Die Yoga-Lehrerin Abbie und der Landschaftsdesigner Robert sind beste Freunde - und beide auf der Suche nach dem "Mann fürs Leben". Als Abbie von Ihrem Lover verlassen wird und Trost bei ihrem Freund Rob sucht, kommen die beiden sich allerdings auf höchst heterosexuelle Art näher. Die Folgen dieser denkwürdigen Nacht lassen nicht lange auf sich warten: Wie es das Schicksal will, wird Abbie überraschend schwanger. Die beiden beschließen, das beste aus dieser Situation zu machen und ziehen ihren gemeinsamen Sohn Sam zusammen groß. Mehrere Jahre lang funktioniert diese ungewöhnliche Familieneinheit reibungslos, wenn auch die platonischen Freunde Abbie und Robert kaum Zeit für ein Privatleben und schon gar nicht für neue Männer finden. Doch dann tritt der sympathische Geschäftsmann Ben in Abbies Leben, der sie davon überzeugen kann, daß es nie zu spät für die romantische Liebe ist. Eigentlich gönnt Robert seiner besten Freundin Abbie ja diese neue Liebe von ganzem Herzen, wenn sie nur nicht die Familienidylle bedrohen würde...
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Musikvideo(s) - Interviews - DVD ROM Part - Produktions-Infos - FotogalerieFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2000Wie die Jungfrau zum Kind
"Ein Freund zum Verlieben" im Kino: Wie strapazierfähig die Kleinfamilie wohl ist?
In diesem Film "The Next Best Thing" ist der Hintergrund das eigentlich Interessante: das, was er über das Gezeigte und vorgeblich Gemeinte hinaus suggeriert. Da ist zum Beispiel Madonna in der Hauptrolle. Selbstironische oder selbstmythifizierende Anspielungen aufs vermeintlich Private lugen aus jeder zweiten Filmszene hervor, lassen Wahrheit und Lüge changieren und spielen, ganz leicht nur angetippt, doch gerade deshalb nicht unelegant mit Medienillusionen.
"The Next Best Thing", mit dem schnulzenhaften deutschen Verleihtitel "Ein Freund zum Verlieben", arbeitet mit Bildern, die Madonna von sich selbst in Interviews lanciert: der unabhängigen Frau, Mutter, Yoga-Liebhaberin, Körperkult-Anhängerin auf dem Weg zu ersten besorgniserregenden Falten. Deutlich vernehmbar tritt sie in der Öffentlichkeit kämpferisch und autoritär in Erscheinung, Eigenschaften, die sie auch auf der Leinwand - und nicht nur in ihren günstigsten Ausprägungen - an den Tag legt. Schon der erste Satz, den sie im Film spricht, steht im Imperativ, einem Modus, den sie ebenso in vielen Songtexten bevorzugt. Kurzum, Madonna ist auch dieses Mal auf der Leinwand Madonna. Aber da sie sich keine Mühe gibt, ihr Image mit Zuckerguß zu versüßen, sondern den harten Glanz einer Figur exponiert, die Unerfreuliches sowohl erlebt hat als auch austeilen kann, ist das ein Punkt für sie.
Daß Madonna eine schlechte Schauspielerin sei, ist ein Gemeinplatz der Kritik. Andererseits ist ihr Image so markant und populär, daß selbst eindrucksvollere Rollengestaltungen, als Madonna gemeinhin zu liefern imstande ist, kaum dagegen ankämen. Das ist die Bürde jedes Films, in dem sie mitspielt und den sie dennoch oder gerade deswegen zu ihrem - meist schlecht funktionierenden - Vehikel macht. Sie sticht unter dem Personal professioneller Schauspieler hervor wie ein Exemplar einer fremden Spezies - oder wie Elvis Presley in jedem seiner Filme.
Möglicherweise weiß sie es selbst: Der Rollenillusion sind in ihrem Fall, dem eines in anderen Medien zu Ruhm gelangten Superstars, Grenzen gesetzt. Abel Ferrara, der sie 1993 in "Dangerous Game" als Diva besetzte, schlug daraus filmischen Gewinn. Auch John Schlesingers "Next Best Thing" profitiert schlau von scheinbar klatschsüchtigen Verweisen auf die als Privatleben propagierte Medienexistenz der Schauspieler. Diese Verweise sind verspielter, aber auch unverschämter als bei Ferrara - schwer zu sagen, wo die Ironie aufhört und die Publicity-Wirksamkeit anfängt.
Madonnas Partner ist Rupert Everett, auch im wirklichen Leben ein Freund; seine Homosexualität spielt im Film eine Hauptrolle. Sogar sein eigener Hund tritt auf. Rupert Everett ist Madonna durchaus gewachsen. Als Akteurin scheint sie nicht in der Lage, ihn an die Wand zu spielen, und auch gegen ihr übermächtiges Starcharisma behauptet er sich erfolgreich: mit schlagfertigem Cary-Grant-Flair und damit, daß er kaum versucht, netter als sie zu sein. Der Film enthält Elemente einer Home story, der nicht zu trauen ist, bevölkert mit Hauptfiguren von begrenztem Sympathiewert.
