Das Leben des Propheten Moses ist in Die zehn Gebote mit grosser Starbesetzung und aufwendigsten Kulissen verfilmt worden. Der kleine Moses, der von der Pharaonentochter Nefretiri in einem Körbchen auf dem Nil schwimmend gefunden wurde und von ihr als eigenes Kind aufgezogen wird, sieht als Prinz von Ägypten das entsetzliche Elend der unterdrückten Hebräer-Sklaven. Als er schliesslich durch Intrigen seine wahre Herkunft erfährt, kehrt er seinem luxuriösen Leben den Rücken und beschliesst, sein Volk - die Hebräer - in die Freiheit zu führen
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-MenüFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.06.2010Der Zwang zu der vom Publikum ersehnten Lüge
Der Kluge ist am produktivsten allein: Sieben Filme von Abbas Kiarostami in einer sorgfältig edierten französischen Kollektion
Coffret Abbas Kiarostami.
mk2 (nur aus Frankreich). 8 DVDs. Original mit frz. und englischen Untertiteln. Sieben Filme und diverse Interviews und Dokumentationen.
In zwei Wochen wird der iranische Regisseur Abbas Kiarostami sechzig Jahre alt. Er ist der berühmteste Filmschaffende seines Landes, doch nach den großen Festivalerfolgen der neunziger Jahre (Goldene Palme für "Der Geschmack der Kirsche" 1997, Jurypreis in Venedig für "Der Wind wird uns tragen" 1999) wurde es stiller. Oder sagen wir: Kiarostami wurde experimenteller. Zunächst folgte eine Dokumentation, "ABC Afrika" über Waisenkinder in Uganda (2001), dann drehte der Regisseur einen ganzen Spielfilm im Innenraum eines Autos ("Ten", 2002), und schließlich lieferte er als Hommage an den großen japanischen Kollegen Yasujiro Ozu den Episodenfilm "Five" ab, der aus fünf Sequenzen besteht, in denen entweder in einer einzigen Einstellung oder unerkennbar geschnitten jeweils eine kontemplative Wasserszenerie ins Bild gesetzt wird.
Schon "Five" hat die deutschen Kinos, in denen Kiarostami seit "Wo ist das Haus meines Freundes?" von 1988 stets vertreten war, nicht mehr erreicht, und seinen Nachfolgefilmen - essayistische Versuche wie "10 on Ten" über das eigene Schaffen, zwei kurze autobiographische Dokumentationen und der Spielfilm "Shirin" von 2008 - ging es genauso. Da Juliette Binoche als Hauptdarstellerin im neuen Werk "Copie conforme" auf Kiarostamis Lieblingsfestival in Cannes kürzlich den Preis als beste Darstellerin gewonnen hat, dürfte es mit dieser Absenz bald vorbei sein. Doch die Lücke von 2002 bis 2010 bleibt.
Sie in Deutschland durch DVDs zu schließen, ist unmöglich; nicht einmal das berühmte frühere Werk ist verfügbar. Doch in Frankreich gibt es eine Box mit acht DVDs, die sämtliche sieben Filme von "Quer durch den Olivenhain" (1994) bis "10 on Ten" (2004) enthalten - und somit genau die Phase abdecken, in der Kiarostami den eigenen Ruhm zu radikalen Versuchen genutzt hat. "Copie conforme" ist dagegen sein Versuch, wieder an etablierte Erzählverfahren anzuschließen.
Man hat Kiarostamis Filme das iranische Äquivalent zum Neorealismus genannt: keine Arbeit im Studio, kleine Teams, häufig Laiendarsteller, spontanes Spiel vor der Kamera, unbestechlicher Blick auf den gesellschaftlichen Alltag. Darin sind ihm seine bekannteren Landsleute wie Jafar Panahi, Majid Majidi oder Rafi Pitts gefolgt. Doch in den zahlreichen Gesprächen und Dokumentationen, die als Extras in der französischen Box enthalten sind, zeigt sich Kiarostami als Regisseur, der zwar den Zufall preist, aber ihm nicht allzu viel überlässt. So hat er in den Dorfszenen von "Der Wind wird uns tragen" immer wieder Bewohner der beiden Drehorte dazu angehalten, sich doch kurz auf die Schwellen ihrer Häuser zu setzen, während die Kamera lief, um pittoreskere Bilder zu erhalten. "Nie hat jemand im Dorf gesessen", kommentiert er im Drehbericht, "das habe ich nur fürs Publikum gemacht. Das Kino zwingt manchmal zur ersehnten Lüge."
