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Paris um 1912. In der prächtigen Kulisse ihrer Stadtvilla hat sich ein vermögendes Ehepaar (Isabelle Huppert, Pascal Greggory) in seiner Beziehung eingerichtet - ohne tiefe Gefühle, dafür mit vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen und glänzenden Empfängen.
Das geht solange gut, bis die Frau eines Tages beschließt, ihren Mann für einen Liebhaber zu verlassen - um dann, nur wenige Stunden später, diese Entscheidung zu revidieren und zurückzukehren. Der Mann ist fassungslos, die Frau bleibt scheinbar kühl.
Es beginnt ein intimes Duell der Körper, der Herzen und der Seelen
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Produktbeschreibung
Paris um 1912. In der prächtigen Kulisse ihrer Stadtvilla hat sich ein vermögendes Ehepaar (Isabelle Huppert, Pascal Greggory) in seiner Beziehung eingerichtet - ohne tiefe Gefühle, dafür mit vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen und glänzenden Empfängen.

Das geht solange gut, bis die Frau eines Tages beschließt, ihren Mann für einen Liebhaber zu verlassen - um dann, nur wenige Stunden später, diese Entscheidung zu revidieren und zurückzukehren. Der Mann ist fassungslos, die Frau bleibt scheinbar kühl.

Es beginnt ein intimes Duell der Körper, der Herzen und der Seelen ...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Deutscher und französischer Kinotrailer - Informationen zu Cast & Crew - Trailer zu weiteren Kinofilmen auf DVD
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2006

Die Farbe der Seele
Isabelle Huppert in Patrice Chéreaus Film "Gabrielle"

Ein Mann von vierzig Jahren, reich, erfolgreich, Zeitungsverleger, Großbürger. Seine Frau und er veranstalten Abendgesellschaften, immer donnerstags, mit Klaviermusik im Salon, Journalisten und Rentiers im Frack und Greisinnen, die wie von tausend Feiern verbraucht in ihren Abendkleidern welken, mit jungen Schnöseln und alten Schranzen. Da gibt es Blickwechsel, die manches verraten, und einmal ist es, als schaute Jeans Frau einen Mann in ihrer Nähe mit jenem besonderen Blick an, den es nur zwischen Menschen gibt, die einander intim vertraut sind. Aber dann ist der Moment vorbei, und später sagt Jean über jenen Mann, seinen Chefredakteur, er sei ein Widerling. So endet die erste und letzte Rückblende dieses Films.

Dann kommt Jean, der Verleger, nach Hause. Er hat den Vorortzug genommen, es ist das Jahr 1912, man sieht Arbeiter, Dienstboten, eine Flut grauer und gebeugter Rücken, die sich über die Boulevards ergießt, bis der Strom in den besseren Vierteln abebbt. Ein Dienstmädchen öffnet. "Madame ist ausgegangen." Oben, im Ankleidezimmer, vor dem Spiegel, steht ein Brief. Bevor er ihn öffnet, gießt sich Jean ein Glas Cognac ein. Als er ihn gelesen hat, läßt er das Glas und die Karaffe fallen. "Mein Entschluß", "für immer", "lächerlich", "nie geliebt": solche und andere Worte stehen in dem Abschiedsbrief von Gabrielle, Jeans Frau.

Die ersten zehn Minuten von Patrice Chéreaus Film "Gabrielle" wickeln eine Ehe ab. Worum es geht, merkt man schon, wenn man nur in Jeans Gesicht sieht, das Antlitz eines selbstverliebten Snobs, und dazu seine Stimme hört, die stolz berichtet, wie er seine Frau kennengelernt und seinem Leben einverleibt habe, als Glanzstück einer Sammlung, die vor allem aus Louis-seize-Möbeln und Jugendstilskulpturen besteht. Was hat Chéreau an dieser bis zum Überdruß erzählten Geschichte interessiert? Es dauert bis zur elften Filmminute, ehe man es begreift. In diesem Augenblick geht unten eine Glocke, die Haustür öffnet sich, eine verschleierte Gestalt schwebt die Treppe hinauf und betritt den Salon, schweigend, in Handschuhen, ein Frauengespenst. Es ist Gabrielle. Sie ist zurückgekehrt. Es ist Isabelle Huppert.

