Der junge Notarzt Guy Luthan macht in einem New Yorker Krankenhaus eine entsetzliche Entdeckung: Eine Gruppe skrupelloser Wissenschaftler läßt Obdachlose für medizinische Experimente entführen. Als Luthan mit seinen Nachforschungen dem prominenten Dr. Myrick auf die Spur kommt, gerät er ins Fadenkreuz eines mörderischen Komplotts ...
Ein packender Hochspannungsthriller, erstklassig besetzt mit Hugh Grant (Notting Hill) und Gene Hackmann. Regie führte Michael Apted (007 - Die Welt ist nicht genug).
Ein packender Hochspannungsthriller, erstklassig besetzt mit Hugh Grant (Notting Hill) und Gene Hackmann. Regie führte Michael Apted (007 - Die Welt ist nicht genug).
Bonusmaterial
Bildformat auf Seite 2 16:9- DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-MenüFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.12.1996Hippokrates im Hades
Hugh Grant als Weißkittel: Der Medizinthriller "Extrem" im Kino
Wenn es um Leben und Tod geht, ist er in seinem Element. Guy Luthan (Hugh Grant), Arzt in der Notaufnahme des New Yorker Gramercy Hospital, tut Dienst an der letzten Grenze. Luthan setzt alles daran, damit sie niemand überschreitet, doch manchmal ist er so sehr damit beschäftigt, den einen aufzuhalten, daß er Gefahr läuft, den anderen passieren zu lassen. Ein Polizist, getroffen von mehreren Kugeln, und ein Verbrecher, vollgepumpt mit Drogen, werden nach einem Schußwechsel eingeliefert. Guy Luthan muß in Sekundenfrist abschätzen, aus welchem Körper das Leben schneller entweicht. Er zieht den Polizisten vor, obwohl der Verbrecher die Behandlung nötiger hätte, und ist damit hineingeraten in das Spannungsfeld zwischen Medizin und Moral, das der Film fortan ausmißt.
"Extrem" (Originaltitel: Extreme Measures) beruht auf dem gleichnamigen Roman von Michael Palmer . Nicht nur bei Operationen, auch bei Adaptionen sind oft außergewöhnliche Maßnahmen erforderlich, sagte sich Drehbuchautor Tony Gilroy und nahm einschneidende Änderungen vor. Im Gegensatz zur Vorlage setzt der Film nicht mit dem Krimi-Plot ein, sondern präpariert die Spannung aus dem Alltag seines Protagonisten heraus. Auf den ersten Seiten des Romans häufen sich die mysteriösen Todesfälle; in den ersten Minuten des Films häuft sich nur der Unrat auf dem Boden des Operationssaals. Es entwickelt sich eine Geschichte, die immer weitere Kreise zieht und vom Müll, der Stadt und dem Tod handelt.
Ein Obdachloser, der ihm unter den Händen verstarb, läßt Luthan keine Ruhe. Als er sich über die seltsamen Todesumstände Klarheit verschaffen will, stellt er fest, daß die Leiche verschwunden ist. Weitere Nachforschungen ergeben, daß dies kein Einzelfall war, sondern anderen Obdachlosen dasselbe Schicksal widerfuhr. Um Licht in das Dunkel zu bringen, muß Luthan tief hinabsteigen. Von den Bahnsteigen der U-Bahn führt eine Treppe zu den Höhlenmenschen der Metropole. Sie haben sich in die Unterwelt zurückgezogen, denn nur dort sind sie vor dem Zugriff eines Halbgottes in Weiß sicher. Einer seiner Kollegen, so erfährt Luthan, benutzt jene, nach denen niemand mehr fragt, als Material für medizinische Experimente.
