Bildformat: 1.78:1 Sprachen / Tonformate: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1) Untertitel: Deutsch, Englisch u. a. Ländercode: 2 Extras: Making of u. a.
Bonusmaterial
- Das Making of von "Eine unbequeme Wahrheit" - "I Need to Wake Up" Musik-Video von Melissa Etheridge - Kommentar von Regisseur Davis Guggenheim - Kommentar von den Produzenten Laurie David, Lawrence Bender, Scott Z.; Burns und Lesley Chilcott - Ein Update vom einstigen Vize-Präsidenten Al GoreFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2006Die letzten Tage der Menschheit
Filme von Kaurismäki, Friedkin und Richard Kelly an der Croisette, und Al Gore war auch zu sehen
CANNES, 22. Mai
Aki Kaurismäki ist regelmäßiger Gast in Cannes, und seine Filme sind selten kontrovers, immer unendlich traurig, stets auch komisch. "Laitakaupungin valo" (Licht in der Dämmerung) ist auch so ein Film. Sehr sorgfältig gearbeitet, mit Dialogen, die nur Kaurismäki schreiben kann, und einer Ausstattung in wenigen Farben, dem Rot und Blau, das er immer benutzt. Der Film führt uns ins Leben eines Sicherheitsbeamten, der von der bösesten Frau, die Kaurismäki je erfunden hat, verraten wird. Es passiert eigentlich nichts, was uns überraschen könnte, aber dies ist einer dieser Filme, in denen man hofft, es käme nicht ganz so schlimm für die Hauptfigur, wie zu befürchten ist.
Nicht erst, seit es jeden Tag einen neuen guten Anlaß gibt, ist "America bashing" eine regelmäßige Übung in Cannes. Sie gleicht ein wenig die etwas devote Begeisterung aus, die den amerikanischen Stars hier gilt, seien es Tom Hanks oder Bruce Willis, der gekommen war, um Reklame für "Over the Hedge" zu machen, einen Animationsfilm außer Konkurrenz, dessen Hauptfigur mit Willis' Stimme spricht.
Man braucht sich nur daran zu erinnern, daß Michael Moore in Cannes eine Goldene Palme gewann, um zu bewundern, mit welcher Eleganz das Festival die Amerika-Schelte immer wieder gern den Amerikanern selbst überläßt. In diesem Jahr sind es der Dokumentarfilmer Davis Guggenheim und der ehemalige zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten, Al Gore, die uns mit "An Inconvenient Truth" zeigen, wohin der American Way of Life die Welt führen wird - in die ökologische Katastrophe, was ja keine ganz überraschende Nachricht ist. Al Gore reist seit Jahren mit einer Diaschau über die Folgen der Erwärmung der Erdatmosphäre durch die Welt, und Guggenheim hat ihn dabei gefilmt und erzählen lassen. Nicht genug für ein Porträt des Politikers, der jenseits des Wahlkampfs eine gewisse Eloquenz entfaltet, wenn auch Humor und Ironie nicht seine Stärken sind. Die Absicht ist: Aufklärung und Aufruf zur Aktion, vor allem in den Vereinigten Staaten. Aufgrund der drastischen Grafiken und animierten Schaubilder, müßte die Elektroautoindustrie tatsächlich einem enormen Auftrieb entgegensehen, falls den Film genügend Zuschauer sehen.
William Friedkin, der als Maniac gilt, sich in der "Quinzaine" aber als unterhaltsam und völlig ungefährlich präsentierte, brachte die Verfilmung eines Off-Broadway-Stücks mit. "Bug" ist ein kleiner Film über ein Paar im Verfolgungswahn, das in einem Motel in gottverlassener Einöde von Insekten befallen wird, die aus einem Militärlabor stammen sollen. Selbst Fans waren enttäuscht von der Vorhersehbarkeit, und das ständige Geschrei der Hauptfiguren (Ashley Judd und Michael Shannon) war schwer auszuhalten. Nicht jeder, der den Film sehen wollte, konnte dies auch, die Vorstellungen waren überfüllt. Daß allerdings Zuschauer, die sich in einen Friedkin-Film drängeln, das Kino empört wieder verlassen, sobald das erste Messer in einem Bauch steckt, zeugt davon, daß der Wunsch, dabeisein, offenbar größer ist als das Wissen, warum. "Meine wichtigsten Einflüsse", sagte Friedkin vor der Vorstellung, "kommen aus Frankreich, von Feuillade bis zur Nouvelle Vague. Wenn Ihnen also der Film nicht gefällt, machen Sie bitte die Franzosen verantwortlich." Was hiermit geschieht, obwohl dieser Einfluß gerade in "Bug" nicht spürbar ist.
