Um an das Vermögen seiner Frau Emily zu kommen, erpresst der New Yorker Industrielle Steven Taylor deren Liebhaber: Er soll Emily umbringen und das Land verlassen. Doch Emily überlebt den Anschlag. Zwischen dem skrupellosen Ehemann, der untreuen Ehefrau und dem undurchsichtigen Liebhaber beginnt ein mörderisches Katz-und-Maus Spiel....
Bonusmaterial
Alternatives Ende mit zwei separaten Tonspuren (mit und ohne Kommentar sowie enblendbarem Untertitel)-Original-Audio-Kommentare von Schuaspielern und Beteiligten. DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Original-Kommentar von Michael Douglas/Andrew Davis/Patrick Smith Kelly - Original-Kommentare von P. Macgregor-Scott/P. Rosenberg/E. Mirojnick/D. Schott/D. Wolziuk - Alternatives Filmende (mit 2 separaten Tonspuren)Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.10.1998Die Beengtheit des Luxus
Hitchcocks Spannungskunst fürs Kino entlüftet: "Ein perfekter Mord" von Andrew Davis
Wenn Mr. und Mrs. Taylor eine Wohltätigkeitsgala besuchen, dann treffen sie nicht einfach ein. Sie treten auf. Ein Blitzlichtgewitter illuminiert den Ort des Geschehens, der diensthabende Eilfertige reißt den Wagenschlag auf, und es entsteigen elegant: Mr. Steven Taylor (Michael Douglas) und seine Gattin Emily Bradford Taylor (Gwyneth Paltrow) im langen, schwarzen, enganliegenden Trägerkleid. Er ausgestattet mit perfekt sitzendem Smoking und der unübersehbaren Zurückhaltung, die dem Mann von Welt geziemt, sie Trägerin der Ehrenadjektive jung, schlank, schön und blond in der Kurzhaarversion.
Leider steht nicht alles zum besten bei den Taylors. Der amerikanische Film "Ein perfekter Mord" gewährt den Zuschauern einen Blick hinter die Kulissen, wo es kaum weniger zuchtvoll zugeht. Die wirklich umwerfende Wohnung der Taylors liegt in einer ungemein luxuriösen historischen Wohnanlage am Central Park. Dort, so mag sich der Drehbuchautor Patrick Smith Kelly gedacht haben und der Regisseur Andrew Davis stimmte ihm gewiß zu, lebt man sowieso auf dem Präsentierteller der Welt. Der Film (Produktionsdesign Philip Rosenberg) häuft beachtliche Schauwerte. Ob die Handlung darunter noch zu echten Regungen fähig ist?
Emily Bradford Taylor zeigt Gefühl vor. Die schwerreiche Erbin hat das frostige Gebaren ihres pedantischen Ehemannes satt, in dem es unter der gestrafften Oberfläche allzeit brodelt, und auf der Suche nach dem wahren Leben den erprobten Weg aller höheren Töchter eingeschlagen: Sie begibt sich in die Niederungen der Gesellschaft, pendelt zwischen dem Luxuspenthouse an der Fifth Avenue und einer maroden Fabriketage in Brooklyn. Diese dient ihrem Geliebten als Atelier, einem sanftmütigen Neocollagisten und zeitgemäßen Übermaler (Viggo Mortensen). Als Zwischenstation in sozialer Mittellage fungiert ein Büro bei den Vereinten Nationen, wo Emily einer nicht näher gekennzeichneten Tätigkeit nachgeht. Doch das wahre Leben in Brooklyn erweist sich als Täuschung und so auch die Kunst: Der Geliebte ist ein Krimineller jener Spielart, die über spezielle Erfahrungen im Umgang mit Erbinnen verfügt. Wieder stehen hinter den Kulissen nur Kulissen. Doch immerhin, die Enttäuschung des Opfers ist echt. Emily scheint ganz vergessen zu haben, daß der kalkulierte Abstieg der höheren Tochter wiederum nur den Konventionen entspricht.
