Mord bei den berüchtigten Marines auf Kuba. Die Army will den Fall vertuschen. Milde Strafen sollen die angeklagten Soldaten geständig machen. Doch der junge Verteidiger Lieutenant Kaffee (Tom Cruise) lehnt den faulen Straf-Deal rundweg ab. Angetrieben von Kollegin Commander JoAnne (Demi Moore) verwandelt Kaffee den Gerichtssaal in ein Schlachtfeld. Denn der Befehl für den Mord kam von ganz, ganz oben. Dort, wo Colonel Jesseo (Jack Nickolson) Gott spielt...
Bonusmaterial
- Interaktive Menüs - Kapitelanwahl - Audiokommentare - Hinter den Kulissen - TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.01.2023Besser ging es nicht mehr
Jack Nicholson und Tom Cruise beim ultimativen Schauspielduell
Von Maria Wiesner
Es gibt Filmklassiker, die man sich immer wieder ansehen kann, weil ihre Schlüsselszenen fast süchtig machen. Das sind Momente, in denen Drehbuch, Regie, Darsteller und alle Mitwirkenden hinter der Kamera absolute Perfektion erreicht haben, sodass sich die Magie des Films nicht als Einzelkunst, sondern als Zusammenspiel aller Künstler vollkommen entfaltet. "Casablanca" enthält viele solcher Szenen, das Herzstück des Ganzen aber bildet wohl diejenige, in der Humphrey Bogart im Nebel vor dem Flugzeug von Ingrid Bergman Abschied nimmt ("Ich schau dir in die Augen, Kleines"). In "Apocalypse Now" klingen die Bilder synästhetisch nach, in denen sich zu Wagners "Ritt der Walküren" ein Hubschraubergeschwader auf ein vietnamesisches Dorf zubewegt, um die Hütten im Kriegswahnsinn niederzubrennen ("Wollen wir tanzen?"). Und im Justizthriller "Eine Frage der Ehre" treibt den Zuschauer die Gerichtsverhandlung, die diesen Film abschließt, noch lange um, in der Jack Nicholson Tom Cruise entgegenbrüllt: "Sie wollen die Wahrheit hören? Sie können die Wahrheit doch gar nicht vertragen!"
Nicholson spielt hier einen hochdekorierten General, der mit eiserner Hand den US-Marine- Stützpunkt in Guantanamo leitet. Ein junger Soldat ist dort zu Tode gekommen. Bevor er starb, hatten zwei seiner Kameraden ihn in die Mangel genommen. Der junge Mann war ein Außenseiter, der seine Aufgaben nicht erfüllen konnte, bei Langstreckenläufen zusammenbrach und in Briefen an seine Familie von den Schikanen auf dem Stützpunkt berichtete. War sein Tod ein Unfall oder Mord? Wussten die Vorgesetzten von dem Vorgehen der beiden Soldaten? War ihre Aktion gar von höherer Stelle angeordnet? Demi Moore bekommt den Fall als Militäranwältin auf den Tisch. Sie soll die beiden Tatverdächtigen verteidigen. Tom Cruise, der als Verteidiger lieber Baseballschläge übt, als sich in einen Gerichtssaal zu begeben, und der seine Fälle bislang immer durch außergerichtliche Einigungen erledigt hat, wird ihr zur Unterstützung an die Seite gestellt. Das führt zu einigen Kabbeleien zwischen den ungleichen Anwälten und schließlich zu harten detektivischen Ermittlungen, denn Jack Nicholson denkt gar nicht daran, auch nur einen Millimeter weit zu kooperieren. Schon die erste Begegnung zwischen Cruise und Nicholson beim Frühstück auf dem Stützpunkt mit Blick auf die kubanische Küste baut die Spannung zwischen beiden auf. In einem Katz-und-Maus-Spiel belagern sie sich mit Blicken, stellen sich Fallen mit Worten, verabschieden sich mehrdeutig, um die Gefährlichkeit des anderen wissend. Alles danach steuert auf das große Finale zu, in dem sich Nicholson und Cruise noch einmal gegenübertreten. Diesmal im Gerichtssaal und unter Eid.