Im Kino ist manches Großartige aus Zweikämpfen entstanden: Duellen zwischen Produzent und Regisseur, Regisseur und Schauspieler. Hitchcock hat mit Kim Novak gerungen, als er "Vertigo" drehte, Rossellini mit Ingrid Bergman, Billy Wilder mit Marilyn Monroe, Godard mit Brigitte Bardot und Fritz Lang. Aber selten sind sich ein Filmregisseur und eine Schauspielerin so auf Augenhöhe begegnet wie Isabelle Huppert und Patrice Chéreau. Achtzig Filmrollen, meist Hauptrollen, hat Isabelle Huppert vor "Gabrielle"gespielt, und Chéreau ist in dreizehn Spielfilmen - darunter das Blutfest der "Bartholomäusnacht" und die Sexräusche von "Intimacy" - und in Dutzenden Theater- und Operninszenierungen sehr gut ohne Hupperts minimalistische, magisch-nervöse Darstellungskunst ausgekommen. Er liebt die Farbe des Fleisches. Sie verkörpert die Blässe der Seele. Doch dann sah Chéreau Isabelle Huppert in Michael Hanekes "Klavierspielerin", und in Hanekes nächstem Film "Wolfszeit" standen sie gemeinsam vor der Kamera. So kam es zu "Gabrielle".

Zu Beginn der Dreharbeiten, erzählt Chéreau im Gespräch, habe er seine Schauspielerin "schütteln" müssen, erst nach einigen Tagen sei das Eis zwischen ihnen gebrochen gewesen (siehe Seite 39). Dem Film hat diese Verstimmung nicht geschadet, im Gegenteil - sie verstärkt noch die geisterhafte Atmosphäre, die über den Szenen liegt, eine Aura der Unwirklichkeit, in dem jeder Augenblick die Katastrophe bringen kann. Denn vor Jean (Pascal Greggory) und Gabrielle tun sich gleich zwei Abgründe auf: der Abgrund der Ehe, die hinter ihnen, und die Hölle der Zukunft, die vor ihnen liegt. Das Intervall, das ihnen bleibt, bevor der Terror des Weiterlebens beginnt, die Nacht zwischen Donnerstag abend und Freitag morgen, ist die Zeit der Geständnisse. Jean offenbart seiner Frau, er habe sie über all die Jahre ihrer Ehe geliebt, und Gabrielle antwortet, wenn sie das gewußt hätte, wäre sie nie zurückgekehrt. Sie war zu schwach, um bei ihrem Liebhaber zu bleiben. Jetzt ist sie zu schwach, ihren Ehemann zu verlassen.

Chéreau und sein Kameramann Eric Gautier haben dieser Geschichte allerlei visuelle Glanzlichter aufgesteckt, Zwischentitel, Reißschwenks, abrupte Wechsel von Farbe zu Schwarzweiß und eine Farbdramaturgie, die das Gruftartige des Schauplatzes betont. Aber das Entscheidende spielt sich dennoch in Isabelle Hupperts Gesicht ab. Es ist gar nicht viel, was Chéreau für "Gabrielle" aus ihr herausgelockt hat: eine Verletzlichkeit vielleicht, die man so bei Chabrol, Ozon und anderen noch nicht gesehen hat, ein Flackern zwischen Reue und Haß, vor allem eine ungewohnte Langsamkeit der Bewegungen und Gesten, durch die jeder Gefühlsausdruck wie eingefroren erscheint. Aber es macht den ganzen Unterschied zwischen diesem Film und Hunderten anderer Ehedramen aus. Und am Ende, als sich Gabrielle vor ihrem Mann entblößt, gelingt Chéreau und seinen Schauspielern etwas noch Selteneres: ein Bild, in dem die Farbe der Seele durch die Blässe der Haut hindurchschimmert. Schon um dieser Szene willen lohnt es sich, "Gabrielle" zu sehen.

Es gibt auch eine Vorlage zu Chéreaus Film, eine frühe Erzählung von Joseph Conrad. Wenn man sie liest, erkennt man die Geschichte nicht wieder. Conrad hat eine moralinsaure Arabeske geschrieben; Chéreau hat eine Tragödie der Liebe daraus gemacht. Manche Stoffe werden eben erst im Kino wahr.

ANDREAS KILB

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