In der nahen High-Tech-Zukunft entscheidet ein Gentest gleich nach der Geburt über das Schicksal der Kinder. Futuristische Biochemie macht es möglich, daß fast alle Eltern sportliche, hochintelligente Superbabies zur Welt bringen. Vincent aber hat Pech gehabt. Wegen seiner körperlichen Schwächen wird er nie zur Elite gehören. Doch er träumt davon, als Gattaca-Pilot die Galaxis zu erforschen. Vincents Freund Jerome hat beste Gene, ein Unfall hat ihn allerdings an den Rollstuhl gefesselt. Beide tauschen ihre Identität. Ein äußerst riskanter Plan, denn die strengen Sicherheitskontrollen des perfekt organisierten Polizeistaates sind kaum zu umgehen. Bald hat Vincent die Geheimdienste auf den Fersen...
Bonusmaterial
Seite 1: 16:9-Version, Seite 2: 4:3-Version-7 Szenen, die in der Kinofassung nicht enthalten sind- Poster-Galerie-Fotos aus der Produktion-Dokumentation- 5 Filmographien der Hauptdarsteller. DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Featurette - Deleted Scenes - Poster Galerie - Fotos - 4 seitiges BookletFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.1998Die neue G-Klasse
In Andrew Niccols Film "Gattaca" wird der genetische Code zum Schlüssel für die Karriere
In "Gattaca" gibt es viele schöne Bilder, mit denen man den Film beginnen lassen könnte. Die glasüberdachten Passagen und Büroflügel des Raumfahrtzentrums, dem Andrew Niccols Regiewerk seinen Namen verdankt, glänzen wie ein Märchenpalast. Die goldbedampften Reflektoren der Radioteleskope, die sich in langen Reihen gleichmäßig immer wieder neu ausrichten, machen aus der Wüstenregion eines fiktiven Zukunftsstaates eine Wellenlandschaft, durch deren Täler man im frühen Morgenlicht lustwandeln kann. Oder die täglichen Raketenstarts, die Astronauten zu fernen Himmelskörpern bringen, zum Mars, zu den Planetoiden, zum Saturnmond Titan.
Doch "Gattaca" beginnt mit einem ganz anderen Vorspann. Vor himmelblauem Hintergrund schweben abgeschnittene Fingernägel, Haare und Hautschuppen in Zeitlupe herab. Dieser menschliche Ausschuß muß abfallen, damit sozialer Ausschuß aufsteigen kann. Es sind Körperbestandteile von Jerome Morrow, einem durch Genmanipulation perfektionierten Mann: Seine Lebenserwartung ist hoch, er hat keine Erbkrankheiten, volles Haar und scharfe Augen. Doch weil er zum Sieger bestimmt war, kann Eugene nicht verwinden, in einem wichtigen Schwimmwettkampf geschlagen worden zu sein. Ein Selbstmordversuch läßt ihn querschnittgelähmt zurück, trotz seinen fabulösen Anlagen unbrauchbar für eine Gesellschaft, die fast nur noch aus perfekten Mitgliedern besteht.
Vincent Freeman gehörte von Geburt an nicht zu diesen Glücklichen. Seine Eltern zeugten ihn im Fonds einer Limousine, nicht im Genlabor. Deshalb ist er mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen, kleinwüchsig und kurzsichtig ist er überdies. Doch seine Träume sind groß. Vincent möchte zu den Sternen fliegen, weil ihm die Erde nichts zu bieten hat. Aber Gattaca akzeptiert nur Mitarbeiter mit tadellosem genetischem Code, nur Titanen dürfen zum Titan. Deshalb tun sich Vincent und Eugene zusammen. Mit Eugenes Blut und Urin, mit seinen Schuppen, Haaren und Nägeln kann Vincent die Computer täuschen. Er ist jetzt Eugene und sichert dem Gelähmten mit seinen Einkünften den begehrten Luxus und den notwendigen Alkohol.
Mit "Gattaca" hat Niccol, der auch das Drehbuch schrieb, eine Zukunftsvision geschaffen, die vor allem deshalb so beklemmend ist, weil sie sich in ihrer Ausstattung nur in Nuancen von der Gegenwart unterscheidet. Eugenes Appartement ist mit Designklassikern eingerichtet, Gattaca zelebriert den kühlen Funktionalismus der sechziger Jahre. Und das gleiche funktionelle Denken bestimmt scheinbar auch die Arbeit. Doch unter der perfektionierten Personaldecke brodelt es: Der Leiter der Titan-Mission wird ermordet, und die Angestellte Irene verliebt sich in Vincent.