Kiefer Sutherland, der im Film die Nebenrolle eines loyalen Leutnants auf Nicholsons Stützpunkt spielt, erinnert sich noch dreißig Jahre später in einem Interview an die Dreharbeiten zu diesem Finale: "Ich habe da zum ersten Mal erlebt, dass Schauspieler, die eigentlich freihatten, zum Dreh kamen, nur um Jack Nicholson und Tom Cruise bei der Arbeit sehen zu können." Wie bei einem sehr guten Theaterstück hatte sich herumgesprochen, wann die beiden Schauspiellegenden gegeneinander an-treten würden. "Ich hatte an dem Tag auch frei, kam mit Kaffee und Bagel zum Dreh und setzte mich hinten in den Gerichtssaal", erzählt Sutherland. "Als ich mich umblickte, sah ich Bruce Willis, der überhaupt nichts mit dem Film zu tun hatte." Auch andere Schauspieler reisten an, nur um dieses Duell live miterleben zu können.
1992, als der Film nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Aaron Sorkin entstand (der für die Adaption auch das Drehbuch schrieb), drehte Regisseur Rob Reiner noch mit analogen Materialien. Das hieß: Die Szene war genauso lang wie eine Filmrolle. Dass sie noch heute ungebremst ihre Wucht entfaltet, liegt wohl auch an dieser Aufnahme ohne Unterbrechung. Zwei bis drei Drehtage hatte der Regisseur für das Finale angesetzt, am Ende ließ er beide Schauspieler nur noch ein zweites Mal von vorn beginnen und schloss diese Aufnahme mit den Worten: "Besser kann es überhaupt nicht mehr werden." Und wie bei einem guten Theaterstück applaudierten alle Anwesenden den beiden Schauspielern.
Aaron Sorkins Drehbuch und Rob Reiners Regie machen "Eine Frage der Ehre" zu einem zeitlosen Drama über Disziplin, blinden Gehorsam und militärische Ehre, aus dem man immer wieder Diskussionsstoff ziehen kann. Aber erst das Duell zwischen den Schauspielern Nicholson und Cruise macht diesen Film zu einem Klassiker.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jack Nicholson und Tom Cruise beim ultimativen Schauspielduell
Von Maria Wiesner
Es gibt Filmklassiker, die man sich immer wieder ansehen kann, weil ihre Schlüsselszenen fast süchtig machen. Das sind Momente, in denen Drehbuch, Regie, Darsteller und alle Mitwirkenden hinter der Kamera absolute Perfektion erreicht haben, sodass sich die Magie des Films nicht als Einzelkunst, sondern als Zusammenspiel aller Künstler vollkommen entfaltet. "Casablanca" enthält viele solcher Szenen, das Herzstück des Ganzen aber bildet wohl diejenige, in der Humphrey Bogart im Nebel vor dem Flugzeug von Ingrid Bergman Abschied nimmt ("Ich schau dir in die Augen, Kleines"). In "Apocalypse Now" klingen die Bilder synästhetisch nach, in denen sich zu Wagners "Ritt der Walküren" ein Hubschraubergeschwader auf ein vietnamesisches Dorf zubewegt, um die Hütten im Kriegswahnsinn niederzubrennen ("Wollen wir tanzen?"). Und im Justizthriller "Eine Frage der Ehre" treibt den Zuschauer die Gerichtsverhandlung, die diesen Film abschließt, noch lange um, in der Jack Nicholson Tom Cruise entgegenbrüllt: "Sie wollen die Wahrheit hören? Sie können die Wahrheit doch gar nicht vertragen!"
