Das paradiesische Leben des charmanten Piraten Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) erhält einen jähen Dämpfer, als der finstere Captain Barbossa (Geoffrey Rush) sein stolzes Schiff, die "Black Pearl", in seine Gewalt bringt und mit ihr die Hafenstadt Port Royal überfällt, wo er die bildhübsche Gouverneurstochter Elizabeth Swann (Keira Knightley), entführt. Das kann der abenteuerlustige Waffenschmied Will Turner (Orlando Bloom - Der Herr der Ringe), Elizabeth' Vertrauter seit Kindertagen, nicht auf sich beruhen lassen. Gemeinsam mit dem Haudegen Sparrow macht er sich auf die Jagd nach der mörderischen Piratenbande um Barbossa - und seiner verlorenen Liebe. Noch ahnen die beiden Draufgänger nichts von einem mysteriösen Fluch, der auf Barbossa und seiner blutrünstigen Mannschaft lastet: Bei Mondschein verwandeln sie sich in lebendige Skelette, dazu verdammt, auf ewig als Untote durch die Nacht zu ziehen. Nur ein außergewöhnliches Geheimnis kann den Fluch brechen... Hollywood-Produzent Jerry Bruckheimer (Pearl Harbor, Armageddon) und Regisseur Gore Verbinski (Die Mäusejagd, The Ring) entführen auf ein mitreißendes Abenteuer-Spektakel in die wilde Karibik. Die meisterhafte schauspielerische Leistung von Johnny Depp und die einzigartige Mischung aus Action, Mystery und Romance verhalfen dem Film in kürzester Zeit zu einem sensationellen Publikumserfolg.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2003Wege zum Rum
In dem Piratenfilm "Fluch der Karibik" darf Johnny Depp nuscheln, trinken, schwanken und dabei so lässig sein wie Keith Richards
Bis es in diesem Film zum ersten Mal karibisch wird, karibisch in unserem zeitgenössischen Sinne, der den Zauber unberührter Strände und paradiesischer Buchten meint, vergeht eine ganze Stunde, in der man mit einem gewissen Stirnrunzeln einer Geschichte gefolgt ist, die ein wenig zu akkurat ein Element des Genres "Piratenfilm" nach dem anderen herbeigebracht hat. Bis dahin ging es um eine geheimnisvolle Münze aus einem verfluchten Schatz und um bösartige Piraten, die verflucht sind, Untote, die im Licht des Mondes zu Gerippe werden und die, um den Fluch aufzuheben, den Schatz wieder zusammentragen und das Blut eines ausgewählten Opfers vergießen müssen. Von diesen Piraten werden die Tochter eines Gouverneurs und ein Kapitän ohne Schiff auf einer einsamen Insel ausgesetzt. Dann aber endet der szenische Realismus des 18. Jahrhunderts, und jene karibische Stimmung entsteht, die man bis dahin ein wenig vermißt hat. Wie nebenbei entdeckt der Kapitän einen riesigen Vorrat an vergrabenem Rum, die beiden entzünden ein Feuer und werden die Nacht zusammen am Strand verbringen. Insgeheim hatte ich die ganze Zeit gehofft, daß Johnny Depp als Captain Jack Sparrow, Keira Knightly, welche Elisabeth, die Tochter des Gouverneurs, spielt, doch noch rumkriegen würde. Schließlich war er es, der sie zu Beginn des Films vor dem Ertrinken gerettet hatte, auch wenn die Art und Weise, wie er sie danach immer wieder mal angestarrt hatte, alles andere als höflich war. Als die lange Szene am nächtlichen Strand beginnt, sieht die wunderschöne Knightly aus, als wäre sie gerade mit der Schule fertig geworden und befände sich auf ihrem letzten großen Urlaub vor dem Beginn des Medizinstudiums.
Der Schrecken der bisherigen Handlung erscheint plötzlich so weit entfernt wie das Alltagsleben während eines großartigen Urlaubs, und Johnny Depp benimmt sich genauso, wie es jene an den warmen Meeren der Welt gestrandeten Ex-Surfer und nicht mehr ganz jungen Weltenbummler eben tun, wenn sie die Chance wittern, blutjunge Touristinnen unter Zuhilfenahme von Rum, Dope und ausufernden philosophischen Reflexionen zu verführen.