Im Dreieck der Hauptfiguren springt auch die Handlung umher, von der man nicht zuviel, aber doch soviel verraten darf: Ein Mann beauftragt einen Kriminellen mit dem Mord an der reichen und treulosen Ehefrau und übergibt ihm den Schlüssel zu seiner Wohnung. Der Täter soll dort eindringen, während sein Auftraggeber sich anderswo ein Alibi verschafft. Im entscheidenden Moment vor der Tat soll ein Telefonanruf des abwesenden Ehemannes die Frau ablenken. Doch der Plan schlägt fehl, weil es dem Opfer gelingt, den Angreifer zu überwältigen. In der Filmsprache von "Ein perfekter Mord" gesprochen: Plötzlich liegt eine Leiche auf dem Präsentierteller an der Fifth Avenue.
Der Plot klingt vertraut. Er ist es auch, denn dem Film liegt das Bühnenstück "Bei Anruf Mord" von Frederick Knott zugrunde. Alfred Hitchcock hat es 1954 mit Grace Kelly in der Hauptrolle verfilmt. Nach einer amerikanischen Fernsehversion in den achtziger Jahren ist dies bereits der zweite Versuch, den Stoff zu revitalisieren. In der filmischen Eleganz und der visuellen Prachtentfaltung zeigt die Neuverfilmung sich Hitchcocks Grandezza durchaus verpflichtet. Auch die Aura des Phantasmagorischen und Abstrakt-Unwirklichen, die das berühmte Vorbild einst einhüllte wie eine schwere Decke, scheint hie und da auf. Doch ansonsten hat Patrick Smith Kelly die Geschichte vom Gattinnenmord komplett auseinandergenommen und neu montiert. "Bei Anruf Handy" könnte man, mit einigem Mut zum Kalauer, den Telefonmord der späten neunziger Jahre betiteln.
Nicht nur die technischen Möglichkeiten, auch die Seelenlage hat sich geändert. Hitchcock hatte Frederick Knotts reißbretthaftes Kammerpiel um ein vermeintlich perfektes Verbrechen als Studie der Furcht inszeniert. Die Enge des Bühnendekors wurde bei ihm zum Sinnbild für die biographische Beengtheit seiner Heldin. "Ein perfekter Mord" geht den umgekehrten Weg: Zwar finden die Klaustrophobien einer luxuriösen Lebensführung ihren Ausdruck in den innenarchitektonischen Exzessen des Ausstatters, doch ansonsten öffnet der Film die bei Hitchcock noch schwer verhangenen Fenster und wirft einige Ausblicke auf die Stadtlandschaft New Yorks. Seit seinem Regiedebüt "Stony Island" aus dem Jahr 1979 empfiehlt sich Andrew Davis als Filmchoreograph solcher urbaner Landschaften.
Ähnlich gut durchlüftet gestaltet sich der Handlungsblauf: Nicht das Rätselraten um den Täter steht im Vordergrund, sondern die psychologische Feinzeichnung der Charaktere. Die Elemente des kriminalistischen Whodunnit sind zugunsten der Reaktionsmuster des Thrillers suspendiert. Zwar wandelt ein inspirierter Polizeiinspektor arabischer Herkunft als freundliche Reminiszenz an Hitchcock durch den Film, aber die Aufdeckung des Falles überläßt er lieber der verfolgten Ehefrau und den beiden Männern, die nach der mißglückten Tat einander systematisch Beweismaterial abzujagen versuchen.
Vor allem Michael Douglas brilliert im Charakterfach: wenn er mit variabler Mundführung und vielfach verstellbarem Blick agiert, einmal das Lächeln des Hais vorführend, ein andermal seinem Rivalen um so mehr mimische Anerkennung zollend, je stärker dieser ihn bedroht. Man mag sich an seine Darstellung des Ehemannes in Danny DeVitos "Rosenkrieg" erinnert fühlen, doch hat Douglas einige zeitgemäße Justierungen vorgenommen und seinen Steven Taylor in ebendem Maß um Kalkül angereichert, wie er ihm die Fassungslosigkeit der früheren Rollenfigur versagte. Wenn es stimmt, daß Michael Douglas vorzugsweise den zutiefst irritierten Mann unserer Tage verkörpert, dann hat dieser Typus einiges dazugelernt.
