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Regisseur Alexander Payne verknüpft in seiner Sci-Fi-Satire "Downsizing" die alte Kinoidee vom Helden im Liliputformat auf überraschende Weise mit aktuellen politischen Debatten, mit Klimawandel, sozialer Spaltung, Migration und Überbevölkerung - doch ist die Mikrowelt wirklich so wundervoll?
Die Ressourcen der Erde neigen sich dem Ende zu und der Planet platzt aus allen Nähten. Um das Problem der Überbevölkerung zu lösen, haben norwegische Wissenschaftler eine Methode entwickelt, mit der sie Menschen schrumpfen und somit ihre Bedürfnisse und ihren Konsum enorm verringern können. Ein 12…mehr

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Produktbeschreibung
Regisseur Alexander Payne verknüpft in seiner Sci-Fi-Satire "Downsizing" die alte Kinoidee vom Helden im Liliputformat auf überraschende Weise mit aktuellen politischen Debatten, mit Klimawandel, sozialer Spaltung, Migration und Überbevölkerung - doch ist die Mikrowelt wirklich so wundervoll?
Die Ressourcen der Erde neigen sich dem Ende zu und der Planet platzt aus allen Nähten. Um das Problem der Überbevölkerung zu lösen, haben norwegische Wissenschaftler eine Methode entwickelt, mit der sie Menschen schrumpfen und somit ihre Bedürfnisse und ihren Konsum enorm verringern können. Ein 12 Zentimeter kleiner Mensch verbraucht schließlich weniger Wasser, Luft und Nahrung als ein großer. In der Hoffnung auf ein glücklicheres und finanziell abgesichertes Leben in einer besseren Welt, entscheiden sich Durchschnittsbürger Paul Safranek (Matt Damon) und seine Frau Audrey (Kristen Wiig) ihr stressiges Leben in Omaha hinter sich zu lassen und ihr großes Glück in einer neuen "geschrumpften" Gemeinde zu suchen. Eine Entscheidung, die ein lebensveränderndes Abenteuer bereithält ...

Bonusmaterial

Eine Frage des Blickwinkels
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2018

Klein werden, um groß rauszukommen

François Ozon lässt eine Frau doppelt lieben, Alexander Payne schrumpft die Menschen, Mouly Suryas Heldin wird zur Rächerin

Erst fallen die Haare, bis die aparte Kurzhaarfrisur sitzt, dann kommt ein Schnitt, der im Gedächtnis bleibt: Auf das Bild einer leicht geöffneten Vagina folgt ein Auge, das sich langsam öffnet. So beginnt François Ozons neuer Film "Der andere Liebhaber", und man denkt sofort an den Auftakt von "The Killing of a Sacred Deer", bei dem ein pochendes Herz in einem geöffneten Brustkorb die Leinwand füllte. Um Ähnlichkeiten, Gleichheiten und Identitäten, um Doppelgänger, Zwillinge und Spiegelungen geht es in der Erzählung, und die Atmosphäre, die die ersten Szenen erzeugen, ist nicht so weit entfernt von diesem Eindruck einer leichten Unwirklichkeit, der von Giorgos Lanthimos' Film ausgeht.

Die junge Frau, die anfangs untersucht wurde, braucht wegen ihrer Bauchschmerzen keine Gynäkologin. Sie braucht einen Therapeuten. Marine Vacth, die schon in Ozons "Jung & schön" mitspielte, verkörpert eine besondere Mischung aus Fragilität und Trotz, aus Sturheit und Schüchternheit, Verführung und Sprödigkeit, die den Therapeuten Paul herausfordert. Ihre Selbstauskünfte sind karg, sie wirkt verspannt, aber es passiert etwas zwischen den beiden: Sie verlieben sich, sie ziehen zusammen, ohne viel voneinander zu wissen. Bis Chloé eines Tages zufällig, beim Blick aus dem Busfenster, etwas entdeckt: einen vermeintlichen Doppelgänger. Es ist Pauls Zwillingsbruder Louis, auch er Therapeut, aber aus einer anderen Schule: arrogant, grob, zynisch, die Praxis luxuriöser, mit Spiegeln und spiegelnden Flächen, mit vielen Symmetrien. Unter falschem Namen begibt Chloé sich bei ihm in Behandlung.

