New York, im Jahre 2095 - Über der Mega-City schwebt unheilvoll eine riesige Pyramide. Der altägyptische Gott HORUS ist mit einem Raumschiff auf die Erde zurückgekehrt, um seine Unsterblichkeit zu retten. Viel Zeit bleibt ihm nicht, denn er muss sich innerhalb von sieben Tage mit der mysteriösen JILL vereinen und einen Nachkommen zeugen. Um sich der auserwählten Frau - halb Mensch, halb Mutantin - zu nähern, braucht der Gott einen menschlichen Körper. Er trifft auf NIKOPOL, einen Dissidenten, der nach 30 Jahren Kälteschlaf auf der Flucht ist. Für seine Hilfe verspricht Horus dem Rebellen die Freiheit, doch keiner hat mit der Kraft der Liebe gerechnet.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit SoundeffektenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2005Nicht gerade die feine göttliche Art
Unter Mystik haben wir in unserem Leichtsinn etwas anderes verstanden: Enki Bilals Science-fiction-Film "Immortal"
Alles an diesem Film will Gesamtkunstwerk sein. Auf der ersten Texttafel, noch vor der Nennung der Produktionsgesellschaft, wird der Zuschauer aufgefordert, nein zu synthetischem Fleisch und künstlichen Gehirnen zu sagen. Damit wird die Forderung einer Widerstandsgruppe zitiert, die unter dem Namen "Spirit of Nikopol" im New York des Jahres 2095 gegen die Vermischung von Menschen, Androiden und Außerirdischen kämpft, wie sie das mächtige Unternehmen "Eugenics" in seinen Labors betreibt. Dabei sind die Außerirdischen Freiwild: laut Gesetz freigegeben für Experimente. In diesem wenig freudigen Moment kehren die Götter zurück aus dem All.
Es sind die ägyptischen Vertreter ihrer Art, und dementsprechend reisen Anubis, Bastet und Horus an Bord einer gewaltigen schwebenden Pyramide. Als tierköpfige Götter sind sie selbst Mischlinge, aber das haben die Menschen vergessen. Mit der über der Stadt schwebenden Pyramide können die New Yorker schon gar nichts anfangen, und als Horus, der in sieben Tagen seine Göttlichkeit verlieren wird, sich einen männlichen Wirtskörper sucht, um in dieser Frist mit einer geeigneten Frau noch ein Kind zu zeugen, wertet man die vielen toten Männer, die bei den Überfällen des Gottes zurückbleiben, als Werk eines Serienmörders. Die Polizei unter Führung des Cyborgs Fröbe wird auf die Spur des Verbrechers gesetzt. Gegen Götter aber kämpfen selbst Roboter vergebens, und zudem kommt durch eine technische Panne jener Mann aus dem Kerker frei, nach dem sich die Protestbewegung benannt hat: Alexander Nikopol, vor fast drei Jahrzehnten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zum Kälteschlaf verurteilt. Ausgerechnet diesen Körper erkennt Horus als für seine Zwecke geeignet, so daß die bedauernswerte Polizei es nun auch noch auf ihrem zweiten Betätigungsfeld mit dem ungnädigen Gott zu tun bekommt. Da jedoch Bürgermeisterwahlen anstehen und der eng mit dem Eugenics-Konzern verbundene Senator Allgood seine Kandidatur nicht durch etwaige Aussagen des über frühere Machenschaften gut informierten Flüchtlings gefährden will, werden die Maßnahmen auf der Jagd nach Nikopol immer rabiater.
Ist dieser Film ein Krimi? Eine Gesellschaftskritik? Ein dreidimensionaler Mytho-Thriller auf Breitwand in Stereo? Ein bißchen von alldem, und durch eine Überfülle von Zitaten aus den Werken von Fritz Lang, Moebius, Jean-Claude Mézières und Ridley Scott wird "Immortal" zu einem Kunststück des Eklektizismus, das vor lauter Handlungs- und Bilderreichtum leider nicht weiß, worauf es hinauswill: Geht es um Conditio humana oder divina? Um Tragödie oder Farce? Um Unterhaltung oder Predigt? Enki Bilal, Regisseur und Drehbuchautor von "Immortal", ist als einer der erfolgreichsten Comiczeichner Frankreichs daran gewöhnt, komplexe Welten auf einfachste Art und Weise zu erschaffen: mit Feder und Pinsel, Tusche und Farben. Doch das Kino ist eine Gemeinschaftsarbeit Hunderter von Menschen. Nichts ist hier einfach, und um den Zusammenhalt zu wahren, braucht jenes Detail die gleiche Aufmerksamkeit seiner Schöpfer. Bilal jedoch hat ein anderes Ideal für sein Projekt: Jedes Detail sieht so aus, als habe er höchstpersönlich es geschaffen. Selbst die Bluse einer Nebenfigur ist mit seinen Comicfiguren bedruckt, und jedem Leser seiner Bücher sind die Hauptfiguren Horus, Nikopol und die Dritte im Bunde, die weißhäutige Jill Bioskop mit den blauen Tränen, wohlbekannt.
