Eigentlich will Jeff Bailey mit seiner Freundin Ann ein neues Leben beginnen. Aber Jeffs Vergangenheit holt den Privatdetektiv ein. Einst sollte er für den Gangster Whit Sterling dessen durchgebrannte Freundin Kathie suchen. Er machte sie ausfindig und verfiel ihr. Jetzt soll Jeff für Sterling einen letzten Auftrag ausführen, und er weiß, dass er Kathie wieder treffen wird.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2011Abend mit Klassikern
Der Klassikerbegriff der DVD-Verleiher ist einer, der sich in erster Linie an Jahreszahlen festmacht, also Filme aus jener Zeit meint, in der Hollywood wie am Schnürchen produzierte. Alles, was von dort kommt und deshalb irgendwie ziemlich alt ist, wird da zum Klassiker erklärt, ebenso wie Filme aus dem Rest der Welt, wenn sie nur ein paar Jahre auf dem Buckel haben. Klassikerreihen, wie sie Arthaus mit "Retrospektive" seit einiger Zeit herausbringt, oder Eurovideo unter dem Titel "Hollywood Klassiker"oder auch "Film Klassiker", buchstabieren also keineswegs einen Kanon nach, sondern bündeln, was immer sich fassen (oder wiederverwerten) lässt und eine gewisse Altersgrenze überschritten hat. Eine ästhetische Wertung ist das nicht.
Eines der beliebtesten Klassikergenres ist der Film Noir, es gibt tolle Boxen zum Thema (F.A.Z. vom 2. Februar), und natürlich tauchen auch mehr oder weniger bekannte Filme des Genres in den vielen Klassikerreihen auf. Leider gibt es gerade bei den Klassikerreihen fast nie irgendwelche Bonusmaterialien dazu, die über Trailer oder Bildergalerien hinausgingen. Dabei tendieren doch gerade bei diesem Thema die Möglichkeiten der Kommentierung gegen unendlich.
Ein Abend mit einem Stapel Neuerscheinungen aus unterschiedlichen Klassikerserien sah kürzlich so aus: "Gefährliche Begegnung" von Fritz Lang von 1944 (Film Klassiker bei Euro Video) mit dem wunderbaren Edward G. Robinson als Strohwitwer in einem New York, das sich über zwei kurze Abschnitte einer Studiostraße und zweieinhalb Innenräume erstreckt; anschließend "Die Spur des Fremden" aus dem Jahr 1946 von Orson Welles (neu als Hollywood Klassiker ebenfalls bei Euro Video, gab es aber bereits bei MGM), wieder mit Edward G. Robinson, der hier einen Detektiv der Behörde zur Verfolgung von Kriegsverbrechern spielt und zur Nazijagd in einem Kaff in Neuengland aufbricht, wo er den untergetauchten ehemaligen KZ-Kommandanten Franz Kindler, sehr dämonisch gespielt von Orson Welles selbst, stellen wird. Schließlich "Goldenes Gift" von Jacques Tourneur von 1947 (Arthaus Retrospektive), der unter dem Titel "Out of the Past" wohl bekannter und einer der zentralen Filme der Schwarzen Serie ist, mit Robert Mitchum, Kirk Douglas und Jane Greer als einem giftigen Dreieck, in dem Robert Mitchum von einer unfassbaren Melancholie ist, die jeden anderen handlungsunfähig machte, bei ihm aber weder sein Urteilsvermögen trübt noch seine Reaktionsgeschwindigkeit bremst.
Fritz Langs "Gefährliche Begegnung" ist ein waschechter Film Noir mit einer verführerischen Frau, die den Mann, der ihr verfällt, dem Verderben anheimgibt, wobei es nicht einmal sie selbst ist, die ihn aus der Bahn wirft, sondern ihr Bild, das er in einem Schaufenster bewundert und neben das die Abgebildete (Joan Bennett) dann tritt, um ihn aus seinem Leben zu entführen und in ihrem dazu zu benutzen, sich einen unliebsamen Liebhaber vom Hals zu schaffen. Knapper, als Lang das hier macht, lässt sich der Untergang eines unbescholtenen Familienvaters nicht erzählen - schade einzig, dass Lang zu einem braven Ende gezwungen wurde, das allerdings schon damals niemand glaubte.
Edward G. Robinson, der bei Lang vollkommen die Kontrolle über sein Schicksal verliert, verschafft dieses Gefühl dem untergetauchten Nazi in der "Spur des Fremden". Zu Beginn sieht man Orson Welles an, dass er die Sache im Griff hat, sein Alibi als Lehrer und Bräutigam der Richterstochter scheint wasserdicht - bis er am Ende, von Robinson gestellt, von einer Spielfigur an der Kirchturmuhr durchbohrt in die Tiefe stürzt. Trotz des deutlich politischen Ansatzes dieser Auftragsarbeit spielt Welles stilistisch fast übertrieben mit den Noir-Elementen von extremer Untersicht mit langen Schattenwürfen, der Paranoia, die sich als durchaus berechtigt erweist, und dem Motiv der Uhr, die nicht zurückzudrehen ist, vielmehr im entscheidenden Augenblick zum Tötungsinstrument taugt. Jacques Tourneur ist da subtiler, sein "Goldenes Gift" durchdringt immer noch die Bilder vom Verrat einer Liebe, die keine war, und der Unmöglichkeit, die Vergangenheit ruhenzulassen. Helden, die einmal bestimmten, wohin ihr Weg sie führte, werden zu Flüchtlingen vor ihren Obsessionen, ihrer Vergangenheit, vor Frauen, die sie einst liebten, vor Taten, deren Konsequenzen sie nicht vorhersahen - das scheint am Ende des Abends eine gar nicht fern liegende Geschichte zu sein.