Die Liste der Einflüsse, die die Phantasie von Richard Kelly speisen, würde diesen Artikel sprengen. Und um zu verstehen, warum er seinen Film "Southland Tales", der im Wettbewerb lief, "irgendwie ein Remake von ,Kiss Me Deadly'" nennt, müßte man wohl mehrfach diesen Film sehen, der alles sprengte, was bisher in Cannes lief. Zunächst die Genres. "Southland Tales" ist eine Kreuzung aus Science-fiction-Thriller, Musical, Actionfilm und schwarzer Komödie mit einem Soundtrack (hauptsächlich von Moby und an signifikanter Stelle einem "Killer"-Song), auf dem die Textzeilen jedes Lieds in irgendeinem Bezug zur Handlung stehen. Diese spielt in den letzten Tagen der Menschheit zwischen einem nuklearen Terroranschlag auf Texas und einer Kreuzung der Raum-Zeit-Linie, in der die Welt verschwinden wird - keine ganz taufrische Idee. Die Schauspieler - Dwayne "The Rock" Johnson, Sarah Michelle Gellar, um nur die wichtigsten zu nennen - sind in völlig anderen Filmen berühmt geworden. Los Angeles, wo der Film gedreht wurde und auch spielt, ist eine grandiose Kulisse für die Vermischung von Politik und Celebrity-Kult, drogenverblendete Aktionen und verrückte Wissenschaftler, für Scharfschützen am Strand und Pornostars mit Talk-Shows oder Waffenhändler in Eiskrem-Wagen. Wie schon bei Kellys vorangegangenen Film "Donnie Darko" sagen die Auguren der Branchen-Blätter "Southland Tales" keine Zukunft voraus, aber sie haben sich auch beim Erstling schon geirrt. In Cannes jedenfalls, wo es recht gepflegt und trotz einiger überaus graphischer Sexszenen bisher noch keine Aufregung gab, ist Kellys Film mit seinem deutlichen B-Film-Touch und seiner Begeisterung für die verschiedenen Medien, in denen sich vom Schrecken der Zukunft erzählen läßt, eine willkommene Unverschämtheit.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Filme von Kaurismäki, Friedkin und Richard Kelly an der Croisette, und Al Gore war auch zu sehen
CANNES, 22. Mai
Aki Kaurismäki ist regelmäßiger Gast in Cannes, und seine Filme sind selten kontrovers, immer unendlich traurig, stets auch komisch. "Laitakaupungin valo" (Licht in der Dämmerung) ist auch so ein Film. Sehr sorgfältig gearbeitet, mit Dialogen, die nur Kaurismäki schreiben kann, und einer Ausstattung in wenigen Farben, dem Rot und Blau, das er immer benutzt. Der Film führt uns ins Leben eines Sicherheitsbeamten, der von der bösesten Frau, die Kaurismäki je erfunden hat, verraten wird. Es passiert eigentlich nichts, was uns überraschen könnte, aber dies ist einer dieser Filme, in denen man hofft, es käme nicht ganz so schlimm für die Hauptfigur, wie zu befürchten ist.
Nicht erst, seit es jeden Tag einen neuen guten Anlaß gibt, ist "America bashing" eine regelmäßige Übung in Cannes. Sie gleicht ein wenig die etwas devote Begeisterung aus, die den amerikanischen Stars hier gilt, seien es Tom Hanks oder Bruce Willis, der gekommen war, um Reklame für "Over the Hedge" zu machen, einen Animationsfilm außer Konkurrenz, dessen Hauptfigur mit Willis' Stimme spricht.