Eingebettet in die schillernde Kulisse zwischen Pirandello und Regenbogenpresse ist die nicht minder merkwürdige Geschichte: Robert, der homosexuelle Gärtner, und Abbie, die heterosexuelle Yoga-Lehrerin, wachen nach einem Alkohol-Blackout nebeneinander auf, stellen kurz darauf fest, daß sie ein Kind gezeugt haben, und beschließen ein quasifamiliäres Zusammenleben zu dritt. Das Arrangement etabliert sich als jahrelang haltbares Idyll, in dem vor allem Robert in der Mutterrolle aufgeht und Beziehungen zu anderen Männern aufgibt. Nett vertauscht sind hier die Geschlechterklischees.
Als Abbie sich jedoch nach langer Zeit wieder verliebt, erweist sich die Familienalternative als ebenso fragil wie althergebrachte Modelle in ähnlichen Fällen. Sie will heiraten, die Ménage à trois auflösen: Der Zank ums Kind beginnt. Der Film konstatiert die Normalität von "Patchwork"-Familien. Als man bereits zu glauben beginnt, er feiere vorbehaltlos das nonkonformistische Glück, stellt er auch das in Frage und notiert, wie am Rande, die Endlichkeit - oder Veränderbarkeit - aller Bindungen. Zu Beginn schildert er den Abschied Abbies von einem Liebhaber, auch Robert erlebt man in einer Trennungssituation und schließlich die Auflösung der Kleinfamilie. Allen elterlichen Beschwichtigungen zum Trotz ist zum Schluß das Kind die hin- und hergerissenene und schließlich verlassene Person.
Die Story ist dramaturgisch schlecht ausbalanciert, kann sich für keine Perspektive, kein Genre und keinen einheitlichen Stil entscheiden: Was als romantische Komödie mit musicalesken Einlagen beginnt, endet als unromantisches Courtroom-Drama, das alle Positionen in gleicher Weise verteidigt. Und trotzdem besitzt die unebene Filmerzählung, ebenso wie die Figurenzeichnung, überzeugende Momente: vor allem, weil sie konventionelle Plot-Wendungen mit beharrlichem Widerstand unterläuft, Fragen offenläßt und nicht bestrebt ist, alle Konflikte als lösbar und Menschen als harmonisches Ganzes erscheinen zu lassen.
Der renitente Zug in John Schlesingers Film zeigt sich besonders prononciert, weil das Ambiente so schön und hollywoodgemäß ist, wie man es sich nur vorstellen kann, und weil die Sonne von L.A. für den Regisseur aus London immer scheint. Seine Menschen paradieren in sportgestählten, perfekten Körpern und werden von der Kamera geliebt, als ob es eine Baccardi-Werbung wäre: Es ist ein "Feel bad"-Movie in einem "Feel good"-Ambiente; man denkt an den Schluß von Schlesingers vielleicht bestem Film, "Midnight Cowboy", der seine Figuren im Sonnenglanz von Florida auf den Tiefpunkt ihrer Existenz befördert.
MARION LÖHNDORF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Ein Freund zum Verlieben" im Kino: Wie strapazierfähig die Kleinfamilie wohl ist?
In diesem Film "The Next Best Thing" ist der Hintergrund das eigentlich Interessante: das, was er über das Gezeigte und vorgeblich Gemeinte hinaus suggeriert. Da ist zum Beispiel Madonna in der Hauptrolle. Selbstironische oder selbstmythifizierende Anspielungen aufs vermeintlich Private lugen aus jeder zweiten Filmszene hervor, lassen Wahrheit und Lüge changieren und spielen, ganz leicht nur angetippt, doch gerade deshalb nicht unelegant mit Medienillusionen.
"The Next Best Thing", mit dem schnulzenhaften deutschen Verleihtitel "Ein Freund zum Verlieben", arbeitet mit Bildern, die Madonna von sich selbst in Interviews lanciert: der unabhängigen Frau, Mutter, Yoga-Liebhaberin, Körperkult-Anhängerin auf dem Weg zu ersten besorgniserregenden Falten. Deutlich vernehmbar tritt sie in der Öffentlichkeit kämpferisch und autoritär in Erscheinung, Eigenschaften, die sie auch auf der Leinwand - und nicht nur in ihren günstigsten Ausprägungen - an den Tag legt. Schon der erste Satz, den sie im Film spricht, steht im Imperativ, einem Modus, den sie ebenso in vielen Songtexten bevorzugt. Kurzum, Madonna ist auch dieses Mal auf der Leinwand Madonna. Aber da sie sich keine Mühe gibt, ihr Image mit Zuckerguß zu versüßen, sondern den harten Glanz einer Figur exponiert, die Unerfreuliches sowohl erlebt hat als auch austeilen kann, ist das ein Punkt für sie.
