Einer für alle, alle für einen... Die fünf Buddies Frankie, Dennis, Chuck, Bug und Patty kennen sich von klein auf und würden, wenn nötig, füreinander durchs Feuer gehen. In ihrem New Yorker Viertel geben sie den Ton an. Ein paar schnelle Dollars hier, dort ein paar Mädchen - alles läuft ziemlich cool ab. Doch dann wird einer aus ihrer Runde ganz überraschend mit einer Überdosis tot aufgefunden. Für Frankie bricht eine Welt zusammen. Und doch steht für ihn ohne jeden Zweifel fest, dass sein bester Freund Dennis ermordet wurde. Auf der Suche nach dem Killer gräbt er nach und nach das gesamte Viertel um. Als er endlich die Wahrheit erfährt, schlägt sie wie ein Peitsche in sein Gesicht...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Filmografien - Fotogalerie - TeaserFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.1997Das Mädchen aus dem Kühlschrank
Unordnung und frühes Leid in Hongkong: "Kitchen", ein Film von Yim-Ho
Vor neun Jahren gelang Banana Yoshimoto ein literarischer Coup. Mit "Kitchen" verfaßte sie eines der meistverkauften Bücher in Japan. Damals war sie erst 24 Jahre alt, ganz nah also an dem Phänomen, das sie mit so schlafwandlerischer Sicherheit beschrieb: der Teenager-Tristesse. Sie brachte das Kunststück fertig - darin lag wohl das Geheimnis ihres Erfolgs -, sich über den trüben Gegenstand vergleichsweise witzig zu äußern. Die Autorin mit dem selbsterfundenen Namen, Tochter eines bekannten Literaturkritikers und Schriftstellers, mischte kühn die Kitschphantasien japanischer Mädchencomics, Haiku-Poesie und Lebensweisheiten, die traurige Teenager trösten. Das Ergebnis war nicht ohne Charme und Abgründigkeit.
Das Buch ist jetzt verfilmt worden, doch nicht von einem Landsmann. Der 1952 in Hongkong geborene Yim-Ho siedelte die Story in seine Heimatstadt um, gab den Figuren andere Namen, wechselte die Erzählerperspektive und hielt sich ansonsten an die literarische Vorlage. Der Wechsel der Perspektive allerdings ist nicht unerheblich im Effekt. Entsteht im Buch die Welt durch die Augen einer Ich-Erzählerin, ist im Film ihr Freund der Erzähler. Weiß man im Buch alles über sie, bleibt sie im Film ein Rätsel. Das Buch färbt ein ironischer Unterton, den Film ein melancholischer.
"Kitchen" tupft elegant die Adoleszenzthemen Abschied, Jungsein, Liebe, Unordnung und frühes Leid hin. Doch das eigentlich attraktive Zentrum ist der titelgebundene Schauplatz: die Küche. Sie wird gefeiert als Ort des Rückzugs vor den Zumutungen des Alltags, als Werkstätte alchimistischer Prozesse. Kunst und Leben, Kochkunst und Essen kommen in dem magischen Ort zusammen. Zu Beginn aber ist die Küche leer und die künftige Köchin in einer schweren Depression. Die junge Aggie, Vollwaise, hat ihre Großmutter verloren, ihre letzte Angehörige. Yim-Ho hat dafür ein ungewöhnliches Bild gefunden. Aggie sitzt im Kühlschrank und ist nicht mehr wegzubewegen. Doch es folgt eine seelische Tauwetterphase.
Plötzlich erscheint Louie, ein junger Bekannter, und bittet Aggie, mit ihm und seiner Mutter zusammenzuleben. Wie das Bild des im Kühlschrank sitzenden Mädchens hat auch dieser Besuch etwas Unwirkliches. Sogar das Dekor kippt leicht aus der Alltäglichkeit. Der Friseurladen, in dem Louie arbeitet, hat Raumschiff-Chic. Er selbst und seine Kundinnen sind puppenhaft plastik- und neongestylt. Im Teenagerjargon gesagt: irgendwie süß. Aber auch intelligent befremdlich. Modisches und Außerirdisches, hier ist es eins.