Aber dann erweist sich, daß er die Verführung enttäuschenderweise gar nicht so ernst nimmt, sondern so lange weitertrinkt, bis er die Besinnung verliert und nach hinten wegkippt: Das Ganze endet damit, daß sie am nächsten Morgen zum Entsetzen des verkaterten Sparrow sämtlichen Rum entzündet, um Rauchzeichen zu geben, damit ihr spießiger Verlobter und ihr überängstlicher Vater sie endlich abholen können. Dann geht es traditionell weiter, und wie zuvor schon spielt "Fluch der Karibik" hauptsächlich in den Innen- und Hohlräumen herrlich gebauter Segelschiffe oder im dunklen Kerker von "Port Royal", in dem Piraten auf ihre Hinrichtung warten. Und es sind auch nicht Strände, an denen gefochten wird, sondern die verwinkelten Gassen einer idealen Kolonialstadt, die mit trotteligen englischen Soldaten und einem politisch korrekten friedlichen Völkergemisch angefüllt sind, oder die dunkle, tropfende Schatzhöhle, in der die Ausstatter des Films Zigtausende von soliden Goldstücken und Schmuck angehäuft haben.
Dabei ließen sie sich nicht nur von ihrer Imagination und den filmischen Vorbildern inspirieren, sondern bezogen sich direkt auf eine Disneyparkattraktion mit dem Thema "Piraten der Karibik", die in Florida steht und das direkte Vorbild der Filmhandlung ist. In diesen zum Film gewordenen Themenpark stolpert nun Johnny Depp als Captain Sparrow hinein, und von dem Augenblick an, in dem er sich mit einem wackligen Sprung vom Fahnenmast seiner gerade sinkenden Nußschale abstößt und den Hafen von "Port Royal" betritt, wirkt er wie jemand, der sich zwischen ernsthafte Figuren verirrt hat und eigentlich aus einer ganz anderen Welt stammt.
Depp ließ sich nach eigenem Bekunden von der Lässigkeit Keith Richards, dem Comicstinktier "Pepe Le Pew" und jenen zahllosen Rastafarians aller Länder inspirieren, die man an den Stränden warmer Meere und in den Innenstädten südfranzösischer Universitätsstädte treffen kann. Depp nuschelt, zeigt sein vor Goldzähnen blitzendes Grinsen, hält sich selbst für unschlagbar und bewegt sich mit einem merkwürdig schwankenden Gang - ein Seemann auf Landgang, der ein bißchen zuviel geraucht hat.
Besonders wunderbar anzusehen wird der Film immer dort, wo Regisseur Gore Verbinski Tiere inszeniert. Ob es Schwärme von Hammerhaien sind oder der Affe des bösen Piraten Barbossa, ein Papagei, der für einen Piraten spricht, dem man die Zunge herausgerissen hat, oder ein niedlicher Kerkerhund, der aus irgendwelchen Gründen die Schlüssel im Maul trägt und den der eingesperrte Captain Sparrow vergeblich heranzulocken versucht - immer schafft es Verbinski, die Tiere so zu inszenieren, daß sie Teil der Handlung werden, ohne je vermenschlicht zu wirken. Und Tiere, das sagt ja schon sein Name, sind die eigentlichen Verbündeten des Captain Sparrow, denn wie aus dem Bilderbuch sehen nicht nur die trotteligen Soldaten und ehrgeizigen Offiziere, die schurkischen und die guten Piraten aus, sondern natürlich auch das Paar, die Gouverneurstochter Elisabeth und der junge Schmied Will, gespielt von Orlando Bloom, der sich mit seinem Legolas im "Herrn der Ringe" in die Herzen unzähliger Mädchen gespielt hat.
Johnny Depp spielt zum ersten Mal nicht mehr den jungen Helden, der seinen Enthusiasmus gegen die scheinbare Vernunft der Älteren durchzusetzen versucht. Depp sieht genauso alt aus, wie er ist: ein Mann um die Vierzig, der schon viel erlebt hat. Depp ist großartig dabei, und zu Recht gehört ihm das Ende des Films. Er hat seine geliebte "Black Pearl" wieder und segelt nuschelnd und schwankend auf und davon.
