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Dem in die Jahre gekommenen Bankräuber Forrest Tucker war es in der Vergangenheit über ein Dutzend Mal gelungen, aus dem Gefängnis auszubrechen. Nun lebt er in einer Seniorenanlage, hat aber noch nicht aufgehört, Raubüberfälle zu planen. Er stellt eine Gang zusammen, um eine Bank auszurauben. Detective John Hunt untersucht den Fall.

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Produktbeschreibung
Dem in die Jahre gekommenen Bankräuber Forrest Tucker war es in der Vergangenheit über ein Dutzend Mal gelungen, aus dem Gefängnis auszubrechen. Nun lebt er in einer Seniorenanlage, hat aber noch nicht aufgehört, Raubüberfälle zu planen. Er stellt eine Gang zusammen, um eine Bank auszurauben. Detective John Hunt untersucht den Fall.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.2019

Amerika ist alt geworden
Sein letztes Lächeln: Robert Redford verabschiedet sich von der Leinwand. In "Ein Gauner & Gentleman" spielt er einen alten Bankräuber. Und spielt zugleich mit seiner Rolle im New Hollywood: Er macht sich historisch, indem er sein Alter kenntlich macht

Forrest Tucker war dreizehn Jahre alt, als er zum ersten Mal gegen das Gesetz verstieß. Er stahl ein Fahrrad. Damit begann eine Karriere, die ihm in hohem Alter zu einem gewissen Ruhm verhalf. 2003 erschien im "New Yorker" eine Geschichte, die mit dem ominösen Satz begann: "Kurz vor seinem 79. Geburtstag ging Forrest Tucker ein letztes Mal zur Arbeit." Ein Überfall auf die Republic Security Bank in Jupiter, Florida, ist nicht unbedingt das, was man als "zur Arbeit gehen" bezeichnen würde. Im Fall von Forrest Tucker aber traf die Formulierung zu. Der Fahrraddiebstahl war der Auftakt zu einer kriminellen Karriere, die schließlich so lange dauerte, dass sie über ein bloßes Delinquenzregister hinausging. Das Porträt im "New Yorker" war auch ein Abgesang auf einen amerikanischen Mythos. Denn das Ausrauben von Banken ist längst zu einem unzeitgemäßen Unterfangen geworden. Man kann es auch gleich bleibenlassen oder sich direkt der Polizei stellen. Das war es im Grunde auch, was Forrest Tucker kurz vor seinem 79. Geburtstag tat: Er machte noch einmal seine Arbeit, aber er wusste, dass es diesen Job letztlich nicht mehr gab. Damit wurde der Überfall in Jupiter zu einer Zeichenhandlung.

Robert Redford war schon deutlich jenseits der achtzig, als er ein letztes Mal vor eine Filmkamera trat. In "Ein Gauner & Gentleman" spielt er Forrest Tucker. Seither ist er offiziell im Ruhestand, jedenfalls will er keine Rollen für das Kino mehr spielen, in vielen anderen Zusammenhängen ist er weiterhin aktiv, nicht zuletzt mit dem von ihm gegründeten Sundance Institute, mit dem er das unabhängige Kino in Amerika fördert. Redford hat sich die Rolle von Forrest Tucker offensichtlich sehr bewusst ausgesucht, um Abschied zu nehmen - von seiner Arbeit, von seinem Image, von den Bildern, die er mit sich herumträgt, während er einen Gentlemanverbrecher spielt. Es sind die Bilder des jungen Redford, eines strahlenden, blonden Superstars, mit dem der jetzige Redford trotz seines hohen Alters immer noch eine bemerkenswerte Ähnlichkeit hat.

Es wäre allerdings verfehlt (und eitel), wenn er sich in diesem Forrest Tucker nur spiegeln wollte, um Unverwüstlichkeit zu demonstrieren. Redford hatte, gemeinsam mit dem Regisseur David Lowery, deutlich mehr im Sinn. "Ein Gauner & Gentleman" ist auch so etwas wie eine Bilanz des amerikanischen Kinos, und es sagt viel über den Status von Robert Redford, dass er sich damit nicht überhebt.