Bereits mit seinen Thrillern "Class Action" (1991) und "Blink" (1994) stellte Michael Apted unter Beweis, daß er wie nur wenige Regisseure Räume zum Reden bringen kann. In "Extrem" erzählen sie von einem Arzt, der sich darum bemüht, Zusammenhänge zu durchschauen. Immer wieder wird die Figur mit Transparenz und Helligkeit assoziiert. In einem Restaurant, dessen breite Fensterfront die Trennung zwischen Innen- und Außenraum fast aufhebt, trifft sich Luthan mit einer Krankenschwester, und genauso licht erscheint auch seine Wohnung: Zweimal fährt die Kamera an der Fassade entlang und nimmt ihn durch eines der vielen Fenster in den Blick. Wer sein Gegenspieler ist, erfahren wir dagegen, als sich eine Gestalt, die nachts an einem Fenster steht, langsam aus dem Dunkel löst. Es ist der Neurologe Lawrence Myrick (Gene Hackman), und er wird in einer späteren Schlüsselszene, als Luthan ans Bett gefesselt ist, zunächst nur als Schattenriß zu erkennen sein, bevor er ins Licht tritt.
Schritt für Schritt nimmt die Bedrohung Gestalt an. Mehrfach sieht sich Luthan im Verlauf des Films in Gängen oder Fluren Gegnern gegenüber. Dieses visuelle Motivkulminiert in einer Sequenz in einem U-Bahn-Tunnel, als die verbale Konfrontation in eine letale mündet und zwei Killer auf Luthan Jagd machen. Auch sie haben für ihr Handeln, so legt es der Film nahe, gute Gründe. Der Sohn des einen ist querschnittsgelähmt, die Tochter des anderen ebenfalls an einen Rollstuhl gefesselt. Beide hoffen auf eine Heilung ihrer Kinder, denn Dr. Myrick ist es in einigen Fällen gelungen, durchtrenntes Rückenmark zu regenerieren. Doch wenn der Film vorgibt, dies sei für diese beiden Figuren ein hinreichendes Motiv, über Leichen zu gehen, nimmt er es mit den moralischen Feinheiten, auf die er sich soviel zugute hält, auf einmal nicht mehr so genau.
Mit zunehmender Zeit verlieren Gilroy und Apted das Vertrauen in ihren Gegenstand und versuchen, dem Medizinthriller durch Actioneinlagen eine zusätzliche Dosis Spannung zu verpassen. So kann der eher schmächtige Luthan, von dem man eben noch glaubte, er sei nun auch querschnittsgelähmt, einem hünenhaften Schläger Paroli bieten, obwohl er noch unter schweren Betäubungsmitteln steht - fürwahr ein medizinisches Wunder. Doch tatsächlich bricht es der Figur fast das Rückgrat, wenn sich Luthan fäusteschwingend durchkämpft, bis es am Ende wieder zu einem Wortgefecht kommen kann. Als er Myrick gegenübersteht, behauptet dieser, um in Zukunft vielen Menschen helfen zu können, müsse man einige opfern. Leider hat auch der Film einiges geopfert und dabei viel verloren. LARS-OLAV BEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hugh Grant als Weißkittel: Der Medizinthriller "Extrem" im Kino
Wenn es um Leben und Tod geht, ist er in seinem Element. Guy Luthan (Hugh Grant), Arzt in der Notaufnahme des New Yorker Gramercy Hospital, tut Dienst an der letzten Grenze. Luthan setzt alles daran, damit sie niemand überschreitet, doch manchmal ist er so sehr damit beschäftigt, den einen aufzuhalten, daß er Gefahr läuft, den anderen passieren zu lassen. Ein Polizist, getroffen von mehreren Kugeln, und ein Verbrecher, vollgepumpt mit Drogen, werden nach einem Schußwechsel eingeliefert. Guy Luthan muß in Sekundenfrist abschätzen, aus welchem Körper das Leben schneller entweicht. Er zieht den Polizisten vor, obwohl der Verbrecher die Behandlung nötiger hätte, und ist damit hineingeraten in das Spannungsfeld zwischen Medizin und Moral, das der Film fortan ausmißt.
"Extrem" (Originaltitel: Extreme Measures) beruht auf dem gleichnamigen Roman von Michael Palmer . Nicht nur bei Operationen, auch bei Adaptionen sind oft außergewöhnliche Maßnahmen erforderlich, sagte sich Drehbuchautor Tony Gilroy und nahm einschneidende Änderungen vor. Im Gegensatz zur Vorlage setzt der Film nicht mit dem Krimi-Plot ein, sondern präpariert die Spannung aus dem Alltag seines Protagonisten heraus. Auf den ersten Seiten des Romans häufen sich die mysteriösen Todesfälle; in den ersten Minuten des Films häuft sich nur der Unrat auf dem Boden des Operationssaals. Es entwickelt sich eine Geschichte, die immer weitere Kreise zieht und vom Müll, der Stadt und dem Tod handelt.