So durchs Leben zu taumeln wie Captain Sparrow, mit solcher Anmut komplett durcheinander zu sein, ohne jemals sein unmöglich erscheinendes Ziel aus den Augen zu verlieren, danach sehnt man sich, wenn das Leben, das die anderen führen, wieder einmal unerreichbar perfekt zu sein scheint. Es ist immer noch der Traum von Freiheit, den Captain Sparrow träumt. Von Fluch keine Spur.
STEFFEN KOPETZKY
Kopetzky lebt als Schriftsteller in Berlin. Zuletzt erschien von ihm 2002 der Roman "Grand Tour oder die Nacht der Großen Complication". "Fluch der Karibik" kommt am Donnerstag ins Kino.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In dem Piratenfilm "Fluch der Karibik" darf Johnny Depp nuscheln, trinken, schwanken und dabei so lässig sein wie Keith Richards
Bis es in diesem Film zum ersten Mal karibisch wird, karibisch in unserem zeitgenössischen Sinne, der den Zauber unberührter Strände und paradiesischer Buchten meint, vergeht eine ganze Stunde, in der man mit einem gewissen Stirnrunzeln einer Geschichte gefolgt ist, die ein wenig zu akkurat ein Element des Genres "Piratenfilm" nach dem anderen herbeigebracht hat. Bis dahin ging es um eine geheimnisvolle Münze aus einem verfluchten Schatz und um bösartige Piraten, die verflucht sind, Untote, die im Licht des Mondes zu Gerippe werden und die, um den Fluch aufzuheben, den Schatz wieder zusammentragen und das Blut eines ausgewählten Opfers vergießen müssen. Von diesen Piraten werden die Tochter eines Gouverneurs und ein Kapitän ohne Schiff auf einer einsamen Insel ausgesetzt. Dann aber endet der szenische Realismus des 18. Jahrhunderts, und jene karibische Stimmung entsteht, die man bis dahin ein wenig vermißt hat. Wie nebenbei entdeckt der Kapitän einen riesigen Vorrat an vergrabenem Rum, die beiden entzünden ein Feuer und werden die Nacht zusammen am Strand verbringen. Insgeheim hatte ich die ganze Zeit gehofft, daß Johnny Depp als Captain Jack Sparrow, Keira Knightly, welche Elisabeth, die Tochter des Gouverneurs, spielt, doch noch rumkriegen würde. Schließlich war er es, der sie zu Beginn des Films vor dem Ertrinken gerettet hatte, auch wenn die Art und Weise, wie er sie danach immer wieder mal angestarrt hatte, alles andere als höflich war. Als die lange Szene am nächtlichen Strand beginnt, sieht die wunderschöne Knightly aus, als wäre sie gerade mit der Schule fertig geworden und befände sich auf ihrem letzten großen Urlaub vor dem Beginn des Medizinstudiums.
Der Schrecken der bisherigen Handlung erscheint plötzlich so weit entfernt wie das Alltagsleben während eines großartigen Urlaubs, und Johnny Depp benimmt sich genauso, wie es jene an den warmen Meeren der Welt gestrandeten Ex-Surfer und nicht mehr ganz jungen Weltenbummler eben tun, wenn sie die Chance wittern, blutjunge Touristinnen unter Zuhilfenahme von Rum, Dope und ausufernden philosophischen Reflexionen zu verführen.
Aber dann erweist sich, daß er die Verführung enttäuschenderweise gar nicht so ernst nimmt, sondern so lange weitertrinkt, bis er die Besinnung verliert und nach hinten wegkippt: Das Ganze endet damit, daß sie am nächsten Morgen zum Entsetzen des verkaterten Sparrow sämtlichen Rum entzündet, um Rauchzeichen zu geben, damit ihr spießiger Verlobter und ihr überängstlicher Vater sie endlich abholen können. Dann geht es traditionell weiter, und wie zuvor schon spielt "Fluch der Karibik" hauptsächlich in den Innen- und Hohlräumen herrlich gebauter Segelschiffe oder im dunklen Kerker von "Port Royal", in dem Piraten auf ihre Hinrichtung warten. Und es sind auch nicht Strände, an denen gefochten wird, sondern die verwinkelten Gassen einer idealen Kolonialstadt, die mit trotteligen englischen Soldaten und einem politisch korrekten friedlichen Völkergemisch angefüllt sind, oder die dunkle, tropfende Schatzhöhle, in der die Ausstatter des Films Zigtausende von soliden Goldstücken und Schmuck angehäuft haben.
