief rauchenden Gescheiterten, die Lebenskünstler ohne rechte Begabung. Zu diesem Heer der Formlosen meldet sich Tripp im Schlafrock mehr schlecht als freiwillig. In der Unordnung daheim stapeln sich die beschriebenen Blätter für einen neuen Roman. Das Buch im Werden soll beweisen, daß in ihm, dem alten Tripp, noch der Wunderknabe hockt, daß der Erstling kein Letztling ist. Zweitausendeinundsechzig Seiten hat er schon mit Wörtern gefüllt, die dennoch keine Story ergeben. Wer ohne "Storyline" schreibt, der schreibt verkehrt.
In seinem Unterricht äugelt eine Hübsche und sagt ein Genie kaum ein Wort (gespielt von Tobey Maguire, den man noch aus dem schönen Film "Eisvögel" gut in Erinnerung haben darf). Der Junge, der, wenn er den Mund aufklappt, nur ganze Sätze durchrasselt und Rauchen und Trinken als Übel, derentwegen man die Kontrolle über sich verlieren kann, nur vom Hörensagen kennt, kann wunderknabenelegant Wörter in eine Reihe setzen. Er ist aus der elterlichen heilen Burg, wo er alles hat, was er nicht begehrt, ausgerückt und ins Tripp-Seminar eingezogen.
Tripp lehrt: Ein Schriftsteller muß sich für eine Geschichte entscheiden. Er selbst hält es aber willenweich lax mit Bob Dylan: Es sind die Zeiten, die sich ändern, nicht man selbst. An dieser Strophe wird er sich nicht aus dem Sumpf des hippieesken Einerlei herausziehen. Mit der sympathisch resoluten Frau seines pedantischen und selbstverliebten Chefs (gespielt von Frances McDormand, der Polizistin aus "Fargo") geht er, der eine kaputte Ehe hinter sich hat, verliebt ins Bett. Dieser Aufenthalt unter der Decke hat bekannte Folgen. Sie wird schwanger. Die Frau sagt: Mein Bauch gehört mir. Die gemeinsame Wacht an der Wiege mit dem Wackelgemüt Tripp - das bekommt sie nicht übers mütterlich schlagende Herz. Väter tragen in ihren Augen keine Wollmützen, den Althippiekappenprotest gegen den kleinbürgerlichen Zuschnitt des Lebens. Echte Erwachsene bringen sich in feste, nicht in flauschige Form.
Wie kommt Tripp aus der Mütze heraus und ins heimelige Heim hinein? 1. Der Wunderknabe aus dem Seminar erklärt Tripp für den besten Lehrer aller Lehrer. 2. Die Studentin zerpflückt Tripps Manuskript, das aus Mangel an Entscheidungen keine Geschichte habe. 3. Die schwangere Geliebte will eisern entschiedene Taten sehen und keine windigen Beteuerungen zählen. Tripp macht, wozu alle sich bereit finden, die endlich klar Schiff machen wollen: Er reißt sich am Riemen, wirft die Mütze in die Tonne, geht zum Friseur und hört mit dem Rauchen auf. Der alte Wunderknabe, der sein Manuskript und seinen Job verliert, hat es endlich geschafft: Er kann wieder wollen. Er will die Frau. Er will das Kind. Schreibt er wieder? Er schreibt eine gute, seine Geschichte. Soviel Sandkastenform muß sein.
Was aber wollte der Regisseur Curtis Hanson? Er wollte ein "gute Geschichte" erzählen. Das Drehbuch geht auf den 1995 erschienenen Roman "Wonder Boys" von Michael Chabon zurück, der auch eine "gute Geschichte" erzählen wollte. Gute Geschichten sind im Trippschen Sinne Geschichten mit eindeutigen Entscheidungen. Eindeutig ist dieser Film ein sehr eindeutiger Film.
EBERHARD RATHGEB
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