Banksy ist ein Phantom. Obwohl, (-oder gerade weil-), seine Kunst Fassaden und Mauern auf der ganzen Welt ziert, weiß niemand, wer hinter dem gefeierten Street Art Künstler eigentlich steckt.
Bis sich ein verrückter Franzose und selbsternannter Dokumentarfilmer namens Thierry Guetta zum Ziel gesetzt hat, Banksy aufzuspüren. Was ihm durch gute Kontakte und ein bisschen Zufall sogar gelingt. Aber dann kommt alles anders als geplant: Banksy dreht den Spieß um und richtet die Kamera auf Guetta. Der wiederum startet nun selbst eine überraschende Karriere als Künstler.
"Ich wollte einen Film machen, der für Street Art das bewirkt, was "Karate Kid" für den Kampfsport bewirkt hat- ein Film, der jedes Schulkind dazu bewegen würde eine Spraydose in die Hand zu nehmen und los zu legen. Aber wie sich herausstellt, haben wir einen Film gemacht, der für Street Art so viel getan hat, wie der "Der weiße Hai" für den Wassersport." (Banksy)
Eine wahre (?) Geschichte über Kleinkriminalität, Freundschaft und Inkompetenz.
Bis sich ein verrückter Franzose und selbsternannter Dokumentarfilmer namens Thierry Guetta zum Ziel gesetzt hat, Banksy aufzuspüren. Was ihm durch gute Kontakte und ein bisschen Zufall sogar gelingt. Aber dann kommt alles anders als geplant: Banksy dreht den Spieß um und richtet die Kamera auf Guetta. Der wiederum startet nun selbst eine überraschende Karriere als Künstler.
"Ich wollte einen Film machen, der für Street Art das bewirkt, was "Karate Kid" für den Kampfsport bewirkt hat- ein Film, der jedes Schulkind dazu bewegen würde eine Spraydose in die Hand zu nehmen und los zu legen. Aber wie sich herausstellt, haben wir einen Film gemacht, der für Street Art so viel getan hat, wie der "Der weiße Hai" für den Wassersport." (Banksy)
Eine wahre (?) Geschichte über Kleinkriminalität, Freundschaft und Inkompetenz.
Bonusmaterial
- Life Remote Control - Der Film - Deleted Scenes - B-Movie - ein Film über Banksy - A Star Is Born - MBW at Cans FestivalFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2010Wer ist hier eigentlich gefälscht?
"Exit Through the Gift Shop", ein Film des Graffitikünstlers Banksy
Der britische Graffitikünstler Banksy hat wohl zu oft Orson Welles' Film "F wie Fälschung" aus dem Jahr 1972 gesehen. Die grandiose "fake documentary" über den Kunstbetrieb ist genauso eitel, genauso unwahr-wahr, wie jetzt Banksys "Exit Through the Gift Shop" wahrhaftig und doch gelogen ist. Statt Orson Welles geistert nun Banksy durch die Welt, statt eines Huts und weiten schwarzen Umhangs, verkleidet sich der berühmte Graffitikünstler mit einem Kapuzenpulli und lässt sein Gesicht schwärzen.
"Exit Through the Gift Shop" ist eine Dokumentation über den verrückten, "mental etwas problematischen" Dokumentarfilmer Thierry Guetta - einen zunächst braven Familienvater mit langen Koteletten und einem nervigen französischen Akzent, der der Street Art verfällt. Thierry Guetta ist eine Figur, die man sich eigentlich nur ausdenken kann. Banksy übernimmt in seinem Film die Rolle des vernunftbegabten, erfahrenen Künstlers, der stets besonnen agiert. Er ist verwundert über jegliche Verrücktheit. Die überlässt er Thierry Guetta. Und der bekommt gleich eine ganze Menge davon ab. Thierry ist süchtig nach seiner Videokamera: "Ich weiß nicht, wie ich sie anhalten soll", sagt er mit Dackelblick. Man sieht ihn in einem Hinterhof sitzen. Im Hintergrund ein Gemälde vom Musketier d'Artagnan. Er beginnt zu erzählen. Thierrys Cousin ist der berühmte Straßenkünstler "Space Invader", der in der ganzen Welt seine Tags hinterlassen hat. Und so findet Thierry seine Passion "ganz zufällig". Er begleitet Space Invader in die Nacht, dokumentiert seine Aktionen. Thierry filmt und filmt und filmt und filmt - nach und nach trifft er immer mehr Straßenkünstler. Aber er schaut die Kassetten nie wieder an. Aus welcher Quelle sehen wir dann die Szenen? Banksy ist unser Regisseur.