Das ist die größte Schwäche von "Immortal": Der Film ist gezeichnet von seinen Vorlagen, und wer sie nicht kennt, wird manches bestenfalls erraten können. In "Bunker Palace Hotel" und "Tykho Moon", seinen beiden ersten Filmen, hatte Bilal auf Abstand zu den Comics geachtet, und herausgekommen waren zwei kleine Meisterwerke der Science-fiction, die in Deutschland nahezu unbeachtet blieben. Nun, wo mehr als ein Jahr nach dem französischen Start "Immortal" in unsere Kinos kommt, wird man Bilal endlich als Phantasten wahrnehmen - aber nicht seines Stoffes wegen, sondern weil er glaubt, mit der für ihn typischen ästhetischen Kälte, die noch die heißesten Liebesnächte seiner Figuren prägt, eine bewegende Geschichte erzählen zu können.
Im Resultat gleicht sein Film dabei auf erstaunliche Weise Kerry Conrans "Star Captain and the World of Tomorrow", jenem Trickspektakel mit Gwyneth Paltrow und Jude Law, das vor einem halben Jahr sang- und klanglos im Kino gescheitert ist. Auch Bilal ließ seine Schauspieler im Nichts agieren und später Szenerien und den Großteil der Figuren in die Bilder einarbeiten. Dadurch aber bekommen Akteure wie Charlotte Rampling, die eine gutherzige Forscherin spielt, Thomas Kretschmann in seiner ersten internationalen Hauptrolle als Nikopol oder die Debütantin Linda Hardy als Jill keine reelle Chance, sich gegen die optischen Valeurs zu behaupten. Was bleibt, ist das Gefühl, einem Stück Filmgeschichte beigewohnt zu haben, das im Moment seiner Projektion schon außer Mode ist. "Immortal ad vitam" lautet der eigentlich Titel des Films, der aber nirgendwo so angekündigt worden ist. Unsterblich zu Lebzeiten - es wäre ein Hohn gewesen bei einer Totgeburt des Kinos.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Unter Mystik haben wir in unserem Leichtsinn etwas anderes verstanden: Enki Bilals Science-fiction-Film "Immortal"
Alles an diesem Film will Gesamtkunstwerk sein. Auf der ersten Texttafel, noch vor der Nennung der Produktionsgesellschaft, wird der Zuschauer aufgefordert, nein zu synthetischem Fleisch und künstlichen Gehirnen zu sagen. Damit wird die Forderung einer Widerstandsgruppe zitiert, die unter dem Namen "Spirit of Nikopol" im New York des Jahres 2095 gegen die Vermischung von Menschen, Androiden und Außerirdischen kämpft, wie sie das mächtige Unternehmen "Eugenics" in seinen Labors betreibt. Dabei sind die Außerirdischen Freiwild: laut Gesetz freigegeben für Experimente. In diesem wenig freudigen Moment kehren die Götter zurück aus dem All.
Es sind die ägyptischen Vertreter ihrer Art, und dementsprechend reisen Anubis, Bastet und Horus an Bord einer gewaltigen schwebenden Pyramide. Als tierköpfige Götter sind sie selbst Mischlinge, aber das haben die Menschen vergessen. Mit der über der Stadt schwebenden Pyramide können die New Yorker schon gar nichts anfangen, und als Horus, der in sieben Tagen seine Göttlichkeit verlieren wird, sich einen männlichen Wirtskörper sucht, um in dieser Frist mit einer geeigneten Frau noch ein Kind zu zeugen, wertet man die vielen toten Männer, die bei den Überfällen des Gottes zurückbleiben, als Werk eines Serienmörders. Die Polizei unter Führung des Cyborgs Fröbe wird auf die Spur des Verbrechers gesetzt. Gegen Götter aber kämpfen selbst Roboter vergebens, und zudem kommt durch eine technische Panne jener Mann aus dem Kerker frei, nach dem sich die Protestbewegung benannt hat: Alexander Nikopol, vor fast drei Jahrzehnten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zum Kälteschlaf verurteilt. Ausgerechnet diesen Körper erkennt Horus als für seine Zwecke geeignet, so daß die bedauernswerte Polizei es nun auch noch auf ihrem zweiten Betätigungsfeld mit dem ungnädigen Gott zu tun bekommt. Da jedoch Bürgermeisterwahlen anstehen und der eng mit dem Eugenics-Konzern verbundene Senator Allgood seine Kandidatur nicht durch etwaige Aussagen des über frühere Machenschaften gut informierten Flüchtlings gefährden will, werden die Maßnahmen auf der Jagd nach Nikopol immer rabiater.
