Bildformat: 16:9 Vollbild Sprache / Tonformat: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1) Untertitel: Deutsch Ländercode: 2 Extras: Kinotrailer, Filmographie, Geschnittene Szenen, Hinter den Kulissen, Interviews, Audio-Kommentar von Damien O'Donnell
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Interviews - Geschnittene Szenen - Hinter den Kulissen - Audio-KommentarFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2000Autoritätlichkeiten
Sie liebten und sie schlugen sich: "East Is East" im Kino
Es kann so nicht gut gehen, aber es muss - in diesem Widerspruch zwischen misslicher Lage und Wohlbefinden haben die Figuren der Komödie ihr Auskommen. George Khan, das pakistanische Familienoberhaupt, strapaziert seine Autorität bis zum Äußersten, indem er die heimische Tradition, insbesondere beim Verheiraten der Kinder, in der neuen, englischen Heimat hart durchsetzen will. Es gereicht ihm nicht zur Lehre, dass der älteste der sechs Söhne zu Beginn der traditionellen Hochzeitszeremonie aufspringt und vor der durchaus hübschen Braut davonläuft. Wie soll nun mit zwei Mädchen, vor deren filmisch eigens verstärkter Hässlichkeit selbst George Khan erschrickt, gut gehen, was mit dem zu allem Übel auch noch homosexuellen Statthalter misslang?
Noch ist die Macht der Tradition in dem Salforder Reihenhaus keineswegs gebrochen. Ella, Georges britische Ehefrau, deren Tüchtigkeit dem gemeinsamen Fish-und-Chips-Laden zugute kommt, zeigt sich nach kurzen Einwänden immer wieder versöhnungsbereit. Sie akzeptiert, dass am jüngsten Sohn die Beschneidung nachgeholt wird, und übersieht die psychische Not des Jungen. Sie schluckt die Vertreibung des Ältesten, mit dem sie insgeheim telefonisch Verbindung hält, und selbst als die Schlagwut des über seine Söhne und nicht zuletzt die aufsässige Tochter kopflos gewordenen Vaters vor ihrem Gesicht nicht Halt macht, ermahnt sie ihre Brut: "Es ist und bleibt euer Vater."
Spitze Bemerkungen jedoch über die Enge des Häuschens treffen Ellas Ehre an der empfindlichen ökonomischen Stelle. Schließlich darf sie stolz sein, der Familie zu einem sicheren Fundament verholfen zu haben, an dessen schmale Basis sie nicht gern erinnert werden will. Die Versöhnung des aller Autorität und Macht verlustig gegangenen Vaters und der nicht minder deprimierten Mutter findet dann am Tresen des "English Chippy" statt und wird mit der Frage eingeleitet: "Willst du eine Tasse Tee?" Der offenbar seit Beginn der multikulturellen Ehegemeinschaft schwelende, von Ellas Seite um des lieben Friedens willen nur schwach geführte Kampf ist endgültig entschieden. George akzeptiert die - mehr oder minder - feine englische Art, zu der neben dem Fünf-Uhr-Tee die Freiheit jedes Menschen gehört.
Ayub Khan-Din, der Drehbuchautor des Films "East Is East", verlegte die Handlung in das Jahr 1971, in dem er ein ähnliches Familiendrama durchzustehen hatte. Dass er nicht nur aus der Erinnerung schöpfen kann, sondern auch über dramaturgische Geschicklichkeit verfügt, bewies er mit dem erfolgreichen Bühnenstück, das dem Film voranging. In den englischen Kinos wurde "East is East" danach zum überraschenden Publikumsmagneten des Jahres 1999, was mit dem starken Bevölkerungsanteil pakistanischer Zuwanderer allein nicht erklärt werden kann. Offenbar hat Damien O'Donnell, der aus Dublin stammende Regisseur, der dem Stoff anfangs skeptisch gegenüberstand, es in seinem Spielfilmdebüt verstanden, den ironischen Ton gut zu treffen, den das britische Publikum gern anschlägt, wenn es um seinen Alltag geht.
Der Spaß des Films liegt in der schönen Selbstverständlichkeit, mit der sich jede Figur um die eigene Achse dreht, und in der Reibung, die dabei allgemein entsteht. "Ich bin hier geboren, kein Pakistani", schleudert einer der Söhne dem entsetzten Vater ins Gesicht, der gar nicht begreifen will, wie sehr er seit der Heirat mit Ella selbst ein Grenzgänger ist.
Das Vergnügen an der Geschichte erwuchs für das englische Publikum nicht zuletzt aus dem Manchester-Slang beziehungsweise den Sprachfehlern des Vaters. Daraus ist nun ein glattes Hochdeutsch für Ella und ihre Kinder, für George aber jener künstliche Redestil geworden, den zwar in Deutschland kein Ausländer spricht, mit dem manche Deutsche aber das unfertige Sprachvermögen von Fremden nachäffen. "Du immer entspannen bei mir", lädt George seine Gattin ein, um ihr wenig später eine Tracht Prügel anzukündigen: "Ich dich warnen." Zum Glück widersteht die plastische Ausdruckskraft des Darstellers Om Puri der Verwandlung der tragikomischen Gestalt in einen unfreiwilligen Witzbold. In den Augen von Om Puri liegt die müde Kraft eines Mannes, der das Beste in seinem Leben schon hinter sich weiß.
