Im Weltraum tobt ein gnadenloser Krieg zwischen der Menschheit und echsenartigen Wesen, den Dracs. Nach einem erbitterten Gefecht müssen der Pilot Davidge (Dennis Quaid) und der Drac Shigan (Louis Gossett, Jr.) auf einem trostlosen Planeten notlanden. Unvorstellbare Gefahren, unheimliche Wesen und eine erbarmungslose Natur lassen die beiden Feinde zu Partnern werden. Doch das gegenseitige Misstrauen ist nicht leicht zu überwinden...
Abenteuer von "Boot"-Regisseur Wolfgang Petersen.
Abenteuer von "Boot"-Regisseur Wolfgang Petersen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.05.2014Wie schaust du dich an?
"Enemy" ist ein Kino-Showdown der Doppelgänger
Selbst der Mann an der Tür lässt sich täuschen. Dabei sollte er misstrauisch sein, wenn jemand, der jeden Tag mehrfach an ihm vorbeigeht, plötzlich das Gebäude betritt, als wäre er zum ersten Mal hier. Adam (Jake Gyllenhaal) hat mit Anthony (Jake Gyllenhaal) nichts gemeinsam, außer dass er ihm bis aufs Haar gleicht. Adam unterrichtet Geschichte an einer Schule in Toronto, Anthony ist Schauspieler in drittklassigen Filmen. Die beiden sind "Doppelgänger", wie es der Titel des Romans von José Saramago fasst, dem sie entstammen. In Denis Villeneuves Verfilmung hebt der Titel das Konfliktmoment stärker hervor: Wenn zwei Menschen einander bis in die intimsten Momente hinein vertreten können, dann sind sie in Wahrheit Rivalen oder Feinde. "Enemy" steht da aber im Singular, und das wirft schon wieder Fragen auf: Wer ist wessen Feind? In welche Richtung geht die Aggression?
Man muss von der ersten Sekunde an genau aufpassen, um sich in diesem existentialistischen Thriller halbwegs zurechtzufinden. Villeneuve macht die Sache nicht leichter dadurch, dass er mit einer morbiden erotischen Inszenierung im schummrigen Licht beginnt. Da hat jemand die Augen "weit geschlossen", um es mit Stanley Kubrick zu sagen, auf den hier deutlich angespielt wird, wie auch auf Villeneuves kanadischen Kollegen David Cronenberg ("Naked Lunch", "Spider"). "Enemy" ist aber auch eine Art "Blow-up" der Selbstzweifel eines Mannes, den seine sexuellen Bedürfnisse in verschiedene Richtungen führen. Man tut "Enemy" keinen Gefallen, wenn man zu stark auf eine psychologische oder gar auf eine ontologische Lösung dieses Problems dringt. Bei Saramago ist der Fall ja nicht so sehr an sich von Interesse, sondern als Anlass für ein Exempel reflexiven Erzählens. Darauf lässt Denis Villeneuve sich nicht ein, stattdessen prägt er die Geschichte durch die Räume, in denen er sie spielen lässt. Die Träume bekommen in diesen verspiegelten, verchromten Wohnwaben auch den Charakter einer archaischen Erinnerung an eine biologische Lebensauffassung. Noch vor ein paar Jahren hätte es zu "Enemy" sicher die eine oder andere Erörterung über das "Tierwerden" gegeben, das in den abstrakten Lebenswelten notwendigerweise zu einer Abspaltung von Persönlichkeitsanteilen wird. Wobei die Pointe von Villeneuve dann eben darin liegt, dass er Adam und/oder Anthony nicht nur an sich selbst, sondern am anderen Geschlecht irre werden lässt. Zwei blonde Frauen, eine schwanger, eine nicht, erweitern das Spiel mit den Spiegelungen schon fast ins Unendliche.