Ist dieser Film ein Krimi? Eine Gesellschaftskritik? Ein dreidimensionaler Mytho-Thriller auf Breitwand in Stereo? Ein bißchen von alldem, und durch eine Überfülle von Zitaten aus den Werken von Fritz Lang, Moebius, Jean-Claude Mézières und Ridley Scott wird "Immortal" zu einem Kunststück des Eklektizismus, das vor lauter Handlungs- und Bilderreichtum leider nicht weiß, worauf es hinauswill: Geht es um Conditio humana oder divina? Um Tragödie oder Farce? Um Unterhaltung oder Predigt? Enki Bilal, Regisseur und Drehbuchautor von "Immortal", ist als einer der erfolgreichsten Comiczeichner Frankreichs daran gewöhnt, komplexe Welten auf einfachste Art und Weise zu erschaffen: mit Feder und Pinsel, Tusche und Farben. Doch das Kino ist eine Gemeinschaftsarbeit Hunderter von Menschen. Nichts ist hier einfach, und um den Zusammenhalt zu wahren, braucht jenes Detail die gleiche Aufmerksamkeit seiner Schöpfer. Bilal jedoch hat ein anderes Ideal für sein Projekt: Jedes Detail sieht so aus, als habe er höchstpersönlich es geschaffen. Selbst die Bluse einer Nebenfigur ist mit seinen Comicfiguren bedruckt, und jedem Leser seiner Bücher sind die Hauptfiguren Horus, Nikopol und die Dritte im Bunde, die weißhäutige Jill Bioskop mit den blauen Tränen, wohlbekannt.
Das ist die größte Schwäche von "Immortal": Der Film ist gezeichnet von seinen Vorlagen, und wer sie nicht kennt, wird manches bestenfalls erraten können. In "Bunker Palace Hotel" und "Tykho Moon", seinen beiden ersten Filmen, hatte Bilal auf Abstand zu den Comics geachtet, und herausgekommen waren zwei kleine Meisterwerke der Science-fiction, die in Deutschland nahezu unbeachtet blieben. Nun, wo mehr als ein Jahr nach dem französischen Start "Immortal" in unsere Kinos kommt, wird man Bilal endlich als Phantasten wahrnehmen - aber nicht seines Stoffes wegen, sondern weil er glaubt, mit der für ihn typischen ästhetischen Kälte, die noch die heißesten Liebesnächte seiner Figuren prägt, eine bewegende Geschichte erzählen zu können.
Im Resultat gleicht sein Film dabei auf erstaunliche Weise Kerry Conrans "Star Captain and the World of Tomorrow", jenem Trickspektakel mit Gwyneth Paltrow und Jude Law, das vor einem halben Jahr sang- und klanglos im Kino gescheitert ist. Auch Bilal ließ seine Schauspieler im Nichts agieren und später Szenerien und den Großteil der Figuren in die Bilder einarbeiten. Dadurch aber bekommen Akteure wie Charlotte Rampling, die eine gutherzige Forscherin spielt, Thomas Kretschmann in seiner ersten internationalen Hauptrolle als Nikopol oder die Debütantin Linda Hardy als Jill keine reelle Chance, sich gegen die optischen Valeurs zu behaupten. Was bleibt, ist das Gefühl, einem Stück Filmgeschichte beigewohnt zu haben, das im Moment seiner Projektion schon außer Mode ist. "Immortal ad vitam" lautet der eigentlich Titel des Films, der aber nirgendwo so angekündigt worden ist. Unsterblich zu Lebzeiten - es wäre ein Hohn gewesen bei einer Totgeburt des Kinos.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main