Ein Obdachloser, der ihm unter den Händen verstarb, läßt Luthan keine Ruhe. Als er sich über die seltsamen Todesumstände Klarheit verschaffen will, stellt er fest, daß die Leiche verschwunden ist. Weitere Nachforschungen ergeben, daß dies kein Einzelfall war, sondern anderen Obdachlosen dasselbe Schicksal widerfuhr. Um Licht in das Dunkel zu bringen, muß Luthan tief hinabsteigen. Von den Bahnsteigen der U-Bahn führt eine Treppe zu den Höhlenmenschen der Metropole. Sie haben sich in die Unterwelt zurückgezogen, denn nur dort sind sie vor dem Zugriff eines Halbgottes in Weiß sicher. Einer seiner Kollegen, so erfährt Luthan, benutzt jene, nach denen niemand mehr fragt, als Material für medizinische Experimente.
Bereits mit seinen Thrillern "Class Action" (1991) und "Blink" (1994) stellte Michael Apted unter Beweis, daß er wie nur wenige Regisseure Räume zum Reden bringen kann. In "Extrem" erzählen sie von einem Arzt, der sich darum bemüht, Zusammenhänge zu durchschauen. Immer wieder wird die Figur mit Transparenz und Helligkeit assoziiert. In einem Restaurant, dessen breite Fensterfront die Trennung zwischen Innen- und Außenraum fast aufhebt, trifft sich Luthan mit einer Krankenschwester, und genauso licht erscheint auch seine Wohnung: Zweimal fährt die Kamera an der Fassade entlang und nimmt ihn durch eines der vielen Fenster in den Blick. Wer sein Gegenspieler ist, erfahren wir dagegen, als sich eine Gestalt, die nachts an einem Fenster steht, langsam aus dem Dunkel löst. Es ist der Neurologe Lawrence Myrick (Gene Hackman), und er wird in einer späteren Schlüsselszene, als Luthan ans Bett gefesselt ist, zunächst nur als Schattenriß zu erkennen sein, bevor er ins Licht tritt.
Schritt für Schritt nimmt die Bedrohung Gestalt an. Mehrfach sieht sich Luthan im Verlauf des Films in Gängen oder Fluren Gegnern gegenüber. Dieses visuelle Motivkulminiert in einer Sequenz in einem U-Bahn-Tunnel, als die verbale Konfrontation in eine letale mündet und zwei Killer auf Luthan Jagd machen. Auch sie haben für ihr Handeln, so legt es der Film nahe, gute Gründe. Der Sohn des einen ist querschnittsgelähmt, die Tochter des anderen ebenfalls an einen Rollstuhl gefesselt. Beide hoffen auf eine Heilung ihrer Kinder, denn Dr. Myrick ist es in einigen Fällen gelungen, durchtrenntes Rückenmark zu regenerieren. Doch wenn der Film vorgibt, dies sei für diese beiden Figuren ein hinreichendes Motiv, über Leichen zu gehen, nimmt er es mit den moralischen Feinheiten, auf die er sich soviel zugute hält, auf einmal nicht mehr so genau.
Mit zunehmender Zeit verlieren Gilroy und Apted das Vertrauen in ihren Gegenstand und versuchen, dem Medizinthriller durch Actioneinlagen eine zusätzliche Dosis Spannung zu verpassen. So kann der eher schmächtige Luthan, von dem man eben noch glaubte, er sei nun auch querschnittsgelähmt, einem hünenhaften Schläger Paroli bieten, obwohl er noch unter schweren Betäubungsmitteln steht - fürwahr ein medizinisches Wunder. Doch tatsächlich bricht es der Figur fast das Rückgrat, wenn sich Luthan fäusteschwingend durchkämpft, bis es am Ende wieder zu einem Wortgefecht kommen kann. Als er Myrick gegenübersteht, behauptet dieser, um in Zukunft vielen Menschen helfen zu können, müsse man einige opfern. Leider hat auch der Film einiges geopfert und dabei viel verloren. LARS-OLAV BEIER
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