Im Rhythmus und mit der Bildsprache eines Musikvideos baut sich nach und nach ein wunderbar selbstironisches und nostalgisches Porträt einer Street-Art-Generation auf, die heute Kultstatus genießt. Thierry Guetta trifft Shepard Fairey, der mit seinem "Hope"-Poster vom Kandidaten Obama berühmt wurde und vorher jahrelang harte "Obey"-Plakate klebte. Künstlerin Swoon haucht ins Mikrofon und in die Nacht: "Es macht so viel Spaß." Banksy verbiegt eine rote Telefonzelle und legt sie in die Straße. Thierry entlockt einer älteren Dame den schönen Satz: "Jemand ist wohl verärgert über die Telefonfirma." Den Meister selbst hat Thierry aber noch nicht getroffen.
Der allwissende Sprecher dieser Gesellschaftssatire gibt sich als Zeuge einer bedeutenden Revolution und als Begleiter eines dramatischen Schicksals: "Niemand konnte ahnen, was geschehen würde." Denn auf den kleinen Thierry kommt noch einiges zu. Irgendwann beginnt seine Sehnsucht nach Banksy, dem Mann, nach dem die Welt sucht: "Der mysteriöse Engländer, so magisch." Angeblich zufällig, wie alles in diesem Film den Menschen zufliegt, lernt Thierry Banksy schließlich kennen (wir natürlich nicht). Thierry wird abgeordnet, Banksy in Los Angeles die besten Klebeplätze zu zeigen. Doch wer dreht hier eigentlich wen? Wer ist hier eigentlich wer? Banksy und Thierry werden Kompagnons, bis Banksy berühmt wird und seine Werke Höchstpreise erzielen. Der Hype beginnt und damit der schönste Teil des Films. Denn Thierry wird nun selbst Künstler. Meister Banksy will es so.
Thierry nennt sich "Mister Brainwash" (MBW) und kopiert den Banksy-Stil. Wunderbar-wahre Kunstmarkt-Anekdoten reihen sich nun slapstickartig aneinander: Thierry Guetta mutiert zum Prototypen eines überdrehten Hypes, deren Teilnehmer nach dem Place-to-be suchen, sich die grellsten Farben wünschen und sich mit den absurdesten Inhalten zufriedengeben. Thierry fühlt sich als Genie. Fühlt sich als die "Zukunft von Banksy". Seine megalomane Ausstellung heißt: "Life is beautiful." Dreihundert Poster wird er in wenigen Stunden in Originale verwandeln. Ein Zaubermeister à la "F wie Fälschung"? Mit dem Rollstuhl (er hat sich kurz vorher den Fuß gebrochen) fährt er an den Leinwänden entlang und sprüht immer mal hier und da und dort. Schon während des Aufbaus der Schau sitzt er in der Mitte mit dem Handy und verkauft seinen Kram: 18 000 Dollar, 12 000 Dollar, dann grinst er perfide, wird böse und sagt jemandem, nein, da sei wirklich gar nichts mehr zu machen. Er freut sich und ist doch völlig durcheinander. Denn jeder hört jetzt auf sein Kommando. Mister Brainwashs Schau wird das "hotteste Kunstevent des Jahres". Unweigerlich denken wir an Christian Jankowski, den deutschen Künstler, der seine Kamera auf die Kunstwelt von Miami hielt. Das Ergebnis wollte man nicht glauben.