Kiarostami sieht seine ureigene Aufgabe als Regisseur darin, "die Bilder schöner zu machen", als sie wären, wenn die Kamera nicht da stünde. Seine Filme sollen diese Schönheit freilegen - wie er es mustergültig in "Five" macht, jenen fünf Episoden, die er am Kaspischen Meer drehte. Acht Minuten lang sehen wir einem kleinen Stück Holz zu, das von der Brandung bewegt wird, ehe es in zwei Teile zerbricht. Kiarostami hatte es am Strand gefunden und setzte es dann an geeigneter Stelle dem Spiel des Wassers aus. Aber dass es zerbrach, das kam unerwartet - das Schicksal belohnt den Regisseur, der warten kann, was sich entwickelt.
Die Enten indes, die in einer weiteren der fünf Episoden am Seegestade so zielstrebig von links nach rechts durchs Bild laufen, wurden sorgfältig darauf trainiert. Achthundert Tiere ließ sich Kiarostami dafür von einem Entenzüchter liefern. Die Einstellung mit den herrenlosen Hunden dagegen, die wir zuvor eine Viertelstunde lang beim Aufwachen beobachten konnten, ist Resultat einer unkontrollierten Aufnahme: Kiarostami ließ seinen Kameramann Seifollah Samadian die Digitalkamera am Strand aufstellen, um die Morgendämmerung zu filmen, und dann verließen beide den Ort des Geschehens.
Mit Samadian arbeite der Regisseur erstmals bei "ABC Afrika" zusammen, und dabei entdeckte er seine Begeisterung für die Digitalkamera. "Sie drückt Wahrheit aus", erläutert er in "10 on Ten", "die klassische 35-Millimeter-Kamera engt die Menschen ein." Das handliche Arbeitsgerät erlaubte Kiarostami, der eine Abscheu vor Menschenmassen hegt, seine Filmteams noch kleiner als ehedem schon zu halten - und eben ganze Filme in Autos anzusiedeln wie im Falle von "Ten" oder auch "10 on Ten". Nicht ohne Humor erläutert er, was man auch schon früheren Filmen ansehen kann: "Das Auto ist mein Lieblingsdrehort. Es gibt bequeme Sitze und nur zwei Leute, die sich aber nicht gegenüber sitzen können." Denn unmittelbare Konfrontation interessiert Kiarostami nicht. Er will die Dinge aus den Dialogen entwickelt haben.
Deshalb ist er auch nur eingeschränkt als ein politischer Regisseur zu bezeichnen - ganz anders als sein Freund Jafar Panahi, der kürzlich erst in Haft gesessen hat. Doch beider Werk ist vielfach miteinander verschlungen, wie man den Filmen der Box anmerkt. Panahis "Kreis" von 2000 mit seinem Fokus auf das Leben iranischer Frauen ist nicht nur inhaltlich, sondern auch narrativ Vorbild gewesen für die Anschlüsse in "Ten". Zu "Five" wurde Kiarostami angeregt, als er am Kaspischen Meer für den Freund das Drehbuch zu dessen Spielfilm "Crimson Gold" schrieb, und Panahi wiederum half bei der Produktion der Ozu-Hommage.