Daß Madonna eine schlechte Schauspielerin sei, ist ein Gemeinplatz der Kritik. Andererseits ist ihr Image so markant und populär, daß selbst eindrucksvollere Rollengestaltungen, als Madonna gemeinhin zu liefern imstande ist, kaum dagegen ankämen. Das ist die Bürde jedes Films, in dem sie mitspielt und den sie dennoch oder gerade deswegen zu ihrem - meist schlecht funktionierenden - Vehikel macht. Sie sticht unter dem Personal professioneller Schauspieler hervor wie ein Exemplar einer fremden Spezies - oder wie Elvis Presley in jedem seiner Filme.
Möglicherweise weiß sie es selbst: Der Rollenillusion sind in ihrem Fall, dem eines in anderen Medien zu Ruhm gelangten Superstars, Grenzen gesetzt. Abel Ferrara, der sie 1993 in "Dangerous Game" als Diva besetzte, schlug daraus filmischen Gewinn. Auch John Schlesingers "Next Best Thing" profitiert schlau von scheinbar klatschsüchtigen Verweisen auf die als Privatleben propagierte Medienexistenz der Schauspieler. Diese Verweise sind verspielter, aber auch unverschämter als bei Ferrara - schwer zu sagen, wo die Ironie aufhört und die Publicity-Wirksamkeit anfängt.
Madonnas Partner ist Rupert Everett, auch im wirklichen Leben ein Freund; seine Homosexualität spielt im Film eine Hauptrolle. Sogar sein eigener Hund tritt auf. Rupert Everett ist Madonna durchaus gewachsen. Als Akteurin scheint sie nicht in der Lage, ihn an die Wand zu spielen, und auch gegen ihr übermächtiges Starcharisma behauptet er sich erfolgreich: mit schlagfertigem Cary-Grant-Flair und damit, daß er kaum versucht, netter als sie zu sein. Der Film enthält Elemente einer Home story, der nicht zu trauen ist, bevölkert mit Hauptfiguren von begrenztem Sympathiewert.
Eingebettet in die schillernde Kulisse zwischen Pirandello und Regenbogenpresse ist die nicht minder merkwürdige Geschichte: Robert, der homosexuelle Gärtner, und Abbie, die heterosexuelle Yoga-Lehrerin, wachen nach einem Alkohol-Blackout nebeneinander auf, stellen kurz darauf fest, daß sie ein Kind gezeugt haben, und beschließen ein quasifamiliäres Zusammenleben zu dritt. Das Arrangement etabliert sich als jahrelang haltbares Idyll, in dem vor allem Robert in der Mutterrolle aufgeht und Beziehungen zu anderen Männern aufgibt. Nett vertauscht sind hier die Geschlechterklischees.
Als Abbie sich jedoch nach langer Zeit wieder verliebt, erweist sich die Familienalternative als ebenso fragil wie althergebrachte Modelle in ähnlichen Fällen. Sie will heiraten, die Ménage à trois auflösen: Der Zank ums Kind beginnt. Der Film konstatiert die Normalität von "Patchwork"-Familien. Als man bereits zu glauben beginnt, er feiere vorbehaltlos das nonkonformistische Glück, stellt er auch das in Frage und notiert, wie am Rande, die Endlichkeit - oder Veränderbarkeit - aller Bindungen. Zu Beginn schildert er den Abschied Abbies von einem Liebhaber, auch Robert erlebt man in einer Trennungssituation und schließlich die Auflösung der Kleinfamilie. Allen elterlichen Beschwichtigungen zum Trotz ist zum Schluß das Kind die hin- und hergerissenene und schließlich verlassene Person.
Die Story ist dramaturgisch schlecht ausbalanciert, kann sich für keine Perspektive, kein Genre und keinen einheitlichen Stil entscheiden: Was als romantische Komödie mit musicalesken Einlagen beginnt, endet als unromantisches Courtroom-Drama, das alle Positionen in gleicher Weise verteidigt. Und trotzdem besitzt die unebene Filmerzählung, ebenso wie die Figurenzeichnung, überzeugende Momente: vor allem, weil sie konventionelle Plot-Wendungen mit beharrlichem Widerstand unterläuft, Fragen offenläßt und nicht bestrebt ist, alle Konflikte als lösbar und Menschen als harmonisches Ganzes erscheinen zu lassen.
Der renitente Zug in John Schlesingers Film zeigt sich besonders prononciert, weil das Ambiente so schön und hollywoodgemäß ist, wie man es sich nur vorstellen kann, und weil die Sonne von L.A. für den Regisseur aus London immer scheint. Seine Menschen paradieren in sportgestählten, perfekten Körpern und werden von der Kamera geliebt, als ob es eine Baccardi-Werbung wäre: Es ist ein "Feel bad"-Movie in einem "Feel good"-Ambiente; man denkt an den Schluß von Schlesingers vielleicht bestem Film, "Midnight Cowboy", der seine Figuren im Sonnenglanz von Florida auf den Tiefpunkt ihrer Existenz befördert.
MARION LÖHNDORF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main