Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 4,00 €
  • DVD

Technische Angaben: Bildformat: 4:3 Sprachen / Tonformate: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0) Untertitel: Deutsch Ländercode: 2 Extras: Entfallene Szenen
Bonusmaterial
Beil.: Booklet

  • Anzahl: 1 DVD
Produktbeschreibung
Technische Angaben:
Bildformat: 4:3
Sprachen / Tonformate: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch
Ländercode: 2
Extras: Entfallene Szenen

Bonusmaterial

Beil.: Booklet
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2010

Erlöse uns von dem Bösen

Amy Berg: "Erlöse uns von dem Bösen".

Eye See Movies. Englisch, Deutsch, Untertitel. Extras: Zusätzliche Szenen, Booklet.

Oliver O'Grady ist ein freundlicher älterer Herr mit einem verschmitzten Blick und einem steten leisen Lächeln um den Mund. Er ist ein Pastor wie aus dem Bilderbuch, und wenn er durch die Straßen Dublins schlendert, könnte man glauben, er sehe sich mit Wohlgefallen in seiner Gemeinde um und werde gleich alten Damen die Hand schütteln. Aber während er in einem Park in die Kamera spricht, kommt von hinten eine Familie mit zwei Kindern ins Bild, deren Gesichter am Computer unkenntlich gemacht wurden. Denn Oliver O'Grady ist jemand, mit dem man nicht zusammen gezeigt werden möchte. Schon gar nicht mit Kindern. Und dass er tatsächlich mal Priester war, macht die Sache nur noch schlimmer.

Amy Bergs "Deliver Us from Evil" war im Jahr 2007 als Dokumentarfilm für den Oscar nominiert, verlor dann aber gegen Davis Guggenheims "Unconvenient Truth". Beides sind Filme, die ein Anliegen haben und sich ganz in den Dienst ihrer Sache stellen. Wenn man sagt, dass sie in ihren Mitteln nicht zimperlich sind, heißt das vor allem, dass sie sich einer Fernsehdramaturgie bedienen und im Kino wenig hinzugewinnen. Das nimmt ihnen nichts von ihrer Wucht, aber die Art, wie alles brav bebildert wird, lässt sie wie einen längeren Magazinbeitrag aussehen. Manchmal entwickelt das immerhin einen gewissen Witz. Während man sich beim ersten Mal noch wundert, warum die achtzig Kilometer von einer nordkalifornischen Gemeinde zur nächsten aus der Satellitenperspektive mit einer Linie nachgezeichnet werden, bekommt das bei jedem weiteren Mal einen bitteren Sinn, weil Oliver O'Grady nach jedem Missbrauchsvorwurf von seinen Vorgesetzten um etwa achtzig Kilometer weiterversetzt wurde, als sei das Problem so aus der Welt zu schaffen.

Aber die Geschichten wiederholten sich, wieder und wieder, und der Skandal, von dem "Erlöse uns von dem Bösen" erzählt, ist der Umstand, dass die katholische Kirche wusste, was sie da tat, oder besser: Was sie da unterließ. Denn es ging um das, was einer ihrer Kritiker im Film "bella figura" nennt: eine gute Figur abzugeben, das Gesicht zu wahren, jeden Skandal zu vermeiden. Allen voran Kardinal Mahoney, der diese Art von negativer Presse auf seinem Weg zum Erzbischof von Los Angeles nicht brauchen konnte. Als es später zum Prozess kam, konnte er sich an nichts erinnern, und die Ausschnitte seiner Aussagen vor Gericht zeigen vor allem, wie fadenscheinig seine Erinnerungslücken wirken. Am Ende regelte die katholische Kirche die sich ansammelnden Vorfälle von Missbrauch wie jeder große Konzern. In einem Vergleich wurden im Jahr 2007 508 Opfer mit 660 Millionen Dollar abgefunden.

Wenn der Film anfängt, liegt das noch in weiter Ferne. Vor allem aber wird vorgeführt, wie wenig Geld dazu taugt, das Geschehene aus der Welt zu schaffen. Denn Oliver O'Grady ist zwar das Zentrum des Films, aber dies ist keine Dokumentation über einen Täter, sondern über die Spur der seelischen Verheerungen, die er bei seinen Opfern hinterlassen hat. Nachdem er 1971 in die Vereinigten Staaten kam, hat er als Priester in mehreren Gemeinden Kinder missbraucht und vergewaltigt, deren jüngstes neun Monate alt war. Mehr als zwei Dutzend Vergehen hat O'Grady später zugegeben, drei der inzwischen erwachsenen Opfer begleitet der Film.

Wenn O'Grady spricht, dann mag man kaum glauben, was die Doku an teuflischer Systematik nach und nach ausbreitet. Der alte Mann, der 1993 zu vierzehn Jahren Haft verurteilt wurde, sieben davon absaß und dann nach Irland abgeschoben wurde, scheint durchaus schuldbewusst, aber auch seltsam ungerührt. Und je mehr man erfährt, desto dämonischer wirkt sein stetes Lächeln. Fast scheint es, als betrachte er die Kamera als eine Art Beichtstuhl. In den entfallenen Szenen sieht man, wie er einmal, als die Regisseurin nicht im Raum ist, den Kameramann zu umgarnen beginnt - und es läuft einem eiskalt den Rücken herunter, weil man sich genau vorstellen kann, welche fatale Macht diese Masche ihm über die Kinder gab.

Dass Amy Berg mit zwei Missbrauchsopfern am Ende nach Rom fährt und den Umstand, dass sie im Vatikan an der Pforte von der Schweizergarde abgewiesen werden, als Beweis für die Uneinsichtigkeit der Kirche nimmt, ist dämliche Tränendramaturgie. Aber dass es auf Seiten der Kirche eine menschenverachtende Systematik der Vertuschung gibt, dafür liefert "Erlöse uns von dem Bösen" reichlich Anschauung.

MICHAEL ALTHEN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr