EIN ZUHAUSE AM ENDE DER WELT beschreibt den Lebensweg zweier Jungen von ihrer Schulzeit in Ohio, über eine Ménage á Trois mit einer älteren Frau in New York bis zum gemeinsamen Haus auf dem Land. Dabei porträtiert der Film einerseits typische Momente der Siebziger und frühen Achtziger Jahre, mit all den Gegensätzen, die sich zwischen einem langweiligen Vorort und dem exaltierten East Village auftun. Andererseits beobachtet er das Heranwachsen der zwei Jugendfreunde, ihre wechselnden sexuellen Neigungen und ihren Umgang damit. Er zeigt ihre Sehnsucht nach Gefühlen, die sich über konventionelle Maßstäbe hinwegsetzen können, aber auch ihre Hingabe an beständige Werte wie eine Familie oder ein Zuhause. Und trotz aller sexuellen Turbulenzen ist es vor allem die Geschichte von einer, vielleicht sogar von zwei großen Lieben, die dieser Film erzählt.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / SzenenanwahlFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.2004Duett zu dritt
Michael Mayers Film "Ein Zuhause am Ende der Welt"
Wenn ein Film nach anderthalb Stunden zu kurz wirkt und das nicht an seiner eigentlich erfreulich gemäßigten Länge liegt, dann kann irgend etwas nicht stimmen. Dann hat der Film nicht gehalten, was er versprochen hat; die Figuren sind nicht so nahe gekommen, wie man gehofft hat, und überhaupt ist manche Rechnung offengeblieben. "Ein Zuhause am Ende der Welt" ist so ein Film, der sich derart hoffnungslos im Beziehungsgestrüpp seiner Geschichte verheddert, daß er am Ende nicht mehr hinausfindet. Es geht um zwei Jungs (Colin Farrell und Dallas Roberts), die im Cleveland der sechziger Jahre aufwachsen, im New York der Achtziger an der Seite einer Frau (Robin Wright Penn) das Leben genießen und schließlich zu dritt bei Woodstock ihr Baby großziehen, bis die Frau genug hat von diesem Familienmodell und mit ihrem Kind auszieht. Wie jede Dreiecksgeschichte müßte dieser Film von Zwischentönen leben, von unausgesprochenen und unterdrückten Gefühlen, aber der Regisseur Michael Mayer setzt eher aufs Naheliegende oder Einvernehmliche. So vorsichtig geht er mit seiner Utopie um, daß man beinahe vergeblich darauf wartet, daß er endlich in der Wirklichkeit ankommt.
"A Home at the End of the World" ist ein Roman von Michael Cunningham, der zuletzt mit seiner Virginia-Woolf-Elegie "The Hours" Erfolg hatte. Beide Bücher leben davon, daß verschiedene Figuren in dasselbe Lied einstimmen, verschiedene Lebensläufe am selben Strang zu ziehen scheinen. Wo aber in "The Hours" der Gleichklang der drei Frauenschicksale für Tiefe sorgte, da wirkt in Cunninghams Drehbuch zu "Ein Zuhause . . ." die Perspektivenvielfalt stets ein wenig unentschieden, so als scheue die filmische Umsetzung einen allzu scharfen Blick unter die Oberfläche der Dreiecksbeziehung. Womöglich liegt das aber auch daran, daß der Broadway-Regisseur Michael Mayer in seinem Kinodebüt in seinem Hang zu lyrischen, versöhnlichen Momenten oft etwas hölzern wirkt.
Dabei herrscht am Anfang noch eine Leichtfüßigkeit, die in ihrer vergnügten Verklärung der Sixties richtig gute Laune macht. Da überrascht der kleine Junge seinen älteren Bruder beim Sex, doch nachdem das Mädchen aus dem Fenster geflüchtet ist, nimmt der Ältere den Bruder in dem Arm und sagt, er müsse sich nicht ängstigen: "It's only love." Und weil der Große auch sonst eine großzügige Auffassung von brüderlicher Nächstenliebe hat, teilt er seinen LSD-Trip mit ihm, worauf der Kleine mit großen Augen gute zwanzig Meter über dem Boden zu schweben scheint. Nachdem der Bruder unglücklich ums Leben gekommen ist, gibt der Kleine die frohe Botschaft der Bewußtseinserweiterung ausgerechnet an die kreuzbrave Mutter seines besten Freundes weiter, als sie die beiden mit einem Joint erwischt. Das ist allerdings eine der schönsten Szenen des Jahres: wie Sissy Spacek dem Ansinnen des Jungen zum Entsetzen ihres Sohnes tatsächlich nachgibt und ihre ersten Züge nimmt.
