Die junge Amerikanerin Isabel (Kate Hudson) ist in Paris, um ihrer schwangeren, vom französischen Ehemann verlassenen, Schwester Roxy (Naomi Watts) zur Seite zu stehen. Sie stürzen sich in das Pariser Gesellschaftsleben und prompt verliebt sich Isabel in den verheirateten Onkel (Thierry Lhermitte) ihres zukünftigen Ex-Schwagers.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-MenüFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.01.2004Flüchtige Begegnung frei flottierender Kräfte
Und täglich grüßt der Eiffelturm: James Ivorys Filmkomödie "Eine Affäre in Paris"
In einer Nebenhandlung dieses Films geht es um ein Gemälde von Georges De La Tour. Roxy Walker (Naomi Watts) hat es aus Kalifornien nach Paris mitgebracht, wo sie einen Franzosen geheiratet und sich in Roxeanne de Persand verwandelt hat. Jetzt hängt die "Heilige Ursula" breit und prächtig über dem Sofa in der gemeinsamen Wohnung, während Roxys Mann die Scheidung beantragt. Die Amerikanerin will ihrer Familie das Erbstück zurückerstatten, aber bei einem De La Tour ist das bekanntlich nicht so einfach. Falls das Gemälde echt ist, muß es in Frankreich bleiben, als nationales Kulturgut. Zu Roxys Glück hält die Kuratorin des Louvre die "Heilige Ursula" für das Werk eines La-Tour-Schülers. Der Mann vom Auktionshaus Christie's dagegen schreibt die Tafel dem Meister zu, und er behält recht. Die Versteigerung in London macht Roxy und ihre Eltern zu Millionären. In der Schlußszene des Films erfährt man, daß die Walkers eine Firma gegründet haben; sie trägt den Namen der Heiligen auf De La Tours Bild.
Der Witz an der Geschichte liegt nun nicht darin, daß es höchstwahrscheinlich keine "Heilige Ursula" von Georges De La Tour gibt - obwohl niemand wissen kann, wie viele Gemälde des lang vergessenen Lothringers noch irgendwo auf der Welt ihrer Wiederentdeckung harren. Der Witz liegt auch nicht in der Legende der Heiligen auf dem Bild, die sich, Jungfrau aus Leidenschaft, einem brünstigen Hunnenkönig so standhaft verweigerte, daß er sie vor Wut mit Pfeilen durchbohrte - obwohl doch gerade dieses Motiv, die Konfrontation von fremdländischer Barbarei und europäischer Gesittung, im Zusammenhang der "Affäre in Paris" einiges hergäbe. Der Witz liegt vielmehr darin, daß dieser Film sich gar nicht die Mühe macht, das Gemälde, das für den Fortgang seiner Handlung eine so wichtige Rolle spielt, genauer anzuschauen. Es ist ein Bild, mehr nicht. Ein Objekt. Als es verkauft wird, bleibt sein Name zurück wie ein Chip, den man in der Spielbank einzuwechseln vergessen hat.
James Ivory, der Regisseur der "Affäre", hat zu den Stoffen seiner Filme ein abgeklärtes Verhältnis, es sei denn, sie kämen von E. M. Forster oder Henry James. Deren Romane hat er mit Anstand und Delikatesse auf die Leinwand gebracht, zuletzt James' "Golden Bowl" (2001), die Geschichte eines tragischen Liebesquartetts, das halb aus Europäern, halb aus Amerikanern besteht. Halb europäisch und halb amerikanisch sind auch Ivorys Filme, die seit gut dreißig Jahren von dem gebürtigen Inder Ismail Merchant produziert und (mit wenigen Ausnahmen) von der britischen Autorin Ruth Prawer Jhabvala geschrieben werden, ein Trio, das sich souverän zwischen den Kulturkreisen bewegt, denen es entstammt. Für die Verfilmung von Diane Johnsons Erfolgsroman "Le Divorce" (auf deutsch: "Scheidung auf französisch") erschienen Ivory, Merchant und Prawer deshalb als ideales Gespann.
Das Buch erzählt in leichtem Ton von den Abenteuern der amerikanischen Studentin Isabel und ihrer älteren, glücklos verheirateten Schwester in Paris, von Mißverständnissen und Enthüllungen kultureller wie sexueller Art. Prawer kondensierte das Vierhundert-Seiten-Buch zu einem flotten szenischen Reigen, und Ivory holte eine aus französischen und amerikanischen Schauspielern gemischte Truppe vor die Kamera - Kate Hudson als Isabel, Naomi Watts als ihre Schwester Roxy, Melvil Poupaud als untreuer Ehemann, Leslie Caron als Schwiegermutter, Sam Waterston und Stockard Channing als Mr. und Mrs. Walker. Auch die Romanautorin Johnson hat eine Stellvertreterin namens Olivia Pace im Bild, die von Glenn Close als Mischung aus viktorianischer Salondame und stilvoll verblühter Hippiefrau gespielt wird. So könnte alles in schönster Unordnung sein, wenn nicht eben diese Unübersichtlichkeit, das bunte Durcheinander eines quietschfidelen Unterhaltungsromans, Ivory schwer zu schaffen machte.