Aus dem spezifisch iranischen Umfeld aber hat sich Kiarostami längst gelöst - nicht nur, weil er "Copie Conforme" nun in Italien gedreht hat. Seine Bezugsgrundlagen fürs eigene Schaffen sind Autoren der Weltliteratur wie Nietzsche, Kundera und Pascal oder japanische Haiku. "Poesie, Fotografie und Kino gehören untrennbar zusammen." Das ist sein Credo, und deshalb betreibt er auch als Künstler alle drei Disziplinen - plus der Schreinerei. Fürs Kino nimmt er sich nur ein bis zwei Monate im Jahr, und auch deshalb muss die Arbeit dann so konzentriert erfolgen wie möglich. Das sieht man jedem dieser Filme an.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Kluge ist am produktivsten allein: Sieben Filme von Abbas Kiarostami in einer sorgfältig edierten französischen Kollektion
Coffret Abbas Kiarostami.
mk2 (nur aus Frankreich). 8 DVDs. Original mit frz. und englischen Untertiteln. Sieben Filme und diverse Interviews und Dokumentationen.
In zwei Wochen wird der iranische Regisseur Abbas Kiarostami sechzig Jahre alt. Er ist der berühmteste Filmschaffende seines Landes, doch nach den großen Festivalerfolgen der neunziger Jahre (Goldene Palme für "Der Geschmack der Kirsche" 1997, Jurypreis in Venedig für "Der Wind wird uns tragen" 1999) wurde es stiller. Oder sagen wir: Kiarostami wurde experimenteller. Zunächst folgte eine Dokumentation, "ABC Afrika" über Waisenkinder in Uganda (2001), dann drehte der Regisseur einen ganzen Spielfilm im Innenraum eines Autos ("Ten", 2002), und schließlich lieferte er als Hommage an den großen japanischen Kollegen Yasujiro Ozu den Episodenfilm "Five" ab, der aus fünf Sequenzen besteht, in denen entweder in einer einzigen Einstellung oder unerkennbar geschnitten jeweils eine kontemplative Wasserszenerie ins Bild gesetzt wird.
Schon "Five" hat die deutschen Kinos, in denen Kiarostami seit "Wo ist das Haus meines Freundes?" von 1988 stets vertreten war, nicht mehr erreicht, und seinen Nachfolgefilmen - essayistische Versuche wie "10 on Ten" über das eigene Schaffen, zwei kurze autobiographische Dokumentationen und der Spielfilm "Shirin" von 2008 - ging es genauso. Da Juliette Binoche als Hauptdarstellerin im neuen Werk "Copie conforme" auf Kiarostamis Lieblingsfestival in Cannes kürzlich den Preis als beste Darstellerin gewonnen hat, dürfte es mit dieser Absenz bald vorbei sein. Doch die Lücke von 2002 bis 2010 bleibt.
Sie in Deutschland durch DVDs zu schließen, ist unmöglich; nicht einmal das berühmte frühere Werk ist verfügbar. Doch in Frankreich gibt es eine Box mit acht DVDs, die sämtliche sieben Filme von "Quer durch den Olivenhain" (1994) bis "10 on Ten" (2004) enthalten - und somit genau die Phase abdecken, in der Kiarostami den eigenen Ruhm zu radikalen Versuchen genutzt hat. "Copie conforme" ist dagegen sein Versuch, wieder an etablierte Erzählverfahren anzuschließen.
Man hat Kiarostamis Filme das iranische Äquivalent zum Neorealismus genannt: keine Arbeit im Studio, kleine Teams, häufig Laiendarsteller, spontanes Spiel vor der Kamera, unbestechlicher Blick auf den gesellschaftlichen Alltag. Darin sind ihm seine bekannteren Landsleute wie Jafar Panahi, Majid Majidi oder Rafi Pitts gefolgt. Doch in den zahlreichen Gesprächen und Dokumentationen, die als Extras in der französischen Box enthalten sind, zeigt sich Kiarostami als Regisseur, der zwar den Zufall preist, aber ihm nicht allzu viel überlässt. So hat er in den Dorfszenen von "Der Wind wird uns tragen" immer wieder Bewohner der beiden Drehorte dazu angehalten, sich doch kurz auf die Schwellen ihrer Häuser zu setzen, während die Kamera lief, um pittoreskere Bilder zu erhalten. "Nie hat jemand im Dorf gesessen", kommentiert er im Drehbericht, "das habe ich nur fürs Publikum gemacht. Das Kino zwingt manchmal zur ersehnten Lüge."