Der Film verliert leider beträchtlich an Fahrt, wenn die Jungs erwachsen sind, weil der Übergang vom jungen Darsteller (Erik Smith) auf den älteren (Colin Farrell) zwar äußerlich funktioniert, aber Farrells Präsenz sich ganz im Naiven erschöpft, wo der Vorgänger es schaffte, die Geste mit dem Joint so zu spielen, daß man nicht wußte, ob es Arglosigkeit oder Chuzpe war. Genau diese Doppelbödigkeit ist es, die dem Film fehlt. Als wollte er niemandem weh tun. Das aber ist in einer Geschichte über die Wunden, die das Leben schlägt, zu wenig.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Michael Mayers Film "Ein Zuhause am Ende der Welt"
Wenn ein Film nach anderthalb Stunden zu kurz wirkt und das nicht an seiner eigentlich erfreulich gemäßigten Länge liegt, dann kann irgend etwas nicht stimmen. Dann hat der Film nicht gehalten, was er versprochen hat; die Figuren sind nicht so nahe gekommen, wie man gehofft hat, und überhaupt ist manche Rechnung offengeblieben. "Ein Zuhause am Ende der Welt" ist so ein Film, der sich derart hoffnungslos im Beziehungsgestrüpp seiner Geschichte verheddert, daß er am Ende nicht mehr hinausfindet. Es geht um zwei Jungs (Colin Farrell und Dallas Roberts), die im Cleveland der sechziger Jahre aufwachsen, im New York der Achtziger an der Seite einer Frau (Robin Wright Penn) das Leben genießen und schließlich zu dritt bei Woodstock ihr Baby großziehen, bis die Frau genug hat von diesem Familienmodell und mit ihrem Kind auszieht. Wie jede Dreiecksgeschichte müßte dieser Film von Zwischentönen leben, von unausgesprochenen und unterdrückten Gefühlen, aber der Regisseur Michael Mayer setzt eher aufs Naheliegende oder Einvernehmliche. So vorsichtig geht er mit seiner Utopie um, daß man beinahe vergeblich darauf wartet, daß er endlich in der Wirklichkeit ankommt.
"A Home at the End of the World" ist ein Roman von Michael Cunningham, der zuletzt mit seiner Virginia-Woolf-Elegie "The Hours" Erfolg hatte. Beide Bücher leben davon, daß verschiedene Figuren in dasselbe Lied einstimmen, verschiedene Lebensläufe am selben Strang zu ziehen scheinen. Wo aber in "The Hours" der Gleichklang der drei Frauenschicksale für Tiefe sorgte, da wirkt in Cunninghams Drehbuch zu "Ein Zuhause . . ." die Perspektivenvielfalt stets ein wenig unentschieden, so als scheue die filmische Umsetzung einen allzu scharfen Blick unter die Oberfläche der Dreiecksbeziehung. Womöglich liegt das aber auch daran, daß der Broadway-Regisseur Michael Mayer in seinem Kinodebüt in seinem Hang zu lyrischen, versöhnlichen Momenten oft etwas hölzern wirkt.
Dabei herrscht am Anfang noch eine Leichtfüßigkeit, die in ihrer vergnügten Verklärung der Sixties richtig gute Laune macht. Da überrascht der kleine Junge seinen älteren Bruder beim Sex, doch nachdem das Mädchen aus dem Fenster geflüchtet ist, nimmt der Ältere den Bruder in dem Arm und sagt, er müsse sich nicht ängstigen: "It's only love." Und weil der Große auch sonst eine großzügige Auffassung von brüderlicher Nächstenliebe hat, teilt er seinen LSD-Trip mit ihm, worauf der Kleine mit großen Augen gute zwanzig Meter über dem Boden zu schweben scheint. Nachdem der Bruder unglücklich ums Leben gekommen ist, gibt der Kleine die frohe Botschaft der Bewußtseinserweiterung ausgerechnet an die kreuzbrave Mutter seines besten Freundes weiter, als sie die beiden mit einem Joint erwischt. Das ist allerdings eine der schönsten Szenen des Jahres: wie Sissy Spacek dem Ansinnen des Jungen zum Entsetzen ihres Sohnes tatsächlich nachgibt und ihre ersten Züge nimmt.
Der Film verliert leider beträchtlich an Fahrt, wenn die Jungs erwachsen sind, weil der Übergang vom jungen Darsteller (Erik Smith) auf den älteren (Colin Farrell) zwar äußerlich funktioniert, aber Farrells Präsenz sich ganz im Naiven erschöpft, wo der Vorgänger es schaffte, die Geste mit dem Joint so zu spielen, daß man nicht wußte, ob es Arglosigkeit oder Chuzpe war. Genau diese Doppelbödigkeit ist es, die dem Film fehlt. Als wollte er niemandem weh tun. Das aber ist in einer Geschichte über die Wunden, die das Leben schlägt, zu wenig.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main