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Czernowitz, im Westen der Ukraine, war einst Zentrum jüdischer Kultur in der Bukowina, einer Grenzlandschaft, die über die Jahrhunderte vom Vielvölkergemisch geprägt war. Die jüdische Bevölkerung machte zeitweilig die Hälfte der Einwohnerschaft aus, es überlebten nur wenige die von Deutschen und Rumänen 1941 verordnete Deportation in die Lager Transnistriens. Im Mittelpunkt des Films stehen Herr Zwilling und Frau Zuckermann, die zu den letzten noch im alten Czernowitz geborenen Juden gehören. Beide verbindet neben ihrer Freundschaft nicht zuletzt die deutsche Sprache. Täglich besucht Herr…mehr

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Produktbeschreibung
Czernowitz, im Westen der Ukraine, war einst Zentrum jüdischer Kultur in der Bukowina, einer Grenzlandschaft, die über die Jahrhunderte vom Vielvölkergemisch geprägt war. Die jüdische Bevölkerung machte zeitweilig die Hälfte der Einwohnerschaft aus, es überlebten nur wenige die von Deutschen und Rumänen 1941 verordnete Deportation in die Lager Transnistriens. Im Mittelpunkt des Films stehen Herr Zwilling und Frau Zuckermann, die zu den letzten noch im alten Czernowitz geborenen Juden gehören. Beide verbindet neben ihrer Freundschaft nicht zuletzt die deutsche Sprache. Täglich besucht Herr Zwilling in den Abendstunden die 90jährige Frau Zuckermann. Man spricht über frühere Zeiten, das gemeinsam Erlebte, über Politik und Literatur und die alltäglichen Sorgen. In den Lebensgeschichten dieser beiden Menschen steckt das Elend dieses Jahrhunderts. Mit ihren Erinnerungen verknüpft der Film Episoden aus dem jüdischen Leben im heutigen Czernowitz, das sich mit Ende der Sowjetunion erstmalig wieder regt.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Booklet mit Pressestimmen zum Film und ausführlichen Informationen zum Regisseur
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.1999

Sie wollen kein Mauerblümchen sein
Die hohe Kunst des historischen Porträts: Drei Dokumentarfilme im Forum

Karnevalstrunken überlassen die Tänzer im Salon ihre Körper der Musik. Allein die Regisseurin und mit ihr die Zuschauer hören den Zug, der an der sich selbst genießenden Gesellschaft vorbeifährt. Es ist ein leises Geräusch, auf das man in Viola Stephans kunstvoller Dokumentar-Inszenierung achten muß, um den Sinn des Gruppenporträts mit dem Titel "Damenwahl" aus Berlins wohlsituierten Bezirken zu verstehen. Viola Stephan läßt den Feiernden ihre selbstgewisse Ruhe. Keine Frage rührt direkt an die Annehmlichkeiten der vergangenen Jahrzehnte oder beschwört gar den Schatten der Mauer herauf, über die man hinwegzusehen versuchte und deren Fall den rauhen Wind der Gegenwart auch nach Charlottenburg und Zehlendorf gelangen ließ.

Die Show geht weiter, die Arbeit, die Sorge um die Kinder. Die meisten Frauen leben ohne einen Ehemann und sind dabei vergnügt. In Haus und Garten scheinen die häßlichen Seiten der Stadt weit weg zu sein. Mit einem rauschenden Geburtstagsfest klingt dieses Sittenbild aus, doch über einer mit großer Geste gehaltenen Rede liegt eine ironische Abschiedsmusik. Zuvor durfte die Kamera festhalten, wie die Jubilarin ihre Figur mit fremder Hilfe in ein enges Stretchkleid zwängte. Die Öffentlichkeit ist zugelassen, mit glattem Parkett hat niemand gerechnet.

Unterstützt von Victor Kossakovsky wagt Viola Stephan eine Gratwanderung in Richtung Zukunft. Daß nicht mehr der Fahrplan der alten Bundesrepublik gilt, sondern eine neue Wirklichkeit begonnen hat, weiß sie. Die geschmeidigen Kamerafahrten Thomas Plenerts durch das kunstbeflissene Milieu stellen dem Zuschauer anheim, wieviel Distanz er zum ausgelebten Laisser-faire bezieht.

In ein Gebiet, das alle Personenzüge längst verlassen haben, ist der Wiener Dokumentarist Nikolaus Geyrhalter vorgedrungen. Wochenlang sind er und sein Team Lebensspuren in der Dreißigkilometerzone um das Atomkraftwerk Tschernobyl gefolgt. Die Schwarzweißbilder von "Pripyat" zeigen eine Welt des Todes, in der sich noch vitaler Widerstand regt. Der erst sechsundzwanzigjährige Regisseur nimmt sich Zeit für die ihm fremden Menschen. Weil er zuhört, reden sie: der Techniker, der ihn in die Reaktorzentrale führt, die frühere Einwohnerin von Pripyat, die ihm das von Wildwuchs überzogene Stadion und ihre einstige Neubauwohnung zeigt, wo noch die Möbel herumstehen und Schulhefte auf dem Fußboden liegen - kontaminiert, wie alles hier.

Am besten gelungen ist das Doppelporträt eines alten Paares, das in sein Bauernhaus hinter dem Stacheldraht zurückgekehrt ist und mit täglicher Mühe - das Wasser muß aus dem Fluß geholt werden -, Gottvertrauen und Duldung der Behörden die Risiken des verstrahlten Orts den Unwägbarkeiten andernorts vorzieht - Philemon und Baucis in Tschernobyl. Keine Musik untermalt die Szenen, es ist still wie auf einem Friedhof, wo den am Leben Gebliebenen jeder neue Tag wie ein Wunder vorkommt.

Ebenfalls eine Charakterstudie zweier alter Menschen, die einander allabendlich über die Fährnisse der Gegenwart hinwegtrösten, weil sie das Schrecklichste hinter sich wissen, bringen Volker Koepp und Thomas Plenert aus dem heute zur Ukraine gehörenden Czernowitz mit: "Herr Zwilling und Frau Zuckermann". In der Heimatstadt Paul Celans erklingt die Stimme des Dichters, und der Blick erfaßt das mächtige Opernhaus aus der Zeit Österreich-Ungarns. Doch Sehnsucht nach dieser Glanzepoche der Stadt kann kaum aufkommen, denn zwischen Vergangenheit und Gegenwart liegt die Ausrottung fast aller jüdischen Einwohner der Stadt. Frau Zuckermann ist die einzige Überlebende, die noch berichten kann. Herr Zwilling blieb bei Kriegsende, auf dem Weg nach Palästina, im Wohnort seiner Vorfahren hängen.

Die Gesichter der beiden Erzähler sind, bei aller Kauzigkeit, Masken über Bildern des Todes, die keine Fotosammlung enthält. Mit ihren neunzig Jahren gibt Frau Zuckermann den Kindern bessergestellter Familien Privatunterricht in Englisch, und auch die Chemiekenntnisse, die Herr Zwilling in einer Erwachsenenschule vermittelt, werden vielleicht nur außerhalb des Landes gebraucht werden. Volker Koepps Film ist eine einzigartige und unsagbar bestürzende Entdeckung. HANS-JÖRG ROTHER

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