Nicholson spielt hier einen hochdekorierten General, der mit eiserner Hand den US-Marine- Stützpunkt in Guantanamo leitet. Ein junger Soldat ist dort zu Tode gekommen. Bevor er starb, hatten zwei seiner Kameraden ihn in die Mangel genommen. Der junge Mann war ein Außenseiter, der seine Aufgaben nicht erfüllen konnte, bei Langstreckenläufen zusammenbrach und in Briefen an seine Familie von den Schikanen auf dem Stützpunkt berichtete. War sein Tod ein Unfall oder Mord? Wussten die Vorgesetzten von dem Vorgehen der beiden Soldaten? War ihre Aktion gar von höherer Stelle angeordnet? Demi Moore bekommt den Fall als Militäranwältin auf den Tisch. Sie soll die beiden Tatverdächtigen verteidigen. Tom Cruise, der als Verteidiger lieber Baseballschläge übt, als sich in einen Gerichtssaal zu begeben, und der seine Fälle bislang immer durch außergerichtliche Einigungen erledigt hat, wird ihr zur Unterstützung an die Seite gestellt. Das führt zu einigen Kabbeleien zwischen den ungleichen Anwälten und schließlich zu harten detektivischen Ermittlungen, denn Jack Nicholson denkt gar nicht daran, auch nur einen Millimeter weit zu kooperieren. Schon die erste Begegnung zwischen Cruise und Nicholson beim Frühstück auf dem Stützpunkt mit Blick auf die kubanische Küste baut die Spannung zwischen beiden auf. In einem Katz-und-Maus-Spiel belagern sie sich mit Blicken, stellen sich Fallen mit Worten, verabschieden sich mehrdeutig, um die Gefährlichkeit des anderen wissend. Alles danach steuert auf das große Finale zu, in dem sich Nicholson und Cruise noch einmal gegenübertreten. Diesmal im Gerichtssaal und unter Eid.
Kiefer Sutherland, der im Film die Nebenrolle eines loyalen Leutnants auf Nicholsons Stützpunkt spielt, erinnert sich noch dreißig Jahre später in einem Interview an die Dreharbeiten zu diesem Finale: "Ich habe da zum ersten Mal erlebt, dass Schauspieler, die eigentlich freihatten, zum Dreh kamen, nur um Jack Nicholson und Tom Cruise bei der Arbeit sehen zu können." Wie bei einem sehr guten Theaterstück hatte sich herumgesprochen, wann die beiden Schauspiellegenden gegeneinander an-treten würden. "Ich hatte an dem Tag auch frei, kam mit Kaffee und Bagel zum Dreh und setzte mich hinten in den Gerichtssaal", erzählt Sutherland. "Als ich mich umblickte, sah ich Bruce Willis, der überhaupt nichts mit dem Film zu tun hatte." Auch andere Schauspieler reisten an, nur um dieses Duell live miterleben zu können.
1992, als der Film nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Aaron Sorkin entstand (der für die Adaption auch das Drehbuch schrieb), drehte Regisseur Rob Reiner noch mit analogen Materialien. Das hieß: Die Szene war genauso lang wie eine Filmrolle. Dass sie noch heute ungebremst ihre Wucht entfaltet, liegt wohl auch an dieser Aufnahme ohne Unterbrechung. Zwei bis drei Drehtage hatte der Regisseur für das Finale angesetzt, am Ende ließ er beide Schauspieler nur noch ein zweites Mal von vorn beginnen und schloss diese Aufnahme mit den Worten: "Besser kann es überhaupt nicht mehr werden." Und wie bei einem guten Theaterstück applaudierten alle Anwesenden den beiden Schauspielern.
Aaron Sorkins Drehbuch und Rob Reiners Regie machen "Eine Frage der Ehre" zu einem zeitlosen Drama über Disziplin, blinden Gehorsam und militärische Ehre, aus dem man immer wieder Diskussionsstoff ziehen kann. Aber erst das Duell zwischen den Schauspielern Nicholson und Cruise macht diesen Film zu einem Klassiker.
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