Auch Emma, Louies Mutter, ist ungewöhnlich. Eher zufällig erfährt Aggie, Emma sei ein Mann gewesen und habe nach dem Tod seiner Frau eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen. Die Erklärung ist weit entfernt von der Annahme sexueller Selbstverwirklichung. Vielmehr wird ein märchenhaft tragisches Motiv suggeriert: Emma schlüpft mit den Kleidern in die Rolle seiner verstorbenen Frau, über deren Verlust er sich nicht trösten kann. Die Welt, konstatiert der Film mit permanenten kleinen Verschiebungen der Normalität, ist aus den Fugen. Jedenfalls für seine Figuren. Emma ist nicht nur eine romantische Figur, sie steht auch für die Suche nach der Neudefinition der Geschlechterrollen. Die Story, aus der schließlich eine Liebesgeschichte zwischen Aggie und Louie wird, verfährt nur scheinbar naiv. Tatsächlich aber verzichtet sie einfach auf psychologische Eins-zu-eins-Auflösungen. Die aus dem Roman importierte Mischung aus Kitschcomic- und Lyriktönen ergibt spannungsvolle Reibungen.
Neben dem vielfach gespiegelten und variierten Motiv des Verlusts streift der Film auch die Hinfälligkeit der traditionellen Familie. Das wird lediglich registriert, als Problem ist es längst abgehakt. Louie, Emma und Aggie wachsen wie selbstverständlich zu einer neuen Familie zusammen. Die findet sich - im Stil des herkömmlichen Modells - bevorzugt am Küchentisch zusammen. Essen verbindet. Essen tröstet, Liebe geht durch den Magen. Ganz so einfach sagt der Film es zwar nicht, aber fast.
Noch schöner wäre der in trancehaften Kamerafahrten sanft dahingleitende Teenagerfilm von Yim-Ho, wenn er kürzer wäre. Von einem bestimmten Moment an könnte jede Szene die letzte sein. Dann folgt ein emphatischer Schlußpunkt dem anderen. Offenbar fiel Yim-Ho die Trennung von seinem Produkt so schwer wie seinen Figuren die vielfach vollzogenen Trennungen in der Geschichte. MARION LÖHNDORF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Unordnung und frühes Leid in Hongkong: "Kitchen", ein Film von Yim-Ho
Vor neun Jahren gelang Banana Yoshimoto ein literarischer Coup. Mit "Kitchen" verfaßte sie eines der meistverkauften Bücher in Japan. Damals war sie erst 24 Jahre alt, ganz nah also an dem Phänomen, das sie mit so schlafwandlerischer Sicherheit beschrieb: der Teenager-Tristesse. Sie brachte das Kunststück fertig - darin lag wohl das Geheimnis ihres Erfolgs -, sich über den trüben Gegenstand vergleichsweise witzig zu äußern. Die Autorin mit dem selbsterfundenen Namen, Tochter eines bekannten Literaturkritikers und Schriftstellers, mischte kühn die Kitschphantasien japanischer Mädchencomics, Haiku-Poesie und Lebensweisheiten, die traurige Teenager trösten. Das Ergebnis war nicht ohne Charme und Abgründigkeit.
Das Buch ist jetzt verfilmt worden, doch nicht von einem Landsmann. Der 1952 in Hongkong geborene Yim-Ho siedelte die Story in seine Heimatstadt um, gab den Figuren andere Namen, wechselte die Erzählerperspektive und hielt sich ansonsten an die literarische Vorlage. Der Wechsel der Perspektive allerdings ist nicht unerheblich im Effekt. Entsteht im Buch die Welt durch die Augen einer Ich-Erzählerin, ist im Film ihr Freund der Erzähler. Weiß man im Buch alles über sie, bleibt sie im Film ein Rätsel. Das Buch färbt ein ironischer Unterton, den Film ein melancholischer.