"Exit Through the Gift Shop" schafft es über diese Umwege, die Geschichte von Banksy zu erzählen, die kommerziellen Abgründe, in die auch er geriet. Der Film zeigt die Street-Art-Szene und hält trotzdem das Ephemere hoch. Es verbindet sich etwas angenehm Schizophrenes mit diesem Filmerlebnis, weil es der Street-Art-Szene absurderweise jene Magie wieder zurückgibt, die sie in den vergangenen Jahren so jäh verloren hatte. Banksy steht - wie Orson Welles - für einen sagenumwobenen Geniekult, den er selbstbewusst in diesem Film scheitern lässt. Er entwirft ein Koordinatenkreuz aus erfundenen und wahren Identitäten, in denen er wieder vollständig verschwindet. Banksy huldigt einem Kino, das sich trotz hohen Spaßfaktors die Errettung der Wirklichkeit zur Aufgabe macht.
SWANTJE KARICH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Exit Through the Gift Shop", ein Film des Graffitikünstlers Banksy
Der britische Graffitikünstler Banksy hat wohl zu oft Orson Welles' Film "F wie Fälschung" aus dem Jahr 1972 gesehen. Die grandiose "fake documentary" über den Kunstbetrieb ist genauso eitel, genauso unwahr-wahr, wie jetzt Banksys "Exit Through the Gift Shop" wahrhaftig und doch gelogen ist. Statt Orson Welles geistert nun Banksy durch die Welt, statt eines Huts und weiten schwarzen Umhangs, verkleidet sich der berühmte Graffitikünstler mit einem Kapuzenpulli und lässt sein Gesicht schwärzen.
"Exit Through the Gift Shop" ist eine Dokumentation über den verrückten, "mental etwas problematischen" Dokumentarfilmer Thierry Guetta - einen zunächst braven Familienvater mit langen Koteletten und einem nervigen französischen Akzent, der der Street Art verfällt. Thierry Guetta ist eine Figur, die man sich eigentlich nur ausdenken kann. Banksy übernimmt in seinem Film die Rolle des vernunftbegabten, erfahrenen Künstlers, der stets besonnen agiert. Er ist verwundert über jegliche Verrücktheit. Die überlässt er Thierry Guetta. Und der bekommt gleich eine ganze Menge davon ab. Thierry ist süchtig nach seiner Videokamera: "Ich weiß nicht, wie ich sie anhalten soll", sagt er mit Dackelblick. Man sieht ihn in einem Hinterhof sitzen. Im Hintergrund ein Gemälde vom Musketier d'Artagnan. Er beginnt zu erzählen. Thierrys Cousin ist der berühmte Straßenkünstler "Space Invader", der in der ganzen Welt seine Tags hinterlassen hat. Und so findet Thierry seine Passion "ganz zufällig". Er begleitet Space Invader in die Nacht, dokumentiert seine Aktionen. Thierry filmt und filmt und filmt und filmt - nach und nach trifft er immer mehr Straßenkünstler. Aber er schaut die Kassetten nie wieder an. Aus welcher Quelle sehen wir dann die Szenen? Banksy ist unser Regisseur.
Im Rhythmus und mit der Bildsprache eines Musikvideos baut sich nach und nach ein wunderbar selbstironisches und nostalgisches Porträt einer Street-Art-Generation auf, die heute Kultstatus genießt. Thierry Guetta trifft Shepard Fairey, der mit seinem "Hope"-Poster vom Kandidaten Obama berühmt wurde und vorher jahrelang harte "Obey"-Plakate klebte. Künstlerin Swoon haucht ins Mikrofon und in die Nacht: "Es macht so viel Spaß." Banksy verbiegt eine rote Telefonzelle und legt sie in die Straße. Thierry entlockt einer älteren Dame den schönen Satz: "Jemand ist wohl verärgert über die Telefonfirma." Den Meister selbst hat Thierry aber noch nicht getroffen.