Kiarostami sieht seine ureigene Aufgabe als Regisseur darin, "die Bilder schöner zu machen", als sie wären, wenn die Kamera nicht da stünde. Seine Filme sollen diese Schönheit freilegen - wie er es mustergültig in "Five" macht, jenen fünf Episoden, die er am Kaspischen Meer drehte. Acht Minuten lang sehen wir einem kleinen Stück Holz zu, das von der Brandung bewegt wird, ehe es in zwei Teile zerbricht. Kiarostami hatte es am Strand gefunden und setzte es dann an geeigneter Stelle dem Spiel des Wassers aus. Aber dass es zerbrach, das kam unerwartet - das Schicksal belohnt den Regisseur, der warten kann, was sich entwickelt.
Die Enten indes, die in einer weiteren der fünf Episoden am Seegestade so zielstrebig von links nach rechts durchs Bild laufen, wurden sorgfältig darauf trainiert. Achthundert Tiere ließ sich Kiarostami dafür von einem Entenzüchter liefern. Die Einstellung mit den herrenlosen Hunden dagegen, die wir zuvor eine Viertelstunde lang beim Aufwachen beobachten konnten, ist Resultat einer unkontrollierten Aufnahme: Kiarostami ließ seinen Kameramann Seifollah Samadian die Digitalkamera am Strand aufstellen, um die Morgendämmerung zu filmen, und dann verließen beide den Ort des Geschehens.
Mit Samadian arbeite der Regisseur erstmals bei "ABC Afrika" zusammen, und dabei entdeckte er seine Begeisterung für die Digitalkamera. "Sie drückt Wahrheit aus", erläutert er in "10 on Ten", "die klassische 35-Millimeter-Kamera engt die Menschen ein." Das handliche Arbeitsgerät erlaubte Kiarostami, der eine Abscheu vor Menschenmassen hegt, seine Filmteams noch kleiner als ehedem schon zu halten - und eben ganze Filme in Autos anzusiedeln wie im Falle von "Ten" oder auch "10 on Ten". Nicht ohne Humor erläutert er, was man auch schon früheren Filmen ansehen kann: "Das Auto ist mein Lieblingsdrehort. Es gibt bequeme Sitze und nur zwei Leute, die sich aber nicht gegenüber sitzen können." Denn unmittelbare Konfrontation interessiert Kiarostami nicht. Er will die Dinge aus den Dialogen entwickelt haben.
Deshalb ist er auch nur eingeschränkt als ein politischer Regisseur zu bezeichnen - ganz anders als sein Freund Jafar Panahi, der kürzlich erst in Haft gesessen hat. Doch beider Werk ist vielfach miteinander verschlungen, wie man den Filmen der Box anmerkt. Panahis "Kreis" von 2000 mit seinem Fokus auf das Leben iranischer Frauen ist nicht nur inhaltlich, sondern auch narrativ Vorbild gewesen für die Anschlüsse in "Ten". Zu "Five" wurde Kiarostami angeregt, als er am Kaspischen Meer für den Freund das Drehbuch zu dessen Spielfilm "Crimson Gold" schrieb, und Panahi wiederum half bei der Produktion der Ozu-Hommage.
Aus dem spezifisch iranischen Umfeld aber hat sich Kiarostami längst gelöst - nicht nur, weil er "Copie Conforme" nun in Italien gedreht hat. Seine Bezugsgrundlagen fürs eigene Schaffen sind Autoren der Weltliteratur wie Nietzsche, Kundera und Pascal oder japanische Haiku. "Poesie, Fotografie und Kino gehören untrennbar zusammen." Das ist sein Credo, und deshalb betreibt er auch als Künstler alle drei Disziplinen - plus der Schreinerei. Fürs Kino nimmt er sich nur ein bis zwei Monate im Jahr, und auch deshalb muss die Arbeit dann so konzentriert erfolgen wie möglich. Das sieht man jedem dieser Filme an.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main