HANS-JÖRG ROTHER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sie liebten und sie schlugen sich: "East Is East" im Kino
Es kann so nicht gut gehen, aber es muss - in diesem Widerspruch zwischen misslicher Lage und Wohlbefinden haben die Figuren der Komödie ihr Auskommen. George Khan, das pakistanische Familienoberhaupt, strapaziert seine Autorität bis zum Äußersten, indem er die heimische Tradition, insbesondere beim Verheiraten der Kinder, in der neuen, englischen Heimat hart durchsetzen will. Es gereicht ihm nicht zur Lehre, dass der älteste der sechs Söhne zu Beginn der traditionellen Hochzeitszeremonie aufspringt und vor der durchaus hübschen Braut davonläuft. Wie soll nun mit zwei Mädchen, vor deren filmisch eigens verstärkter Hässlichkeit selbst George Khan erschrickt, gut gehen, was mit dem zu allem Übel auch noch homosexuellen Statthalter misslang?
Noch ist die Macht der Tradition in dem Salforder Reihenhaus keineswegs gebrochen. Ella, Georges britische Ehefrau, deren Tüchtigkeit dem gemeinsamen Fish-und-Chips-Laden zugute kommt, zeigt sich nach kurzen Einwänden immer wieder versöhnungsbereit. Sie akzeptiert, dass am jüngsten Sohn die Beschneidung nachgeholt wird, und übersieht die psychische Not des Jungen. Sie schluckt die Vertreibung des Ältesten, mit dem sie insgeheim telefonisch Verbindung hält, und selbst als die Schlagwut des über seine Söhne und nicht zuletzt die aufsässige Tochter kopflos gewordenen Vaters vor ihrem Gesicht nicht Halt macht, ermahnt sie ihre Brut: "Es ist und bleibt euer Vater."
Spitze Bemerkungen jedoch über die Enge des Häuschens treffen Ellas Ehre an der empfindlichen ökonomischen Stelle. Schließlich darf sie stolz sein, der Familie zu einem sicheren Fundament verholfen zu haben, an dessen schmale Basis sie nicht gern erinnert werden will. Die Versöhnung des aller Autorität und Macht verlustig gegangenen Vaters und der nicht minder deprimierten Mutter findet dann am Tresen des "English Chippy" statt und wird mit der Frage eingeleitet: "Willst du eine Tasse Tee?" Der offenbar seit Beginn der multikulturellen Ehegemeinschaft schwelende, von Ellas Seite um des lieben Friedens willen nur schwach geführte Kampf ist endgültig entschieden. George akzeptiert die - mehr oder minder - feine englische Art, zu der neben dem Fünf-Uhr-Tee die Freiheit jedes Menschen gehört.
Ayub Khan-Din, der Drehbuchautor des Films "East Is East", verlegte die Handlung in das Jahr 1971, in dem er ein ähnliches Familiendrama durchzustehen hatte. Dass er nicht nur aus der Erinnerung schöpfen kann, sondern auch über dramaturgische Geschicklichkeit verfügt, bewies er mit dem erfolgreichen Bühnenstück, das dem Film voranging. In den englischen Kinos wurde "East is East" danach zum überraschenden Publikumsmagneten des Jahres 1999, was mit dem starken Bevölkerungsanteil pakistanischer Zuwanderer allein nicht erklärt werden kann. Offenbar hat Damien O'Donnell, der aus Dublin stammende Regisseur, der dem Stoff anfangs skeptisch gegenüberstand, es in seinem Spielfilmdebüt verstanden, den ironischen Ton gut zu treffen, den das britische Publikum gern anschlägt, wenn es um seinen Alltag geht.
Der Spaß des Films liegt in der schönen Selbstverständlichkeit, mit der sich jede Figur um die eigene Achse dreht, und in der Reibung, die dabei allgemein entsteht. "Ich bin hier geboren, kein Pakistani", schleudert einer der Söhne dem entsetzten Vater ins Gesicht, der gar nicht begreifen will, wie sehr er seit der Heirat mit Ella selbst ein Grenzgänger ist.
Das Vergnügen an der Geschichte erwuchs für das englische Publikum nicht zuletzt aus dem Manchester-Slang beziehungsweise den Sprachfehlern des Vaters. Daraus ist nun ein glattes Hochdeutsch für Ella und ihre Kinder, für George aber jener künstliche Redestil geworden, den zwar in Deutschland kein Ausländer spricht, mit dem manche Deutsche aber das unfertige Sprachvermögen von Fremden nachäffen. "Du immer entspannen bei mir", lädt George seine Gattin ein, um ihr wenig später eine Tracht Prügel anzukündigen: "Ich dich warnen." Zum Glück widersteht die plastische Ausdruckskraft des Darstellers Om Puri der Verwandlung der tragikomischen Gestalt in einen unfreiwilligen Witzbold. In den Augen von Om Puri liegt die müde Kraft eines Mannes, der das Beste in seinem Leben schon hinter sich weiß.
HANS-JÖRG ROTHER
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