Letztlich geht es sowenig um das perfekte Verbrechen wie um eine Studie der Angst. Wie schon "Der Rosenkrieg" erzählt "Ein perfekter Mord" die Geschichte einer erstarrten Ehe und ihres erlösenden Aufbrechens im Terror. Wer so denkt, hat Steven Taylor auf seiner Seite: "Emily, wir sind doch nur ein normales Ehepaar, das in einer Krise steckt", ruft er seiner Frau im finalen Duell zu. Vergebens. Längst hat der Film sich gegen ihn verschworen. Daß es mit der Normalität vorbei ist, wenn die Ehekrise ausbricht, lautet die elementare Einsicht, die dieser opulente und raffiniert eingefädelte Thriller nebenbei vermittelt. STEFFEN JACOBS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hitchcocks Spannungskunst fürs Kino entlüftet: "Ein perfekter Mord" von Andrew Davis
Wenn Mr. und Mrs. Taylor eine Wohltätigkeitsgala besuchen, dann treffen sie nicht einfach ein. Sie treten auf. Ein Blitzlichtgewitter illuminiert den Ort des Geschehens, der diensthabende Eilfertige reißt den Wagenschlag auf, und es entsteigen elegant: Mr. Steven Taylor (Michael Douglas) und seine Gattin Emily Bradford Taylor (Gwyneth Paltrow) im langen, schwarzen, enganliegenden Trägerkleid. Er ausgestattet mit perfekt sitzendem Smoking und der unübersehbaren Zurückhaltung, die dem Mann von Welt geziemt, sie Trägerin der Ehrenadjektive jung, schlank, schön und blond in der Kurzhaarversion.
Leider steht nicht alles zum besten bei den Taylors. Der amerikanische Film "Ein perfekter Mord" gewährt den Zuschauern einen Blick hinter die Kulissen, wo es kaum weniger zuchtvoll zugeht. Die wirklich umwerfende Wohnung der Taylors liegt in einer ungemein luxuriösen historischen Wohnanlage am Central Park. Dort, so mag sich der Drehbuchautor Patrick Smith Kelly gedacht haben und der Regisseur Andrew Davis stimmte ihm gewiß zu, lebt man sowieso auf dem Präsentierteller der Welt. Der Film (Produktionsdesign Philip Rosenberg) häuft beachtliche Schauwerte. Ob die Handlung darunter noch zu echten Regungen fähig ist?
Emily Bradford Taylor zeigt Gefühl vor. Die schwerreiche Erbin hat das frostige Gebaren ihres pedantischen Ehemannes satt, in dem es unter der gestrafften Oberfläche allzeit brodelt, und auf der Suche nach dem wahren Leben den erprobten Weg aller höheren Töchter eingeschlagen: Sie begibt sich in die Niederungen der Gesellschaft, pendelt zwischen dem Luxuspenthouse an der Fifth Avenue und einer maroden Fabriketage in Brooklyn. Diese dient ihrem Geliebten als Atelier, einem sanftmütigen Neocollagisten und zeitgemäßen Übermaler (Viggo Mortensen). Als Zwischenstation in sozialer Mittellage fungiert ein Büro bei den Vereinten Nationen, wo Emily einer nicht näher gekennzeichneten Tätigkeit nachgeht. Doch das wahre Leben in Brooklyn erweist sich als Täuschung und so auch die Kunst: Der Geliebte ist ein Krimineller jener Spielart, die über spezielle Erfahrungen im Umgang mit Erbinnen verfügt. Wieder stehen hinter den Kulissen nur Kulissen. Doch immerhin, die Enttäuschung des Opfers ist echt. Emily scheint ganz vergessen zu haben, daß der kalkulierte Abstieg der höheren Tochter wiederum nur den Konventionen entspricht.
Im Dreieck der Hauptfiguren springt auch die Handlung umher, von der man nicht zuviel, aber doch soviel verraten darf: Ein Mann beauftragt einen Kriminellen mit dem Mord an der reichen und treulosen Ehefrau und übergibt ihm den Schlüssel zu seiner Wohnung. Der Täter soll dort eindringen, während sein Auftraggeber sich anderswo ein Alibi verschafft. Im entscheidenden Moment vor der Tat soll ein Telefonanruf des abwesenden Ehemannes die Frau ablenken. Doch der Plan schlägt fehl, weil es dem Opfer gelingt, den Angreifer zu überwältigen. In der Filmsprache von "Ein perfekter Mord" gesprochen: Plötzlich liegt eine Leiche auf dem Präsentierteller an der Fifth Avenue.