Der allwissende Sprecher dieser Gesellschaftssatire gibt sich als Zeuge einer bedeutenden Revolution und als Begleiter eines dramatischen Schicksals: "Niemand konnte ahnen, was geschehen würde." Denn auf den kleinen Thierry kommt noch einiges zu. Irgendwann beginnt seine Sehnsucht nach Banksy, dem Mann, nach dem die Welt sucht: "Der mysteriöse Engländer, so magisch." Angeblich zufällig, wie alles in diesem Film den Menschen zufliegt, lernt Thierry Banksy schließlich kennen (wir natürlich nicht). Thierry wird abgeordnet, Banksy in Los Angeles die besten Klebeplätze zu zeigen. Doch wer dreht hier eigentlich wen? Wer ist hier eigentlich wer? Banksy und Thierry werden Kompagnons, bis Banksy berühmt wird und seine Werke Höchstpreise erzielen. Der Hype beginnt und damit der schönste Teil des Films. Denn Thierry wird nun selbst Künstler. Meister Banksy will es so.
Thierry nennt sich "Mister Brainwash" (MBW) und kopiert den Banksy-Stil. Wunderbar-wahre Kunstmarkt-Anekdoten reihen sich nun slapstickartig aneinander: Thierry Guetta mutiert zum Prototypen eines überdrehten Hypes, deren Teilnehmer nach dem Place-to-be suchen, sich die grellsten Farben wünschen und sich mit den absurdesten Inhalten zufriedengeben. Thierry fühlt sich als Genie. Fühlt sich als die "Zukunft von Banksy". Seine megalomane Ausstellung heißt: "Life is beautiful." Dreihundert Poster wird er in wenigen Stunden in Originale verwandeln. Ein Zaubermeister à la "F wie Fälschung"? Mit dem Rollstuhl (er hat sich kurz vorher den Fuß gebrochen) fährt er an den Leinwänden entlang und sprüht immer mal hier und da und dort. Schon während des Aufbaus der Schau sitzt er in der Mitte mit dem Handy und verkauft seinen Kram: 18 000 Dollar, 12 000 Dollar, dann grinst er perfide, wird böse und sagt jemandem, nein, da sei wirklich gar nichts mehr zu machen. Er freut sich und ist doch völlig durcheinander. Denn jeder hört jetzt auf sein Kommando. Mister Brainwashs Schau wird das "hotteste Kunstevent des Jahres". Unweigerlich denken wir an Christian Jankowski, den deutschen Künstler, der seine Kamera auf die Kunstwelt von Miami hielt. Das Ergebnis wollte man nicht glauben.
"Exit Through the Gift Shop" schafft es über diese Umwege, die Geschichte von Banksy zu erzählen, die kommerziellen Abgründe, in die auch er geriet. Der Film zeigt die Street-Art-Szene und hält trotzdem das Ephemere hoch. Es verbindet sich etwas angenehm Schizophrenes mit diesem Filmerlebnis, weil es der Street-Art-Szene absurderweise jene Magie wieder zurückgibt, die sie in den vergangenen Jahren so jäh verloren hatte. Banksy steht - wie Orson Welles - für einen sagenumwobenen Geniekult, den er selbstbewusst in diesem Film scheitern lässt. Er entwirft ein Koordinatenkreuz aus erfundenen und wahren Identitäten, in denen er wieder vollständig verschwindet. Banksy huldigt einem Kino, das sich trotz hohen Spaßfaktors die Errettung der Wirklichkeit zur Aufgabe macht.
SWANTJE KARICH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Banksy-Film - "Eine der einfallsreichsten, schlagfertigsten und lustigsten Dokus aller Zeiten!" (Film Comment), "Berauschend komisch. Es gibt keinen Zweifel an Banksys Kunst. Möge er unsere Leinwände noch Jahrzehnte beschmieren!" (New York Times)