Man braucht sich nur daran zu erinnern, daß Michael Moore in Cannes eine Goldene Palme gewann, um zu bewundern, mit welcher Eleganz das Festival die Amerika-Schelte immer wieder gern den Amerikanern selbst überläßt. In diesem Jahr sind es der Dokumentarfilmer Davis Guggenheim und der ehemalige zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten, Al Gore, die uns mit "An Inconvenient Truth" zeigen, wohin der American Way of Life die Welt führen wird - in die ökologische Katastrophe, was ja keine ganz überraschende Nachricht ist. Al Gore reist seit Jahren mit einer Diaschau über die Folgen der Erwärmung der Erdatmosphäre durch die Welt, und Guggenheim hat ihn dabei gefilmt und erzählen lassen. Nicht genug für ein Porträt des Politikers, der jenseits des Wahlkampfs eine gewisse Eloquenz entfaltet, wenn auch Humor und Ironie nicht seine Stärken sind. Die Absicht ist: Aufklärung und Aufruf zur Aktion, vor allem in den Vereinigten Staaten. Aufgrund der drastischen Grafiken und animierten Schaubilder, müßte die Elektroautoindustrie tatsächlich einem enormen Auftrieb entgegensehen, falls den Film genügend Zuschauer sehen.
William Friedkin, der als Maniac gilt, sich in der "Quinzaine" aber als unterhaltsam und völlig ungefährlich präsentierte, brachte die Verfilmung eines Off-Broadway-Stücks mit. "Bug" ist ein kleiner Film über ein Paar im Verfolgungswahn, das in einem Motel in gottverlassener Einöde von Insekten befallen wird, die aus einem Militärlabor stammen sollen. Selbst Fans waren enttäuscht von der Vorhersehbarkeit, und das ständige Geschrei der Hauptfiguren (Ashley Judd und Michael Shannon) war schwer auszuhalten. Nicht jeder, der den Film sehen wollte, konnte dies auch, die Vorstellungen waren überfüllt. Daß allerdings Zuschauer, die sich in einen Friedkin-Film drängeln, das Kino empört wieder verlassen, sobald das erste Messer in einem Bauch steckt, zeugt davon, daß der Wunsch, dabeisein, offenbar größer ist als das Wissen, warum. "Meine wichtigsten Einflüsse", sagte Friedkin vor der Vorstellung, "kommen aus Frankreich, von Feuillade bis zur Nouvelle Vague. Wenn Ihnen also der Film nicht gefällt, machen Sie bitte die Franzosen verantwortlich." Was hiermit geschieht, obwohl dieser Einfluß gerade in "Bug" nicht spürbar ist.
Die Liste der Einflüsse, die die Phantasie von Richard Kelly speisen, würde diesen Artikel sprengen. Und um zu verstehen, warum er seinen Film "Southland Tales", der im Wettbewerb lief, "irgendwie ein Remake von ,Kiss Me Deadly'" nennt, müßte man wohl mehrfach diesen Film sehen, der alles sprengte, was bisher in Cannes lief. Zunächst die Genres. "Southland Tales" ist eine Kreuzung aus Science-fiction-Thriller, Musical, Actionfilm und schwarzer Komödie mit einem Soundtrack (hauptsächlich von Moby und an signifikanter Stelle einem "Killer"-Song), auf dem die Textzeilen jedes Lieds in irgendeinem Bezug zur Handlung stehen. Diese spielt in den letzten Tagen der Menschheit zwischen einem nuklearen Terroranschlag auf Texas und einer Kreuzung der Raum-Zeit-Linie, in der die Welt verschwinden wird - keine ganz taufrische Idee. Die Schauspieler - Dwayne "The Rock" Johnson, Sarah Michelle Gellar, um nur die wichtigsten zu nennen - sind in völlig anderen Filmen berühmt geworden. Los Angeles, wo der Film gedreht wurde und auch spielt, ist eine grandiose Kulisse für die Vermischung von Politik und Celebrity-Kult, drogenverblendete Aktionen und verrückte Wissenschaftler, für Scharfschützen am Strand und Pornostars mit Talk-Shows oder Waffenhändler in Eiskrem-Wagen. Wie schon bei Kellys vorangegangenen Film "Donnie Darko" sagen die Auguren der Branchen-Blätter "Southland Tales" keine Zukunft voraus, aber sie haben sich auch beim Erstling schon geirrt. In Cannes jedenfalls, wo es recht gepflegt und trotz einiger überaus graphischer Sexszenen bisher noch keine Aufregung gab, ist Kellys Film mit seinem deutlichen B-Film-Touch und seiner Begeisterung für die verschiedenen Medien, in denen sich vom Schrecken der Zukunft erzählen läßt, eine willkommene Unverschämtheit.
VERENA LUEKEN
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