Die Siebzehnjährige Effie Briest heiratet den Ex ihrer Mutter, den 38-jährige Baron von Innstetten. Der versteht das junge Mädchen nicht, sie ist für ihn ein Spielzeug, ein Schmuckstück an seiner Seite, um seine Karriere zu befördern. Aus Langeweile und Vernachlässigung freundet sie sich mit Crampas
an, eine Freundschaft, die beiden erst Jahre später zum Verhängnis wird.
1974 nahm sich Rainer…mehrDie Siebzehnjährige Effie Briest heiratet den Ex ihrer Mutter, den 38-jährige Baron von Innstetten. Der versteht das junge Mädchen nicht, sie ist für ihn ein Spielzeug, ein Schmuckstück an seiner Seite, um seine Karriere zu befördern. Aus Langeweile und Vernachlässigung freundet sie sich mit Crampas an, eine Freundschaft, die beiden erst Jahre später zum Verhängnis wird.
1974 nahm sich Rainer Werner Fassbinder diesen Stoff vor. Schon damals war dieser Film bereits die vierte Verfilmung des Stoffes.
Ich bin sehr zwiespältig, was diese Umsetzung angeht, sie hat gute Seiten und auch ihre schlechten Seiten
==Schlecht finde ich==
- Zum einen hetzt die Verfilmung, besonders am Anfang der Geschichte dermaßen durch die Handlung, dass es so scheint, als wenn Effie Innstetten freiwillig und begeistert heiraten würde. Dem ist nicht so. Sie steht auf einen jungen Offizier und ihre Mutter bearbeitet sie im Buch regelrecht, damit Effie den alternden Ex ihrer Mutter doch nimmt.
- Die Erzählweise ist extrem episodenhaft und sprunghaft. Ohne Kenntnis des Buches dürfte es streckenweise schwer sein, der Handlung richtig folgen zu können, da es einfach zu viele Lücken gibt, die entweder nicht ausgespielt werden oder nur am Rande mal erwähnt werden.
- Fassbinders Frauendarstellung: Wieder einmal starren sie stoned in die Weite. Emotionslose Schaufensterpuppen, die so die besten Szenen des Buches so ruinieren, weil diese Szenen voller Emotionen sein sollten, voller Leidenschaft und nicht so stoisch und lethargisch. Nur einmal tickt Effie aus, und selbst das wirkt unecht.
- Hanna Schygulla ist als Effie viel zu alt. Warum müssen immer wieder Dreißigjährige die Rolle einer Siebzehnjährigen bekommen? Gab es damals keinen Schauspielnachwuchs?
- Fassbinders Besessenheit von Spiegeln. Einmal oder zweimal, meinetwegen auch dreimal ist es durchaus nett anzusehen, wenn die Protagonisten in einen Spiegel schauen oder man sie im Spiegel sprechen sieht. Der Regisseur übertreibt es mit diesem Stilmittel aber maßlos, das wirkt gewollt.
- Die Verwendung zu vieler Stilmittel des Erzählens in chaotischem Wechsel wirkt inkonsistent und unentschlossen: Mal ein Erzähler aus dem Off (den finde ich ganz gut, auch wenn er sehr leblos und abgelesen klingt), dazu aber noch Krasse Schnitte mit Weißblenden, Einblendungen von Textstellen wie in Stummfilmen, Einblendungen von Telegrammen in Sütterlin, die heute kaum einer mehr lesen kann, ganze große Textabschnitte aus dem Buch, die man in er Zeit kaum durchlesen kann, das ist zu viel des Guten.
==gut oder zumindest insteressant finde ich==
+ Dass es einen Erzähler gibt, der einige Zusatzinformationen vermittelt, die sonst verlorengehen würden, auch wenn dieser Erzähler einfach nur leblos und abgelesen klingt. Sichelich hätte man einige dieser Informationen ausspielen können, dafür hätten die Frauen aber die Miene verziehen müssen und diese Emotionen ausspielen müssen. So ergänzt der Erzähler die fehlende Mimik, mit teilweise jedoch zu plakativ, zu direkt, zu entmündigend.
+ Man bleibt mein Originaltext und den Dialogen in Fontanes Sprache, alles steht so irgendwie im Buch. Das wirkt zwar gekünstelt, da es sich um Schriftsprache handelt, wirkt aber irgendwie authentisch.
Durch diese Umsetzung wirkt der Film als ein Zwischending zwischen vertonter Lesung und Verfilmung. Er ist mehr als eine vertonte Lesung (kein Hörspiel, da bräuchte man mehr Emotionen und die Schauspieler klingen, als würden sie vom Blatt lesen), aber eben keine richtige Verfilmung, denn dazu gehören mehr als schöne, wenig bewegte Stillleben in schwarz weiß.
Immerhin ist dieser Verfilmung deutlich besser als die mit Julia Jentsch aus dem Jahr 2009.