Im vergangenen Jahr hatte Denis Villeneuve mit "Prisoners" seinen internationalen Durchbruch, auch mit Jake Gyllenhaal. In "Enemy" arbeitet Gyllenhaal sich mit einer Doppelrolle ab, die ihm nur die Flucht in das "overacting" lässt. Das müsste nun aber wieder dem Concierge auffallen. Doch der öffnet die Tür und dann noch eine, und dann findet Adam auch noch einen Schlüssel. Da fällt einem plötzlich wieder ein, dass schon in "Prisoners" ein Motiv überstrapaziert wurde: das Labyrinth. "Enemy" zeigt einen Irrgarten, um den man ohne weiteres auch einen Bogen machen kann.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Enemy" ist ein Kino-Showdown der Doppelgänger
Selbst der Mann an der Tür lässt sich täuschen. Dabei sollte er misstrauisch sein, wenn jemand, der jeden Tag mehrfach an ihm vorbeigeht, plötzlich das Gebäude betritt, als wäre er zum ersten Mal hier. Adam (Jake Gyllenhaal) hat mit Anthony (Jake Gyllenhaal) nichts gemeinsam, außer dass er ihm bis aufs Haar gleicht. Adam unterrichtet Geschichte an einer Schule in Toronto, Anthony ist Schauspieler in drittklassigen Filmen. Die beiden sind "Doppelgänger", wie es der Titel des Romans von José Saramago fasst, dem sie entstammen. In Denis Villeneuves Verfilmung hebt der Titel das Konfliktmoment stärker hervor: Wenn zwei Menschen einander bis in die intimsten Momente hinein vertreten können, dann sind sie in Wahrheit Rivalen oder Feinde. "Enemy" steht da aber im Singular, und das wirft schon wieder Fragen auf: Wer ist wessen Feind? In welche Richtung geht die Aggression?
Man muss von der ersten Sekunde an genau aufpassen, um sich in diesem existentialistischen Thriller halbwegs zurechtzufinden. Villeneuve macht die Sache nicht leichter dadurch, dass er mit einer morbiden erotischen Inszenierung im schummrigen Licht beginnt. Da hat jemand die Augen "weit geschlossen", um es mit Stanley Kubrick zu sagen, auf den hier deutlich angespielt wird, wie auch auf Villeneuves kanadischen Kollegen David Cronenberg ("Naked Lunch", "Spider"). "Enemy" ist aber auch eine Art "Blow-up" der Selbstzweifel eines Mannes, den seine sexuellen Bedürfnisse in verschiedene Richtungen führen. Man tut "Enemy" keinen Gefallen, wenn man zu stark auf eine psychologische oder gar auf eine ontologische Lösung dieses Problems dringt. Bei Saramago ist der Fall ja nicht so sehr an sich von Interesse, sondern als Anlass für ein Exempel reflexiven Erzählens. Darauf lässt Denis Villeneuve sich nicht ein, stattdessen prägt er die Geschichte durch die Räume, in denen er sie spielen lässt. Die Träume bekommen in diesen verspiegelten, verchromten Wohnwaben auch den Charakter einer archaischen Erinnerung an eine biologische Lebensauffassung. Noch vor ein paar Jahren hätte es zu "Enemy" sicher die eine oder andere Erörterung über das "Tierwerden" gegeben, das in den abstrakten Lebenswelten notwendigerweise zu einer Abspaltung von Persönlichkeitsanteilen wird. Wobei die Pointe von Villeneuve dann eben darin liegt, dass er Adam und/oder Anthony nicht nur an sich selbst, sondern am anderen Geschlecht irre werden lässt. Zwei blonde Frauen, eine schwanger, eine nicht, erweitern das Spiel mit den Spiegelungen schon fast ins Unendliche.
Im vergangenen Jahr hatte Denis Villeneuve mit "Prisoners" seinen internationalen Durchbruch, auch mit Jake Gyllenhaal. In "Enemy" arbeitet Gyllenhaal sich mit einer Doppelrolle ab, die ihm nur die Flucht in das "overacting" lässt. Das müsste nun aber wieder dem Concierge auffallen. Doch der öffnet die Tür und dann noch eine, und dann findet Adam auch noch einen Schlüssel. Da fällt einem plötzlich wieder ein, dass schon in "Prisoners" ein Motiv überstrapaziert wurde: das Labyrinth. "Enemy" zeigt einen Irrgarten, um den man ohne weiteres auch einen Bogen machen kann.
BERT REBHANDL
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