Jérémie Renier in der Doppelrolle hat in dieser Konstellation kein Problem, die beiden Charaktere trennscharf zu halten. Die diametralen Gegensätze ziehen hier jedoch weniger einander an, als dass Chloé von den Gegensätzen gleichermaßen angezogen ist. Während sie mit Paul schläft, imaginiert sie sich als Doppelwesen, das zugleich mit Louis schläft. Und aus dem Phantasma wird Wirklichkeit, aus dem Spiel eine Geschichte von sexueller Abhängigkeit - ohne dass man genauer erführe, was die Brüder derart entzweit hat.

Auch die zweite Therapie muss unvollendet bleiben, weil die Beziehung von Analytiker und Analysandin aufgehoben wird. Doch um ihr den ultimativen Kick zu verpassen, erzählt Louis Chloé von den sogenannten "kannibalischen Zwillingen". Womit ein sehr seltenes medizinisches Phänomen gemeint ist, das mit dem klinischen Terminus der fetalen Inklusion bezeichnet wird: Von ursprünglich zwei Föten wird einer vom anderen absorbiert. Dass der eine sich den anderen "einverleibt", ist nur eine effektvolle Metapher.

François Ozon treibt sein Zwillingsszenario so weit, dass es irgendwann auch dem geduldigsten Zuschauer zu viel werden kann. Nicht weil es unglaubwürdig wäre, wohin sich die Geschichte entwickelt. Realismus ist kein Anspruch, den man an einen Film richten sollte, der mit Elementen des Psychodramas und des Horrorkinos spielt. Schon eher könnte man fragen, ob es Ozon mit den Doppelungen und Spiegelungen nicht übertreibt, ob es dramaturgisch hilfreich oder psychologisch aufschlussreich ist, dass der Film auch noch ein bisschen "kinky" wird, wenn Chloé zum Umschnalldildo greift und Paul zum Analverkehr überredet.

Das zentrale Problem liegt anderswo. Mit einer gewissen Unausweichlichkeit hat Ozon sich irgendwann in eine Situation manövriert, in der er gegen den "viewing contract", die Übereinkunft zwischen Film und Zuschauer, dass dieser jenen nicht einfach mutwillig irreführen soll, verstoßen muss, wenn er seine Schlusspointe setzen will. Man kann solche jähen Umschläge der Handlung logisch plausibel durch kleine Spuren und Hinweise vorbereiten wie in Martin Scorseses "Shutter Island"; aber man kann nicht auf einmal behaupten, dass praktisch alles, was man bis zu diesem Zeitpunkt gesehen hat, sich ganz anders verhalte, ohne dass sich rückblickend die Zeichen und Andeutungen darauf erschlössen. So wird der Film, trotz seiner großartigen Schauspieler, trotz seiner visuellen Eleganz, ein Opfer der eigenen Sophistication.

* * *

Ob auf der Erde in den nächsten fünfzig Jahren noch genug Platz für alle sein wird, ob die wachsende Weltbevölkerung genug zu essen haben, ob sie nicht mehr Abfall produzieren wird, als der Planet verträgt, das gehört zu den Fragen, die einem niemand wissenschaftlich letztgültig beantworten kann. Deshalb liefern diese Fragen auch einen großartigen Stoff für Dystopien und kühne Ideen. Alexander Payne, sonst eher ein Experte für verunsicherte Männlichkeit (von "About Schmidt" über "Sideways" bis zu "The Descendants"), hat zusammen mit seinem langjährigen Ko-Autor Jim Taylor eine solche Idee entwickelt. Es wäre unscharf, sie auf die Formel "Liebling, ich habe die Menschheit geschrumpft" zu reduzieren, aber ums Schrumpfen geht es in Paynes bislang aufwendigstem und teuerstem Film.