Die Geschichte, die von sich behauptet, sie wäre "größtenteils wahr", spielt zu Beginn der achtziger Jahre in Texas. Tucker raubt eine Bank aus, wie andere Menschen bei einem Kiosk ein Glückslos ziehen. Er lässt die Sache leicht aussehen, es ist nicht einmal vollständig klar, ob er eine Waffe dabei hat. Er sucht schon wieder das Weite, bevor er Aufsehen erregen kann. Im Ohr trägt er ein Hörgerät, das er aber nicht braucht, um einer Schwerhörigkeit abzuhelfen. Er verfolgt damit den Polizeifunk. Die Zeugenaussagen sind zuerst einmal uneins, wenn es um das Alter des Räubers geht: 50? 60? Schwer zu sagen, aber eines fällt auf: Er wirkte gut gelaunt, trug ein Lächeln im Gesicht, wirkte nicht bedrohlich. Fast schon könnte man meinen, Charme wäre die Waffe, mit der Forrest Tucker die Menschen einschüchtert.

Bei dem zweiten Überfall im Film gibt es dann eine Pointe. Der Polizist John Hunt steht vor einem der Schalter an, er erzählt seinem Sohn eine Geschichte und kriegt nicht mit, dass der Filialleiter gerade die Kassen leert, um Tucker die Tasche zu füllen. Ein falscher Schnurrbart ist die einzige Verkleidung, und auch in diesem Fall hinterlässt er einen besonderen Eindruck: "Er wirkte glücklich." Man muss sich dieses Glück wohl irgendwo zwischen Risikodrang und Wiederholungszwang denken, denn aufhören kann Tucker auch dann nicht, als es einen Grund gäbe, die Freiheit der letzten Lebensjahre nicht zu riskieren.

Er lernt eine Frau kennen, sie heißt Jewel und wird von Sissy Spacek gespielt. Jewel besitzt ein schönes Stück Land, sie hält dort Pferde, man könnte sich kaum einen besseren Ort vorstellen, um in den Sonnenuntergang des Lebens zu schauen. Jewel teilt sich ihren Besitz allerdings mit einer Bank. Damit kommt ein populäres Motiv in die Geschichte, das zuletzt auch schon der Neowestern "Hell or High Water" von David Mackenzie ins Spiel brachte: Bankraub ist eine schöne (und irgendwie auch existenzialistische) Kunst, weil die Banken so unschöne Dinge tun. Sie machen ihre Geschäfte ohne Ansehen der Person. Sie pfänden auch dort, wo sie eigentlich Großzügigkeit walten lassen sollten. Der Bankräuber Forrest Tucker erweist sich als der Exekutor dieser Großzügigkeit - das ist dann wohl auch ein Aspekt, in dem das "größtenteils" in "größtenteils wahr" ein wenig dehnbar wird.

Sissy Spacek sitzt Robert Redford in einem Diner gegenüber und sieht einen Mann im neunten Lebensjahrzehnt, der einen Mann von 74 Jahren spielt und der so tut, als wäre das mit dem Altern keine große Sache. Dabei ist schon die Wahl der Partnerin für diese Szene deutlicher Hinweis darauf, wie sich "Ein Gentleman & Gauner" zu den Zeiten und Epochen in Beziehung setzt. Sissy Spacek wurde 1973 mit dem Film "Badlands" von Terrence Malick berühmt, sie spielte die 15 Jahre alte Holly, die mit ihrem Freund Kit auf eine legendäre Flucht quer durch Amerika gerät. Martin Sheen war damals ihr Partner, die Ähnlichkeit mit James Dean war so auffällig, dass sie in "Badlands" ausdrücklich Thema wird.

Forrest Tucker macht einmal einen eher rhetorischen Versuch, Jewel dazu zu überreden, mit ihm zu fliehen - es könnte, so viel ist klar, nur eine ziellose Flucht wie die von Kit und Holly sein. Eine Flucht in die Freiheit steht nicht mehr offen. Und auch die Flucht in die Mythologie ist verschlossen. Und genau von dieser Schließung handelt "Ein Gentleman & Gauner". Der Originaltitel ist lakonischer: "The Old Man and the Gun". Anklänge an die letzte Erzählung von Ernest Hemingway ("The Old Man and the Sea") sind wohl beabsichtigt. Den großen Fisch, einen weißen Wal oder ein anderes kreatürliches Symbol gibt es hier nicht. Stattdessen wendet sich der prototypische amerikanische Liberale Robert Redford gegen die Banken. Er piekst sie in der Gestalt des Forrest Tucker zwar nur an, aber damit stellt er sich in eine große Tradition: Von Jesse James über Bonnie & Clyde führt eine Linie bis in die Gegenwart des Jahres 1981, in der eine Bande alter Männer die Behörden narrt. Tucker ist nämlich nicht allein, er hat zwei Gefährten, die beide ebenfalls schon "over the hill" sind: Danny Glover und Tom Waits spielen die Komplizen, zu dritt bilden sie eine Bande, eine "Rentnergang", die dann bald einen Coup landet, der sich als zu groß erweist. In St. Louis erbeuten sie zwar eine bedeutende Ladung Gold, sie erregen aber vor allem zu viel Aufmerksamkeit.