Es ist erstaunlich, mit wieviel Leben die Schauspieler ihre Rollen erfüllen. Ethan Hawke hat es als Vincent noch leicht, denn er darf bisweilen aufbrausen. Niemand hat ihm seine Anlagen zu Aggression verweigert. Uma Thurman dagegen muß sich als Irene völlig zurücknehmen und läßt doch hinter ihrer makellosen Schönheit immer wieder Momente aufblitzen - irritierte Blicke, kleine Lachfalten, minimale Gesten -, die mehr von ihrer Rolle zum Sprechen bringen, als es Hawkes Vincent je vergönnt wäre. Ebenfalls wundervolle Auftritte haben Gore Vidal als Direktor von Gattaca und Alan Arkin als Inspektor. Beiden kommt die Ambivalenz ihrer Charaktere zugute: Der Inspektor tritt im Bogart-Look in die aseptische Welt des Raumfahrtzentrums, der Direktor als Hoherpriester genetischer Überlegenheit wird schließlich gar als Täter enttarnt.
Für die Handlung ist das aber unbedeutend, denn ihr eigentliches Thema sind zwei andere Konfrontationen: Vincents Verhältnis zu Eugene und das Aufeinandertreffen mit seinem Bruder Anton. Der zweite Sohn der Freemans sollte perfekt werden, und dank gelungener Auswahl machte Anton Karriere bei der Polizei. Sein beeindruckender Darsteller Loren Dean läßt bis zuletzt im vagen, was Anton zu einem so fanatischen Ermittler macht: Er ist auf die Spur seines verschollenen Bruders gestoßen, der ihm als Jugendlicher in einem Wettschwimmen bewiesen hatte, daß auch genetisch benachteiligte Menschen Siegeswillen entfalten können.
Diese Niederlage verbindet Anton mit Eugene. Beide treffen in einer großartigen Szene im Appartement des Gelähmten aufeinander. Anton hat Vincent identifiziert und will nun dessen Scheinidentität zerschlagen. Doch in der Wohnung wartet der richtige Eugene, der sich dem Fahnder gegenüber nie als behindert zu erkennen geben darf. Zwischen den beiden Männern findet ein Augenduell statt, das im Film kaum seinesgleichen hat. Jude Law in der Rolle des Eugene hat die aristokratisch-blasierte Mimik seiner Darstellung des Lord Alfred Douglas aus "Oscar Wilde" etwas reduziert und bringt doch das ganze Überlegenheitsgefühl einer jetzt genetisch bevorzugten Klasse zum Ausdruck. Law ist ein grandioser Schauspieler, dem nicht nur in dieser Szene alles gelingt, sondern der auch die Verzweiflung, die den scheinbar so disziplinierten Eugene nie verläßt, in jeder Bewegung, jedem Gesichtszug spürbar werden läßt. "Gattaca" ist sein Film, und besseres konnte diesem Werk gar nicht passieren. ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In Andrew Niccols Film "Gattaca" wird der genetische Code zum Schlüssel für die Karriere
In "Gattaca" gibt es viele schöne Bilder, mit denen man den Film beginnen lassen könnte. Die glasüberdachten Passagen und Büroflügel des Raumfahrtzentrums, dem Andrew Niccols Regiewerk seinen Namen verdankt, glänzen wie ein Märchenpalast. Die goldbedampften Reflektoren der Radioteleskope, die sich in langen Reihen gleichmäßig immer wieder neu ausrichten, machen aus der Wüstenregion eines fiktiven Zukunftsstaates eine Wellenlandschaft, durch deren Täler man im frühen Morgenlicht lustwandeln kann. Oder die täglichen Raketenstarts, die Astronauten zu fernen Himmelskörpern bringen, zum Mars, zu den Planetoiden, zum Saturnmond Titan.
Doch "Gattaca" beginnt mit einem ganz anderen Vorspann. Vor himmelblauem Hintergrund schweben abgeschnittene Fingernägel, Haare und Hautschuppen in Zeitlupe herab. Dieser menschliche Ausschuß muß abfallen, damit sozialer Ausschuß aufsteigen kann. Es sind Körperbestandteile von Jerome Morrow, einem durch Genmanipulation perfektionierten Mann: Seine Lebenserwartung ist hoch, er hat keine Erbkrankheiten, volles Haar und scharfe Augen. Doch weil er zum Sieger bestimmt war, kann Eugene nicht verwinden, in einem wichtigen Schwimmwettkampf geschlagen worden zu sein. Ein Selbstmordversuch läßt ihn querschnittgelähmt zurück, trotz seinen fabulösen Anlagen unbrauchbar für eine Gesellschaft, die fast nur noch aus perfekten Mitgliedern besteht.