"Downsizing" ist ein programmatischer Titel: Um die demographische Entwicklung und deren ökologische Folgen in den Griff zu bekommen, können Menschen sich verkleinern lassen: auf eine Größe von etwa zwölf Zentimetern. Der Prozess ist irreversibel, der Vorteil für alle enorm. Eine PR-Maßnahme dokumentiert, dass der gesammelte Jahresabfall der Liliputaner in einen großen Plastiksack passt, mit dem ein Kleinfamilienhaushalt nicht mal eine Woche auskäme. Natürlich müssen diese Geschrumpften unter einer großen Glasglocke in einem eigenen Biotop namens "Leisureland" leben, damit sie nicht versehentlich von den Verkleinerungsunwilligen zertreten werden.

Payne und Taylor haben darauf verzichtet, einen totalitären Staat oder einen diabolischen Konzern zu erfinden, der den Plot von "Downsizing" in ein apokalyptisches Szenario verwandeln würde. Stattdessen behandeln sie die Verkleinerung als Option. Deshalb muss sie beworben, deshalb muss der Kunde gewonnen werden. Und zwar nicht mit der Verheißung, dass er künftig voller Idealismus der Selbsterhaltung der Gattung diene, sondern indem man ihn mit dem marktwirtschaftlichen Anreiz des möglichst großen eigenen Vorteils davon überzeugt, dass er im kleineren Zustand auf größerem Fuß leben kann.

Matt Damon, der seine Jedermannhaftigkeit zuletzt noch durch seine unbedarften Äußerungen in der Weinstein-Affäre eher bestätigt als dementiert hat, ist genau die richtige Besetzung für einen Mann, der für eine solche PR-Strategie empfänglich ist. Ein Werbespot genügt, um diesen Paul und seine Frau davon zu überzeugen, dass sie sich in geschrumpftem Zustand mehr werden leisten können. Die Verwandlungsprozedur hat ihre besonderen visuellen Reize. Die Haare müssen abrasiert, die Plomben entfernt werden, und wenn das "Leisureland"-Personal nach dem Schrumpfungsvorgang das Labor betritt, kann es die kleinen Gestalten von den großen Bahren mit einem Spatel auf eine Art Kehrblech schieben, um sie dann, nach dem Erwachen, mit einem raumfüllenden Cracker in Originalgröße zu empfangen.

Payne ist ein viel zu kluger Regisseur, um aus der Differenz von Mikrokosmos und Makrokosmos möglichst viele schrille Effekte herauszuschlagen. Er hat ein Gespür für Timing, und deshalb weiß er auch, dass man den Zuschauer nicht ständig an den Gulliver-Effekt erinnern darf, wenn man davon erzählen will, wie wenig die Verkleinerung die gewohnten Verhaltensweisen verändert. Alles ist wie zuvor - der Maßstab 1 : 15 hat anthropologisch und gesellschaftlich keinerlei Konsequenzen. Damons Allerweltsheld muss böse Überraschungen erleben, die nicht nur in zu heißen Duschen für kleine Menschen bestehen, er lernt geschäftstüchtige und vergnügungssüchtige Bohemiens kennen, die von Christoph Waltz und Udo Kier kongenial dargestellt werden, und er begreift, dass es auch in "Leisureland" so etwas wie eine Dritte Welt gibt. Und Menschen, die strafgeschrumpft werden wie die Aktivistin Ngoc Lan Tran, mit der Paul dann eine ungelenke Liebesgeschichte beginnt, die nicht wirklich überzeugt, weil die Darstellerin Hong Chau wie die Hollywood-Standardasiatin agieren muss, was bei einem Regisseur wie Payne dann doch ziemlich überrascht.