"Kitchen" tupft elegant die Adoleszenzthemen Abschied, Jungsein, Liebe, Unordnung und frühes Leid hin. Doch das eigentlich attraktive Zentrum ist der titelgebundene Schauplatz: die Küche. Sie wird gefeiert als Ort des Rückzugs vor den Zumutungen des Alltags, als Werkstätte alchimistischer Prozesse. Kunst und Leben, Kochkunst und Essen kommen in dem magischen Ort zusammen. Zu Beginn aber ist die Küche leer und die künftige Köchin in einer schweren Depression. Die junge Aggie, Vollwaise, hat ihre Großmutter verloren, ihre letzte Angehörige. Yim-Ho hat dafür ein ungewöhnliches Bild gefunden. Aggie sitzt im Kühlschrank und ist nicht mehr wegzubewegen. Doch es folgt eine seelische Tauwetterphase.
Plötzlich erscheint Louie, ein junger Bekannter, und bittet Aggie, mit ihm und seiner Mutter zusammenzuleben. Wie das Bild des im Kühlschrank sitzenden Mädchens hat auch dieser Besuch etwas Unwirkliches. Sogar das Dekor kippt leicht aus der Alltäglichkeit. Der Friseurladen, in dem Louie arbeitet, hat Raumschiff-Chic. Er selbst und seine Kundinnen sind puppenhaft plastik- und neongestylt. Im Teenagerjargon gesagt: irgendwie süß. Aber auch intelligent befremdlich. Modisches und Außerirdisches, hier ist es eins.
Auch Emma, Louies Mutter, ist ungewöhnlich. Eher zufällig erfährt Aggie, Emma sei ein Mann gewesen und habe nach dem Tod seiner Frau eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen. Die Erklärung ist weit entfernt von der Annahme sexueller Selbstverwirklichung. Vielmehr wird ein märchenhaft tragisches Motiv suggeriert: Emma schlüpft mit den Kleidern in die Rolle seiner verstorbenen Frau, über deren Verlust er sich nicht trösten kann. Die Welt, konstatiert der Film mit permanenten kleinen Verschiebungen der Normalität, ist aus den Fugen. Jedenfalls für seine Figuren. Emma ist nicht nur eine romantische Figur, sie steht auch für die Suche nach der Neudefinition der Geschlechterrollen. Die Story, aus der schließlich eine Liebesgeschichte zwischen Aggie und Louie wird, verfährt nur scheinbar naiv. Tatsächlich aber verzichtet sie einfach auf psychologische Eins-zu-eins-Auflösungen. Die aus dem Roman importierte Mischung aus Kitschcomic- und Lyriktönen ergibt spannungsvolle Reibungen.
Neben dem vielfach gespiegelten und variierten Motiv des Verlusts streift der Film auch die Hinfälligkeit der traditionellen Familie. Das wird lediglich registriert, als Problem ist es längst abgehakt. Louie, Emma und Aggie wachsen wie selbstverständlich zu einer neuen Familie zusammen. Die findet sich - im Stil des herkömmlichen Modells - bevorzugt am Küchentisch zusammen. Essen verbindet. Essen tröstet, Liebe geht durch den Magen. Ganz so einfach sagt der Film es zwar nicht, aber fast.
Noch schöner wäre der in trancehaften Kamerafahrten sanft dahingleitende Teenagerfilm von Yim-Ho, wenn er kürzer wäre. Von einem bestimmten Moment an könnte jede Szene die letzte sein. Dann folgt ein emphatischer Schlußpunkt dem anderen. Offenbar fiel Yim-Ho die Trennung von seinem Produkt so schwer wie seinen Figuren die vielfach vollzogenen Trennungen in der Geschichte. MARION LÖHNDORF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main