Denn der amerikanische Regisseur ist ein Spezialist für Ordnungen, Konventionen, Hierarchien und das, was sie zerstört - nicht für die frei flottierenden Kräfte moderner Großstadtgeschichten. Was er in seinen Forster- und James-Adaptionen virtuos ins Bild setzte, entgeht hier auf seltsame Weise seiner Aufmerksamkeit: der Moment, in dem seine Figuren sich entscheiden, für oder gegen eine Versuchung, eine lästige Pflicht, ein laszives Angebot oder eine neue Liebe. Je länger "Eine Affäre in Paris" dauert, desto mehr fragt man sich, ob Ivory eigentlich genau weiß, was er uns erzählen will, so gleichbleibend wohltemperiert und wahllos serviert er die einzelnen Episoden seines Plots. Roxy, hochschwanger und tief unglücklich, versucht sich das Leben zu nehmen, Isabel beginnt eine Liebschaft mit dem geschniegelten Talkshow-Politiker Edgar (Thierry Lhermitte), und Tellman (Matthew Modine), ein weiterer verirrter Amerikaner in Paris, sucht mit dem Revolver in der Hand nach seiner untreuen Frau - aber Ivorys Kamera (geführt von Pierre Lhomme) betrachtet das alles, als ginge es sie nichts an, als wären es Szenen aus einem Bilderbogen, den man auch in umgekehrter Richtung lesen könnte, ohne seinen Inhalt merklich zu verändern. Es ist, als hätte ein Schüler von Robert Altman sich einen Eric-Rohmer-Stoff vorgenommen; beides, das Amerikanische und das Französische, die Kinetik und die Raffinesse, ist da, aber es vermischt sich nicht. Paris bleibt Kulisse, die "Affäre" ein flüchtiges Rendezvous.
Einmal, mitten im Film, sitzt Isabel mit ihrem Verehrer Edgar beim Dejeuner, und er fragt sie, ob sie seine Mätresse werden wolle. "Ich finde Sie sehr unterhaltsam, und ich hoffe, sie finden mich auch unterhaltsam." Je nachdem, wie man diesen Satz betont, kann er eine Drohung, eine Frechheit oder ein Ausdruck heftigsten Begehrens sein. Bei Ivory klingt er bloß wie ein höfliches Kompliment. Für einen Trip nach Paris ist das zuwenig.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Und täglich grüßt der Eiffelturm: James Ivorys Filmkomödie "Eine Affäre in Paris"
In einer Nebenhandlung dieses Films geht es um ein Gemälde von Georges De La Tour. Roxy Walker (Naomi Watts) hat es aus Kalifornien nach Paris mitgebracht, wo sie einen Franzosen geheiratet und sich in Roxeanne de Persand verwandelt hat. Jetzt hängt die "Heilige Ursula" breit und prächtig über dem Sofa in der gemeinsamen Wohnung, während Roxys Mann die Scheidung beantragt. Die Amerikanerin will ihrer Familie das Erbstück zurückerstatten, aber bei einem De La Tour ist das bekanntlich nicht so einfach. Falls das Gemälde echt ist, muß es in Frankreich bleiben, als nationales Kulturgut. Zu Roxys Glück hält die Kuratorin des Louvre die "Heilige Ursula" für das Werk eines La-Tour-Schülers. Der Mann vom Auktionshaus Christie's dagegen schreibt die Tafel dem Meister zu, und er behält recht. Die Versteigerung in London macht Roxy und ihre Eltern zu Millionären. In der Schlußszene des Films erfährt man, daß die Walkers eine Firma gegründet haben; sie trägt den Namen der Heiligen auf De La Tours Bild.
Der Witz an der Geschichte liegt nun nicht darin, daß es höchstwahrscheinlich keine "Heilige Ursula" von Georges De La Tour gibt - obwohl niemand wissen kann, wie viele Gemälde des lang vergessenen Lothringers noch irgendwo auf der Welt ihrer Wiederentdeckung harren. Der Witz liegt auch nicht in der Legende der Heiligen auf dem Bild, die sich, Jungfrau aus Leidenschaft, einem brünstigen Hunnenkönig so standhaft verweigerte, daß er sie vor Wut mit Pfeilen durchbohrte - obwohl doch gerade dieses Motiv, die Konfrontation von fremdländischer Barbarei und europäischer Gesittung, im Zusammenhang der "Affäre in Paris" einiges hergäbe. Der Witz liegt vielmehr darin, daß dieser Film sich gar nicht die Mühe macht, das Gemälde, das für den Fortgang seiner Handlung eine so wichtige Rolle spielt, genauer anzuschauen. Es ist ein Bild, mehr nicht. Ein Objekt. Als es verkauft wird, bleibt sein Name zurück wie ein Chip, den man in der Spielbank einzuwechseln vergessen hat.