Und so verliert der Film unterwegs leider seinen Fokus. Auf einmal steht ohne nähere Erklärung das Ende der Welt ins Haus, die Geschrumpften haben sich in einem Mini-Christiania im Norden versammelt, um zu überleben, der Furor der Erweckungsbewegung hat den ökonomischen Pragmatismus abgelöst - was für uns Zuschauer nicht unbedingt eine gute Nachricht ist. Denn es sieht fast so aus, als hätten Taylor und Payne nicht mehr gewusst, wie ihr Zukunftsszenario denn nun ausgehen soll. Der Schluss ist nicht so sehr mehrdeutig und offen, sondern wirkt eher wie eine Verlegenheitslösung. Zu klein, um wirklich groß zu sein.

* * *

Eine Frau sieht rot. Nein, das ist die falsche Tagline. Eine Frau schlägt einem Mann beim Sex den Kopf ab. Mit einer Machete. Weil er sie vergewaltigt. Das ist treffender. Auch wenn es immer noch zu sehr an Tarantinos "Kill Bill" erinnert. Oder an einen Italo-Western, weil die musikalischen Themen, die einsamen Gitarren bisweilen so klingen, weil die Landschaft, durch die Marlina reitet, diese Weite und Leere hat. Vielleicht ist es sinnvoller, den Film "Marlina - Die Mörderin in vier Akten" nicht im Raster des Westerns zu betrachten, weil er nun mal in Indonesien spielt und weil die Regisseurin Mouly Surya trotz aller bewussten Referenzen eine Geschichte erzählt, die ihre eigene Logik jenseits der Westernmythologie entfaltet.

Marlina (Marsha Timothy) bekommt Besuch, weil sie angeblich Schulden hat. Sie hat vor einiger Zeit ihr Kind verloren, im achten Monat, sie hat mit Mühe das Geld aufgetrieben, ihren verstorbenen Mann angemessen zu bestatten: als Mumie, die nun im Wohnzimmer hockt. Die Bande, deren Anführer sie aufsucht, will nicht nur ihr Vieh und ihre Habe, die Männer wollen auch Sex, das heißt: Vergewaltigung. Sie weiß sich zu wehren. Sie kocht nicht nur eine Hühnersuppe mit einer besonderen Einlage. Sie ist unerschrocken genug, um mit dem abgeschlagenen Kopf, den sie wie ein Gepäckstück mit sich trägt, zur nächsten Polizeistation zu fahren. Es ist ihr ernst. Mit der Tat, mit dem Geständnis. Und wie sie dabei vorgeht, das ist zugleich ein Zeichen dafür, dass der Film sich eher für bizarre Momente als für die Gebote des Realismus interessiert.

In den vier Akten sieht man Marlina dabei zu, wie sie zu sich selbst kommt. Wie ihr Beispiel andere Frauen ermutigt, wie sie sich durchsetzt gegen die übriggebliebenen Räuber und gegen die Ignoranz der Behörden, wie sie mit List und Wärme und Entschlossenheit ihren Weg nimmt. Wie sie von ihrer Tat heimgesucht wird, wenn sie plötzlich mitten in der Wildnis einen Kopflosen zu sehen glaubt, der ein Saiteninstrument spielt. Das geht vorbei.

Im ersten Teil liegt das Geschehen weitgehend im diffusen Halbdunkel, die Kamera hält deutlichen Abstand zum Grausamen. Mouly Surya vermeidet allen Voyeurismus und krude Splatter-Effekte. Mit der Zeit wird der Film heller. Nach der Tat steht Marlina in rotem Rock und rosafarbener Bluse in einer weiten, fast monochromen Hügellandschaft und wartet auf den Bus. Und am Ende sind da wieder der weite blaue Himmel des Anfangs und das Geräusch und die ferne Silhouette eines Mopeds, das nun in umgekehrter Richtung fährt. Marlina hat ein Zeichen gesetzt. Man kann den Film daher, wenn es sein muss, eine feministische Vendetta nennen. Aber er braucht eigentlich gar keine großen Aufkleber. Er steht sehr gut und sicher auf eigenen Füßen.

PETER KÖRTE

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