Vincent Freeman gehörte von Geburt an nicht zu diesen Glücklichen. Seine Eltern zeugten ihn im Fonds einer Limousine, nicht im Genlabor. Deshalb ist er mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen, kleinwüchsig und kurzsichtig ist er überdies. Doch seine Träume sind groß. Vincent möchte zu den Sternen fliegen, weil ihm die Erde nichts zu bieten hat. Aber Gattaca akzeptiert nur Mitarbeiter mit tadellosem genetischem Code, nur Titanen dürfen zum Titan. Deshalb tun sich Vincent und Eugene zusammen. Mit Eugenes Blut und Urin, mit seinen Schuppen, Haaren und Nägeln kann Vincent die Computer täuschen. Er ist jetzt Eugene und sichert dem Gelähmten mit seinen Einkünften den begehrten Luxus und den notwendigen Alkohol.
Mit "Gattaca" hat Niccol, der auch das Drehbuch schrieb, eine Zukunftsvision geschaffen, die vor allem deshalb so beklemmend ist, weil sie sich in ihrer Ausstattung nur in Nuancen von der Gegenwart unterscheidet. Eugenes Appartement ist mit Designklassikern eingerichtet, Gattaca zelebriert den kühlen Funktionalismus der sechziger Jahre. Und das gleiche funktionelle Denken bestimmt scheinbar auch die Arbeit. Doch unter der perfektionierten Personaldecke brodelt es: Der Leiter der Titan-Mission wird ermordet, und die Angestellte Irene verliebt sich in Vincent.
Es ist erstaunlich, mit wieviel Leben die Schauspieler ihre Rollen erfüllen. Ethan Hawke hat es als Vincent noch leicht, denn er darf bisweilen aufbrausen. Niemand hat ihm seine Anlagen zu Aggression verweigert. Uma Thurman dagegen muß sich als Irene völlig zurücknehmen und läßt doch hinter ihrer makellosen Schönheit immer wieder Momente aufblitzen - irritierte Blicke, kleine Lachfalten, minimale Gesten -, die mehr von ihrer Rolle zum Sprechen bringen, als es Hawkes Vincent je vergönnt wäre. Ebenfalls wundervolle Auftritte haben Gore Vidal als Direktor von Gattaca und Alan Arkin als Inspektor. Beiden kommt die Ambivalenz ihrer Charaktere zugute: Der Inspektor tritt im Bogart-Look in die aseptische Welt des Raumfahrtzentrums, der Direktor als Hoherpriester genetischer Überlegenheit wird schließlich gar als Täter enttarnt.
Für die Handlung ist das aber unbedeutend, denn ihr eigentliches Thema sind zwei andere Konfrontationen: Vincents Verhältnis zu Eugene und das Aufeinandertreffen mit seinem Bruder Anton. Der zweite Sohn der Freemans sollte perfekt werden, und dank gelungener Auswahl machte Anton Karriere bei der Polizei. Sein beeindruckender Darsteller Loren Dean läßt bis zuletzt im vagen, was Anton zu einem so fanatischen Ermittler macht: Er ist auf die Spur seines verschollenen Bruders gestoßen, der ihm als Jugendlicher in einem Wettschwimmen bewiesen hatte, daß auch genetisch benachteiligte Menschen Siegeswillen entfalten können.
Diese Niederlage verbindet Anton mit Eugene. Beide treffen in einer großartigen Szene im Appartement des Gelähmten aufeinander. Anton hat Vincent identifiziert und will nun dessen Scheinidentität zerschlagen. Doch in der Wohnung wartet der richtige Eugene, der sich dem Fahnder gegenüber nie als behindert zu erkennen geben darf. Zwischen den beiden Männern findet ein Augenduell statt, das im Film kaum seinesgleichen hat. Jude Law in der Rolle des Eugene hat die aristokratisch-blasierte Mimik seiner Darstellung des Lord Alfred Douglas aus "Oscar Wilde" etwas reduziert und bringt doch das ganze Überlegenheitsgefühl einer jetzt genetisch bevorzugten Klasse zum Ausdruck. Law ist ein grandioser Schauspieler, dem nicht nur in dieser Szene alles gelingt, sondern der auch die Verzweiflung, die den scheinbar so disziplinierten Eugene nie verläßt, in jeder Bewegung, jedem Gesichtszug spürbar werden läßt. "Gattaca" ist sein Film, und besseres konnte diesem Werk gar nicht passieren. ANDREAS PLATTHAUS
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