Der Polizist John Hunt (Casey Affleck) nimmt sich der Sache an. Er erkennt hinter den einzelnen Fällen ein Muster, wenn auch noch nicht wirklich ein Motiv. Denn um Geld scheint es nicht entscheidend zu gehen. Eher schon um den Akt an sich - Bankraub als Kunst um der Kunst willen. Oder als Reenactment einer populistischen Handlung, die aus dem Western in die Gegenwart hereinragt und zunehmend auf abstrakte Strukturen und im Jahr 1981 auch auf Videoüberwachung stößt.

Die amerikanische Kritikerin Pauline Kael hat in ihrem berühmten Text über "Bonnie & Clyde" beschrieben, wie das New Hollywood um 1967 auf die dreißiger Jahre zurückgeblickt hat. Die Outlaws, die aus der Großen Depression kamen, wurden zu Vorbildern der Außenseiter, die sich eine Generation später im Kino gegen die Verhärtungen des "Corporate America" zu behaupten versuchten. Redford schaut nun mit "Ein Gentleman & Gauner" in vergleichbarer Weise auf die Zeit zurück, aus der "Bonnie & Clyde" - und dann auch seine eigene Karriere - kamen. In seinen Hits aus den Siebzigern kann man die Spannweite sehen, die nun Forrest Tucker noch einmal zu durchmessen versucht. In "Butch Cassidy und Sundance Kid" spielte er einen typischen Bankräuber im Wilden Westen, in "Der Clou" ging es dann schon um eine superkomplizierte Betrugsaffäre, in beiden Fällen war das populistische Motiv deutlich, und es wurde durch die jugendlichen Charmeure Robert Redford und Paul Newman unwiderstehlich vertreten.

In diese Welt führt kein Weg zurück, und zwar nicht, weil Redford inzwischen ein alter Mann ist, sondern, weil Amerika inzwischen ein altes Land geworden ist. Nicht von ungefähr ruft "Ein Gentleman & Gauner" zwar noch einmal die Erinnerung an New Hollywood auf, in erster Linie mit der der dezenten Liebesgeschichte zwischen Forrest und Jewel. Aber das Jahr, in dem Tucker noch einmal zur Arbeit geht, ist das erste Jahr der Präsidentschaft von Ronald Reagan. Die Tochter von John Hunt schreibt an Reagan einen Brief, in dem sie sich ehrerbietig dafür bedankt, dass er sein Land, obwohl selbst gerade Opfer eines Anschlags geworden, beschützt. Die grimmige Ironie dieses Moments wird nicht weiter vertieft, aber offensichtlich stellt Redford seinen letzten Film in die Zeichen einer Zeitenwende. Er lässt noch einmal sein Lächeln spielen, macht dabei aber deutlich, dass schon die Grundlage seines Ruhms trügerisch war - seine größten Erfolge hatte er nicht von ungefähr mit Parodien und Pastiches.

Das eigentümliche Glück des Forrest Tucker, wie Robert Redford ihn sich zueigen macht, müssen wir uns als eine Variante des Mythos von Sisyphos vorstellen. Ein Schauspieler, der sich aus dem Gefängnis der ewigen Jugend nicht vertreiben lassen will, macht sich historisch, indem er sein Alter kenntlich macht. Und er überfällt dabei Banken, er rollt den Stein des Geldsystems nicht auf einen Berg, sondern er rollt ihn immer wieder zur Seite - was dahinter sichtbar wird, ist, wie in der Bibel, ein leeres Grab. Ob wir das nun auf das Sein zum Tode eines strahlenden Individuums oder eines gesellschaftlichen Systems münzen sollen, verbirgt Redford hinter einem Lächeln. Es wirkt nahezu unangestrengt.

BERT REBHANDL

Ab Donnerstag im Kino

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