Der Plot klingt vertraut. Er ist es auch, denn dem Film liegt das Bühnenstück "Bei Anruf Mord" von Frederick Knott zugrunde. Alfred Hitchcock hat es 1954 mit Grace Kelly in der Hauptrolle verfilmt. Nach einer amerikanischen Fernsehversion in den achtziger Jahren ist dies bereits der zweite Versuch, den Stoff zu revitalisieren. In der filmischen Eleganz und der visuellen Prachtentfaltung zeigt die Neuverfilmung sich Hitchcocks Grandezza durchaus verpflichtet. Auch die Aura des Phantasmagorischen und Abstrakt-Unwirklichen, die das berühmte Vorbild einst einhüllte wie eine schwere Decke, scheint hie und da auf. Doch ansonsten hat Patrick Smith Kelly die Geschichte vom Gattinnenmord komplett auseinandergenommen und neu montiert. "Bei Anruf Handy" könnte man, mit einigem Mut zum Kalauer, den Telefonmord der späten neunziger Jahre betiteln.
Nicht nur die technischen Möglichkeiten, auch die Seelenlage hat sich geändert. Hitchcock hatte Frederick Knotts reißbretthaftes Kammerpiel um ein vermeintlich perfektes Verbrechen als Studie der Furcht inszeniert. Die Enge des Bühnendekors wurde bei ihm zum Sinnbild für die biographische Beengtheit seiner Heldin. "Ein perfekter Mord" geht den umgekehrten Weg: Zwar finden die Klaustrophobien einer luxuriösen Lebensführung ihren Ausdruck in den innenarchitektonischen Exzessen des Ausstatters, doch ansonsten öffnet der Film die bei Hitchcock noch schwer verhangenen Fenster und wirft einige Ausblicke auf die Stadtlandschaft New Yorks. Seit seinem Regiedebüt "Stony Island" aus dem Jahr 1979 empfiehlt sich Andrew Davis als Filmchoreograph solcher urbaner Landschaften.
Ähnlich gut durchlüftet gestaltet sich der Handlungsblauf: Nicht das Rätselraten um den Täter steht im Vordergrund, sondern die psychologische Feinzeichnung der Charaktere. Die Elemente des kriminalistischen Whodunnit sind zugunsten der Reaktionsmuster des Thrillers suspendiert. Zwar wandelt ein inspirierter Polizeiinspektor arabischer Herkunft als freundliche Reminiszenz an Hitchcock durch den Film, aber die Aufdeckung des Falles überläßt er lieber der verfolgten Ehefrau und den beiden Männern, die nach der mißglückten Tat einander systematisch Beweismaterial abzujagen versuchen.
Vor allem Michael Douglas brilliert im Charakterfach: wenn er mit variabler Mundführung und vielfach verstellbarem Blick agiert, einmal das Lächeln des Hais vorführend, ein andermal seinem Rivalen um so mehr mimische Anerkennung zollend, je stärker dieser ihn bedroht. Man mag sich an seine Darstellung des Ehemannes in Danny DeVitos "Rosenkrieg" erinnert fühlen, doch hat Douglas einige zeitgemäße Justierungen vorgenommen und seinen Steven Taylor in ebendem Maß um Kalkül angereichert, wie er ihm die Fassungslosigkeit der früheren Rollenfigur versagte. Wenn es stimmt, daß Michael Douglas vorzugsweise den zutiefst irritierten Mann unserer Tage verkörpert, dann hat dieser Typus einiges dazugelernt.
Letztlich geht es sowenig um das perfekte Verbrechen wie um eine Studie der Angst. Wie schon "Der Rosenkrieg" erzählt "Ein perfekter Mord" die Geschichte einer erstarrten Ehe und ihres erlösenden Aufbrechens im Terror. Wer so denkt, hat Steven Taylor auf seiner Seite: "Emily, wir sind doch nur ein normales Ehepaar, das in einer Krise steckt", ruft er seiner Frau im finalen Duell zu. Vergebens. Längst hat der Film sich gegen ihn verschworen. Daß es mit der Normalität vorbei ist, wenn die Ehekrise ausbricht, lautet die elementare Einsicht, die dieser opulente und raffiniert eingefädelte Thriller nebenbei vermittelt. STEFFEN JACOBS
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