"Hiob", Joseph Roths berühmtester Roman, ist eine Familiensaga, beginnend in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Mendel Singers ältester Sohn folgt bereitwillig der Einberufung zum russischen Militär, der jüngere desertiert, wird von Schleusern und Schleppern außer Landes gebracht und wandert nach Amerika aus. Um die Tochter, die sich allzu leichtfertig mit Kosaken einlässt, von solchem Umgang fern zu halten, folgt die Familie dem inzwischen erfolgreichen Sohn nach New York und lässt Menuchim, das behinderte jüngste Kind, zurück. Angekommen in der Neuen Welt, ereilt die Familie Schlag auf Schlag neues Unglück: Der eine Sohn fällt im Krieg, der andere gilt als vermisst, die Mutter stirbt aus Verzweiflung, die Tochter wird wahnsinnig. In einem zornigen Aufbegehren gegen Gott sagt sich Mendel Singer von seinem Glauben los. Doch dann kommt es zu einer wundersamen Wendung: Der zurückgelassene Sohn kommt gesund und als begnadeter Musiker und Dirigent nach New York und schließt seinen alten Vater in die Arme. Und Mendel "ruhte aus von der Schwere des Glücks und der Größe der Wunder". Mit dem Wissen darüber, wie die Geschichte des 20. Jahrhunderts weiterging, ist es ein Glück zum Verzweifeln. Der niederländische Regisseur Johan Simons, der ab 2010 die Intendanz der Münchner Kammerspiele übernimmt, hat "Hiob" in einer Bearbeitung von Koen Tachelet auf die Bühne der Kammerspiele gebracht. Die Schauspieler bringen in Simons' bestechend kluger Arbeit den Überdruck unleidlicher Verhältnisse in den jeweils knappst möglichen Haltungen und Gesten zum Ausdruck. André Jung als Mendel macht den Abdruck sichtbar, den unfassbare Schicksalsschläge auf der Seele eines Menschen hinterlassen - und steht damit exemplarisch für das Leiden der gesamten Menschheit. Bonus: Abgeschminkt - Andre Jung (15 min)