James Ivory, der Regisseur der "Affäre", hat zu den Stoffen seiner Filme ein abgeklärtes Verhältnis, es sei denn, sie kämen von E. M. Forster oder Henry James. Deren Romane hat er mit Anstand und Delikatesse auf die Leinwand gebracht, zuletzt James' "Golden Bowl" (2001), die Geschichte eines tragischen Liebesquartetts, das halb aus Europäern, halb aus Amerikanern besteht. Halb europäisch und halb amerikanisch sind auch Ivorys Filme, die seit gut dreißig Jahren von dem gebürtigen Inder Ismail Merchant produziert und (mit wenigen Ausnahmen) von der britischen Autorin Ruth Prawer Jhabvala geschrieben werden, ein Trio, das sich souverän zwischen den Kulturkreisen bewegt, denen es entstammt. Für die Verfilmung von Diane Johnsons Erfolgsroman "Le Divorce" (auf deutsch: "Scheidung auf französisch") erschienen Ivory, Merchant und Prawer deshalb als ideales Gespann.
Das Buch erzählt in leichtem Ton von den Abenteuern der amerikanischen Studentin Isabel und ihrer älteren, glücklos verheirateten Schwester in Paris, von Mißverständnissen und Enthüllungen kultureller wie sexueller Art. Prawer kondensierte das Vierhundert-Seiten-Buch zu einem flotten szenischen Reigen, und Ivory holte eine aus französischen und amerikanischen Schauspielern gemischte Truppe vor die Kamera - Kate Hudson als Isabel, Naomi Watts als ihre Schwester Roxy, Melvil Poupaud als untreuer Ehemann, Leslie Caron als Schwiegermutter, Sam Waterston und Stockard Channing als Mr. und Mrs. Walker. Auch die Romanautorin Johnson hat eine Stellvertreterin namens Olivia Pace im Bild, die von Glenn Close als Mischung aus viktorianischer Salondame und stilvoll verblühter Hippiefrau gespielt wird. So könnte alles in schönster Unordnung sein, wenn nicht eben diese Unübersichtlichkeit, das bunte Durcheinander eines quietschfidelen Unterhaltungsromans, Ivory schwer zu schaffen machte.
Denn der amerikanische Regisseur ist ein Spezialist für Ordnungen, Konventionen, Hierarchien und das, was sie zerstört - nicht für die frei flottierenden Kräfte moderner Großstadtgeschichten. Was er in seinen Forster- und James-Adaptionen virtuos ins Bild setzte, entgeht hier auf seltsame Weise seiner Aufmerksamkeit: der Moment, in dem seine Figuren sich entscheiden, für oder gegen eine Versuchung, eine lästige Pflicht, ein laszives Angebot oder eine neue Liebe. Je länger "Eine Affäre in Paris" dauert, desto mehr fragt man sich, ob Ivory eigentlich genau weiß, was er uns erzählen will, so gleichbleibend wohltemperiert und wahllos serviert er die einzelnen Episoden seines Plots. Roxy, hochschwanger und tief unglücklich, versucht sich das Leben zu nehmen, Isabel beginnt eine Liebschaft mit dem geschniegelten Talkshow-Politiker Edgar (Thierry Lhermitte), und Tellman (Matthew Modine), ein weiterer verirrter Amerikaner in Paris, sucht mit dem Revolver in der Hand nach seiner untreuen Frau - aber Ivorys Kamera (geführt von Pierre Lhomme) betrachtet das alles, als ginge es sie nichts an, als wären es Szenen aus einem Bilderbogen, den man auch in umgekehrter Richtung lesen könnte, ohne seinen Inhalt merklich zu verändern. Es ist, als hätte ein Schüler von Robert Altman sich einen Eric-Rohmer-Stoff vorgenommen; beides, das Amerikanische und das Französische, die Kinetik und die Raffinesse, ist da, aber es vermischt sich nicht. Paris bleibt Kulisse, die "Affäre" ein flüchtiges Rendezvous.
Einmal, mitten im Film, sitzt Isabel mit ihrem Verehrer Edgar beim Dejeuner, und er fragt sie, ob sie seine Mätresse werden wolle. "Ich finde Sie sehr unterhaltsam, und ich hoffe, sie finden mich auch unterhaltsam." Je nachdem, wie man diesen Satz betont, kann er eine Drohung, eine Frechheit oder ein Ausdruck heftigsten Begehrens sein. Bei Ivory klingt er bloß wie ein höfliches Kompliment. Für einen Trip nach Paris ist das zuwenig.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main