VERENA LUEKEN
Jacques
Tourneur:
"Goldenes Gift"
Arthaus. 97 Min., Deutsch, Englisch, UT, Trailer.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Klassikerbegriff der DVD-Verleiher ist einer, der sich in erster Linie an Jahreszahlen festmacht, also Filme aus jener Zeit meint, in der Hollywood wie am Schnürchen produzierte. Alles, was von dort kommt und deshalb irgendwie ziemlich alt ist, wird da zum Klassiker erklärt, ebenso wie Filme aus dem Rest der Welt, wenn sie nur ein paar Jahre auf dem Buckel haben. Klassikerreihen, wie sie Arthaus mit "Retrospektive" seit einiger Zeit herausbringt, oder Eurovideo unter dem Titel "Hollywood Klassiker"oder auch "Film Klassiker", buchstabieren also keineswegs einen Kanon nach, sondern bündeln, was immer sich fassen (oder wiederverwerten) lässt und eine gewisse Altersgrenze überschritten hat. Eine ästhetische Wertung ist das nicht.
Eines der beliebtesten Klassikergenres ist der Film Noir, es gibt tolle Boxen zum Thema (F.A.Z. vom 2. Februar), und natürlich tauchen auch mehr oder weniger bekannte Filme des Genres in den vielen Klassikerreihen auf. Leider gibt es gerade bei den Klassikerreihen fast nie irgendwelche Bonusmaterialien dazu, die über Trailer oder Bildergalerien hinausgingen. Dabei tendieren doch gerade bei diesem Thema die Möglichkeiten der Kommentierung gegen unendlich.
Ein Abend mit einem Stapel Neuerscheinungen aus unterschiedlichen Klassikerserien sah kürzlich so aus: "Gefährliche Begegnung" von Fritz Lang von 1944 (Film Klassiker bei Euro Video) mit dem wunderbaren Edward G. Robinson als Strohwitwer in einem New York, das sich über zwei kurze Abschnitte einer Studiostraße und zweieinhalb Innenräume erstreckt; anschließend "Die Spur des Fremden" aus dem Jahr 1946 von Orson Welles (neu als Hollywood Klassiker ebenfalls bei Euro Video, gab es aber bereits bei MGM), wieder mit Edward G. Robinson, der hier einen Detektiv der Behörde zur Verfolgung von Kriegsverbrechern spielt und zur Nazijagd in einem Kaff in Neuengland aufbricht, wo er den untergetauchten ehemaligen KZ-Kommandanten Franz Kindler, sehr dämonisch gespielt von Orson Welles selbst, stellen wird. Schließlich "Goldenes Gift" von Jacques Tourneur von 1947 (Arthaus Retrospektive), der unter dem Titel "Out of the Past" wohl bekannter und einer der zentralen Filme der Schwarzen Serie ist, mit Robert Mitchum, Kirk Douglas und Jane Greer als einem giftigen Dreieck, in dem Robert Mitchum von einer unfassbaren Melancholie ist, die jeden anderen handlungsunfähig machte, bei ihm aber weder sein Urteilsvermögen trübt noch seine Reaktionsgeschwindigkeit bremst.
Fritz Langs "Gefährliche Begegnung" ist ein waschechter Film Noir mit einer verführerischen Frau, die den Mann, der ihr verfällt, dem Verderben anheimgibt, wobei es nicht einmal sie selbst ist, die ihn aus der Bahn wirft, sondern ihr Bild, das er in einem Schaufenster bewundert und neben das die Abgebildete (Joan Bennett) dann tritt, um ihn aus seinem Leben zu entführen und in ihrem dazu zu benutzen, sich einen unliebsamen Liebhaber vom Hals zu schaffen. Knapper, als Lang das hier macht, lässt sich der Untergang eines unbescholtenen Familienvaters nicht erzählen - schade einzig, dass Lang zu einem braven Ende gezwungen wurde, das allerdings schon damals niemand glaubte.
Edward G. Robinson, der bei Lang vollkommen die Kontrolle über sein Schicksal verliert, verschafft dieses Gefühl dem untergetauchten Nazi in der "Spur des Fremden". Zu Beginn sieht man Orson Welles an, dass er die Sache im Griff hat, sein Alibi als Lehrer und Bräutigam der Richterstochter scheint wasserdicht - bis er am Ende, von Robinson gestellt, von einer Spielfigur an der Kirchturmuhr durchbohrt in die Tiefe stürzt. Trotz des deutlich politischen Ansatzes dieser Auftragsarbeit spielt Welles stilistisch fast übertrieben mit den Noir-Elementen von extremer Untersicht mit langen Schattenwürfen, der Paranoia, die sich als durchaus berechtigt erweist, und dem Motiv der Uhr, die nicht zurückzudrehen ist, vielmehr im entscheidenden Augenblick zum Tötungsinstrument taugt. Jacques Tourneur ist da subtiler, sein "Goldenes Gift" durchdringt immer noch die Bilder vom Verrat einer Liebe, die keine war, und der Unmöglichkeit, die Vergangenheit ruhenzulassen. Helden, die einmal bestimmten, wohin ihr Weg sie führte, werden zu Flüchtlingen vor ihren Obsessionen, ihrer Vergangenheit, vor Frauen, die sie einst liebten, vor Taten, deren Konsequenzen sie nicht vorhersahen - das scheint am Ende des Abends eine gar nicht fern liegende Geschichte zu sein.
VERENA LUEKEN
Jacques
Tourneur:
"Goldenes Gift"
Arthaus. 97 Min., Deutsch, Englisch, UT, Trailer.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main