Dabei ließen sie sich nicht nur von ihrer Imagination und den filmischen Vorbildern inspirieren, sondern bezogen sich direkt auf eine Disneyparkattraktion mit dem Thema "Piraten der Karibik", die in Florida steht und das direkte Vorbild der Filmhandlung ist. In diesen zum Film gewordenen Themenpark stolpert nun Johnny Depp als Captain Sparrow hinein, und von dem Augenblick an, in dem er sich mit einem wackligen Sprung vom Fahnenmast seiner gerade sinkenden Nußschale abstößt und den Hafen von "Port Royal" betritt, wirkt er wie jemand, der sich zwischen ernsthafte Figuren verirrt hat und eigentlich aus einer ganz anderen Welt stammt.
Depp ließ sich nach eigenem Bekunden von der Lässigkeit Keith Richards, dem Comicstinktier "Pepe Le Pew" und jenen zahllosen Rastafarians aller Länder inspirieren, die man an den Stränden warmer Meere und in den Innenstädten südfranzösischer Universitätsstädte treffen kann. Depp nuschelt, zeigt sein vor Goldzähnen blitzendes Grinsen, hält sich selbst für unschlagbar und bewegt sich mit einem merkwürdig schwankenden Gang - ein Seemann auf Landgang, der ein bißchen zuviel geraucht hat.
Besonders wunderbar anzusehen wird der Film immer dort, wo Regisseur Gore Verbinski Tiere inszeniert. Ob es Schwärme von Hammerhaien sind oder der Affe des bösen Piraten Barbossa, ein Papagei, der für einen Piraten spricht, dem man die Zunge herausgerissen hat, oder ein niedlicher Kerkerhund, der aus irgendwelchen Gründen die Schlüssel im Maul trägt und den der eingesperrte Captain Sparrow vergeblich heranzulocken versucht - immer schafft es Verbinski, die Tiere so zu inszenieren, daß sie Teil der Handlung werden, ohne je vermenschlicht zu wirken. Und Tiere, das sagt ja schon sein Name, sind die eigentlichen Verbündeten des Captain Sparrow, denn wie aus dem Bilderbuch sehen nicht nur die trotteligen Soldaten und ehrgeizigen Offiziere, die schurkischen und die guten Piraten aus, sondern natürlich auch das Paar, die Gouverneurstochter Elisabeth und der junge Schmied Will, gespielt von Orlando Bloom, der sich mit seinem Legolas im "Herrn der Ringe" in die Herzen unzähliger Mädchen gespielt hat.
Johnny Depp spielt zum ersten Mal nicht mehr den jungen Helden, der seinen Enthusiasmus gegen die scheinbare Vernunft der Älteren durchzusetzen versucht. Depp sieht genauso alt aus, wie er ist: ein Mann um die Vierzig, der schon viel erlebt hat. Depp ist großartig dabei, und zu Recht gehört ihm das Ende des Films. Er hat seine geliebte "Black Pearl" wieder und segelt nuschelnd und schwankend auf und davon.
So durchs Leben zu taumeln wie Captain Sparrow, mit solcher Anmut komplett durcheinander zu sein, ohne jemals sein unmöglich erscheinendes Ziel aus den Augen zu verlieren, danach sehnt man sich, wenn das Leben, das die anderen führen, wieder einmal unerreichbar perfekt zu sein scheint. Es ist immer noch der Traum von Freiheit, den Captain Sparrow träumt. Von Fluch keine Spur.
STEFFEN KOPETZKY
Kopetzky lebt als Schriftsteller in Berlin. Zuletzt erschien von ihm 2002 der Roman "Grand Tour oder die Nacht der Großen Complication". "Fluch der Karibik" kommt am Donnerstag ins Kino.
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